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Thema: Zielgruppen und Komplexität

  1. #1

    Zielgruppen und Komplexität

    Sakurai droppt mal wieder Knowledge. Und so wahnsinnig viel davon in 4 Minuten! Wir hatten schon mehrseitige Threads, die nicht denselben Level an Differenzierung erreicht haben ...



    Für mich auf jeden Fall immer eine spannende Frage, auch jetzt wieder: Wen soll mein Spiel eigentlich ansprechen?
    Was sind eure Gedanken?



    Und funktionieren Diskussionsthreads im MMX überhaupt noch?

  2. #2
    Zitat Zitat von La Cipolla Beitrag anzeigen
    Für mich auf jeden Fall immer eine spannende Frage, auch jetzt wieder: Wen soll mein Spiel eigentlich ansprechen?
    Was sind eure Gedanken?
    Erster Gedanke, den ich dabei hatte: Einen selbst. Wenn das nicht mehr der Fall ist und man sein Spiel nur danach richtet, was andere gerne hätten (vollkommen irrelevant, was das ist oder wie das dann am Ende aussieht), kann man's auch gleich lassen. :/

    Davon ab hab ich aber nicht viel zum Video hinzuzufügen, das beschreibt's schon ganz gut. Wünschen würde ich mir, dass mehr Entwickler neue Konzepte ausprobieren, als sich auf Altbewährtes zu verlassen, aber "never change a running system" kommt eben auch nicht aus dem Nirgendwo. Ich kann aber auch schon verstehen, warum man lieber die Xte Iteration von Y auspackt, als zu versuchen, das Rad komplett neu zu erfinden.

  3. #3
    "Einen selbst" ist auf jeden Fall eine gute Antwort!
    In der Praxis dürfte das aber nur der erste (massiv wichtige!) Schritt sein ... Wenn ich sammle, was mich alles anspricht, könnte ich davon wahrscheinlich 15 extrem unterschiedliche Spiele machen. ^^

    Beim aktuellen Projekt überlege ich etwa, wie viele Adventure-Mechanismen reinkommen sollen. Die mag ich zwar generell sehr gern, aber ich habe auch zu viele Spiele erlebt, die durch weniger Rätsel deutlich spaßiger gewesen waren. Auf der anderen Seite ist "Adventure" prinzipiell mehr das Genre, in dem ich das Spiel sehe als "Walking Sim", "Visual Novel" oder sowas. Nur halt ein sehr einfaches Adventure ...? Was aber auch nicht zu trivial werden sollte?
    Momentan neige ich dazu, die Rätsel durchaus etwas fordernd zu gestalten, sie aber auch "halb-optional" zu halten. Und da steckt schon die Überlegung drin, dass ich die Walking-Sim/Visual-Novel-Leute gerne mit dabeibehalten würde. (Nicht vorrangig aus finanziellen Gründen oder ähnlichem, sondern allem voran weil ich sie als Gruppe sehe, die Spaß an dem Spiel haben könnten.)

    *ramble*

  4. #4
    Das war jetzt aber weniger Konfuzius als das Offensichtliche sagen. Wer nicht gerade die ersten Gehversuche in der Spielentwicklung macht, wird sicher wissen, dass es unterschiedliche Zielgruppen gibt, dass die Schwierigkeit unterschiedlich wahrgenommen wird und nicht jeder schwere Spiele mag. Wobei sich für mich auch die Frage stellt, ob wirklich uneingeschränkt gilt: Je mehr "Essenz", desto kleiner die angesprochene Gruppe. Vielleicht verstehe ich auch falsch, was mit "Game Essence" gemeint ist, aber nehmen wir mal als Beispiel ein simples Spielprinzip wie so einen Sidescroller wie R-Type. In der einen Version kann man das Raumschiff nur nach oben und unten steuern und es gibt auch keine Extras und in der anderen Version kann man das Raumschiff ganz normal steuern und die Gegenstände aufsammeln. Würde das erste Spiel mehr Spieler ansprechen, weil es simpler ist? Oder spricht das Original Rogue mehr Spieler an als Diablo 4?

