nach dem Vorbild eines Threads in einem anderen Forum von einem Kollegen hebe ich hier einen Thread aus dem Boden, der sich nur Filmen (Real, Anime, Cartoon, Whatever) welche die weibliche Romantik im Fokus haben widmen soll. Falls es Serien dazu gibt kann man die natürlich auch gleich noch inkludieren. Weibliche Romanzen haben oft eine ganz andere Dynamik und Erzählweise als klassiche Hollywood-Romanzen, und meistens sagt mir das neben offensichtlichen Gründen einfach mehr zu - Nicht zuletzt, weil Lesbische Liebesfilme immer noch eher eine Nische sind.
Ich selbst habe im Partnerthread schon eine ganze Menge Reviews/Eindrücke zu betreffenden Filmen, die ich fast alle über diesen Thread entdeckt habe, verfasst, und würde die jetzt als Grundlage einfach hier reinkopieren.
Ich habe noch 2-3 weitere Sammelposts mir weiteren Reviews verfasst, aber das werde ich dann demnächst hier teilen, das reicht für den Anfang erstmal.
Ich hoffe, die Formatierung ist nicht zu schlimm, habe mir jetzt erstmal nicht die Arbeit gemacht, meine aufwändige Original-Formatierung bei jedem Review neu einzusetzen, die lässt sich leider nicht kopieren.
Dieser Film ist zwa bereits als Doku ausgeschrieben, man muss aber nochmal betonen, dass es darum auch wirklich keinen Spannungsbogen oder eine großartige Tiefe gibt. Die Geschichte von Pat und Terry ist insgesamt eher trocken erzählt und die Romanze der beiden
steht dabei gar nicht mal unbedingt im Zentrum - Eher erfahren wir viel über die gesellschaftlichen Verhältnisse gegenüber Homosexuellen und anderen Queer-Personen des 20. Jahrhunderts, erfahren interessante Hintergrundinfos zur Rolle von Frauen in den amerikanischen Baseball-Teams dieser Zeit, da auch Terry eine aktive Spielerin war, und begleiten die beiden nun sichtlich in die Jahre gekommenen Damen bei der Auswahl ihres Wohnortes, familieninternen Zwistigkeiten und Feiern und dem Gestalten ihres Alltags. Neben Pat und Terry sind dabei ihre engeren Verwandten so wie einige Queer-Freunde aus alten Tagen wichtig, die hier als handelnde Personen in Szene gesetzt werden.
Die Dokumentation ist nicht tröge und in vielen Momenten sicherlich inspirierend, man darf sie im Vorfeld aber nicht als Romanze missverstehen. Es geht um Liebe, ja, aber mehr um die Liebe und den Zusammenhalt in der Familie, und um eine starke 'Gebt niemals auf'-Botschaft für sämtliche Angehörige der Queer-Community. Erwartet man keine fesselnde oder überinszenierte, lesbische Romanze, sondern eine tolle Queer&Familien-Doku, so wird man hier einen der besseren Filme finden, die herzerwärmend und leichtherzig anzuschauen sind. Ich persönlich habe mich ab dem Mittelteil aber eher gelangweilt, was aber auch daran liegen kann, dass ich mir Dokus normalerweise nicht ansehe. Dennoch, 20 Minuten weniger Lauflänge hätten kaum geschadet.
Für mich gibt es für 'Eine geheime Liebe' 5 von 10 Punkte als gutes, durchschnittliches Unterhaltungswerk, und wenn viele Kritiker hier auch eine 10/10 vergeben haben missverstehen diese, dass eine Filmbewertung nicht aussagt, was man von den Menschen und deren Romanze hält, sondern wie gut sich der Film im Vergleich zu allen anderen Filmen der Welt schlägt. Diese Doku ist in Ordnung, aber nicht mehr.
5 von 10 Herzinfarkte für Eine geheime Liebe
Respire (Breathe) (2014) - 'Passion is harmful when excessive, which it always gets." (8 von 10)
Puh. Shush. Argh. Hffff.
Schwieriger watch. Ein schwieriger, anstrengender Watch. Ein französischer Film, der nur mit dem Genre 'Drama' ausgestattet ist - Man hätte es ahnen können.
Respire ist die erste französische Bluray, die ich mir importiert habe - Das ist deswegen wichtig zu sagen, weil dieser Film in die kleinste Nische der Welt passen würde, er ist weder auf Englisch noch auf Deutsch erschienen und sowohl On-, als auch offline fast nirgendwo zu bekommen, weder legal noch illegal. Dass ich überhaupt auf 'Respire' aufmerksam geworden bin grenzt an ein Wunder, und ist meiner Erinnerung nach auch nur durch eine zufällige IMDB-Empfehlung passiert. Über eine lesbische Romanze. Jetzt im Nachhinein ist mir auch klar, warum man die Finger davon lässt.
Falls ihr euch für einen solchen Film interessiert und komplett blind reinwollt, hört auf das hier zu lesen.
Denn Respire ist auf den ersten Blick und mit Vermarktung des Covers und Trailers genau das - Eine weitere, lesbische Romanze zwischen zwei komplexen Mädchen, die sich so mancher Zerreißprüfung stellen muss. Aus dem Jahre 2014. Es drängen sich Vergleiche mit dem im selben Jahr erschienenem 'Blue is the warmest Color' auf, aber die Gemeinsamkeiten hören bei dem Schulsetting, dem aggressiven und passiven Part in der Beziehung so wie dem Erscheinungsjahr auf. Respire ist eine Fallenkarte, in die man wenn man wie ich vorher nicht genau aufpasst und sich die Genres anguckt blindlings reinläuft.
Das erste Drittel des Filmes ist inszeniert, um seine Zuschauer einzulullen und in die erwartbare Narrative einer melodisch-kriselnden Romanze zwischen zwei besonderen Mädchen zu stricken - Charlie, die etwas ruhiger und nerdiger ist als Andere, und die neue Schülerin in der Klasse Sarah, die diese rebellische, extrovertierte und inspirierende Kraft verprüht. Der Sprung von 'Sitzen nebeneinander' und 'Werden beste Freundinnen' geht schnell, funktioniert über eine unterhaltsame Montage aber viel besser, als viele andere lesbische Romanzen das versucht haben. Beide Schauspielerinnen, Joséphine Japy und Lou de Lage, sind wunderschön und strahlen bei jedem Auftritt vor französischem Charme, der sich auch in der anfänglich wunderbaren Chemie beider Hauptakteurinnen niederschlägt.
