Hey Ho!
Eine geheime Liebe - Feelgood-Doku (5 von 10)
Dieser Film ist zwa bereits als Doku ausgeschrieben, man muss aber nochmal betonen, dass es darum auch wirklich keinen Spannungsbogen oder eine großartige Tiefe gibt. Die Geschichte von Pat und Terry ist insgesamt eher trocken erzählt und die Romanze der beiden
steht dabei gar nicht mal unbedingt im Zentrum - Eher erfahren wir viel über die gesellschaftlichen Verhältnisse gegenüber Homosexuellen und anderen Queer-Personen des 20. Jahrhunderts, erfahren interessante Hintergrundinfos zur Rolle von Frauen in den amerikanischen Baseball-Teams dieser Zeit, da auch Terry eine aktive Spielerin war, und begleiten die beiden nun sichtlich in die Jahre gekommenen Damen bei der Auswahl ihres Wohnortes, familieninternen Zwistigkeiten und Feiern und dem Gestalten ihres Alltags. Neben Pat und Terry sind dabei ihre engeren Verwandten so wie einige Queer-Freunde aus alten Tagen wichtig, die hier als handelnde Personen in Szene gesetzt werden.
Die Dokumentation ist nicht tröge und in vielen Momenten sicherlich inspirierend, man darf sie im Vorfeld aber nicht als Romanze missverstehen. Es geht um Liebe, ja, aber mehr um die Liebe und den Zusammenhalt in der Familie, und um eine starke 'Gebt niemals auf'-Botschaft für sämtliche Angehörige der Queer-Community. Erwartet man keine fesselnde oder überinszenierte, lesbische Romanze, sondern eine tolle Queer&Familien-Doku, so wird man hier einen der besseren Filme finden, die herzerwärmend und leichtherzig anzuschauen sind. Ich persönlich habe mich ab dem Mittelteil aber eher gelangweilt, was aber auch daran liegen kann, dass ich mir Dokus normalerweise nicht ansehe. Dennoch, 20 Minuten weniger Lauflänge hätten kaum geschadet.
Für mich gibt es für 'Eine geheime Liebe' 5 von 10 Punkte als gutes, durchschnittliches Unterhaltungswerk, und wenn viele Kritiker hier auch eine 10/10 vergeben haben missverstehen diese, dass eine Filmbewertung nicht aussagt, was man von den Menschen und deren Romanze hält, sondern wie gut sich der Film im Vergleich zu allen anderen Filmen der Welt schlägt. Diese Doku ist in Ordnung, aber nicht mehr.
5 von 10 Herzinfarkte für Eine geheime Liebe
Respire (Breathe) (2014) - 'Passion is harmful when excessive, which it always gets." (8 von 10)
Puh. Shush. Argh. Hffff.
Schwieriger watch. Ein schwieriger, anstrengender Watch. Ein französischer Film, der nur mit dem Genre 'Drama' ausgestattet ist - Man hätte es ahnen können.
Respire ist die erste französische Bluray, die ich mir importiert habe - Das ist deswegen wichtig zu sagen, weil dieser Film in die kleinste Nische der Welt passen würde, er ist weder auf Englisch noch auf Deutsch erschienen und sowohl On-, als auch offline fast nirgendwo zu bekommen, weder legal noch illegal. Dass ich überhaupt auf 'Respire' aufmerksam geworden bin grenzt an ein Wunder, und ist meiner Erinnerung nach auch nur durch eine zufällige IMDB-Empfehlung passiert. Über eine lesbische Romanze. Jetzt im Nachhinein ist mir auch klar, warum man die Finger davon lässt.
Falls ihr euch für einen solchen Film interessiert und komplett blind reinwollt, hört auf das hier zu lesen.