  5. #5
    Zitat Zitat von Kelven Beitrag anzeigen
    Würde das erste Spiel mehr Spieler ansprechen, weil es simpler ist?
    Jein. Wenn ich mal anhand des Videos argumentiere, geht es ja um das Verhältnis Schwierigkeitsgrad-zu-Belohnung. Demnach würde ein einfaches Spiel mit geringem Belohnungsoutput gleich viel Spaß machen wie ein schweres Spiel mit hohem Belohnungsoutput, wobei die Game Essence unabhängig von den Präferenzen einer möglichen Zielgruppe ist.

    Dann könnte man verallgemeinern:

    Game Essence = Spielspaß = Schwierigkeitsgrad / Belohnungsintensität

    ... wobei gilt:

    Spielspaß = 1 → perfekt / gut ausbalanciert
    Spielspaß < 1 → langweilig / zu leicht
    Spielspaß > 1 → frustrierend / zu schwer

    Geändert von Ken der Kot (21.09.2023 um 00:40 Uhr)

  6. #6
    Ich denke, dass der Begriff "Spielspaß" in dieser Rechnung ein wenig am Ziel vorbeischießt, zumindest wenn wir das Video als Grundlage nehmen. Sakurai argumentiert ja gerade, dass die Belohnungsintensität zwar mit der Schwierigkeit skaliert, aber auch nicht für jede Zielgruppe gleich sein muss. Oder simpel gesagt, zumindest verstehe ich es so: Manche Leute wollen gar nicht die hyper-intensiven Momente eines Spiels, brauchen aber dementsprechend auch keine krassen Belohnungen.

    Ich kenne das übrigens auch: Ich komme einwandfrei mit gedankenlosen Endlos- und Gacha-Spielen klar, wo man nur hin und wieder irgendeine simple Entscheidung trifft. Aber wenn mir das Spiel DANN ständig Achievements und krasse Spezialeffekte auf den Bildschirm wirft, als hätte ich gerade die Olympiade gewonnen, gibt es, freundlich ausgedrückt, einen Disconnect.

    Das krasseste Beispiel (und vll. ein Beleg) für seine These am Ende des Videos dürfte übrigens Animal Crossing sein: Da verstehen ganze Generationen von "Gamern" nicht den grundlegenden Reiz, weil es kaum klassische Herausforderungen gibt, aber Spiel verkauft sich dennoch - oder gerade deshalb - millionenfach. ^_~



    Mit Game Essence ist meinem Verständnis nach der Gameplay-Kern gemeint, also sein vielzitierter "Push and Pull" von Schwierigkeit und Belohnung.

    Deine Fragen mit Diablo etc. sind aber denk ich nicht zielführend, weil sowas in meinem Verständnis niemals als Aussage über einzelne Spiele gemeint ist (das wäre albern!), sondern als Tendenz, die auch immer ganz massiv mit an der aktuellen kulturellen Situation hängt. Deswegen mag ich auch das Beispiel von Super Mario vs. Kirby: Es ist ein sehr spezifisches, für einen sehr spezifischen Moment in der Videospielgeschichte.

  7. #7
    Zitat Zitat
    Mit Game Essence ist meinem Verständnis nach der Gameplay-Kern gemeint, also sein vielzitierter "Push and Pull" von Schwierigkeit und Belohnung.
    Was bedeutet das bzw. was will Sakurai den Spielentwicklern vermitteln?

