Die Square-Enix-Challenge #6: Final Fantasy X (Postgame)

Komplett ungeplant habe ich mich vorletzte Woche ans Postgame von Final Fantasy X gemacht. Eigentlich wollte ich es für eine abendliche Session nur kurz anwerfen und ein paar Monster fangen, weil ich für nix anderes die Konzentration hatte. Und nun ja, dann habe ich Feuer gefangen und das meiste von dem gemacht, was man als Postgame bezeichnen kann und was für die Platin-Trophäe notwendig ist.

Das war alles kein Neuland: Das allermeiste davon hatte ich damals auch schon in der PS2-Fassung erledigt, vieles zwei- oder dreimal. Entsprechend kannte ich auch die Kniffe und Tricks.

Anfangs war ich sehr motiviert. Gerade das schnelle Wachstum, wenn man es schafft, die ersten Monster in der Monsteranstalt zu besiegen und so Sphäroiden für die Statuswerte zu farmen, ist sehr cool. Es geht fix und man merken sehr schnelle Anstiege.

Leider ist das nicht alles, was notwendig ist, und eines muss in aller Deutlichkeit gesagt werden: Final Fantasy X hat absolut grausame Minispiele, sicherlich die nervigsten in der gesamten Serie, und die meisten davon sind notwendig, um an die besten Waffen im Spiel zu gelangen.



Ganz oben auf meiner Shitlist steht „Fang-Fang-Chocobo“, wo man einen besoffenen Chocobo steuern muss, der auf einer semizufälligen Strecke gegen einen anderen Chocobo in einem Rennen antreten muss. Dabei müssen fleißig Luftballons gesammelt werden, während man zugleich abertausenden Möwen ausweichen muss, die auf einen zugeflogen kommen.

Das Spiel ist extrem RNG-basiert. In vielen Fällen hat man gleich zu Beginn schon gar keine Chance, überhaupt zu gewinnen. Im Endeffekt besteht der „Skill“, den man sich aneignen muss, darin zu lernen, mit der störrischen Steuerung und willkürlichen Kamera umzugehen. Zugleich muss man darauf hoffen, dass der NPC-Gegner sich dumm anstellt.

Ich habe drei Stunden gebraucht, um die Zielzeit von 0 Sekunden zu erreichen. Drei Stunden kostbare Lebenszeit für diesen Scheiß. Gaudi pur!



Aber man kann mit Chocobos noch mehr Spaß haben, und zwar auf einer Art labyrinthartigen Hindernisparkur im Tempel Remium. Der ist so unnachgiebig, dass es genau einen einzigen Weg gibt, ihn perfekt abzuschließen – und selbst wenn man den kennt, darf man sich keinerlei Fehler erlauben. Und das meine ich wörtlich: Das Minispiel erfordert einen absolut perfekten Durchgang, nur ist auch hier die Steuerung wieder absolut beschissen. Wann immer die Kamera die Perspektiven wechselt (und das tut sie oft), muss man quasi raten, welche Richtungstaste man drücken soll, um den Chocobo in die gewünschte Richtung zu lenken. Der Erfolg hängt allein davon ab, diesen „Skill“ zu meistern, denn die perfekte Route hat man eh nach ein paar Runden raus.

Man kämpft also in erster Linie gegen technische Unzulänglichkeiten und schlechtes Design. Die Zielvorgabe ist dabei so streng, dass man sich ernsthaft fragt, ob das Spiel jemals eine Qualitätskontrolle durchlaufen ist. Immerhin hat es mich diesmal nur ca. 45 Minuten gekostet. Yay?



Apropos schlechtes Design: Erinnert sich noch jemand an das Schmetterlingsspiel im Macalania-Wald? Spaß für die ganze Familie! Hier geht es darum, in einem sehr knappen Zeitfenster nur blaue Schmetterlinge einzusammeln und roten auszuweichen. Dummerweise gibt der Kamerawinkel keinerlei Hinweise auf die Tiefe – man muss also raten, ob man gerade in einen Schmetterling läuft oder daran vorbei. Erwischt man versehentlich einen roten Schmetterling, beginnt ein Kampf und man kann das Minispiel nicht mehr schaffen. Die Herausforderung ist es also, die gesamte Route auswendig zu lernen und sich dabei vor Ärger nicht das Gesicht zu zerkratzen.

Dieses Minispiel habe ich diesmal ausgelassen, wer braucht schon alle Solariswaffen?



Nicht auslassen jedoch wollte ich das Blitz-Spiel in der Donnersteppe, wo man 200 Blitzen am Stück ausweichen musste. Früher habe ich mich damit gerühmt, es bei einem der ersten Anläufe geschafft zu haben. Heute nicht mehr. Hat meine Reaktionszeit im hohen Alter einfach nachgelassen? Möglich. Eine bessere Erklärung ist aber, dass das Bild auf HD-Geräten mit Verzögerung angezeigt wird. Das Spiel hingegen rechnet diesen Faktor absolut nicht ein. Auf der Vita mag das kein Problem gewesen sein, aber wer Final Fantasy X auf einem modernen Fernseher spielt, wird auf vielen Geräten überhaupt keine Chance haben. Das änderte sich bei mir übrigens auch im Gamingmodus nicht. Ich konnte das richtige Timing einfach partout nicht erwischen, nicht einmal ansatzweise. Das Spiel ist in diesem Zustand absolut broken und unschaffbar, und das sage ich nicht, weil ich salty über meinen Misserfolg bin.