Denn Respire ist auf den ersten Blick und mit Vermarktung des Covers und Trailers genau das - Eine weitere, lesbische Romanze zwischen zwei komplexen Mädchen, die sich so mancher Zerreißprüfung stellen muss. Aus dem Jahre 2014. Es drängen sich Vergleiche mit dem im selben Jahr erschienenem 'Blue is the warmest Color' auf, aber die Gemeinsamkeiten hören bei dem Schulsetting, dem aggressiven und passiven Part in der Beziehung so wie dem Erscheinungsjahr auf. Respire ist eine Fallenkarte, in die man wenn man wie ich vorher nicht genau aufpasst und sich die Genres anguckt blindlings reinläuft.
Das erste Drittel des Filmes ist inszeniert, um seine Zuschauer einzulullen und in die erwartbare Narrative einer melodisch-kriselnden Romanze zwischen zwei besonderen Mädchen zu stricken - Charlie, die etwas ruhiger und nerdiger ist als Andere, und die neue Schülerin in der Klasse Sarah, die diese rebellische, extrovertierte und inspirierende Kraft verprüht. Der Sprung von 'Sitzen nebeneinander' und 'Werden beste Freundinnen' geht schnell, funktioniert über eine unterhaltsame Montage aber viel besser, als viele andere lesbische Romanzen das versucht haben. Beide Schauspielerinnen, Joséphine Japy und Lou de Lage, sind wunderschön und strahlen bei jedem Auftritt vor französischem Charme, der sich auch in der anfänglich wunderbaren Chemie beider Hauptakteurinnen niederschlägt.
Dann ist das erste Drittel vorbei und es geht sehr schnell bergab wenn man merkt, worauf diese Freundschaft und dieser Film eigentlich hinausläuft. Kurz gesagt geht es in Respire nicht um eine inspirierende, lesbische romanze, die sich aus einer verrückten Freundschaft entwickelt, es geht um toxische Beziehungen und das Stockholmsyndrom, das in Verbindung mit Misshandlung und Ausnutzung in solchen zwangsweise auftritt. Während der Mittelteil in seiner positiven Stimmung sehr schnell in sich zusammenfällt und die hässliche Realität enthüllt, wirkt der Film zunächst, als würde er aus dem Nichts Drama generieren wollen, um die Romanze durchzurütteln, es wird einem aber retrospektiv klar, wie sich von Anfang an subtile und nicht so subtile Hinweise breit gemacht haben, dass die Beziehung zwischen Charlie und Sarah keine Verbindung auf Augenhöhe ist, und schon bald beginnt man als Zuschauer, auf eine von beiden einen derartig tiefgreifenden Hass zu entwickeln, dass es in manchen späteren Szenen schwer fällt, noch gleichmäßig zu Atmen und den Film nicht zu pausieren.
Die Darstellung dieser letztendlich zutiefst-toxischen und misshandelnden Freundschaft von Verrat, Ausnutzung und Selbstgerechtigkeit ist mit ihrer Ausführung vom Handeln, der Persönlichkeit und Schuldwahrnehmung von 'Emotionalen Vergewaltigern' so effektiv und punktgenau, dass es schwer ist mir vorzustellen, dass ein nicht-französsicher Film es ebenso authentisch hinbekommen hätte.
Abgesehen von Charlie und Sarah spielen in Respire 'Eltern' eine sehr wichtige Rolle - Denn sie sind es, die uns in unserer Handlungsweise definieren und vorprägen, und so manches Mal, wie etwa in diesem Film, auf die schrecklichste und fatalste Weise versagen. Außerdem sind die Parallelen im Film zwischen dem Verhalten von Müttern und ihren Töchtern aufschlussreich und vielsagend, aber das würde jetzt in Spoilerterrain führen. Am Ende von 'Respire' steht eine Szene, die viele vielleicht schockiert und überrascht, und viele vielleicht auch nicht. Es ist eine Konklusion, die man sich als Zuschauer
vielleicht gewünscht hat, oder vielleicht auch nicht. Es mag sich dabei ein morbides Gefühl von Befriedigung einstellen... oder vielleicht auch nicht.