Dann ist das erste Drittel vorbei und es geht sehr schnell bergab wenn man merkt, worauf diese Freundschaft und dieser Film eigentlich hinausläuft. Kurz gesagt geht es in Respire nicht um eine inspirierende, lesbische romanze, die sich aus einer verrückten Freundschaft entwickelt, es geht um toxische Beziehungen und das Stockholmsyndrom, das in Verbindung mit Misshandlung und Ausnutzung in solchen zwangsweise auftritt. Während der Mittelteil in seiner positiven Stimmung sehr schnell in sich zusammenfällt und die hässliche Realität enthüllt, wirkt der Film zunächst, als würde er aus dem Nichts Drama generieren wollen, um die Romanze durchzurütteln, es wird einem aber retrospektiv klar, wie sich von Anfang an subtile und nicht so subtile Hinweise breit gemacht haben, dass die Beziehung zwischen Charlie und Sarah keine Verbindung auf Augenhöhe ist, und schon bald beginnt man als Zuschauer, auf eine von beiden einen derartig tiefgreifenden Hass zu entwickeln, dass es in manchen späteren Szenen schwer fällt, noch gleichmäßig zu Atmen und den Film nicht zu pausieren.
Die Darstellung dieser letztendlich zutiefst-toxischen und misshandelnden Freundschaft von Verrat, Ausnutzung und Selbstgerechtigkeit ist mit ihrer Ausführung vom Handeln, der Persönlichkeit und Schuldwahrnehmung von 'Emotionalen Vergewaltigern' so effektiv und punktgenau, dass es schwer ist mir vorzustellen, dass ein nicht-französsicher Film es ebenso authentisch hinbekommen hätte.
Abgesehen von Charlie und Sarah spielen in Respire 'Eltern' eine sehr wichtige Rolle - Denn sie sind es, die uns in unserer Handlungsweise definieren und vorprägen, und so manches Mal, wie etwa in diesem Film, auf die schrecklichste und fatalste Weise versagen. Außerdem sind die Parallelen im Film zwischen dem Verhalten von Müttern und ihren Töchtern aufschlussreich und vielsagend, aber das würde jetzt in Spoilerterrain führen. Am Ende von 'Respire' steht eine Szene, die viele vielleicht schockiert und überrascht, und viele vielleicht auch nicht. Es ist eine Konklusion, die man sich als Zuschauer
vielleicht gewünscht hat, oder vielleicht auch nicht. Es mag sich dabei ein morbides Gefühl von Befriedigung einstellen... oder vielleicht auch nicht.
Fest steht, dass diese Szene einem den Atem nimmt und dafür sorgt, dass man sich nach dem Einlaufen der Credits für einen langen Moment von dem erholen muss, was man gerade gesehen hat. Für mich persönlich fühlte sich die zweite Hälfte und das Finale von Respire, nachdem ich wegen Titel, Cover und Trailer eine befriend-magische Romanze a lá Portrait einer Frau in Flammen erwartet hatte, direkt nach den Credits beinahe wie eine Enttäuschung an. Das war nicht, was ich wollte, und war so unangenehm wie es nur ging. Doch als ich etwas länger darüber nachdachte begann ich zu akzeptieren, dass dies ein feinfühlig-genauer Film über toxische Beziehungen ist, und auf diesem Feld vielleicht der Beste, den ich je gesehen habe. Er tut weh, ist trotz oder gerade wegen dem Climax zutiefst unbefriedigend und aufwühlend, täuscht seine Zuschauer im ersten Drittel auf perfide Weise und macht nicht zuletzt sicherlich all jene Menschen besonders betroffen, welche selbst einmal der passive Teil einer misshandelnden Beziehung waren - Sie werden Verhaltensmuster, bestimmte Aussagen und rhetorische Mittel der 'Missetäter' wiedererkennen, selbst mir stand der Mund offen in Momenten in denen ich die Hände verkrampfen musste angesichts dessen, wie unendlich-selbstgerecht und vermessen manche Menschen doch sein können und doch war mir klar, dass diese Menschen existieren.
Respire ist ein leidenschaftlicher Film, doch Leidenschaft wird bedrohlich, wenn sie Exzessiv auftritt. Respire ist Exzessiv.
8 von 10 Defibrilatoren für Respire
Küss mich - Kyss mig (3 von 10)
Das skandinavische Kino ebenso wie das Genre der lesbischen Romanzen hat einen ganz eigenen Stil und oftmals viele Probleme und Schwächen, die mit diesem einhergehen. So ist es mehr oder weniger so, dass sich fast alle skandinavischen Filme in zwei Kategorien unterteilen: Schnarchlangweilig oder Gutes Drama. Das sind die beiden Möglichkeiten, die ein Film aus dem Norden Europas in seiner Wirkungsweise hat, und bedauerlicherweise ist es zumeist eher Ersteres, auch wenn dies dann regelmäßig mit Adjektiven wie 'Slow-paced', 'Cineastisch', 'Not for everyone' oder 'Different apporach' verschleiert wird. Hinzu kommt, dass Skandinavien trotz einiger wirklich hervorragender Ideen wie etwa 'The Hunt' mit Mads Mikkelsen zumeist doch eher den Filmtrends anderer Platzhirsche hinterherrennt und auf Züge aufspringt, die in Amerika oder Frankreich schon Anno vor zehn Jahren abgefahren sind. Und natürlich haben wir das Handwerkliche. Optisch sind skandinavische Filme fast immer entsättigt, es gibt wenige Farben, alles ist ein trostloses Blaugrau. Wenig Musik, unterkühltes und ausdrucksarmes Schauspielen.
Nun werfen wir nochmal einen Blick auf das Genre der Lesbischen Romanze bzw. dessen stereotyper Schwächen und Symptome. Wenn eine Filmart schon immer unaufhörlich mit dem Werkzeug des 'Forced Drama' zu kämpfen hatte, so war das zweifelsohne die Lesbische Romanze. Beziehungen tendieren hier dazu, sich nicht natürlich zu entwickeln, ebenso wie die damit einhergehenden Probleme, welche dann zumeist erstmal daraus bestehen, dass mindestens eine der beiden Frauen Hetero ist und sich nicht das Gegenteil eingestehen will, Plus Gesellschaftliches Stigma, Lesben sind Satanisten, wir kennen es, juicy Drama.
