Vom Drachentöten ist das erste Spiel der bald weltbekannten Spieleschmiede Zwiebelspiele. Ich habe es schon vor [viel zu langer Zeit] durchgespielt, sodass meine Erinnerungen bereits nicht mehr ganz so frisch sind, aber besser spät als nie hier ein paar ungeordnete Gedanken.

Das Spiel hat ein Konzept!
Mit ca. 5 Stunden ist Vom Drachentöten kein ausuferndes JRPG, das eine epische Geschichte erzählen will, sondern eine überschaubare und konzentrierte Erfahrung, die genau weiß, was sie will. Der Geschichte funktioniert einerseits auf der direkten Ebene, aber der aufmerksame Spieler dürfte merken, dass auch eine symbolische Ebene mitspielt.

Mit Themen wie Kolonialisierung werden im Medium Videospiel eher selten aufgegriffene Themen behandelt. Die Problematik und Moral wird dem Spieler aber nicht aufs Auge gedrückt, sondern organisch ins Setting verwoben. Gerade das war für mich eine willkommene Abwechslung zu all den Anime-Plots in JRPGs, die ihre Themen förmlich herausschreien.

Ich spiele gerade Final Fantasy XVI, das recht ähnliche Themen (Ungleichheit, Sklaverei, Diskriminierung etc.) wieder und wieder so stark betont und in den Vordergrund stellt, dass man sie gar nicht übersehen kann.


Das Spiel hat Sprache!
Das ist sicher die markanteste Eigenheit. Ich fand die Idee gleich cool, habe aber erst mal ein paar Minuten gebraucht, um mich einzufinden. Der an der Weimarer Klassik orientierte Stil ist ein wenig blumiger, als man es sonst von Games kennt, und das hat einen Reiz. Es passt vor allem auch zu einem Spiel dieser Länger – einen 40h-Klopper hätte ich in dem Stil glaube ich nicht so gern gespielt.

Und apropos Stil: Es ist in Games imo überhaupt selten, dass von einem bestimmten Sprachstil gesprochen werden kann. Allein dafür verdient Vom Drachentöten Lob.

Gerade wegen des Stils gibt es einige humorvolle Momente, die die Erwartung an eine solche Sprache subversieren und für gute Lacher sorgen:



Minimalismus gut genutzt!
Das Spiel nutzt seinen Minimalismus ausgezeichnet, profitiert bisweilen sogar davon. Bewusst nur mit den RTP-Ressourcen des RPG Makers erstellt, hat es natürlich den Look des Makers. Einige Gebiete im Spiel aber wurden gar nicht visuell ausgestaltet, sondern werden nur beschrieben. Das funktioniert … erstaunlich gut. Ich würde sogar behaupten, dass die Atmosphäre, die in diesen Szenen aufkommt, zu den intensiveren Momenten im Spiel gehört.

Besonders im Kopf geblieben ist mir eine wilde Szene auf hoher See, die allein vom Text und der (RTP-)Musik lebt und in der richtig Spannung aufkommt. Vermutlich mein Lieblingsmoment im Spiel. (Übrigens auch die Szene, wo für mich zum ersten Mal ein richtiges Gruppengefühl aufkam.)

Das Spiel ist angenehm fordernd!
Verwendet wird das rundenbasierte Standard-Kampfsystem des Makers mit ein paar interessanten Kniffen. Es gibt nur eine Handvoll Kämpfe im Spiel, aber die fühlen sich dafür alle wie Bosskämpfe an. Einfaches Draufhauen führt oft nicht zum Sieg (außer man hat so viel Glück wie ich, höhö, zwinker zwinker, stattdessen muss man öfter defensiv agieren. Normale Angriffe sind nur so mäßig effektiv und Techniken kosten Punkte, die sich erst im Laufe des Kampfes aufladen, weshalb viel auf Ressourcenmanagement hinausläuft.
Ich habe die meisten Kämpfe im Spiel auf Anhieb geschafft, es hat sich aber meist fordernd angefühlt. Einmal habe ich einen Mitstreiter verloren (den Fuchs T__T) und von den drei optionalen Kämpfen im Endgame habe ich nur zwei gemacht.

Ein paar weitere ungeordnete Eindrücke:
  • Zu Beginn hat man immer Geldmangel und muss sorgfältig entscheiden, für was man seine Ersparnisse ausgibt, was mir ziemlich gefallen hat.
  • Man kann ein Ei kaufen (für teuer Geld), aus dem ein Phönix schlüpft, den man entweder bekämpfen oder ziehen lassen kann. Ich habe natürlich Letzteres getan. Schön ist, dass man in solchen Situationen oft für beide Optionen (unterschiedlich) belohnt wird.
  • An einem Punkt im Spiel kann man beschließen, sein Schwert zurückzulassen, was ich auch getan habe. Das hat sich enorm in den Kämpfen bemerkbar gemacht, da Lambda erst mal kaum Schaden macht Entscheidungen haben also durchaus Konsequenzen.
  • Der Fuchs trägt nicht viel zur Handlung oder zu den Kämpfen bei, ist aber unheimlich niedlich – und als Ablenkung in den Kämpfen tatsächlich nicht ganz verkehrt, da die oft so knapp sind, dass jede Kleinigkeit einen Unterschied macht.



Zum Ende: Ich bin zum „linken“ Drachen gegangen, das erschien mir am konsequentesten und für die Handlung auch der rundeste Abschluss, aber ich fand es cool, dass man die Wahl hatte.

tl;dr: Ist auch ohne Lokalpatriotismus ein sehr rundes, positiv spezielles Spiel – und das, obwohl es nur Standard-Ressourcen nutzt. Eine wirklich schöne Demonstration dafür, was ein interessantes und gut umgesetztes Konzept ausmachen kann. Empehlenswert!