Fest steht, dass diese Szene einem den Atem nimmt und dafür sorgt, dass man sich nach dem Einlaufen der Credits für einen langen Moment von dem erholen muss, was man gerade gesehen hat. Für mich persönlich fühlte sich die zweite Hälfte und das Finale von Respire, nachdem ich wegen Titel, Cover und Trailer eine befriend-magische Romanze a lá Portrait einer Frau in Flammen erwartet hatte, direkt nach den Credits beinahe wie eine Enttäuschung an. Das war nicht, was ich wollte, und war so unangenehm wie es nur ging. Doch als ich etwas länger darüber nachdachte begann ich zu akzeptieren, dass dies ein feinfühlig-genauer Film über toxische Beziehungen ist, und auf diesem Feld vielleicht der Beste, den ich je gesehen habe. Er tut weh, ist trotz oder gerade wegen dem Climax zutiefst unbefriedigend und aufwühlend, täuscht seine Zuschauer im ersten Drittel auf perfide Weise und macht nicht zuletzt sicherlich all jene Menschen besonders betroffen, welche selbst einmal der passive Teil einer misshandelnden Beziehung waren - Sie werden Verhaltensmuster, bestimmte Aussagen und rhetorische Mittel der 'Missetäter' wiedererkennen, selbst mir stand der Mund offen in Momenten in denen ich die Hände verkrampfen musste angesichts dessen, wie unendlich-selbstgerecht und vermessen manche Menschen doch sein können und doch war mir klar, dass diese Menschen existieren.
Respire ist ein leidenschaftlicher Film, doch Leidenschaft wird bedrohlich, wenn sie Exzessiv auftritt. Respire ist Exzessiv.
8 von 10 Defibrilatoren für Respire
Küss mich - Kyss mig (3 von 10)
Das skandinavische Kino ebenso wie das Genre der lesbischen Romanzen hat einen ganz eigenen Stil und oftmals viele Probleme und Schwächen, die mit diesem einhergehen. So ist es mehr oder weniger so, dass sich fast alle skandinavischen Filme in zwei Kategorien unterteilen: Schnarchlangweilig oder Gutes Drama. Das sind die beiden Möglichkeiten, die ein Film aus dem Norden Europas in seiner Wirkungsweise hat, und bedauerlicherweise ist es zumeist eher Ersteres, auch wenn dies dann regelmäßig mit Adjektiven wie 'Slow-paced', 'Cineastisch', 'Not for everyone' oder 'Different apporach' verschleiert wird. Hinzu kommt, dass Skandinavien trotz einiger wirklich hervorragender Ideen wie etwa 'The Hunt' mit Mads Mikkelsen zumeist doch eher den Filmtrends anderer Platzhirsche hinterherrennt und auf Züge aufspringt, die in Amerika oder Frankreich schon Anno vor zehn Jahren abgefahren sind. Und natürlich haben wir das Handwerkliche. Optisch sind skandinavische Filme fast immer entsättigt, es gibt wenige Farben, alles ist ein trostloses Blaugrau. Wenig Musik, unterkühltes und ausdrucksarmes Schauspielen.
Nun werfen wir nochmal einen Blick auf das Genre der Lesbischen Romanze bzw. dessen stereotyper Schwächen und Symptome. Wenn eine Filmart schon immer unaufhörlich mit dem Werkzeug des 'Forced Drama' zu kämpfen hatte, so war das zweifelsohne die Lesbische Romanze. Beziehungen tendieren hier dazu, sich nicht natürlich zu entwickeln, ebenso wie die damit einhergehenden Probleme, welche dann zumeist erstmal daraus bestehen, dass mindestens eine der beiden Frauen Hetero ist und sich nicht das Gegenteil eingestehen will, Plus Gesellschaftliches Stigma, Lesben sind Satanisten, wir kennen es, juicy Drama.
