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Mirokurator

Chained Echoes
Ja, 50 Stunden, und doch, Chained Echoes war im Gesamtbild verdammt gut!
Und ich glaube, es ist total wichtig, sich an dieser Stelle vor Augen zu halten: Wenn ich "verdammt gut" sage, vergleiche ich dieses deutsche Ein-Mann-Projekt (abgesehen von Musik & Kleinigkeiten) mit Genre-Klassikern wie Final Fantasy und Suikoden, die von großen Teams erfahrener Profis erschaffen wurden. Und da ist das hier doch schon, trotz einiger Kritikpunkte ... PUH! Meine Fresse. 
Starten wir trotzdem mit der Kritik!
Was könnte besser sein?
1. Die meisten großen Spiele, die heute erscheinen, sind (imho) zu lang. Chained Echoes ist einer der wenigen Fälle, wo das Spiel eher zu breit ist? xD' Es führt wirklich 20 Stunden lang Subsysteme ein, und obwohl ausnahmslos alle funktionieren, hatte ich doch das Gefühl, dass es mit etwas mehr Fokus besser gewesen wäre: Vielleicht ein weniger komplexes Kristall-System (oder weniger verschiedene Kristalle), vielleicht ein simpleres Mecha-System, vielleicht mehr Clansmitglieder zu finden und dafür 1-2 Kategorien an anderen Optionalsachen (oder 1-2 optionale Gruppenmitglieder) weniger. Es ist wie gesagt überhaupt nicht schlimm und sicher auch Ansichtssache, weil nun mal alles funktioniert, aber gerade in Verbindung mit dem zweiten Kritikpunkt fühlt es sich ein wenig ... überfrachtet an.
2. Ich behaupte mal vorsichtig, das Spiel hätte in vielen unterschiedlichen Aspekten, hm, mehr Erfahrung? ein weiteres Paar Augen? ein stabileres Gesamtkonzept? gebraucht. Die Dialoge wurden ja bspw. schon genannt, aber die sind keinesfalls durchgängig schlecht, sie sind eher ein wenig unstet; hier hätte ein hartes inhaltliches Lektorat (nicht nur Korrektorat!) geholfen. Die Inszenierung hat hin und wieder ähnliche "Problemmomente", genau wie die Charaktere. Am auffälligsten finde ich aber, dass Chained Echoes manchmal nicht so ganz weiß, ob Fisch oder Fleisch. Das merkt man bspw., wenn man mit den Mechs überall rumfliegen kann ... aber an zu vielen Stellen gar nicht, weil es nicht in die Story passt oder die Erkundung vermasseln würde. Oder man merkt es daran, dass sich wirklich "erkundbare" Gegenden mit puren Storygegenden abwechseln, das Pacing im Zusammenhang mit der Erkundung aber doch sehr ungeplant wirkt. Ich hätte die letzten 30 Stunden nur selten sagen können, ob das Spiel noch 2 oder noch 20 Stunden laufen wird.
Das mit den statischen Face Sets finde ich übrigens völlig egal, und im Gegensatz zu manchen mag ich den Zeichenstil total gerne! Ich gebe aber recht, dass Glenn ein wenig negativ heraussticht in seiner Generik. (Das gilt aber auch für den Charakter selbst, obwohl man offensichtlich versucht hat, ihm Charakter zu geben.)

Was macht es so toll?
Zuerst und mit einem Ausrufezeichen: Ich habe mich an keiner Stelle gelangweilt und NIE darüber nachgedacht, das Spiel abzubrechen. Das ist selten! o.o Man hat einfach das Gefühl, dass das Spiel genau die richtige Länge hat, und dass es Wert darauf legt, jeden seiner Teile unterhaltsam zu gestalten. Frustrierend wird es auch nicht, wobei ich ergänzen sollte, dass ich die wirklich "großen" (schwierigen?) Optionalsachen nicht gemacht habe, nur den Clan vervollständigt, die ganzen Side Quests gemacht und hier und da anderen Kleinkram. War aber voll gut so!
Und das liegt vor allem am Gameplay, denn das greift wunderbar ineinander und flutscht. Meine Kritikpunkte des Kampfsystems von oben kann ich eigentlich zurücknehmen, denn mit der Zeit werden auch die Standard-Kämpfe einen Tacken fordernder, und das ist viel wert. Die Bosse werden eher einfacher, aber das liegt sicher auch an der System Mastery, die ja nicht jedermanns Sache ist.
Die Erkundung bleibt aber das Beste am Spiel, durch das Sphärobrett und die ganzen tollen Kleinigkeiten. Das Sphärobrett ist sooooo motivierend! =3 Ich glaube nur, wenn man ohne Guide ALLES finden will, darf man vieeeeel herumrennen. (Hier wären vielleicht mehr Tipps gut gewesen?)
Positiv überrascht hat mich die Story, denn die zieht nach der Hälfte massiv an. Oder genauer gesagt: An der Stelle, an der man Lenne rettet, bei den plötzlichen Rückblenden und den Vaen bin ich wortwörtlich AUFGESTANDEN, weil sie so gut reingehauen hat! :D Und von da an gibt es auch immer wieder gute Twists, die zusammen mit der problemlos verständlichen (!) Haupthandlung dazu führen, dass es sich nicht einfach nur wie ein JRPG-Abklatsch anfühlt, sondern wie ein eigenes, gut abgeschlossenes Ding. Sequel Bait gibt es aber auch.
Die Hauptfiguren sind zwar unterschiedlich gut gemacht, aber auch hier profitiert das Spiel von der Zeit. Meine Liebling sind Kylian und Amelia, wobei ich auch die Generäle der Gegenseite ziemlich gut gemacht fand. Suikoden-Vibes im besten Sinne!
Der Ausbau der Basis ist zwar etwas, das von NOCH mehr Energie und Zeit profitiert hätte, aber es trotzdem total toll und hat mich öfter sehr glücklich gemacht. <3
Fazit
Chained Echoes ist spielerisch einwandfrei und inhaltlich überraschend gut, gerade in der zweiten Hälfte. Es ist voller Liebe und nicht einfach nur ein weiterer Teil einer großen JRPG-Reihe. Es ist darüber hinaus über weite Teile echt krass poliert (trotz einiger weniger Bugs), und wenn es nicht poliert ist, sondern sich an manchen Stellen auch noch ein wenig "anfängerhaft" anfühlt, ist das zwar spürbar, aber nie ein Game Breaker.
Also ja, als Genre-Fan ein absolutes Muss, das die meisten japanischen Rollenspiele problemlos hinter sich lässt! 
[JRPG Classico]
Chained Echoes / Omori
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