    Spiele sollen Spaß machen (abgesehen vielleicht von Kunstspielen, die zum Nachdenken anregen sollen). Das bedeutet ganz nüchtern gesagt Dopamin. Was Spaß macht, ist von Mensch zu Mensch verschieden. Die einen mögen schwere Spiele, während bei den anderen nur Stresshormone ausgeschüttet werden, wenn sie zum hundertsten Mal an einem Endgegner scheitern. Stattdessen erfreuen sie sich vielleicht am Spielen mit niedlichen Tieren. Ich weiß nicht, wie genau die Neurowissenschaft Videospiele schon untersucht hat, aber ganz grundsätzlich würde ich sagen, dass schon das Meistern eines Levels, das Besiegen eines (schweren) Endgegners oder allgemein das Bewältigen einer Herausforderung Dopamin ausschüttet, unabhängig davon, ob es eine besondere Belohnung (Cutscene, Effekte, Gegenstände usw.) gibt. Und das ist elementar. Das betrifft ja nicht nur Spiele, sondern alles im Leben.

    Zitat Zitat
    Deswegen mag ich auch das Beispiel von Super Mario vs. Kirby: Es ist ein sehr spezifisches, für einen sehr spezifischen Moment in der Videospielgeschichte.
    Aber was will Sakurai mit dem Vergleich aussagen?

    Ich hab Kirby nie gespielt, halte aber auch Super Mario für ein nicht besonders schwieriges Spiel. Beim Bekämpfen eines Koopas sehe ich kein höheres Risiko als beim Kirby-Spiel. Der Spieler kann nur aus zwei Gründen sterben. Er rennt in den Koopa rein, das kann bei Kirby genauso passieren, oder er springt so, dass er anstatt auf dem Koopa vor dem Koopa landet. Die Chance ist sehr gering. Ein besseres Beispiel für "hohes Risiko, hohe Belohnung" ist das Parieren in den Spielen von From Software. Für mich die Aussage dieser Stelle im Video, dass sich Spiele im Schwierigkeitsgrad unterscheiden und deswegen unterschiedliche Zielgruppen ansprechen. Tun das Super Mario und Kirby? Ich bin skeptisch. Es sind beides Jump'n Runs mit niedlichen Figuren, die eher zu den leichteren gehören.

    Mit dem Vergleich zwischen Rogue und Diablo 4 wollte ich Bezug auf den Titel des Videos - more game essence means less broad appeal - nehmen. Diablo ist ja auch ein Dungeon Crawler, nur deutlich komplexer als der Urvater. Das Spiel hat mehr "game essence" als Rogue, aber sicher auch einen "broader appeal" als Rogue. Mir geht es bei dem Vergleich gar nicht so sehr um die konkreten Spiele, sondern darum, dass es Spiele des gleichen Genres sein müssen und Spiele, die sich in ihrer Komplexität deutlich unterscheiden. Genauso gut könnte ich ein Jump' Run vom alten Atari 2600 nehmen und es mit Super Mario World vergleichen, das im Vergleich auch deutlich mehr "game essence" hat, aber auch einen "broader appeal".

    Ich denke, dass man bei der Betrachtung der "game essence" nicht außer Acht lassen sollte, dass sich Spieler schnell auf ein (oder mehrere) Genres festlegen und ab diesem Zeitpunkt spielt die Komplexität der Spielmechanik keine große Rolle mehr bzw. gilt vielleicht sogar grob gesagt: je mehr Gameplay-Elemente, desto besser. Nur bei den Gelegenheitsspielern kann ich mir vorstellen, dass Komplexität ein wichtiger Faktor für den Spielspaß bzw. für die Spielauswahl ist. Solche Spieler wollen vermutlich nicht, dass das Spielen in Arbeit ausartet und man vorher erst stundenlang die Anleitung studieren muss.

  8. #8
    Ich finde, du siehst hier gleich mehrere Aspekte SO binär, dass ich es schwierig finde, sinnvoll zu antworten. ^_~

    Als Beispiel: Definitiv haben Mario und Kirby viele Gemeinsamkeiten und sicher auch eine sich teilweise überschneidende Zielgruppe, aber das heißt ja überhaupt nicht, dass sie nicht auch unterschiedliche Zielgruppen haben können. Ich meine, Kirby ist wortwörtlich mit dieser Zielsetzung heraus entstanden, und natürlich gibt es eine MENGE Leute, denen Mario zu schwer ist, Kirby aber nicht. o_o (Case in Point: Ich habe nie ein altes Mario durchgespielt, aber die ersten beiden Kirby-Teile. )

    Zitat Zitat
    bzw. was will Sakurai den Spielentwicklern vermitteln?
    Wie hast du das Video denn verstanden?