Bringt man diesen beiden großen Faktoren nun also zusammen bekommt man exakt den Film Kyss mig heraus, der nichts, aber auch gar nichts neu macht und Leute, die mit den oben genannten Genre-Elementen beider Welten nichts anfangen können, auch nicht vom Gegenteil überzeugen wird. In diesem Film liegt fast jede Schwäche begraben, die man Lesbischen Romanzen und Skandinavischen Filmen andichtet, und ich würde argumentieren, dass man hier annähernd alles falsch gemacht hat, was man hätte falsch machen können. Kyss mig ist nicht brechreizerregend schrecklich, aber es ist so wirklich, unerträglich altbacken und ideenlos.
Wieder haben wir eine verlobte Hetero-Frau, die im Begriff ist, den glücklich mit ihr liierten Mann zu heiraten, bis sie auf ein Mädchen trifft das ihr den Kopf verdreht, alles ändert und sie in eine Identitätskrise stürzt. Wieder haben wir die verführende, egoistische Teufelslesbe, die ohne moralische Reflektion der eigenen Stiefschwester die Zunge bis zur Speiseröhre in den Hals steckt und damit ein Heteropaar sprengt. Wieder haben wir das Gesellschaftliche Stigma und die Diskussion, ob Lesben denn normal sind, oder doch lieber nur ein besonders oft geklickter Tag auf Youporn bleiben sollten. Wieder haben wir eine extrem unwahrscheinliche Romanze zwischen zwei komplett verschiedenen Frauen, die buchstäblich aus dem Nichts entsteht. Problematisch an dem Ganzen ist dann noch, dass die Zusammensetzung all der speckigen Bausteine auf skandinavische Weise passiert. Emotional-karg, unterkühlt, distanziert
und steril gehen die Dialoge vonstatten. Macht nicht den Fehler, 'Zieht sich' mit 'Slow-paced' oder 'Langweilig' mit 'Ruhig' zu verwechseln. Kyss mig ist immer Ersteres. 'Forced Drama' als wirklich größtes Problem der lesbischen Romanze als solche tritt hier einmal mehr sympotmatisch auf, denn das protagonistische Ehepaar wirkt bis zur Mitte des Filmes glücklich, harmonisch und vollkommen miteinander. Die genretypische 'Seelenlose Hetero-Ehe' war hier also nicht mal bedient, bis man dann einen Grund brauchte, das Fremdgehen der Protagonistin zu legitimieren und einfach mal zwischen Tür und Angel eine kurze 'Streitszene' mit Anklängen von männlichem Kontrollzwang einbaut, was vorher nirgendwo im geringsten angedeutet war.
Wir als Zuschauer sind bei lesbischen Romanzen oft in der Verantwortung, uns für das weibliche Pärchen zu freuen, das nun alle Widrigkeiten und Widerstände hinter sich gelassen und endlich zueinander gefunden hat. Oft ist es dann aber leider so, dass man auch oder eher Mitleid mit den zurückgelassenen Hetero-Partnern hat, die nicht selten betrogen wurden, vor dem Nichts stehen und als gesellschaftliches Anti-LGBT-Symptom zurückgelassen werden. Auch hier ist es wieder so, dass man sich für zwei Frauen freuen soll, die egomanischer und moralisch-fragwürdiger nicht sein könnten. Mal abgesehen von der 'Seductive Lesbian' haben wir eine Ehefrau, die - geringe Spoiler - den Mann, mit dem sie vorher sieben Jahre scheinbar so glücklich war, wegen kleinerer Unstimmigkeiten ohne große Worte in die Wüste schickt und das wars dann. Der Film missversteht das hier als ein Zeichen von 'Befreiung, sei wer du bist, lass dich nicht in gesellschaftliche Zwänge bringen' ohne dabei aber auch nur einmal zu erklären, wo genau für die Protagonistinnen hier Zwänge existierten, und ohne zu beachten, dass man auch lesbisch sein kann ohne sämtlichte Brücken und jedes arme Hetero-Schwein das drauf steht hinter sich zu verbrennen. In Kyss mig sind das unwichtige Faktoren, die Message von 'Befreiung' steht im Vordergrund, doch ich konnte mich zu keinem Zeitpunkt für die zentralen Figuren freuen, im Gegenteil. Ich habe sie eher verachtet.
