Nachdem die letzte Empfehlung ja ein voller Erfolg war, habe ich mich gleich an die nächste gewagt. Der gute Cipo hat mir eine kleine, (angeblich) feine VN-Perle nahegelegt:
Butterfly Soup
Story?
Die überschaubare Erzählung folgt vier queeren Freundinnen, die gemeinsam zur High School gehen. Mit den Erwartungen ihrer asiatischen Eltern haben sie so ihre Probleme, doch Diya, Noelle, Akarsha und Min-Seo können unter- und miteinander sein, wer und wie sie sind. Naja, eigentlich streiten sie sich in den meisten Konstellationen sehr, doch hinter all den Hassbekundungen und übergriffigen Verhaltensweisen steckt eigentlich eine tiefe, ehrliche Freundschaft. Und wir wissen ja alle, was und wie Freundschaft ist…
Das Spiel
„Butterfly Soup“ ist ein klassischer VN mit diversen Entscheidungen, die aber lediglich Kleinigkeiten verändern. Die Charaktere und Hintergründe sind designtechnisch reichlich amateurhaft, aber deswegen nicht weniger charmant. Stimmen gibt es keine zu hören, doch auch daran leidet das Spiel nicht. Narrativ geht es weniger darum, eine zusammenhängende Geschichte zu erzählen als vielmehr darum, das Leben und den Alltag der vier darzulegen. Dafür wechselt Butterfly Soup auch die Perspektive und gönnt jeder seiner vier Figuren etwas Zeit im Rampenlicht.
Wie war es denn nun?
Butterfly Soup ist vielleicht die witzigste VN, die ich je gelesen habe. Ach, was sag ich? Es ist mit Sicherheit das witzigste Spiel, das ich je gespielt habe. Und das ist ein Achievement, denn ich bin – obwohl ich ein recht humorvoller Mensch bin – doch recht schwer von Humor abzuholen, gerade in Fiktion. Humor ist einfach schwierig zu schreiben. Wenn fiktive Werke sich an ihm versuchen, scheitern sie in meiner Ansicht oft daran, dass ich sie eher anstrengend als lustig finde und sie es etwas ZU sehr gewollt haben.
Akarsha, die mit Abstand witzigste Figur aus Butterfly Soup, will es zu sehr und ist eindeutig anstrengend. Das finden auch ihre Freundinnen und das weiß sie selbst. Zum einen ändert das aber nichts daran, dass ihre Randomness auch extrem lustig ist. Und zum anderen verleiht es ihr Tiefe – insbesondere wenn man schließlich auch aus ihrer Perspektive lesen darf.
Denn obwohl das Spiel sehr meme- und humorlastig ist (in einer Szene beschmiert Akarsha die aggressive Min mit Periodenblut, um sich zu verteidigen, was Min dazu bringt, Respekt vor ihr zu haben, woraufhin eine Shitty Fluted Version von My Heart Will Go On spielt), hat es Gefühl für seine Charaktere. Kein Marvel-mäßiges „es ist egal, von wem der Meta-Witz kommt, Hauptsache lol“. Alle vier Figuren haben ihre Quirks – und was für welche – und sorgen auf Basis dieser für Lacher. Das wird auch ab Sekunde 1 klar.
Man kann darüber diskutieren, ob es so gut ist, dass das Klischee asiatisch-amerikanischer Eltern hier aufgegriffen und mit Anlauf bestätigt wird. Aber erstens ist es nicht wirklich mein Platz, das zu beurteilen und zweitens ist es eben die Geschichte, für die sich hier entschieden wurde: Vier Girls, die genau darunter leiden und deren soziokulturelle Identität dieser Umstand prägt. Ein weiterer Perspektivwechsel hätte den Rahmen gesprengt und nicht ins Bild gepasst. Das verstehe ich.
Und wie süß ist es bitte, seinem Crush zu sagen, „Hi!“ würde auf koreanisch 사랑해 heißen, also „ich liebe dich“, damit die Person dann immer, wenn sie einen begrüßt, genau das zu einem sagt? Klar, komplett übergriffig, aber auch süß. Und Sweet Spots wie diesen trifft Butterfly Soup erstaunlich häufig.
Ich vergebe dafür 8 von 10 Knuckleballs, die unberechenbar durch die Luft sausen.