The Legend of Heroes: Trails to Azure


Knapp vier Jahre, nachdem ich Zero gespielt habe, habe ich endlich mal mit Azure weitergemacht, der zweiten Hälfte des Crossbell-Arcs und dem letzten Teil in 2,5D – bevor dann mit Cold Steel die grafische Präsentation komplett überarbeitet und „modernisiert“ wurde.

Gemeinhin gilt Azure neben Sky SC als beliebtester Teil der Serie. Das kann ich verstehen, ich würde mich dem aber nicht bedingungslos anschließen.

Das Spiel schließt direkt an Zero an (mit einem kleinen Zeitsprung) und obwohl Zero ein halbwegs abgeschlossenes Ende hat, bleiben sehr viele Fragen offen, die hier erweitert und beantwortet werden.

Es kommen zwei neue dauerhafte Partymitglieder hinzu (Wazy und Noel, beide in Zero NPCs), aber auch insbesondere Randy aus der alten Party bekommt hier einiges an Backstory.

In Azure dreht die politische Dimension der Handlung noch mal extrem auf. Viele Länder (Crossbell, Erebonia, Calvard, Liberl etc.) und Fraktionen (Ouroboros, Red Constellation, Heiyue, CPD, Imperialisten etc.) spielen eine Rolle.

Serientypisch lässt die Eskalation aber auf sich warten. Es wird wieder sehr viel Zeit mit dem Aufbau des Konflikts verbracht, unterbrochen von optionalen, aber oft handlungsrelevanten (und guten!) Sidequests.



Die Figuren sind nach wie vor sympathisch und Crossbell nach wie vor mit all seinen NPCs und der überschaubaren Größe sehr lebendig und organisch.

Es gibt auch einige echt schöne Momente – vor allem einen gewissen Krankenhausbesuch fand ich recht bewegend. Das Spiel glänzt einfach in den ruhigen, alltäglichen Momenten wie schon die Vorgänger sehr.

Ich fand es auch toll, wie einige Figuren aus den Vorgängern (Olivier, Chloe und sogar aus den Nachfolgern integriert wurde – die Handelskonferenz hat sich dafür natürlich perfekt angeboten.

Hier wurde auch sehr viel Foreshadowing auf die Zukunft der Serie betrieben und diese politische Dimension ist imo etwas, das die Serie sehr von anderen JRPGs abhebt, denn hier ist alles in seiner Komplexität einerseits sehr organisch und glaubwürdig. Zugleich wird es aber häppchenweise über einen so langen Zeitraum vermittelt, dass man sich auch dafür interessiert, weil man die Welt parallel dazu kennenlernt. Es ist also kein Exposition Dump wie beispielsweise in Final Fantasy XVI.



Gestört haben mich vor allem einige der Antagonisten. Ouroboros nervt schon lange, auch wenn sie hier eher im Hintergrund mitspielen. Das Drama um Randys Familie fand ich okay, deinen Onkel und seine Schwester aber viel zu überzeichnet.

So viele der Akteure sind zudem auch so mysteriös und mächtig und allwissend, dass es doch eine Menge Suspension of Disbelief fordert.

Falcom ist immer sehr gut im Foreshadowing, aber weil halt in jedem Teil so viele Intrigen gesponnen werden, gibt es mittlerweile einfach zu viele von diesen Charakteren.

Eigentlich mag ich es, dass die eigene Gruppe nur ein kleines Rädchen im großen Ganzen ist, aber es wirkt ein wenig künstlich, wie sehr sie einerseits von allen im Dunklen gelassen werden und wie andererseits die ach so mächtigen Antagonisten sie dann doch nie wirklich anrühren – das ist mir dann zu viel Plot Armor.

Auch der Fanservice wurde etwas hochgeschaubt – zumeist spielt er keine Rolle, aber die Auszeit im Mishelam Wonderland hatte schon Momente, die zum Augenrollen waren.

Der Plot Twist, als (Mid- und Endgame-Spoiler) Dieter Crois Crossbell als autonomen Staat ausruft, fand ich ziemlich spannend – und auch, dass am Ende der Anwalt hinter allem steckte, hat mir gut gefallen. Sehr genervt hat mich allerdings Mariabell und dass sie dann natürlich mit Ouroboros unter einer Decke steckt. All das zeigt mir mal wieder, dass ich die bodenständige Dimension der Handlung viel lieber mag als die Shonen-Dramatik mit ihren Power Leveln, Verschwörungen und abgedroschenen Wendungen.



Spielerisch hat sich nicht viel getan. Die Master Quartz geben dem Kampfsystem zusätzliche Gestaltungsmöglichkeiten, die aber durch die überschaubare Anzahl und das langsame Aufleveln davon nicht allzu sehr ins Gewicht fallen.

Ich bin sehr froh über die Turbo-Funktion gewesen, sonst wären mir die Kämpfe mittlerweile deutlich zu lahm gewesen. Das war auch der ausschlaggebende Grund, weshalb ich das Spiel auf PC gespielt habe, nicht PS5.

Einige Bosse im Spiel fand ich überraschend anspruchsvoll. In meiner Erinnerung gab es in Zero keine vergleichbar schweren Kämpfe.

Ansonsten ist es schön, dass sich Erkundung lohnt und man in Dungeons und auf der „Overworld“ stets nützliche Sachen findet. Neue Locations ergibt es erwartungsgemäß kaum, aber Mishelam Wonderland war ganz nett.



tl;dr: Trails to Azure ist ein tolles Spiel, doch die zunehmende Eskalation der Serie ist für mich ein zweischneidiges Schwert: Während ich das Miteinander, die Lore und die politische Dimension der Handlung mag, sind mir all die Organisationen und überpowerten Charaktere deutlich zu viel. Dennoch gibt es viele schöne Momente und ein tolles Ende, die mich versöhnlich gestimmt haben – etwas, das Cold Steel und Nachfolger womöglich nicht mehr schaffen werden.

Spielzeit: 41:00h
Wertung: 8/10