Am Ende - nochmals geringer Spoiler - liefert man dann doch tatsächlich noch die emotionale 'Ihr Flug geht in 40 Minuten, beeile dich und halt sie auf'-Karte ab, und dann hat man auch alles gesagt, was im Genre schon viel, viel zu oft gesagt wurde.
Handwerklich ist Kyss mig vielleicht am stärksten, wenn auch eher, weil der Rest so bescheiden ausfällt. Wie für diese Region typisch gibt es viele, eindrucksvolle Landschaftsaufnahmen, tolle Kameraeinstellungen und - wie meistens in lesbischen Romanzen - respektvolle, ästhetisch hochwertige und auch einfach schöne Liebesszenen. Der Soundtrack ist bestimmt von hohlen und nichtssagenden Indie-Popsongs, die aber auch nicht so stören wie es etwa in einem deutschen Film der Fall wäre. Wie viele skandinavische Filme ist Kyss mig betont ruhig, langsam und unaufgeregt inszeniert, ohder zu deutsch, der Film ist langweilig und gut 20 Minuten zu lang.
Insgesamt ist Kyss mig an keiner Front eine Empfehlung wert. Ihr mögt skandinavische Filme? Da gibt es Bessere. Ihr mögt Lesbische Romanzen? Da gibt es verdammt nochmal Bessere wie ihr anhand dieser Liste hoffentlich seht. Ihr mögt keins von beidem? Dieser Film ändert das nicht. Er enthält alle staubigen Bausteine beider Welten, die niemand mehr sehen will, fügt dem nichts Neues hinzu und scheitert sogar noch in den einfachsten Aufgaben wie ein gutes Gefühl für die Protagonistinnen zu schaffen. Kann man sich sparen. Dann aber auch wieder, wenn man sich etwa die Reviews auf IMDB ansieht und sich der Club anonymer Cineasten mal wieder mit 10er-Wertungen überschlägt muss man sich unweigerlich fragen, ob man eigentlich der einzige Mensch auf dem Planeten ist, der vorher schonmal einen Film gesehen hat. Nun ja, jedem das seine.
3 von 10 Papierflieger für Kyss mig.
When Night is falling (5 von 10)
Wenn man sich eine lesbische Romanze aus dem Jahre 1995 ansieht, gibt es grundlegend zwei Optionen, welches Filmerlebnis einen erwarten kann:
A) Ein vom Zeitgeist geprägt, vollständig-klischeehaftes und polemisches Abziehbild des allgmeinen Verständnisses einer lesbischen Frau
B) Ein zutiefst konservativer und auf sicher-gespielter Sonntagabendfilm.
When Night falls ist Zweiteres. Dies ist die konservativste, unaufgeregteste lesbische Romanze, die ich bisher gesehen habe. Das ist unwertend gemeint - Sie ist weder langweilig noch unkreativ, nur eben durch und durch erwartbar und massenkombatibel, eine gute Darstellung der 90iger. So wird die lesbische Romanze deutlich plagativer und lehrbuchartiger in den Kontrast zum braven Alltag gestellt, indem die Protagonistin des Filmes als ambitioniertes Mitglied der örtlichen Kirchengemeinschaft und buchstäbliche 'Brave Christin' in einer unbedenklichen Beziehung mit einem ebenso christlichen Lehrer auftritt.
Die lesbische Verführerin hingegen, die auch hier wieder das unvermeidbare Trope bildet, ist von der Einfachheit der damaligen Gesellschaft geprägt, die noch nicht ganz so 'woke' und aufgeklärt war wie heute. Natürlich hat sie wieder den exotischen Background eines Kuriositäten-Zirkuses, in dem sie sie selbst sein kann, und natürlich ist sie es wieder, welcher dem unschuldigen Hetero-Liebchen den Kopf verdreht und damit eine potentielle Ehe sprengt. Wie gesagt, es ist alles sehr konservativ, positiv angemerkt sei aber, dass diese vereinfachte Darstellung hier nicht wie bei anderen Genrefilmen ins respektlose oder nervige abdriftet, allgemein ist der Film überraschenderweise frei von jeglichen unsympathischen Charakteren, sogar der nichtsahnende Ehemann ist zur Abwechslung mal nicht das Hetero-Symptom, das seine Frau lesbisch gemacht hat, sondern nur ein 'Typical good guy'. Die Bilderbuch-Romanze hält nichts bereit, was man nicht schon gesehen hat, ist darin aber solide und fängt zum Beispiel nicht so unglaubwürdig an wie 90 % der lesbischen Filmromanzen.