Bringt man diesen beiden großen Faktoren nun also zusammen bekommt man exakt den Film Kyss mig heraus, der nichts, aber auch gar nichts neu macht und Leute, die mit den oben genannten Genre-Elementen beider Welten nichts anfangen können, auch nicht vom Gegenteil überzeugen wird. In diesem Film liegt fast jede Schwäche begraben, die man Lesbischen Romanzen und Skandinavischen Filmen andichtet, und ich würde argumentieren, dass man hier annähernd alles falsch gemacht hat, was man hätte falsch machen können. Kyss mig ist nicht brechreizerregend schrecklich, aber es ist so wirklich, unerträglich altbacken und ideenlos.
Wieder haben wir eine verlobte Hetero-Frau, die im Begriff ist, den glücklich mit ihr liierten Mann zu heiraten, bis sie auf ein Mädchen trifft das ihr den Kopf verdreht, alles ändert und sie in eine Identitätskrise stürzt. Wieder haben wir die verführende, egoistische Teufelslesbe, die ohne moralische Reflektion der eigenen Stiefschwester die Zunge bis zur Speiseröhre in den Hals steckt und damit ein Heteropaar sprengt. Wieder haben wir das Gesellschaftliche Stigma und die Diskussion, ob Lesben denn normal sind, oder doch lieber nur ein besonders oft geklickter Tag auf Youporn bleiben sollten. Wieder haben wir eine extrem unwahrscheinliche Romanze zwischen zwei komplett verschiedenen Frauen, die buchstäblich aus dem Nichts entsteht. Problematisch an dem Ganzen ist dann noch, dass die Zusammensetzung all der speckigen Bausteine auf skandinavische Weise passiert. Emotional-karg, unterkühlt, distanziert
und steril gehen die Dialoge vonstatten. Macht nicht den Fehler, 'Zieht sich' mit 'Slow-paced' oder 'Langweilig' mit 'Ruhig' zu verwechseln. Kyss mig ist immer Ersteres. 'Forced Drama' als wirklich größtes Problem der lesbischen Romanze als solche tritt hier einmal mehr sympotmatisch auf, denn das protagonistische Ehepaar wirkt bis zur Mitte des Filmes glücklich, harmonisch und vollkommen miteinander. Die genretypische 'Seelenlose Hetero-Ehe' war hier also nicht mal bedient, bis man dann einen Grund brauchte, das Fremdgehen der Protagonistin zu legitimieren und einfach mal zwischen Tür und Angel eine kurze 'Streitszene' mit Anklängen von männlichem Kontrollzwang einbaut, was vorher nirgendwo im geringsten angedeutet war.
Wir als Zuschauer sind bei lesbischen Romanzen oft in der Verantwortung, uns für das weibliche Pärchen zu freuen, das nun alle Widrigkeiten und Widerstände hinter sich gelassen und endlich zueinander gefunden hat. Oft ist es dann aber leider so, dass man auch oder eher Mitleid mit den zurückgelassenen Hetero-Partnern hat, die nicht selten betrogen wurden, vor dem Nichts stehen und als gesellschaftliches Anti-LGBT-Symptom zurückgelassen werden. Auch hier ist es wieder so, dass man sich für zwei Frauen freuen soll, die egomanischer und moralisch-fragwürdiger nicht sein könnten. Mal abgesehen von der 'Seductive Lesbian' haben wir eine Ehefrau, die - geringe Spoiler - den Mann, mit dem sie vorher sieben Jahre scheinbar so glücklich war, wegen kleinerer Unstimmigkeiten ohne große Worte in die Wüste schickt und das wars dann. Der Film missversteht das hier als ein Zeichen von 'Befreiung, sei wer du bist, lass dich nicht in gesellschaftliche Zwänge bringen' ohne dabei aber auch nur einmal zu erklären, wo genau für die Protagonistinnen hier Zwänge existierten, und ohne zu beachten, dass man auch lesbisch sein kann ohne sämtlichte Brücken und jedes arme Hetero-Schwein das drauf steht hinter sich zu verbrennen. In Kyss mig sind das unwichtige Faktoren, die Message von 'Befreiung' steht im Vordergrund, doch ich konnte mich zu keinem Zeitpunkt für die zentralen Figuren freuen, im Gegenteil. Ich habe sie eher verachtet.
Am Ende - nochmals geringer Spoiler - liefert man dann doch tatsächlich noch die emotionale 'Ihr Flug geht in 40 Minuten, beeile dich und halt sie auf'-Karte ab, und dann hat man auch alles gesagt, was im Genre schon viel, viel zu oft gesagt wurde.
Handwerklich ist Kyss mig vielleicht am stärksten, wenn auch eher, weil der Rest so bescheiden ausfällt. Wie für diese Region typisch gibt es viele, eindrucksvolle Landschaftsaufnahmen, tolle Kameraeinstellungen und - wie meistens in lesbischen Romanzen - respektvolle, ästhetisch hochwertige und auch einfach schöne Liebesszenen. Der Soundtrack ist bestimmt von hohlen und nichtssagenden Indie-Popsongs, die aber auch nicht so stören wie es etwa in einem deutschen Film der Fall wäre. Wie viele skandinavische Filme ist Kyss mig betont ruhig, langsam und unaufgeregt inszeniert, ohder zu deutsch, der Film ist langweilig und gut 20 Minuten zu lang.
Insgesamt ist Kyss mig an keiner Front eine Empfehlung wert. Ihr mögt skandinavische Filme? Da gibt es Bessere. Ihr mögt Lesbische Romanzen? Da gibt es verdammt nochmal Bessere wie ihr anhand dieser Liste hoffentlich seht. Ihr mögt keins von beidem? Dieser Film ändert das nicht. Er enthält alle staubigen Bausteine beider Welten, die niemand mehr sehen will, fügt dem nichts Neues hinzu und scheitert sogar noch in den einfachsten Aufgaben wie ein gutes Gefühl für die Protagonistinnen zu schaffen. Kann man sich sparen. Dann aber auch wieder, wenn man sich etwa die Reviews auf IMDB ansieht und sich der Club anonymer Cineasten mal wieder mit 10er-Wertungen überschlägt muss man sich unweigerlich fragen, ob man eigentlich der einzige Mensch auf dem Planeten ist, der vorher schonmal einen Film gesehen hat. Nun ja, jedem das seine.
