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Ritter
Ni No Kuni – Wrath of the White Witch Remastered
Story?
Im Leben des jungen Oliver passiert etwas Tragisches. Doch siehe da: Durch eine seiner Tränen wird ein Kuscheltier zu Leben erweckt und entpuppt sich als etwas rüde kommunizierende Fee aus einer anderen Welt. In die wird Oliver nun auch eingeladen, um sie zu retten. Denn er ist der Auserwählte. Er lernt also seinen ersten Zauber und magie-isiert sich in eine fantastische Welt voller Gefahren und Konflikte. In ihr heilt er gebrochene Herzen und stellt sich dem geheimnisvollen Bösewicht Shadar an der Seite neu gefundener Freunde und Tier-Sklaven, die Pokemon Familiars.
Das Spiel
Ni No Kuni ist ein JRPG (woah, ich spiele in dieser Challenge ein JRPG, das kein Tales of ist und mir für die Challenge auch gar nichts bringt). Man bewegt sich durch eine große Oberwelt, die mit Encounters gegen wilde Biester gespickt ist und betritt gelegentlich Orte von Bedeutung: Städte, Höhlen, Wälder, Vulkane, Tempel und vieles mehr. Die Encounter sind nicht gänzlich uninteressant. Man kann zwischen den Held:innen und ihren jeweils bis zu drei Familiars herum switchen und taktisch damit viel anstellen. Denn ob man sich in einem Kampf auf den physischen Angriff konzentriert, Magie castet oder anderweitige Strategien findet, kann von hoher Bedeutung sein.
Wem mache ich etwas vor? Ich habe nicht genug JRPGs gespielt, um das Kampfsystem von Ni No Kuni gut in den Canon des Genres einordnen zu kennen. Für mich war das Kampfsystem okay und mehr muss es auch gar nicht sein. Denn auch wenn mir bewusst ist, dass man mit dem Kämpfen (und Grinden) in dem Genre typischerweise viel Zeit verbringt, ist es mir nicht sonderlich wichtig. Es sollte mich möglichst nicht stören und das hat es in diesem Fall nicht sonderlich getan. Aber hey, das ist schon wertend, ich greife vor.
Die Familiars leveln, wie auch die Charaktere selbst, hoch und lernen neue Attacken. Man kann sie ab einem gewissen Level entwickeln, wobei sich ihre Werte vorerst drastisch reduzieren. Werden sie dann weiter gelevelt, werden sie aber umso stärker. Es gibt auch besondere Synergien, die die drei Hauptfiguren mit bestimmten Monsterarten haben, was für weitere Vorteile sorgt. So kann man sich die Teams mit einer erlesenen Auswahl an Familiars bestücken und auf der Auswechselbank sinnvolle Alternativen parken, um sie in geeigneten Situationen in den Ring zu werfen.
Wie war es denn nun?
Ni No Kuni war ein Steam-Impulskauf. Ich habe es im Sale gesehen, mich daran erinnert, dass ich es mal interessant fand, es erneut interessant gefunden und gedacht: „Hey, ich muss doch eh mehr JRPGs spielen.“
Das Positive an dieser Entscheidung: Nach Ni No Kuni habe ich tatsächlich mehr Lust auf gute JRPGs. Das Negative: Ni No Kuni ist davon – meiner laienhaften Ansicht nach – weit entfernt.
Schon zu Beginn des Spiels finde ich das Erzähltempo schwierig. Das Intro hetzt, obwohl es eigentlich einen dramatischen Grundton und eine Motivation für Oliver setzen möchte. Und das verstehe ich insbesondere nicht, weil Ni No Kuni sich ja keine große Mühe gibt, sich auf eine möglichst geringe Spieldauer zurechtzustutzen. Ich bin nach 35 Stunden fertig geworden, doch das ist sicher nicht repräsentativ. How Long to Beat gibt für die Main Story 44 Stunden an und Completionists sollen sich damit fast 100 Stunden auseinandersetzen. Das Schlimme daran ist, dass diese Spiellänge eben in keiner Weise damit zusammenhängt, dass das Spiel sich für seine Erzählung Zeit lassen würde. Es liegt vor allem an dem üblichen Grinding und der nicht endenden wollenden Fetchquest (aka Main Story).
Die Ghibli-Sequenzen ködern mit Kreativität und Detialverliebtheit, die man vom Studio erwartet.
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Doch abgesehen davon, dass sie unheimlich rar gesät sind und es sich mir nicht erschlossen hat, in welchen teils belanglosen Szenen sich dazu entschieden wurde, diese Animationskunst auszupacken, ist auch die Kreativität sonst Mangelware. Die Städte, die Oliver und seine Begleiter:innen im Laufe ihrer Reise aufsuchen, fühlen sich wie lieblose Kulissen und Platzhalter für Fetchquest-NPCs an. Die Charaktere sind Versatzstücke von Genreklischees: Der naive Held mit Helfersyndrom, die liebe, idealistische Heilmagierin und der verschlagene Tunichtgut mit geheimer Identität und anrüchigen Kommentaren. Die (in meinem Fall englischen) Voice-Actor klingen eigentlich ziemlich gut, doch sie bekommen nichts Interessantes zu sagen.
Auch die reichlichen Wortwitze sind wie massenhaft von einer AI erstellt und dann ins Spiel gekippt. Selbst so etwas wie eine Lagerfeuerszene, die immer mein liebstes Stück an JRPGs sind und mir ein Gefühl für die Mitglieder der Reisegruppe, ihre Eigenheiten, ihre Motivationen und ihren Zusammenhalt geben, ist hier herzlos und beliebig. Bei Tales of Vesperia, meinem letzten JRPG, mag es teilweise schon etwas komisch gewesen sein, wie die Leute immer wieder vermeintlich die Gruppe verlassen haben (oder das wollten), nur um dann doch dabei zu bleiben oder zurück zu kehren. Doch das hat mir eingeleuchtet. Ich habe immer verstanden, wo ihre Verpflichtungen liegen, was ihnen wichtig ist und wie komplex die Situation, in der sie stecken. Davon ist bei Ni No Kuni keine Spur. Alle reisen zusammen, weil darum. Die Welt muss halt gerettet werden und wir glauben bedingungslos daran, zu jeder Zeit.
Mit der Zeit ist etwas Gewöhnung eingekehrt. Und es widerstrebt mir zutiefst, Gewöhnung als etwas Positives darzustellen. Doch ja – in einem Spiel, das mich schon früh enttäuscht hat, ist es tendenziell gut, wenn ich mich an diesen Status Quo irgendwann gewöhne. So konnte ich es einfach runterspielen und nebenbei Youtube-Videos gucken, um die Pflicht zu erledigen. Nur gelegentlich hat mich etwas dann noch mal den Kopf schütteln lassen. Besonders das Ende hat sich dann doch noch mal gezogen und meine Nerven damit etwas strapaziert.
Hier noch mal eine Aufzählung der positiven Dinge, die so liebevoll ist, wie das Storytelling in Ni No Kuni: Die (wenigen) Ghibli-Cutscenes, die Musik, die Voice-Actor, das Feendorf, 3 von 76.831 Wortwitzen (denn ein blindes Huhn stolpert auch manchmal über einen Topf voll Gold).
Ich gebe dem Spiel 4 von 10 Ghibli-Animationssequenzen (denn so viele waren es am Ende ungefähr).
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