Wie man es von einem eher nischigen Queerfilm der 90er erwarten darf, sind einige wenig-subtile Gesellschaftskritiken, darunter ein Anmahnen der Homosexuellenfeindlichkeit der katholischen Kirche, sowie viele Pro Diversity-messages versteckt, die vielleicht mal abgesehen von dem wunderbar-plakativen 'Brave Christin'-Setting aber nie störend auffallen. Die Liebesszenen, insbesondere die eine, Lange die es wie in so vielen L-Romanzen auch hier gibt, sind kunstvoll und sinnlich inszeniert, im Rahmen der Ästhetkvorstellungen der 90er - Die Liebesnacht unter Frauen als Befreiung, als Höhepunkt von Romantik.
Soundtrack, Bilder und Schauspieler gehen alle in Ordnung. Konservativ. Nicht schlecht. Nebenelemente wie der geliebte tote Hund der Protagonistin oder die vielfältigen Charaktere des Zirkus sind unterhaltsame Bereicherungen, welche die zentrale
Romanze nicht verdrängen aber gelungen ergänzen.
Am Ende ist es wieder - Kleiner Spoiler - die unbefriedigende Hetero-Beziehung, die hier trotz zum Glück fehlender Pseudo-Problematik von der Heldin abgesägt wird, ohne dies recht zu begründen oder sich dafür zu verantworten. Das könnte ein kritikpunkt sein, wenn When Night falls dies genau wie alle anderen Subplots am Ende nicht so befriedigend-versöhnlich auflösen und den Zuschauer mit einem warmen Gefühl in der Brust in die von christlichen Gesängen untermalten Credits schicken würde. Ein altbackenes Seherlebnis hat seine guten Seiten, und die kommen hier zum Vorschein.
Insgesamt gibt es ebenso wenig Gründe, When Night is falling zu gucken, wie dagegen sprechen. Es ist eine nette, unaufgeregte Romanze, die in einer Zeit, in der dieses Genre noch absolute Nische war, vielleicht einige Grundbausteine für spätere, geistige Nachfolger legte. Verschont bleibt ihr hier von lästigen
Übertropes, künstlichem Drama, dem 'Lesbian Bad Ending' sowie der Stigmatisierung der Heterobeziehung. Dafür bekommt ihr eine nostalgische Portion 'Gut'. Ich meine, wenn euch die richtig-guten lesbischen Romanzen ausgehen und ihr nicht genug bekommt... klar, warum nicht?
5 von 10 Jesuskreuze für When Night falls
Carol (6 von 10)
Premoderne Romanzen haben es ansich, oft ein gewisses Grundniveau beziehungsweise einen filmischen Mindestanspruch mitzubringen, der dem Interesse des gewöhnlichen Blockbuster-Kino-Zuschauers abgeht - Wir werden in diesen Geschichten in eine Zeit vor der unseren versetzt, eine ungemütlichere und weniger-aufgeklärte Zeit, und das verlangt bereits mehr Mut zum Verlassen der eigenen Komfortzone als seichte Love Comedys in einer amerikanischen Kleinstadt des 21. Jahrhunderts. Lesbische Romanzen liebäugeln meiner Meinung nach unter anderem deswegen so frequent mit dem 18. und 20. Jahrhundert, weil es diese Epochen signifikant vereinfachen, die Diskriminierung gegen normale Normabweichungen wie Homosexualität darzustellen, zu verdeutlichen und letztendlich auch unausgesprochen zu verurteilen. Die Zeiten waren anders, und so auch das Moralverständnis vieler Menschen.
