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Die Square-Enix-Challenge #3: Dungeon Encounters

Nach einer weiteren langen Session gestern habe ich Dungeon Encounters tatsächlich noch durchgespielt.
Während ich die erste Hälfte „ehrlich“ gespielt habe, habe ich ab ca. Ebene 60 begonnen, stärker Guides zu konsultieren. So konnte ich mir schnell alle Mittel erschleichen, um angenehm durch den Rest des Spiels zu kommen. An die wäre man sonst nur durch das Lösen von Rätseln gekommen. Das wären vor allem folgende Abilitys:
– Teleportation: Man kann sich an beliebige Koordinaten im Dungeon warpen, egal ob man dort schon war oder nicht. So kann man sich in Windeseile alle geheimen Schätze holen und sogar zum letzten Boss teleportieren.
– Monstervermeidung: Kämpfe triggern nur noch per Knopfdruck. Da Gegner auch vorher schon sichtbar waren, ist das vor allem ein riesiger Komfortgewinn, wenn man die Maps komplett erkunden möchte.
In der ersten Spielhälfte bestand meine Taktik daraus, mir mit allen Charakteren die besten AoE-Zauber zu holen, mit Accessoires zu boosten und die Gegner somit schnell zu überwältigen. Ab ca. Ebene 40 habe ich die HP meiner Charaktere zudem permanent im kritischen Bereich gelassen, damit sie durch eine passive Ability doppelten Schaden machen. So waren alle Kämpfe ein Klacks. Bis dahin musste ich zumindest regelmäßig neue Zauber farmen, aber von dort an war das kaum noch nötig.

Sobald ich Teleportation hatte, habe ich mir die besten Waffen im Spiel geholt. Damit konnte ich statt 10.000 plötzlich 100.000 Schaden und mehr machen. Das Problem war, dass die Waffen so viele PP (Rüstpunkte) verbraucht haben, dass ich sie entweder nicht anlegen konnte oder auf andere Ausrüstung verzichten musste. Da die Kämpfe jedoch schnell beendet wurden, war es kein Problem, ansonsten sehr schwache Ausrüstung zu tragen.
Die Kämpfe zwischen Ebene 70 und 99 habe ich fast komplett übersprungen. Stattdessen habe ich mir mit etwas Trial & Error einen guten Grundspot auf Ebene 87 herausgesucht und meine Charaktere dort in wenigen Minuten von ca. 60 bis 90 gelevelt.
Besonders wichtig für meine Taktik war der Samuraityp der mit seinem Chiriji-Schwert die Verteidigung der Gegner ignoriert und somit direkten Schaden zufügt – zwischen 0 und 200.000 auf alle Gegner. Die Zufallskomponente hat dafür gesorgt, dass einige Kämpfe trotzdem brenzlig wurden, aber das Aufleveln ging so insgesamt sehr unproblematisch.
Im Anschluss habe ich mich daran gemacht, den Rest des Dungeons komplett zu erkunden. Das war größtenteils schmerzlos. Nur die 90er Ebenen waren etwas nervig – vor allem 92 mit seinen dutzenden voneinander getrennten Inseln.
Der „letzte Boss“ hingegen war ein Klacks – oder ich einfach zu gut vorbereitet 

Für mich verkörpert Dungeon Encounters viel von der Essenz von RPGs. Es ist in allem, was es tut, sehr simplistisch, aber mechanisch durchaus durchdacht. Der Gameplay-Loop ist auf die Dauer mangels Abwechslung etwas sehr monoton, funktioniert aber im Kern trotzdem ausgezeichnet.
Man merkt, dass das Projekt das Baby von Hiroyuki Itō ist, dem Mann, der die meisten der wichtigen Gameplay-Systeme in der Hauptserie von Final Fantasy maßgeblich prägte. Hier hat er sogar die „Story“ geschrieben und war Director.
Ein paar Dinge, die das Spiel imo interessant macht:
- Man kann erst HP-Schaden zufügen, sobald man die Verteidigung auf 0 gebracht hat, wobei zwischen physisch und magisch unterschieden wird. Die Verteidigung dient also als eine Art Puffer statt den Schaden zu reduzieren. Die Verteidigung regeneriert sich nach dem Kampf, während die HP gleich bleiben. Es gibt keine konventionellen Heilzauber.
- Das Spiel ist sehr transparent in seinen Mechaniken: Jedes Stück Ausrüstung verrät genau, wie viel Schaden es zufügt und/oder verhindert.
- Jeder Gegner droppt (meist individuelle) Ausrüstungsgegenstände oder Items, die die Statuswerte permanent erhöhen. Das macht die Kämpfe sehr belohnend, denn man erhält ständig neue Dinge, die auch fast alle nützlich sind. Es gibt kein Trashloot.
– Trotz des Minimalismus hat das Spiel eine tolle Art Direction, vor allem bei den Portraits der Figuren/Gegner. Durch denkbar simple Animationen sind die Kämpfe sehr flott.
– Man findet im Dungeon eine Vielzahl an Abilitys, die die Erkundung und Kämpfe massiv verändern. Das motiviert zu Erkundung, denn alle davon sind optional.
– Schon früh hat man die Möglichkeit, viel weiter zu erkunden, als es eigentlich klug wäre. So kann man aber auch früh an Kram aus dem Lategame kommen.
– Zum Teil coole Logikrätsel mit fetten Belohnungen.
– Eine Menge cooler versteckter Schätze, Shops, Charaktere und so weiter.
– Ein paar coole Supergegner, die deutlich fordernder als der Endboss sind.