3 von 10 Papierflieger für Kyss mig.
When Night is falling (5 von 10)
Wenn man sich eine lesbische Romanze aus dem Jahre 1995 ansieht, gibt es grundlegend zwei Optionen, welches Filmerlebnis einen erwarten kann:
A) Ein vom Zeitgeist geprägt, vollständig-klischeehaftes und polemisches Abziehbild des allgmeinen Verständnisses einer lesbischen Frau
B) Ein zutiefst konservativer und auf sicher-gespielter Sonntagabendfilm.
When Night falls ist Zweiteres. Dies ist die konservativste, unaufgeregteste lesbische Romanze, die ich bisher gesehen habe. Das ist unwertend gemeint - Sie ist weder langweilig noch unkreativ, nur eben durch und durch erwartbar und massenkombatibel, eine gute Darstellung der 90iger. So wird die lesbische Romanze deutlich plagativer und lehrbuchartiger in den Kontrast zum braven Alltag gestellt, indem die Protagonistin des Filmes als ambitioniertes Mitglied der örtlichen Kirchengemeinschaft und buchstäbliche 'Brave Christin' in einer unbedenklichen Beziehung mit einem ebenso christlichen Lehrer auftritt.
Die lesbische Verführerin hingegen, die auch hier wieder das unvermeidbare Trope bildet, ist von der Einfachheit der damaligen Gesellschaft geprägt, die noch nicht ganz so 'woke' und aufgeklärt war wie heute. Natürlich hat sie wieder den exotischen Background eines Kuriositäten-Zirkuses, in dem sie sie selbst sein kann, und natürlich ist sie es wieder, welcher dem unschuldigen Hetero-Liebchen den Kopf verdreht und damit eine potentielle Ehe sprengt. Wie gesagt, es ist alles sehr konservativ, positiv angemerkt sei aber, dass diese vereinfachte Darstellung hier nicht wie bei anderen Genrefilmen ins respektlose oder nervige abdriftet, allgemein ist der Film überraschenderweise frei von jeglichen unsympathischen Charakteren, sogar der nichtsahnende Ehemann ist zur Abwechslung mal nicht das Hetero-Symptom, das seine Frau lesbisch gemacht hat, sondern nur ein 'Typical good guy'. Die Bilderbuch-Romanze hält nichts bereit, was man nicht schon gesehen hat, ist darin aber solide und fängt zum Beispiel nicht so unglaubwürdig an wie 90 % der lesbischen Filmromanzen.
Wie man es von einem eher nischigen Queerfilm der 90er erwarten darf, sind einige wenig-subtile Gesellschaftskritiken, darunter ein Anmahnen der Homosexuellenfeindlichkeit der katholischen Kirche, sowie viele Pro Diversity-messages versteckt, die vielleicht mal abgesehen von dem wunderbar-plakativen 'Brave Christin'-Setting aber nie störend auffallen. Die Liebesszenen, insbesondere die eine, Lange die es wie in so vielen L-Romanzen auch hier gibt, sind kunstvoll und sinnlich inszeniert, im Rahmen der Ästhetkvorstellungen der 90er - Die Liebesnacht unter Frauen als Befreiung, als Höhepunkt von Romantik.
Soundtrack, Bilder und Schauspieler gehen alle in Ordnung. Konservativ. Nicht schlecht. Nebenelemente wie der geliebte tote Hund der Protagonistin oder die vielfältigen Charaktere des Zirkus sind unterhaltsame Bereicherungen, welche die zentrale
Romanze nicht verdrängen aber gelungen ergänzen.
Am Ende ist es wieder - Kleiner Spoiler - die unbefriedigende Hetero-Beziehung, die hier trotz zum Glück fehlender Pseudo-Problematik von der Heldin abgesägt wird, ohne dies recht zu begründen oder sich dafür zu verantworten. Das könnte ein kritikpunkt sein, wenn When Night falls dies genau wie alle anderen Subplots am Ende nicht so befriedigend-versöhnlich auflösen und den Zuschauer mit einem warmen Gefühl in der Brust in die von christlichen Gesängen untermalten Credits schicken würde. Ein altbackenes Seherlebnis hat seine guten Seiten, und die kommen hier zum Vorschein.
Insgesamt gibt es ebenso wenig Gründe, When Night is falling zu gucken, wie dagegen sprechen. Es ist eine nette, unaufgeregte Romanze, die in einer Zeit, in der dieses Genre noch absolute Nische war, vielleicht einige Grundbausteine für spätere, geistige Nachfolger legte. Verschont bleibt ihr hier von lästigen
Übertropes, künstlichem Drama, dem 'Lesbian Bad Ending' sowie der Stigmatisierung der Heterobeziehung. Dafür bekommt ihr eine nostalgische Portion 'Gut'. Ich meine, wenn euch die richtig-guten lesbischen Romanzen ausgehen und ihr nicht genug bekommt... klar, warum nicht?
5 von 10 Jesuskreuze für When Night falls
Carol (6 von 10)
Premoderne Romanzen haben es ansich, oft ein gewisses Grundniveau beziehungsweise einen filmischen Mindestanspruch mitzubringen, der dem Interesse des gewöhnlichen Blockbuster-Kino-Zuschauers abgeht - Wir werden in diesen Geschichten in eine Zeit vor der unseren versetzt, eine ungemütlichere und weniger-aufgeklärte Zeit, und das verlangt bereits mehr Mut zum Verlassen der eigenen Komfortzone als seichte Love Comedys in einer amerikanischen Kleinstadt des 21. Jahrhunderts. Lesbische Romanzen liebäugeln meiner Meinung nach unter anderem deswegen so frequent mit dem 18. und 20. Jahrhundert, weil es diese Epochen signifikant vereinfachen, die Diskriminierung gegen normale Normabweichungen wie Homosexualität darzustellen, zu verdeutlichen und letztendlich auch unausgesprochen zu verurteilen. Die Zeiten waren anders, und so auch das Moralverständnis vieler Menschen.
Carol hat seine Stärken also im kleinsten, gemeinsamen Nenner der premodernen, lesbischen Romanze: Die Umgebungen wirken nostalgisch, die Kostüme verträumt, die Kameraeinstellungen und Bilder sind Postkartenmaterial, die Erzählweise ist entschleunigt. Doch nicht nur das Setting ist aus einem anderen Jahrhundert, die Erzählbaustücke, welche von der lesbischen Seite herrühren, scheinen ebenso einem anderen Jahrhundert entflüchtet. Prüfen wir das kurz nach, mit leichten Spoilern:
- Erfahrene, leidenschaftliche Lesbe trifft auf naives, unschuldiges Hetero-Küken: Check!