Salty bin ich aber, dass es diverse Cheat-Tools gibt, die einem per Remote Play die Arbeit abnehmen, indem sie das Aufflackern der Blitze erkennen und zeitgerecht eine Eingabe simulieren. Nur war Sony so nett, jegliche virtuelle Eingabemöglichkeiten UND die Tastatursteuerung für Remote Play im letzten Jahr zu deaktivieren.

Ich habe wirklich sehr viel ausprobiert, auch eine Open-Source-Alternative für Remote Play (Chiaki), aber selbst Pustekuchen. Chiaki ist leider dahingehend broken, dass es zunehmend mehr Arbeitsspeicher frisst (schnell 10 GB und mehr) und irgendwann einfach nur noch laggt. Nach 3,5 verzweifelten Stunden musste ich schließlich ganz aufgeben. Fun, fun, fun!



Und was gibt’s noch? Blitzball! Blitzball ist eigentlich cool. Die Simulation eines echten Sports mit Teams, Ligen, Turnieren etc. mitsamt wechselnder Spieler und einer Wachstumskomponente ist vom Konzept richtig toll. Es ist aber auch langatmig und hat kaum Tiefe. Oder anders gesagt: Es ist ein durchaus komplexes Spiel mit wirklich interessanten Mechaniken, dass seinen Reiz primär dadurch verliert, dass es fast keinen Anspruch hat, weil die KI der Gegner einfach strunzdumm ist. Wenn man sich ein halbwegs anständiges Team zusammenstellt, gewinnt man selbst im untrainierten Zustand quasi jedes Spiel ohne Mühe.

Leider aber muss man über 25 Spiele machen, um Wakkas Ekstasen und ein Siegel für seine Waffe freizuschalten. Das war keine Tortur, aber in der Masse dann doch sehr dröge. Blitzball könnte wirklich cool sein – scheitert dann aber leider an dein feinen Details.



Dann gibt’s noch eine lustige Schwarze Bestia namens Yojinbo, gegen die man gleich fünfmal am Stück kämpfen muss. Nur leider hat sich ein lustiger Entwickler eine urkomische Idee einfallen lassen: Wenn man nach dem zweiten Kampf nicht in eine Sackgasse geht, um einen weiteren Kampf zu triggern, endet alles nach vier Kämpfen statt nach fünf und gilt als nicht geschafft. Man muss im Anschluss alle fünf Kämpfe noch mal von vorne machen. Es ist ein reiner Troll-Move und ich kann mir beim besten Willen keinen Reim drauf machen, wieso jemand dachte, das wäre eine gute Idee.



Das hier ist ein bisschen mehr zum Rant geworden, als es das Spiel verdient hat. Das liegt aber vor allem daran, dass einige der Designentscheidungen so richtig furchtbar sind, während das Kerngameplay (die Kämpfe) richtig gut sind. Dieser Kontrast fällt da umso stärker ins Gewicht. That being said, am Grind selbst hatte ich reichlich Spaß, vielleicht mehr als angemessen wäre. Selbst das „Fange alle Monster 10x“ war zuerst motivierend, dann zumindest erträglich – die Tomberrys waren mir gnädig. Aber alles, was irgendwie in Richtung Minispiel geht, ist leider ein Totalausfall.



An solchen Aspekten merkt man imo auch ganz gut, dass FFX noch aus einer Zeit kam, wo die Spiele extrem kurze Entwicklungszyklen hatten. Entsprechend sind im Endprodukt noch reichlich Sachen zu finden, die ziemlich wonky, unausgegoren oder schlichtweg broken sind. Das ist ab XII weniger der Fall – wo aber auch generell die spielerische Vielfalt geringer ist und es fast nur ums Erkunden und Kämpfen geht, wie auch in allen Offline-Teilen danach.

Entsprechend fällt es mir auch schwer, das Postgame alleinstehend zu bewerten. Falls es irgendwann mal ein Remake geben sollte, was ich nicht hoffe, wäre das etwas, was massiv überarbeitet werden sollte. Hier hätte man schon beim Remaster ansetzen sollen, wenn man schon andere Dinge (die Gesichter) verschlimmbessert.

Aaaanyway, die bisweilen frustrierenden Minispiele schmälern meine Liebe fürs Spiel unterm Strich nicht wirklich, aber man muss sie einfach erwähnen.

Spielzeit: 38:00h (nur Postgame), 74:00h (gesamt)
Wertung: Zwischen 0 und 10 von 10

Und fürs Erste bleiben mir die 100% verwehrt D:




Challenge-Status: 6/12