    Zitat Zitat
    je mehr Gameplay-Elemente, desto besser
    ... das ist für mich ein ziemlich irres Hot Take!
    Bei mir ist es über die Jahre deeeutlich weniger geworden, zumindest wenn ich nicht gerade bewusst Bock auf so ein richtiges "Einfuchsen" habe. Was vorkommt! Aber halt nur noch hier und da, als Abwechslung.

    So oder so, die AAA- und Gacha-Publisher geben dir wahrscheinlich recht.

  9. #9
    Für mich sind Zielgruppen grobe Einteilungen. Natürlich gibt es Spieler, die Super Mario mögen und Kirby nicht und umgekehrt und das aus den verschiedensten Gründen (es gibt Leute, die Mario hassen). Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass Kirby mehr Spieler anspricht als Super Mario, weil es einfacher ist, aber würden wir sagen, dass dadurch eine neue Zielgruppe entsteht, dann hätten wir am Ende unzählige Zielgruppen, bei denen es gar nicht mehr möglich wäre zu sagen, was sie unterscheidet. Machen Zielgruppen dann noch Sinn? Man könnte sagen, dass Super Mario sich an Fans von Jump'n Runs richtet und Kirby ebenso + Casual Gamer, Anfänger und Videospieljournalisten, aber viel weiter differenzieren würde ich da nicht.

    Zitat Zitat
    Wie hast du das Video denn verstanden?
    Wortwörtlich das, was Sakurai (der Übersetzung nach) in den ersten paar Sätzen sagt. Aber ehrlich gesagt ist das offensichtlich. Und klar, Kirby würde vielleicht weniger Anfänger ansprechen, wenn das Spiel schwerer sein würde, aber wie gesagt, so einen großen Unterschied sehe ich zwischen den beiden Spielen nicht (da hätte er lieber Wonderboy mit Kirby vergleichen sollen xD) Ich würde auch nicht sagen, dass Kirby per se weniger Spaß macht, nur weil es einfacher ist. Mir hat z. B. Grandia 2, das einfachste Rollenspiel, das ich kenne, genauso viel Spaß gemacht wie schwerere JRPGs. Wenn die Gegner fallen wie die Fliegen, hat das auch seinen Reiz.

    Zitat Zitat
    das ist für mich ein ziemlich irres Hot Take
    Uneingeschränkt gilt das sicher nicht, aber schau dir beispielsweise die Spiele von real Troll an, die mit zu den beliebtesten Spielen unserer Szene gehören und vor Abwechslung nur so strotzen. Und auch andere beliebte Spiele wie Unterwegs in Düsterburg und die Sternenkind-Saga bieten den Spielern mehr Abwechslung im Gameplay als viele andere Makerspiele. Je monotoner das Gameplay ist, desto größer ist auch die Gefahr, dass Abnutzungserscheinungen auftreten und da kommt dann wieder das Dopamin ins Spiel. Deswegen meine Hypothese, dass Genre-Liebhaber Komplexität (nicht Kompliziertheit!) vielleicht sogar begrüßen würden. Oder noch viel simpler gesagt: Wenn du gerne Jump'n Runs spielst, dann stört es dich nicht, wenn eines dieser Spiele komplex ist. Es sind wie gesagt vor allem die Casual Gamer, die zum Abschalten spielen und simplere Spielprinzipe bevorzugen.

    Geändert von Kelven (22.09.2023 um 16:50 Uhr)

  10. #10
    This is great, thank you so much!

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