- Zwei Frauen aus verschiedenen Welten? Check!
- Being lesbian is bad (and illegal)? - Check!
- Missbräuchlicher, unterdrückender, fremdgehender Ehemann als Verkörperung toxischer Maskulinität: Doppelcheck!
- Darstellung der Hetero-Liebe als trostlos, einengend und trist? - Doppelcheck!
- Bedenkenloses Verlassen des armen Hetero-Schweins? - Check!
- Verflossene Ex-Lesbenfreundin als Beziehungsbeistand? - Check!
- Forced Drama in the middle of the story? - Check!
- Sinnlich-kunstvolle Sexszene? - Check!
- 'We cant be together since I would be bad for you'? - Check!
- Lesbian Bad Ending? - Che...?
Ja, und damit ist eigentlich auch schon das meiste Wichtige über 'Carol' gesagt. Man könnte noch hinzufügen, dass die beiden Hauptdarstellerinnen Rooney Mara - Welche ich persönlich als eine der schönsten und ausdrucksstärksten Schauspielerinnen unserer Zeit wahrnehme - so wie Cate Blanchett hier Leistungen abliefern, die kaum kritisiert werden können oder sollten. Negativ anzulasten ist außerdem das kleine, feine Detail, dass der zweistündige Film gut und gerne eine Stunde zu lang ist. Nach 60 Minuten ist eigentlich alles gesagt und erzählt, und so fragt man sich, was nun noch folgt? Der zweite Akt wird mit dem erzwungenen Beziehungsdrama im Stile eines Verfolgungsthrillers gefüllt, das man auch hätte in 10 Minuten erzählen oder ganz darauf verzichten können. Und diese Länge MERKT man - Carol hat abgesehen von den Grundstärken nicht viel zu bieten, stattdessen zieht es sich und wirkt über weite Teile langweilig. Ja, ich habe das böse Wort gesagt, aber hier trifft es tatsächlich mal zu. Die Schauspieler sind gut, zeigen aber wenig eigene Identität. Die Handlung - selbst in diesem Setting - hat man schon viele Male gesehen, und das auch oft deutlich besser.
Insofern kann man sich Carol als soliden Genrevertreter ansehen, wenn man premoderne Filme mag, von lesbischen Romanzen nicht genug bekommt und sich nicht daran stört, eine Stunde mehr zu investieren als man müsste. Der Film gibt wenig Anlass, sich aufzuregen. Vielmehr plätschert er so vor sich hin, aber das kann manchmal ja auch schon reichen.
6 von 10 Modelleisenbahnen für Carol
But Im a cheerleader / Weil ich ein Mädchen bin (5 von 10)
'Five, Six, Seven, Eight - God is good, God is straight.'
Wenn man erstmal die Höhen und Untiefen eines Genres überwunden hat, fängt man vielleicht an, sich nach atypischeren Vertetern umzusehen - Oder vielleicht tut man das auch, bevor man mit einem Genre erst richtig anfängt. Bei meiner Wahl zum Ansehen des 1999 erschienenen 'But Im a Cheerleader' war Ersteres der Fall, denn die Genremischung aus Comedy, Drama, Parodie und Romantik verspricht eine gänzlich andere Erfahrung als man sie von den üblichen Lesbischen Romanzen bekommt.
Megan ist eine gewöhnliche Teenagerin, die sich fürs Cheerleadern ebenso wie für die Rundungen von Cheerleadern begeistert. Als ihre Eltern und ihr Umfeld den Verdacht entwickeln, sie könne 'lesbisch' sein, wird sie kurzerhand in ein privates 'Umerziehungslager' geschickt, in dem homosexuelle Jugendliche von ihrer Perversion therapiert und geheilt werden sollen, um letztendlich als glückliche Straights ihren Abschluss zu machen.
Knackig zusammengefasst ist dieser Film an der Oberfläche das inzestuöse Baby von Tim Burton und dem RomCom-Genre, das auf comichaft-übersteigerte und knallige Art und Weise die (damalige) Weltsicht der Heterogesellschaft auf Homosexualität und deren vermeintliche 'Heilbarkeit' darstellt. Jeder vorkommende Charakter ist ein überspitzter Stereotype, die Handlung gleicht einer Aneinanderreihung von Sketchen und immer absurder-werdenden Szenen, die Bildsprache steht ausdrücklich für die im Film vermittelten Extreme - Wenn die Mädchen in ihr überbordernd-pinkrosaplüschiges Schlafzimmer kommen oder die Jungs sich in ihren Holzfälleroutfits nach getaner Arbeit in den Schritt greifen ist klar, dass es hier nicht subtil zugeht. Der Humor ist mal mehr, mal weniger anstrengend, was man aber definitiv abkönnen muss ist die 'Comichaftigkeit' und 'Durchgedrehtheit' des Ganzen. Die Schauspieler liefern abgesehen von den beiden hervorragenden Hauptakteurinnen Natasha Lyonne als Megan und Clea DuVall als Graham komödiantisch-mittelmäßige Performances ab, nur Cathy Moriarty als rigide Heteromama tut mit ihrer Leistung wirklich weh.
Es ist extrem einfach, 'But Im a Cheerleader' nur als das zu sehen - Einen ulkig-übertriebenen Satirefilm mit einer Menge Gesellschaftskritik und LGBT-Propaganda. Wenn man aber aufmerksamer zusieht wird man merken, dass darüber hinaus noch andere Werte da sind. Es geht viel mehr ganz allgemein um das sexuelle Erwachen und die Identität junger Menschen im Wechsel mit Gesellschaftlichen Zwängen und natürlich auch um Selbstakzeptanz. Natasha Lyonne liefert hier als zunächst verwirrtes und leugnendes Küken die überzeugendste Rolle ab, weil ihre Mimik und ihre Art sich im Laufe des Filmes so stark wandeln. Die aufkeimende Romanze, welche sich früh andeutet, bildet eines der offenkundig-ernsteren Elemente und wird gut in den Rest des bunten LGBT-Zirkus integriert.
