Danke euch beiden. Dann werde ich mir wohl irgendwann doch mal den ersten Teil ansehen.
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Das Gute ist, dass man den ersten Teil schön schnell durchspielen kann, wenn er einem gameplay-technisch nicht sooo sehr zusagt. Kann helfen!
Life is Strange: True Colors
Falls es jemandem entgangen sein sollte: LiS ist eine meiner absoluten Lieblingsserien. Über LiS1 denke ich aller paar Jahre anders (positiv anders!), Before the Storm hat mein Leben mit seiner Thematik wenigstens ein bisschen umgekrempelt, LiS2 ist ein wahnsinnig faszinierendes (schwieriges?) Beispiel für Politik in Medien und Tell Me Why vielleicht das beste Gesamtkunstwerk eines "erwachsenen" Videospiels um Zwischenmenschlichkeiten, das ich je gespielt habe. Außerdem haben mich die Schwächen und Kritikpunkte dieser Reihe ganz subjektiv nur sehr selten gestört, und die Formel konnte über all die Jahre hervorragend reifen ... umso gespannter war ich also auf True Colors! =]
Gefühlvolle Farben
Jedes LiS hat starke Themen, und kein Teil betont sie so farbenfroh wie True Colors: Hier geht es um Empathie! Um GEFÜHL! Die Haupthandlung ist simpel (um nicht zu sagen komplett berechenbar und ein bisschen stumpf), aber damit auch hervorragend als Leinwand geeignet, um mit allerlei emotionalen Farben darauf herumzumalen. Jede Figur wird von ihren Gefühlen getrieben, von den Protagonisten über namenlose NSCs bis hin zu Antagonisten groß wie klein, und durch Alex' Fähigkeit erhalten wir stets einen ungewohnt, nun ja, empathischen Einblick in diese bunte Palette. Sogar Haven Springs selbst ist wunderschön bunt, regelrecht lebendig! Wenn man dann erfährt, dass dieses Setting auf einem echten Städtchen basiert – Idaho Springs, Colorado –, wird mal wieder klar, dass die Serie ihren Amerikana-Wurzeln treu bleibt. Genauso treu bleibt sie allerdings ihrer Liebe für Trauma, für psychologisch rücksichtslose Schläge in die Magengrube, denn unter all diesen Farben lauert eine Menge Schwärze, und am Ende gipfelt alles in einer serientypisch heftigen Entscheidung. Und wie in jedem Teil bisher: So schwierig diese Entscheidung objektiv sein sollte, so eindeutig haben mich die zwölf Stunden Spiel zu einem "alternativlosen" Ende geführt, das sich einfach nur richtig angefühlt hat. Toll! =]
Besonders toll übrigens: Die Epilog-Cutscene mit Voice Over. Was für eine Inszenierung! sozusagen der letzte Farbtupfer, der das Bild vollendet, und ein weiterer Beweis, dass diese Reihe über die Jahre unglaublich gewachsen ist.
Breites Grinsen
Wirklich glänzen allerdings kann, selbst in diesem schillernden Gesamtbild, unsere Hauptfigur Alex Chen. Denn mein GOTT, was für ein wortwörtlicher Lichtblick in einer Life-is-Strange-Chronologie aus gloomy Berufszynikern! Natürlich trägt auch sie eine Menge Komplexität, eine Menge Sarkasmus, Familienprobleme und psychische Störungen mit sich herum (sonst wäre dieses "Life" wohl nicht mehr so "Strange", durrr! ), aber es dauert nicht lange, bis ihre Liebe für andere Menschen durchkommt, ein Bedürfnis zu helfen, auch über Trauma hinaus. Und während die Reihe ja sowieso schon seit Teil 1 mit der Superheldenmetapher herumturtelt, ist Alex tatsächlich die erste Hauptprotagonistin, in der ich das auch mental wiederfinde. Außerdem: Dieses Lächeln. That damned smile, und wie sie es völlig ungezwungen in den Raum wirft, sobald es irgendjemandem gut geht. Hier glänzt übrigens auch der Umstand, dass LiS das erste Mal auf Motion Capturing zurückgegriffen hat, denn die ganzen Feinheiten in den Gesichtern wären in den letzten Teilen zweifelsohne verlorengegangen. Gerade die letzte Szene mit dem Antagonisten ...? Mannomann! (Manchmal sieht das Spiel trotzdem noch nach Euro-Jank aus, aber zumindest für mich wird das auch immer ein Teil des Reizes bleiben. )
Der restliche Cast ist übrigens auch klasse. Komplex, lebendig, und wie schon in Tell Me Why sehr ... erwachsen. Ich mag das Wort nicht so wahnsinnig gern, aber es gibt Medien, bei denen es einfach angebracht ist. True Colors hat auch kein Problem damit, schon mal zwei Kapitel lang auf Action-Szenen oder massiven Story-Progress zu verzichten, und das rechne ich ihm hoch an.