Negativ:
– Es ist monoton. Man macht 99 Ebenen quasi dasselbe. Es gibt nicht einmal Bosse und fast gar keine Story.
– Einige der Mechaniken wie Versteinerung, der Cavied-Zustand sind übertrieben fies. Letzteren kann man erst im Endgame heilen und es ist extrem umständlich.
– Wenn man nicht aufpasst, „verliert“ man seine Charaktere, z.B. durch missglückte Teleportation, und muss sie im gesamten Dungeon wieder zusammensuchen. Dabei hat man nur begrenzte Tracking-Möglichkeiten. Die Idee ist interessant, aber die Umsetzung viel zu nervig.
– Die Charaktere sind quasi Blank Slates und spielen sich alle gleich. Manche haben allerdings individuelle Ausrüstung, was im Endgame auch einen großen Unterschied macht.
– Man selbst hat kaum Möglichkeiten, Zustandsveränderungen zuzufügen.
– Einige Abschnitte des Dungeons sind von der Navigation durch Fallen, schlechte Sicht und ähnliches relativ nervig.
– Das Kampfsystem wird lange Zeit kaum komplexer, sondern skaliert nur durch die Höhe der Zahlen. Das ändert sich im Endgame etwas.
Es ist ein bisschen lustig, dass es zum einen sehr moderne Komfortfunktionen gibt, die man in klassischen Dungeon Crawlern so nie gefunden hätte. Zugleich bestraft einen das Spiel bisweilen so heftig, wie es in modernen Spielen kaum denkbar wäre.
Viele Spiele können sich gerne aber trotzdem eine Scheibe von Dungeon Encounters abschneiden. Voice of Cards etwa, das ja eine ähnlich minimalistische Kerbe einschlägt, besitzt nichts von dieser Tiefe. Würde man die besten Tugenden beider Spiele kombinieren, hätte man imo ein ziemlich cooles Gesamtpaket.

Was mich aber total interessieren würde: Wieso existiert das Projekt überhaupt? Wieso hat Hiroyuki Itō, ein einstiger Star der Firma, der seit Final Fantasy XII in der Versenkung verschwunden ist, sein Comeback plötzlich mit so einem Titel? Wie hat sich das alles entwickelt?
In jedem Fall ist mein Bild vom Spiel nun deutlich positiver als beim ersten Durchgang, den ich nach 12 Stunden mäßig frustriert abgebrochen habe. Ich hatte diesmal fast durchgängig Spaß damit.
Zugleich bereue ich es aber ein kleines bisschen, bei den Rätseln geschummelt und mir die Locations der Belohnungen im online zusammengesucht zu haben. Das hat alles zwar deutlich angenehmer gemacht, aber mir zugleich das Belohnungsgefühl genommen, etwas Cooles zu finden – und viele der Items sind wirklich cool und regelrechte Gamechanger.
Die mäßige Rezeption zum Spiel, das auch insgesamt ziemlich untergegangen ist, gibt mir geringe Hoffnungen, mehr in die Richtung zu sehen. Aber ich fände es total cool, wenn es eine Art Fortsetzung gäbe, die dem ganzen ein wenig mehr Komplexität verleiht (Jobsystem oder so?) – und vor allem mehr Abwechslung. Es muss auch kein Dungeon Crawler sein.
Was ich eigentlich sagen will: Hiroyuki Itō hat es immer noch drauf und wenn ich mir ansehe, was aus den RPG-Elementen in den neueren Teilen der Serie geworden ist, wünsche ich ihn mir total zurück.
tl;dr: Dungeon Encounters ist auf Dauer monoton und trifft einige nervige Designentscheidungen, ist aber grundlegend ein echt gut durchdachter Dungeon Crawler mit schönem Kampfsystem lohnenswerter Erkundung, der die Essenz von RPGs extrem gut verkörpert und mechanisch z.T. sehr spannend ist. Cooles Spiel!

Spielzeit: 19:00
Wertung: 7/10
Challenge-Status: 3/12
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