Ich kann die tieferliegende Ebene und die deutlich wichtigeren Aussagen in 'But Im a Cheerleader' wertschätzen, das macht den Film für mich im Kern jedoch nicht bedeutend besser und weniger anstrengend in seiner kompromisslosen Bonbon-Ästhetik und Sketch-Dramaturgie. Man muss sowas mögen und Einordnen können, sonst kann man auch nach zehn Minuten aufhören, denn der Film bleibt sich selbst treu. Das Ende ist eher ernüchternd und haarscharf am Cringetal vorbei-inszeniert, wird dann jedoch noch mit einer schrulligen Mid-Credits-Szene abgerundet.
Insgesamt war 'But Im a Cheerleader' eine seltsame und eher unbekömmliche Mischung aus zu grellen farben und zu leisen Zwischentönen für mich, die ich weniger Fans von lesbischen Romanzen als viel mehr Freunden von komödiantischer LGBT-Behandlung ans Herz legen würde. Es ist definitiv ein Film, der polarisiert.
Von mir 5 von 10 Heterosexuelle Götter für But Im a Cheerleader
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So, ich habe keine vorgeschriebenen Reviews mehr. Worüber ich ganz froh bin, die hier rüberzubringen dauert doch länger als gedacht. Das motiviert mich vielleicht, mal wieder ein paar Filme des Genres anzusehen.
Es hat eine Weile gedauert, bis ich mal wieder dazu kam, einige lesbische Romanzen anzusehen und zu betexten, hier sind ein paar gute und nicht so gute Wahrzeichnen der exklusiv-weiblichen Liebe.
I cant think straight (2007)
7/10
I cant think Straight ist ein außerordentlicher und gleichzeitig nach Formelbuch gestrickter Romantikfilm, welcher neben der Beziehung seiner beiden Hauptakteurinnen vor allem kulturelle, politische und gesellschaftliche Themen des nahen Ostens behandelt. Von dem Titel und dem Cover würde man lediglich ane anrüchig-perverse Voyeurs-Parade erwarten, weswegen es umso wichtiger ist zu betonen, wie positiv und unterhaltsam der Film ist.
Es geht um die in London lebende, wohlhabende Jordanierin Tala, welche nach mehreren geplatzten Hochzeits-Versuchen nun von ihren Eltern mit einem Mann verheiratet werden soll, den sie durchaus gern hat. Jedoch kommt es abermals anders, als Tala in London die britisch-indische Muslimin Leyla kennenlernt, eine aufstrebende Autorin, die mit Talas besten Freund Ali liiert ist.
Kenner des Genres wissen, wohin die kulturelle Reise geht - Eine eigentlich straight-gemeinte Frau steht kurz vor dem Eintritt in die Hetero-Ehe, mit der sie so gar nicht glücklich ist, und läuft einer lesbisch-zugetanen Dame über den Weg, die mit Leidenschaft, unerhört-unwiderstehlichen Küssen und einer moralischen Ruchlosigkeit alles umwirft. Nur dass es hier dann eben doch etwas anders abläuft.
Man muss bei diesem Film zwangsweise zuerst über die kulturelle Veranlagung sprechen. Es ist ein Nahost-Film, mit muslimisch und palastinänzisch geprägten Charakteren, und das lässt die Regisseurin einen auch spüren. Neben den audiovisuellen Aspekten, auf die ich gleich noch zu sprechen kommen, ist ein nicht unwesentlicher Teil der kurzweiligen 80 Minuten mit familiären Debatten über den israelisch-palästinensischen Konflikt, die Rechte von Juden und Arabern und natürlich auch die Verpflichtungen und Rollen einer Frau in der nahöstlichen und in diesem Fall jordanischen Gesellschaft gefüllt. Das mag für die Regisseurin und viele weitere Menschen ein wichtiges Thema sein, fühlt sich aber in dieser ansonsten doch relativ weichgespülten Romanze nicht nur unheimlich deplatziert sondern schlichtweg wie ein Fremdkörper an - denn diese Szenen werden natürlich in keinster Weise mit dem restlichen Plot verwoben.
Dieser Plot ist trotz der politischen Debatten über weite Strecken positiv, quirlig und gewollt-leichtherzig. Der gesamte Film strahlt eine dicke Atmosphäre von Bollywood, Soap-Operas und frühem 2000er Kitsch aus, und das ist nichtmal wirklich schlecht. Die unübersehbare Musikvideo respektive Fernsehfilm-Optik samt dazugehöriger Stilmittel sowie die unterliegenden Comic Relief-Elemente beinahe jeden Charakters sind gerade am Anfang gewöhnungsbedürftig, sorgen aber dafür, dass I cant think straight sich nicht genauso anfühlt wie jeder andere Marriage but then Lesbian-Streifen. Ob nun die intelligent-charismatische Leyla und Tala die eine sprühende Chemie zusammen haben, homosexuelle Brüder die sich bestimmt nur 'in einer Phase befinden' oder die Hausdienerin von Talas Mutter, welche in einem Running Gag den gesamten Film über versucht, ihrer Herrin ein Getränk mit Spucke unterzujubeln, all die lockeren Elemente wirken gut, damit sich kein biederes Drama einstellt. Die viele Bollywood-Popmusik ist Geschmackssache, passt insgesamt aber zum restlichen Ton des Films.
Es ist ebenso rar und angenehm, dass obwohl auf den beiden Frauen, die in klassischen und restriktiven Familienkonstrukten stecken, natürlich ein gewisser Druck und das Ablehnen einer lesbischen Beziehung lastet, beinahe jeder Nebencharakter jedoch sehr menschlich und schließlich auch unterstützend gezeichnet wird. Keine gnadenlos-konservativen Väter, keine verständnislosen, beschämten Mütter, keine niederträchtigen Geschwister - das Gegenteil ist meist der Fall. Noch angenehmer ist, dass die Hetero-Herren mit Respekt und Einfühlungsvermögen behandelt und entsprechende Konflikte sinnvoll gelöst werden, statt dass man sie vor einem Scherbenhaufen sitzen lässt.
Tala und Leyla sind wie schon erwähnt so starke und interessante Haupt-Schauspielerinnen, deren Beziehung sich vollständig natürlich und nachvollziehbar entwickelt und die in jedem Dialog Spaß haben und Spaß machen, so dass sie den Film noch mittragen. Ihren Sex oder besser gesagt intimen Szenen kann man wie vielen Versatzteilen von I cant think Straight einen gewissen Kitsch und Hang zur Theatralik nicht absprechen, aber gerade der große Höhepunkt am Ende kann einen mit seinerheißblütigen Präsentation schon mal in die kalte Dusche treiben, was vollkommen in Ordnung ist, weil es sich an diesem Punkt einfach so verdient für die beiden Damen anfühlt.