Carol hat seine Stärken also im kleinsten, gemeinsamen Nenner der premodernen, lesbischen Romanze: Die Umgebungen wirken nostalgisch, die Kostüme verträumt, die Kameraeinstellungen und Bilder sind Postkartenmaterial, die Erzählweise ist entschleunigt. Doch nicht nur das Setting ist aus einem anderen Jahrhundert, die Erzählbaustücke, welche von der lesbischen Seite herrühren, scheinen ebenso einem anderen Jahrhundert entflüchtet. Prüfen wir das kurz nach, mit leichten Spoilern:
- Erfahrene, leidenschaftliche Lesbe trifft auf naives, unschuldiges Hetero-Küken: Check!
- Zwei Frauen aus verschiedenen Welten? Check!
- Being lesbian is bad (and illegal)? - Check!
- Missbräuchlicher, unterdrückender, fremdgehender Ehemann als Verkörperung toxischer Maskulinität: Doppelcheck!
- Darstellung der Hetero-Liebe als trostlos, einengend und trist? - Doppelcheck!
- Bedenkenloses Verlassen des armen Hetero-Schweins? - Check!
- Verflossene Ex-Lesbenfreundin als Beziehungsbeistand? - Check!
- Forced Drama in the middle of the story? - Check!
- Sinnlich-kunstvolle Sexszene? - Check!
- 'We cant be together since I would be bad for you'? - Check!
- Lesbian Bad Ending? - Che...?
Ja, und damit ist eigentlich auch schon das meiste Wichtige über 'Carol' gesagt. Man könnte noch hinzufügen, dass die beiden Hauptdarstellerinnen Rooney Mara - Welche ich persönlich als eine der schönsten und ausdrucksstärksten Schauspielerinnen unserer Zeit wahrnehme - so wie Cate Blanchett hier Leistungen abliefern, die kaum kritisiert werden können oder sollten. Negativ anzulasten ist außerdem das kleine, feine Detail, dass der zweistündige Film gut und gerne eine Stunde zu lang ist. Nach 60 Minuten ist eigentlich alles gesagt und erzählt, und so fragt man sich, was nun noch folgt? Der zweite Akt wird mit dem erzwungenen Beziehungsdrama im Stile eines Verfolgungsthrillers gefüllt, das man auch hätte in 10 Minuten erzählen oder ganz darauf verzichten können. Und diese Länge MERKT man - Carol hat abgesehen von den Grundstärken nicht viel zu bieten, stattdessen zieht es sich und wirkt über weite Teile langweilig. Ja, ich habe das böse Wort gesagt, aber hier trifft es tatsächlich mal zu. Die Schauspieler sind gut, zeigen aber wenig eigene Identität. Die Handlung - selbst in diesem Setting - hat man schon viele Male gesehen, und das auch oft deutlich besser.
Insofern kann man sich Carol als soliden Genrevertreter ansehen, wenn man premoderne Filme mag, von lesbischen Romanzen nicht genug bekommt und sich nicht daran stört, eine Stunde mehr zu investieren als man müsste. Der Film gibt wenig Anlass, sich aufzuregen. Vielmehr plätschert er so vor sich hin, aber das kann manchmal ja auch schon reichen.
6 von 10 Modelleisenbahnen für Carol
But Im a cheerleader / Weil ich ein Mädchen bin (5 von 10)
'Five, Six, Seven, Eight - God is good, God is straight.'
Wenn man erstmal die Höhen und Untiefen eines Genres überwunden hat, fängt man vielleicht an, sich nach atypischeren Vertetern umzusehen - Oder vielleicht tut man das auch, bevor man mit einem Genre erst richtig anfängt. Bei meiner Wahl zum Ansehen des 1999 erschienenen 'But Im a Cheerleader' war Ersteres der Fall, denn die Genremischung aus Comedy, Drama, Parodie und Romantik verspricht eine gänzlich andere Erfahrung als man sie von den üblichen Lesbischen Romanzen bekommt.
