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Mirokurator

Baldur's Gate: Enhanced Edition
Weirde Sache: Ich befürchte, ich hatte BG1 bis vorhin noch kein einziges Mal durchgespielt ... obwohl ich seit Jahrenzehnten davon überzeugt war?
Denn Teil 2 und Planescape Torment habe ich definitiv (?!
) durchgespielt, aber vor allem habe ich jedes einzelne dieser Spiele sehr. oft. ANGEFANGEN. Und dann auch mehr oder weniger weit gespielt, je nach Versuch, bis mich die Motivation verlassen und/oder die Frustration eingeholt hat. Und bei BG1 ist das nicht wirklich überraschend, weil dieses Spiel in einem besonderen Maße aus der Zeit gefallen ist, zumindest in meinen Augen. Warum es sich trotzdem lohnen kann ... Folgt mir auf eine Reise ins Jahr 2000! 
Alte Dinge
Baldur's Gate, so revolutionär es mal war, fällt nämlich spätestens in dem Moment aus der Zeit, in dem Baldur's Gate 2 erscheint (also ja, im Jahr 2000).
Das gilt einmal auf der technischen Ebene: Das 2D ist ja selbst heute eine Liebhabersache, aber in BG1 sieht fast alles künstlich aus, wie eine Modelleisenbahn. Candlekeep wirkt nicht wie eine übertrieben riesige Epic-Fantasy-Burg, sondern wie ein Gebäude aus den Siedlern. In BG2 dagegen ist die Engine dann richtig liebevoll und teilweise sogar einprägsam eingesetzt! Aber vor allem war BG1 absolut fucking SCHRECKLICH, was die Steuerung und das Charaktersystem angeht. Wer dieses Spiel erst im letzten Jahrzehnt gespielt hat, merkt davon zum Glück nichts mehr, weil sowohl Fan Patches als auch Enhanced Editions die Systeme des zweiten Teils übernehmen ... denn meine Fresse, die Wegfindung und die ""Balance"" des ersten Teils waren grauenhaft. Mit der Enhanced Edition bleiben davon nur noch diverse Überbleibsel. Und selbst die, muss ich sagen, fühlen sich beizeiten immer noch so an, als hätte da jemand seine erste wilde Videospielidee umgesetzt. (Unsere Wegfindung ist schrecklich und führt ständig zu Bugs? Natürlich sollten wir ein paar enge Dungeons ins Spiel bauen, in dem die Figuren hängenbleiben, sobald sie mal aus Versehen nebeneinanderlaufen! *derp) Außerdem macht das Core-Erkundungs-Gameplay nach heutigen Maßstäben nur noch bedingt Spaß; das Fallen Finden etwa ist ein einziger Krampf.
Schlimmer ist das Ganze aber bei der Inszenierung und der ganzen Spielstruktur: Die Story von BG1 geht voll klar. Aber es dauert soooo lange, eh man das merkt! (Und manche Spielenden merken es wahrscheinlich gar nicht, weil sie irgendeinen Brief übersehen oder sowas.) Es gibt so viele Gegenden und Kapitel, die leer oder spielstreckend wirkend, und die optionalen Quests und Begegnungen sind auch noch viel zu spärlich verteilt, als dass es das Gesamtbild retten könnte. Man wollte hier eine gute Story und eine "Open World" zur selben Zeit bieten, und das in einer Zeit, in der Videospiele BEIDES noch nicht so wirklich hingekriegt haben. Als ich nach Baldur's Gate gekommen bin, hatte ich bspw. in vielen Runs schon überhaupt keinen Bock auf Erkundung mehr, weil ich die letzten 20 Spielstunden durch die ewig gleichen Wäldchen und Gänge gelaufen bin. Und die Stadt besteht halt zu 80% aus den ewig gleichen Räumen mit ein paar Münzen und Schriftrollen. Als der Duke am Ende des Story wichtig geworden ist, war das dann auch noch ein Problem für mich, weil ich ihn davor schon massiv ausgeraubt hatte und er nicht mehr mit mir sprechen wollte. xD' Zum Glück gibt es eine Cheat-Konsole!
Allerdings wissen selbst der Tonfall und das Writing noch nicht so ganz, wie sie mit dieser neuen Manifestation des Genres umgehen sollen. Epischste Dialoge haben dümmlichste Dialogfetzen und pubertierende Peinlichkeiten mit drin, bei vielen NSCs weiß man nicht mal, ob man gerade einen Witz erlebt oder irgendwas falsch gemacht hat. In BG2 kriegen sie das viel besser hin: Es ist ein ernstes, atmosphärisches Spiel mit auflockerndem Humor. Aber BG1 ist eine Zirkusshow, in dem der Clown plötzlich durch den brennenden Reifen springt. (Du, lieber Spieler, bist der Clown!)
Weird.
Nette Dinge
... aber auch faszinierend! Man merkt noch immer, wie revolutionär all das mal war, die Ambitionen und die Versuche. Wenn man nicht die Qualität eines BG2s (geschweige denn eines modernen Spiels!) erwartet, kann der Open-World-Teil mit seinen kleinen Quests durchaus Spaß machen. Ich würde nur nicht empfehlen, ALLES zu erkunden, denn das nagt sehr schnell an der Staying Power des Spiels. Aber so als ausgedehnte Reise durch eine Modell-Fantasy-Welt. angetrieben von einer klassischen Story? Joah, kann man machen!
Das Kampfsystem ist ähnlich: Man muss praktisch den goldenen Mittelweg zwischen "Einfuchsen!" und "Bloß nicht zu genau hinsehen!" finden. Denn einerseits ist es ein komplexes System, das seinen Reiz durchaus aus dem Charakterentwickeln und Herumschieben von Items zieht, und natürlich aus dem Micro Managing in schwierigeren Kämpfen, aber andererseits ist dieses System auch so komplex und offen, dass man es an fünfhundert verschiedenen Stellen in Bugs stürzen, ausnutzen oder sich einfach durch das gesamte Spiel cheesen kann. Ist das cool? Ein bisschen. Vielleicht. Wenn man weiß, was einen erwartet.
Oh, Charaktere sollte man definitiv NICHT erwarten. Die haben hier Voice Actors mit ein paar derpigen Schreien und eine mehr oder weniger irrelevante Charakterquest, aber das war's dann auch schon. Und davon gibt es, kA, 20? Kein Vergleich mit BG2, PS:T oder der 3D-Bioware-Generation, die alle viel mehr in die Tiefe gehen. Tatsächlich ist es eine wilde Vorstellung, dass DAS hier mal revolutionär einprägsame Charaktere waren ...
Kein Wunder also, dass die meisten WRPGs vor BG1 heute gar nicht mehr spielbar sind!
Und genau so würde ich auch das Writing und die Dialoge selbst betrachten. Es gibt Momente, gerade in den Träumen der Hauptstory, aber selbst die bleiben wohl mehr durch ihre Einfachheit und ihren Fokus hängen.
"Richtigen" Inhalt gibt es dann eher ab Baldur's Gate 2!
Abschließend: Kann man machen, aber bloß nicht die falschen Erwartungen mitbringen. Und es ist schon ziemlich einfach, anfangs nicht GENAU zu wissen, was das Spiel von einem möchte.

Ups, keine Achievements! Ich hatte auch hier überlegt, auf Französisch zu schalten, aber ehrlich gesagt, sind die Dialoge so schon schlimm genug.
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