Kein Film der dem Kenner des Lesbischen Schmusestreifens einen überraschten Gesichtsausdruck oder neue Erkenntnisse abringt, und auch keiner der bisherige Bollywood-Feinde konvertieren wird, aber eine Romanze so positiv und versöhnlich in ihrem
Grundton, mit so attraktiven und geistreichen Protagonistinnen, dass man mit Abstrichen bei gewöhnungsbedürftiger Optik und der Schauspielkunst des gesamten Castes eine äußerst gute Zeit haben wird.
7 von 10.
Kiss me Kosher
[ 5/10
'Die heilige Dreifaltigkeit - Lesbisch, nichtjüdisch, Deutsch'
Bedauerlicherweise habe ich diesen Film vor einem Jahr gesehen und es verpasst, ein Review zu verfassen. Ich habe geradenochmal durchgeskippt, werde mich hier aber eher kurz halten, da vieles nicht mehr ganz klar ist.
Hira, eine Jüdin mit großer Familie mitten in Isarael, ist seit kurzem mit der deutschen Maria aus Stuttgart zusammen, nachdem sie viele andere weibliche Partner innerhalb kürzester Zeit abgeschossen hat. Ihre Familie, allen voran das Oberhaupt, die 'Jewish Princess' genannte Oma Berta ist dementsprechend skeptisch. Das Hauptproblem aber, dem sich Hira und Maria in dem 100 Minütigen Film natürlich stellen müssen, sind die kulturellen Differenzen und mehr als alles andere - Die deutsch-jüdische Vergangenheit.
Ja, genau das ist damit gemeint. Kiss me Kosher wirkt in seinen Bestandteilen ähnlich wie I cant think straight, fühlt sich indess aber ganz und gar anders an. Während I cant think Straight trotz seiner absonderlichen Politik-Debatten, die losgelöst waren vom
restlichen Seherlebnis, eine überschäumend-positive und vergnügliche Atomsphäre mit gefälliger Romantik anzubieten hatte, wird Kiss me Kosher KOMPLETT vom Konflikt unterdrückt. Es geht geradeheraus fast über die gesamte Lauflänge um nichts anderes als den Holocaust und die Tatsache, dass Maria deutscher Abstammung ist und ihre Großeltern vielleicht Nazis gewesen sein könnten. Das wird zwar hier und da auch für schwarzen Humor eingesetzt, wirkt insgesamt aber einfach unbeholfen und gestelzt.
Hira und die schauspielerisch etwas weniger begabte und inhaltlich uninteressantere Maria bilden durchaus eine muntere und gescheite Kombination, und der Humor rettet im Film doch öfters das Niveau, aber es mag nie so recht Freude oder gar eine romantische Atmosphäre aufkommen, weil die Protagonistinnen einfach immer wieder von ihrer Herkunft eingeholt werden, neue kulturelle Konflikte entstehen und der Zuschauer sich fühlt wie bei einem Schulfilm.
Die lesbische Romantik fühlt sich dementsprechend eher an wie das wackelige Grundgerüst eines Holocaust-Juden-Aufarbeitungsfilmes, und das hat in vielen Momenten unsauber gewirkt. Zumindest aber belohnt man die Geduld des Beiwohnenden am Ende mit einer positiven
und windelweichen Auflösung, die Lächeln lassen soll, so dass man nicht mit den ganz großen Bauchschmerzen rausgeht.
Erwartet hatte ich mir bei dem witzigen Cover allerdings mehr.
5 von 10
Lovesong
4/10
Lovesong ist einer solcher Filme, die mich mit ihrem Titel und Plakat, welche beide unterschwellig-träumerische Vibes verstrahlen, dazu gebracht haben ihn jetzt sofort anzusehen. Dabei ist als erstes Fazit zu sagen, dass mindestens der Titel in meinen Augen falsch gewählt ist.
Das ist kein lesbischer Liebesfilm, es ist genau genommen noch nichtmal ein Liebesfilm. Bessere Titelvorschläge: "Friends", "Friendship", "Girls Story" oder "One Moment".
Wie ich auf Letzteren komme, wird sich gleich erschließen.
Lovesong ist ein Indiefilm, der in jeder Hinsicht langsam, ruhig und stimmungsgetrieben verläuft. Protagonistin Sarah, welche von der wunderbaren Riley Keough gespielt wird, und in diesem Film einen akkuten Fall von 'Natürlicher Schönheit' aufweist, ist eine junge Mutter, die sich mit ihrer dreijährigen Tochter von ihrem um die Welt reisenden Mann alleine gelassen fühlt. Also ruft sie ihre jahrelange, alte Freundin Mindy an, um mit ihr einen kleinen Ausflug zu machen. Mindy wird von der stets clever und leicht-durchtrieben wirkenden Jena Malone gespielt. Ihr Ausflug verläuft sehr lebhaft, nimmt jedoch am Ende eine Abzweigung, die in den Gefühlswelten beider Frauen eine große Kluft hinterlässt.
Lovesong hat zwei große Probleme. Das erste ist die Tatsache, dass für die ruhige Erzählweise und die vor allem auf Nahaufnahmen der Gesichter basierende Kameraarbeit einfach zu wenig passiert. Eine großartige, designierte Schauspielerin gibt in dieser Indieproduktion der Nächsten die Klinke in die Hand, aber sie haben kaum etwas, mit dem sie arbeiten können. Dennoch trägt ihre harmonische und verspielte Chemie zusammen mit der unterhaltsamen Tochter die erste Hälfte ohne Mühe.
Das zweite Problem ist die zweite Hälfte. Während die ersten 30 Minuten ein entspannter, bedachter und letztendlich knisternder Roadtrip sind, ist die zweite Hälfte ein einziges, riesiges 'Tja.'. Bereits nach dem Timeskip wissen wir sofort, dass die restlichen 40 Minuten keinen Spaß machen werden und dass uns das Ende unbefriedigend zurücklassen wird. Und so kommt es dann auch. Dass Ende ist dann jedoch derartig frustrierend und niederschlagend, dass man den gewissen Realismus in der Aussage zumindest respektieren muss -
Ein einziger Moment, eine einzige falsche Entscheidung, geboren aus Unsicherheit, kann ein ganzes Leben zerstören. Oder eben zwei Leben. Das ergibt schon irgendwo Sinn. Aber das gestaltet die zähe, unangenehme und letztendlich auch highlightlose zweite Hälfte nicht unterhaltsamer und man fragt sich, warum man sich die überhaupt angesehen hat. Vielleicht hätte man nach 30 Minuten aufhören sollen.