Megan ist eine gewöhnliche Teenagerin, die sich fürs Cheerleadern ebenso wie für die Rundungen von Cheerleadern begeistert. Als ihre Eltern und ihr Umfeld den Verdacht entwickeln, sie könne 'lesbisch' sein, wird sie kurzerhand in ein privates 'Umerziehungslager' geschickt, in dem homosexuelle Jugendliche von ihrer Perversion therapiert und geheilt werden sollen, um letztendlich als glückliche Straights ihren Abschluss zu machen.
Knackig zusammengefasst ist dieser Film an der Oberfläche das inzestuöse Baby von Tim Burton und dem RomCom-Genre, das auf comichaft-übersteigerte und knallige Art und Weise die (damalige) Weltsicht der Heterogesellschaft auf Homosexualität und deren vermeintliche 'Heilbarkeit' darstellt. Jeder vorkommende Charakter ist ein überspitzter Stereotype, die Handlung gleicht einer Aneinanderreihung von Sketchen und immer absurder-werdenden Szenen, die Bildsprache steht ausdrücklich für die im Film vermittelten Extreme - Wenn die Mädchen in ihr überbordernd-pinkrosaplüschiges Schlafzimmer kommen oder die Jungs sich in ihren Holzfälleroutfits nach getaner Arbeit in den Schritt greifen ist klar, dass es hier nicht subtil zugeht. Der Humor ist mal mehr, mal weniger anstrengend, was man aber definitiv abkönnen muss ist die 'Comichaftigkeit' und 'Durchgedrehtheit' des Ganzen. Die Schauspieler liefern abgesehen von den beiden hervorragenden Hauptakteurinnen Natasha Lyonne als Megan und Clea DuVall als Graham komödiantisch-mittelmäßige Performances ab, nur Cathy Moriarty als rigide Heteromama tut mit ihrer Leistung wirklich weh.
Es ist extrem einfach, 'But Im a Cheerleader' nur als das zu sehen - Einen ulkig-übertriebenen Satirefilm mit einer Menge Gesellschaftskritik und LGBT-Propaganda. Wenn man aber aufmerksamer zusieht wird man merken, dass darüber hinaus noch andere Werte da sind. Es geht viel mehr ganz allgemein um das sexuelle Erwachen und die Identität junger Menschen im Wechsel mit Gesellschaftlichen Zwängen und natürlich auch um Selbstakzeptanz. Natasha Lyonne liefert hier als zunächst verwirrtes und leugnendes Küken die überzeugendste Rolle ab, weil ihre Mimik und ihre Art sich im Laufe des Filmes so stark wandeln. Die aufkeimende Romanze, welche sich früh andeutet, bildet eines der offenkundig-ernsteren Elemente und wird gut in den Rest des bunten LGBT-Zirkus integriert.
Ich kann die tieferliegende Ebene und die deutlich wichtigeren Aussagen in 'But Im a Cheerleader' wertschätzen, das macht den Film für mich im Kern jedoch nicht bedeutend besser und weniger anstrengend in seiner kompromisslosen Bonbon-Ästhetik und Sketch-Dramaturgie. Man muss sowas mögen und Einordnen können, sonst kann man auch nach zehn Minuten aufhören, denn der Film bleibt sich selbst treu. Das Ende ist eher ernüchternd und haarscharf am Cringetal vorbei-inszeniert, wird dann jedoch noch mit einer schrulligen Mid-Credits-Szene abgerundet.
Insgesamt war 'But Im a Cheerleader' eine seltsame und eher unbekömmliche Mischung aus zu grellen farben und zu leisen Zwischentönen für mich, die ich weniger Fans von lesbischen Romanzen als viel mehr Freunden von komödiantischer LGBT-Behandlung ans Herz legen würde. Es ist definitiv ein Film, der polarisiert.
Von mir 5 von 10 Heterosexuelle Götter für But Im a Cheerleader
...