The Rewinder (empfohlen von Narrenwelt)


The Rewinder ist ein chinesisches Puzzle-Adventure-Spiel, das tief in der chinesischen Mythologie angesiedelt ist.

Steam beschreibt es so:
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You play as Yun, the last known Rewinder, who can communicate with spirits and explore other people's memories to alter the past.
Kurz gesagt geht es darum, ein Dorf zu erkunden, die Bewohner kennenzulernen und einen Fall zu rekonstruieren, indem man in Erinnerungen eintaucht und deren Verlauf ändert.



The Rewinder ist dabei sehr esotherisch. Die Exposition, wo es um die spirituelle Welt nach dem Tod und die Abläufe und Figuren geht, die dort eine Rolle spielen, war sehr cool – aber auch sehr erschlagend. In einem Glossar kann man im Spiel jederzeit alles nachlesen. Und das wird man gelegentlich auch müssen, wenn man mal wieder von den vielen Namen verwirrt ist.

Das macht The Rewinder aber auch cool, denn es fühlt sich sehr authentisch an. Das einsame Bergdorf, was man erkundet, hat eine richtig coole Atmosphäre – und man fühlt sich total in die damalige Zeit zurückversetzt, weil alles bis hin zu den Details wie der Einrichtung der Häuser einfach total stimmig und unverkennbar Chinesisch wirkt.

Sofort fällt der wunderschöne Artstyle des Spiels auf. Das Opening bietet opulente statische Artworks zur Exposition, danach ist alles im Pixelstil. Die Figuren sind minimalistisch dargestellt, aber erstklassig animiert. Vor allem stechen aber die fantastischen Hintergründe hervor: heruntergekommene Dörfer, malerische Bambushaine und Berge, nebelige Seeufer und schaurige Unterweltpanoramen. Dazu gibt’s ähnlich stimmige Musik. Richtig stark alles!



Spielerisch ist The Rewinder ein relativ typisches Adventure: Man interagiert mit Menschen, findet Gegenstände, benutzt Dinge aus dem Inventar und löst kleine Puzzles.

Diese Puzzles sind extrem cool, weil sie so stark in der chinesischen Kultur verankert sind. So muss man mit einem Abakus rechnen, Zauberformen zeichnen oder ein Spinnrad bedienen.

Viele der Puzzles sind aber durchaus anspruchsvoll. Sie verlangen, dass man die Informationen, die einem das Spiel zur Verfügung stellt, aufmerksam liest und die richtigen Schlüsse zieht. Oft sind es auch anspruchsvolle Logikrätsel, gelegentlich kommen Geschicklichkeitselemente hinzu.

Ich persönlich bin nicht so gut im Kombinieren und hatte deshalb so meine Probleme mit dem Ganzen. Oft war es aber auch die Steuerung, die ich nicht verstanden habe, oder mir hat eine wichtige Information gefehlt. Stellenweise war also einiges an Trial & Error notwendig, später habe ich daher auch öfters eine Lösung konsultiert – was mir etwas leidtut, denn es sind echt coole Rätsel!



Die andere Besondersheit sind die Erinnerungen, in die man eintaucht. Das sind Szenen, die automatisch ablaufen, die man jedoch pausieren kann, um aus Personen Informationen zu extrahieren. Daraus muss man dann die richtigen auswählen, um andere Akteuren der Erinnerung zum rechten Zeitpunkt zu einer anderen Handlung zu bewegen und somit den Verlauf der Dinge zu ändern.

Vom Konzept finde ich das alles sehr cool und es ist auch narrativ toll, weil man vergangene Schlüsselszenen so hautnah miterlebt. Allerdings dauert das alles seine Zeit, und wenn man Fehler macht (was schnell passiert), muss man einen Abschnitt der Erinnerungen noch mal spielen. Es gibt jedoch zum Glück eine Vorspulfunktion – an manchen Szenen saß ich jedoch länger, als ich es mir gewünscht hätte, weil ich irgendetwas übersehen hatte. Trotzdem sehr coole Sache!



Während man zu Beginn einen recht distanzierte, fast schon geschäftliche Beziehung zu dem Dorf und seinen Bewohnern hat, entwickelt man im Laufe des Spiels eine richtige Nähe zu ihnen. Durch die Gegenwart und die Erinnerungen lernt man sie und ihre Beziehungen untereinander nämlich näher kennen und gegen Ende wird es sogar recht emotional. Die Art, wie das alles nach und nach passiert, hat sich auch sehr schön und organisch angefühlt.

Aber auch der mythologische Überbau des Spiels ist extrem cool. So trifft man diverse Arten von Geistern und anderen mythischen Kreaturen, die alle erfrischend nach ihrer eigenen, nichtmenschlichen Logik agieren. Ein besonderes Highlight ist hier eine Art Schwarzmarkt der Unterwelt, wo man mit allerlei skurrilen Figuren interagieren muss.

Das Spiel ist von einer sehr ausgeprägten Melancholie geprägt, die mit der Zeit nur stärker wird. Ein großer Teil des Spiels ist ruhig und besinnlich, zum Ende hin gibt es aber sogar ein paar Horror-Vibes.
Das Finale fand ich auch von der Inszenierung ziemlich cool – es war schön zu sehen, das am Ende alle Bewohner zusammenkommen nach all den Tragödien, die passiert sind. Und natürlich endet es mit einem bittersüßen Nachgeschmack, wie es sein sollte.



tl;dr: The Rewinder ist ein tief in der chinesischen Mythologie verankertes Puzzle-Adventure, in dem man nach und nach das Mysterium um ein kleines Dorf aufdeckt. Die melancholisch-schaurige Atmosphäre und die Art, wie die Geschichte nach und nach erzählt wird, haben mir extrem gut gefallen. Visuell ist es zudem ein absoluter Hingucker! Nur für die Puzzles sollte man einiges an Geduld und Hirnschmalz mitbringen, denn die sind durchaus fordernd und nicht immer komplett intuitiv. Unterm Strich definitiv ein sehr cooles, einzigartiges und rundes Spiel – große Empfehlung!

Spielzeit: 5:55h
Wertung: 7,5/10


Damit wäre meine Steam-Challenge auch beendet! Vielen Dank an Kaia, MeTa, Lynx und Narrenwelt für die schönen Vorschläge. Das waren vier sehr unterschiedliche Spiele, die mir unterm Strich alle einiges gegeben haben – und alle auch irgendwie sehr schön die Kreativität und Vielfalt in der Indie-Spielelandschaft zur Schau stellen. Es war mir eine Freude!