Liebesszenen sind ziemlich selten. Alles ist subtil, im Zwischenton, in der Andeutung verborgen. Lovesong hätte etwas dramatisch-realistisch-erinnerungswürdiges mit einer Prise Romantik sein können, doch stattdessen ist es der erhobene Zeigefinger, der sich als Zuschauer am Ende unheimlich gehässig anfühlt und einen dafür bestraft, nach der Hälfte des Filmes nicht ausgemacht zu haben.
Das tut weh, und ist vielleicht lehrreich, aber sicher nicht befriedigend.
4 von 10 chocolates
Wasserlilien
8/10
Ich bin sicher nicht der Einzige, der sich nach dem grandiosen 'Portrait einer Frau in Flammen' sowohl in Adele Haenel (als Schauspielerin) als auch in Regisseurin Celine Sciamma Hals über Kopf verliebt hat. Es lag also nahe, mich dem Debütfilm der jungen Regisseurin zu widmen, in dem sie ebenfalls mit Haenel zusammengearbeitet hatte.
Water Lilies ist dabei ein schmerzhaft-ehrliches, aufwühlend-treffendes Coming of Age respektive lesbian teenage love-drama, das in vielen Momenten so nah an unseren eigenen, Jugendlichen Gedanken und Erfahrungen ist wie kaum ein anderer Film. Indess ist der Film sehr ruhig und vieles ist nur impliziert.
Die fünfzehnjährige Marie ist Zuschauerin bei einer Show ihres Synchronschwimmen-Schulteams. Dabei tut es ihr nicht nur der Sport selbst, sondern vor allem die Capitänin Floriane an, für die sie sehr schnell intensive Gefühle entwickelt. Floriane hingegen hat an der Schule den Ruf einer Vollzeit-Beischläferin, die mit jedem verfügbaren Jungen ins Bett geht, am liebsten aber mit dem grobschnitzigen François, wobei ihr auch Marie von Nutzen ist. In Francois wiederum ist auch Anne verliebt, Maries etwas plumpe und unbedarfte KindheitsFreundin, die sich nach dem ersten Mal sehnt.
Ah ja, das sexuelle Erwachen im Schwimmunterricht - eine Erfahrung, die sicherlich für nicht wenige von uns unvermeidbare Lebensrealität war, zum Besseren oder Schlechteren. Bei Marie passiert es nun eben bei einer Vorführung, aber genau darum geht es im Film. Das Entdecken und Finden der sexuellen Identität, aber auch den unsicheren Umgang mit den ersten, romantischen Gefühlen, die irgendwie, aber nicht so richtig erwidert werden.
Water Lilies gelingt es dabei allen voran, universell weh zu tun. Man muss kein lesbisches Mädchen sein, um von Anfang an mit Marie mitzufühlen, weil die Regisseurin geschickt Momente und Situationen bebildert, die wir selbst vielleicht beinahe schon vergessen hatten. Mit einer Brillanz spielt Pauline Aquart als Marie nur mit Gesichtsausdrücken und einfachen Bewegungen die nur allzu bekannte Tragödie nach, wenn wir das erste Mal wirklich von jemandem fasziniert sind, unseren ganzen Mut zusammen Nehmen, versuchen diese Person zu beeindrucken und fühlen wie es ist, wenn es nicht funktioniert. Wir erinnern uns an uns selbst, wenn Marie sich, um cooler zu werden, von ihrer kindischen Freundin lossagt, nur um sich Tage später mit ihr zusammenzuraufen als wäre nichts gewesen.
Die Beziehung von Floriane und Marie vor allem ist dabei sehr komplex und vieles liegt im Rahmen von Implikationen, Interpretation und eigenen Erinnerungen. Zwar wird schnell klar, dass Floriane genau weiß, was Marie von ihr möchte, immerhin kennt sie die begehrenden Blicke, und sie dahingehend ausnutzt, doch gerade gegen Ende ist sehr ambivalent, ob sie das bewusst tut und was noch dahinter steckt. Annes Arc als Marie's typische Außenseiterfreundin die unbedingt Sex möchte ist dabei als andere Perspektive nicht unwichtig, insgesamt aber der weniger interessante Aspekt der Geschichte.
Das Finale, wenn man es so nennen kann, denn der Film hört eigentlich nur auf, konzentriert in seiner Wirkung nochmals gekonnt die Quintessenz von Wasserlilien:
Man projiziert möglicherweise so viele seiner eigenen (schmerzlichen) Jugendliebe-Erinnerungen in diesen Film und in die letzten 15 Minuten, dass insbesondere die vletzte Szene auf einem zermürbenden Level weh tut, dass man beim Anlaufen der Credits vor dem Bildschirm sitzt und eigentlich sehr laut schreien möchte vor Frustration. Rührt der Frust von dem eher trostlosen Ausgang Maries' erster Liebe her, oder doch eher von dem trostlosen Ausgang unserer eigenen ersten Liebe, die damals möglicherweise ähnlich verlief und hier aufs Unangenehmste gespiegelt wird? Dabei hinterlässt Regisseurin Celine Sciamma weder Marie noch uns mit reiner Hoffnungslosigkeit - Denn untermalt von dem träumerisch-hypnotischen Soundtrack, den ich an der Stelle auch unabhängig vom Film sehr empfehle und der Jugendmelancholie in Perfektion zusammenfasst, haben wir vielleicht irgendwann festgestellt, dass es die Beziehungen sind die wir für selbstverständlich erachten, die am Ende des Tages noch da sind, um uns die Hand zu reichen, wenn wir in einen Pool springen und nie wieder auftauchen möchten. Keine wirklich neue Erkenntnis, aber eine so Wichtige.
Water Lilies ist frustrierend und bis zum Erbrechen effektiv darin, Jugendmelancholie widerhallen zu lassen.
Und darin ist es vermutlich der beste Film, den ich bisher gesehen habe.
8 von 10 Bananen
Die nächsten Filme stehen schon in der Warteschleife, vermutlich aber erst im Januar.