Wenn man einen langweiligen Charakter-Tiefpunkt will: EEETHAN! (*kriegt Heavy-Rain-Shaun!!-Flashbacks*) Warum sind Kindercharaktere eigentlich immer noch so häufig Tiefpunkte? LiS2 hat es doch so gut vorgemacht! Na ja, das LARP als Storymoment und Foreshadowing war trotzdem ganz großes Kino.
Unsortierte Zugaben
– True Colors hat ein weirdes Gefühl für Zeit. Es gibt gerade in der ersten Hälfte so einige Zeitsprünge, die aber oft nur subtil kommuniziert werden, und so fühlt man sich manchmal, als wäre etwas geschnitten worden. Ein stumpfes "zwei Wochen später" wäre hier vielleicht effektiver gewesen? Gegen Ende läuft die Inszenierung dann aber flüssiger, obwohl in 24h mehr passiert als in den Monaten zuvor. ^^
– Die Musik. Still on its hipster shit. Es ist immer noch Life is Strange und warum gibt es den Soundtrack nicht auf CD ...? Na ja, immerhin gibt es ein "lofi is strange" YT-Video, ich kann mich also nicht beschweren. xD'
– Ach ja, Gameplay: Ist wie jeher zweitrangig, aber läuft genau wie in Tell Me Why extrem routiniert, die Powers machen auch wieder mehr Spaß als in LiS2 und TMW! Besonders cute sind die Videospielautomaten, falls man zwischendrin WIRKLICH mal etwas Gameplay braucht, zur Abwechslung.
– Ganz intuitiv ein vielleicht leicht sexistischer Gedanke: Wenn LiS1 gerne mal abschätzig als "Mädchenspiel" bezeichnet wurde? DAS HIER ist das Mädchenspiel! =D Wir waren auf jeden Fall sehr überrascht, dass im Writing Team dann doch die Männer dominieren, denn es fühlt sich definitiv nicht so an, und das unterstreicht weiterhin die besondere Position, die diese Reihe im Mainstream-Markt einnimmt. (Edit: Haupt-Writer sind wohl doch 3 Frauen und ein Mann, falsch gesehen in den Credits! ^^)
– Wo war das Lied? O_ô You know, bei diesem Titel? Mindestens im Abspann wäre es doch Pflicht gewesen.
Fazit: Ich liebe diese Spielereihe für ihr Drama und ihre liebenswürdigen Figuren, für ihre offenen Emotionen, für ihre Metaphorik, für ihre eskapistischen Amerikana-Vibes, ihren Superheldenshit und, trotz allem, ihre Nähe zum echten Leben. Und True Colors reiht sich hier einwandfrei ein, ohne sich irgendwie auf die Beliebtheit der Vorgänger zu verlassen.
... ♪ and that's why I love you ♫ ...
Ein klassisches Rollenspiel, reduziert auf den Zauber des alten Genres: Wortgewaltige Sprache. Fordernde Kämpfe. Drei, die einen Drachen töten – und was sie dazu führen mag ... Jetzt für 2€ auf Steam, werft mal einen Blick drauf! =D