Persona 5 Royal (PS4)


+ stilistisch hervorragend
+ spaßiges, rundenbasiertes KS
+ großartige Musik
+ vielfältige Dungeons
+ alle Spielelemente passen super zusammen


- Sexualisierung von weiblichen Charakteren, sexistisches Frauenbild

Ich war nie ein riesiger Fan dieser Reihe, habe mich aber Ende 2016 dazu entschieden, mir Persona 5 zuzulegen, weil die Trailer dazu einfach gut aussahen. Es wurde dann sogar noch besser, als ich erwartet hatte, obwohl mein damaliger Bericht, in dem ich versucht habe, wirklich alles an Spoilern zu vermeiden, etwas unaufgeregt ausgefallen ist, fällt mir gerade auf:

Für „Royal“, das ja nach kurzer Zeit noch nachkam, habe ich mich erstmal nicht großartig interessiert, denn dafür war mir P5 nicht lange genug her. In den letzten Jahren habe ich aber immer mal wieder überlegt, ob ich es spielen soll, und jetzt war es mal soweit.
P5 ist super und für mich eines der besten, wenn nicht sogar das beste Ost-RPG der letzten zig Jahre, von daher war ich gespannt, was die Erweiterung noch draufsetzen würde.

Ich müsste jetzt ziemlich ausholen, um alles zu nennen, was mir an P5 gefällt, von daher nenne ich mal nur ein paar Aspekte: Das Spiel hat einen außergewöhnlichen, leicht schrillen, extremen gelungenen Stil – all das Schwarz und Rot, die bunt flimmernden Effekte usw. sind ein echtes Alleinstellungsmerkmal und sorgen dafür, dass P5 noch etwas mehr Laune macht. Es ist einfach rundum gelungen.
Das Kampfsystem zeigt, wie gut rundenbasierte Systeme heutzutage eben doch funktionieren, spielt sich flott und flüssig. Dazu kommen noch die Dungeons, die eben nicht zufällig generiert werden, sondern in denen richtig viel Liebe zum Detail steckt und die alle jeweils unterschiedliche Herausforderungen bieten. Es gibt viel zu entdecken und man kann hier richtig Zeit reinstecken.
Am besten ist aber die Musik: Es gibt hier so viele Stücke, die mir gefallen, dass ich sie gar nicht alle aufzählen kann; tolle Sängerin, Band und Kompositionen, genau die richtige Menge an Jazz (eine Musikrichtung, die mir sonst gar nicht so viel sagt).
Außerhalb der Dungeons bekommt man den standardmäßigen Persona-Ablauf mit einer begrenzten Anzahl von Aktivitäten pro Tag, aber das wird nicht langweilig, weil es immer wieder Szenen mit den Charakteren gibt und man so gut wie keine Wartezeit hat. Insgesamt ist das Spiel recht verlabert, was nur gut sein kann. Andere Persona-Ableger machen das nicht so gut und langweilen zwischendurch auch mal, wenn man nur seinem normalen Tagesablauf folgt.
Die Charaktere weisen zwar Ost-RPG-typisch leider Klischees auf, sind mir aber durchaus ans Herz gewachsen, v.a. Morgana.

Was macht denn Royal jetzt Neues? Ich musste ehrlich gesagt mal nachgucken, was alles geändert wurde, und es ist viel. Keine Ahnung, merke ich mir nicht. Aufgefallen ist mir, dass es im Kampfsystem sinnvolle Neuerungen wie Showtime-Angriffe gibt und dass der „Baton Pass“ jetzt immer genutzt werden kann, nicht nur, wenn man eine entsprechende Beziehung zum Charakter aufgebaut hat. Finde ich gut. Bei „Take Over“ als neuer Musik für Angriffe aus dem Hinterhalt war ich etwas zwiegespalten; ich finde das Stück super, aber auch, dass es dadurch etwas zu inflationär benutzt wurde. „Last Surprise“ hört man dadurch leider auch deutlich seltener; vielleicht hätte das neue Stück etwas Besonderes bleiben sollen, das hätte beser gepasst.
Die jeweils drei Sammalteile in den Dungeons fand ich ganz ok und auch, dass Wege sich leicht verändert haben (wobei es mir nicht immer direkt aufgefallen ist).

Der neue Charakter wird relativ schnell eingeführt, spielt aber erst im zusätzlichen Dungeon eine wirkliche Rolle. Ich fand Kasumi nicht schlecht, letztendlich aber zu „brav“. Was man mit dem anderen spielbaren Charakter, den ich aus Spoilergründen nicht nenne, gemacht hat, gefiel mir dagegen deutlich besser. Leider hat man es versäumt, die Beziehung zwischen ihm und dem Team noch weiter zu thematisieren, wo einiges an Potenzial gesteckt hätte.
Das neue Dungeon hat mir richtig gut gefallen. Es ist sehr vielseitig, lang und teilweise fand ich es auch echt originell. Ich habe einige Stunden dafür gebraucht und jede Minute genossen.
Und dann wird am Ende noch eins draufgesetzt und auf dem Weg zum Endgegner ein ganz neues Lied eingeführt, besser geht es nicht.

Negativ ist mir leider wieder das Übliche aufgefallen bzw. bin ich davon ausgegangen, dass es im Spiel geblieben ist: Der Umgang mit weiblichen Charakteren bzw. das hier vermittelte Frauenbild ist echt mies. Es reicht von Sexualisierung und Objektifizierung bis zur sexuellen Belästigung. Ich finde es z.B. total unlogisch, dass Ann sich mit der Gruppe abgibt, obwohl sie ständig von Ryuji und auch Yusuke blöd angegraben bzw. belästigt wird. Auch die Reaktion darauf ist nicht überzeugend bzw. relativiert das Problem, denn sexuelle Belästigung ist weder lustig noch ein Kavaliersdelikt. Leider werden solche Szenen und auch irgendwelche Onsen-Szenen oder Szenen, in denen die weiblichen Charaktere Bikinis oder Kimonos anhaben und beglotzt werden, immer wieder in solche Spiele eingebaut. Das betrifft ja nicht nur Persona, sondern auch andere Reihen. Dazu gibt es aiuch mal gern eine Kameraführung, die genau entsprechende Körperteile anvisiert.
Ich finde das so ermüdend. Man kann nur hoffen, dass diese Spieleentwickler keine Töchter haben.

Ansonsten ist es ein rundum gelungenes Spiel, das sehr viel richtig macht und sicher zurecht so bekannt geworden ist. Von Persona 6 oder diesem anderen Spiel, das Atlus dieses Jahr rausbringt, erwarte ich entsprechend viel, freue mich aber, wenn das oben beschriebene Manko mal entfernt wird. Für mich ist P5 immer noch eins der besten, wenn nicht das beste Ost-RPG der letzten zig Jahre.

Spielzeit: 89 Std.
Insgesamt: 10/10