Ok ich bin nun mit dem Spiel durch, offensichtlich habe ich viel länger gebraucht als die meisten anderen, weil man auf Hell sehr viel mehr Zeit in den Shoot'em'Up Stages verbringen wird und dazu kann ich schon mal zusammenfassend sagen:

- Die Shoot'em'Up Stages sind einfach aller erste Sahne, bis auf das vorletzte Kapitel dass ein reichlich uninspirierter Bossrush ist, sind alle Kapitel einzigartig und nutzen lose Elemente die zur jeweiligen Geschichte des Executioners passen. Mein Lieblingskapitel war das 5. wo man gegen den Host antritt, das war einfach ein herrlicher Klamauk der sich selbst nicht zu ernst nimmt.

- Konträr dazu haben sich meine Befürchtungen bestätigt, der Visual Novel Teil ist kaum der Rede wert. Die Rätsel sind extrem schwankend von ihrem Anspruch, meiste Zeit aber deutlich zu leicht und uninspiriert.

- Die Story ist nach den Standards des Genres ehrlich gesagt unterdurchschnittlich. Ich fand Kapitel 1 durch die Intimität noch am stärksten - deutlich, aber schon im 2. Kapitel funkt die Formel nicht mehr ganz so gut, schon wegen des offensichtlichen Motivs der Vollstreckerin. Kapitel 3 & 4 wandeln dann schon noch mal ganz gut die Täter-Opfer Prämisse gut ab, bevor es dann aber endgültig dieses Alleinstellungsmerkmal verliert. Die restlichen Gründe für die SHMUP Passagen hat man sich gelinde gesagt aus dem Hintern gezogen und sind nur zum Selbstzweck da.
Dazu kommt dass der Twist um das Mastermind um allen herum einen sehr offensichtlichen Ausgang nimmt. In dem Sinne gibt es eigentlich kaum Mysterien die man als solche bezeichnen kann, wenn man die Antwort permanent auf der Zunge hat und obwohl das bereits der Fall ist, wirkt doch das ganze Set-Up ungemein konstruiert, nee da entsteht leider kein runder Eindruck.

- Dennoch würde ich sagen dass die meisten Charaktere recht sympatisch sind. Ich glaube am Anfang wird das nicht der Fall sein, aber die wachsen einem doch langsam ans Herz und der Epilog nimmt noch ein schön versöhnliches Ende.

tl:dr

Story meh, Gameplay chefs kiss

Ist eigentlich auch recht ungewöhnlich denn sonst werfen Visual Novels ihr Gameplay eher als unterentwickeltes Alibi mit ein, hier ist es mal ausnahmsweise umgekehrt und der Visual Novel Teil wirkt wie ein schnell zusammengeklöppelter "afterthough" die dem SHMUP noch etwas mehr Pepp verleihen soll. Und trotz all der Schwächen tut es das meiner Meinung nach.
Man darf eben nicht zu hohe Ansprüche an die Story stellen, ich meine so ein Devil May Cry ist ja trotzdem unterhaltsam, auch wenn dort alles nach konventionellen Bahnen verläuft und so ähnlich verhält es sich hier, gerade beim Endkampf gab es noch mal ein paar sehr schöne epische Szenen die ohne das Charakterbonding und die Narrative dahin nicht ganz so befriedigend gewesen wäre. Es ist halt ein SHMUP was man nicht nur für 1CC's spielt, sondern sich auch einfach lohnt wegen der Story zu spielen. Die Level sind lang genug um hier wirklich Hürden darzustellen die man nach und nach überwindet und das Spiel kennt da kein Pardon von wegen "och hier haste direkt nen Checkpoint" Nene - ganz oder gar nicht.

Wer also wirklich gar kein Interesse an das SHMUP im Spiel hat, sollte lieber die Finger davon lassen, ich muss aber auch sagen, selbst mir als SHMUP Muffel hatdas Spiel eigentlich ziemlich gut gefallen, ich finde die Schwierigkeitskurve auch insofern interessant (wenn auch nicht konsistent, der erste Boss ist quasi einer der schwersten im Spiel xd) weil der nicht einfach nur durch "moar bullets" angezogen wird. Es gibt wahnsinnig viele, sehr kreative Patterns bei denen auch Geometrie eine Rolle spielt. Bosse reagieren teilweise auch dynamisch auf das Flugverhalten, die ganzen Bullet Hell Spiele die ich bis dato gespielt hatte, haben sowas nicht. da verlässt man sich in aller Regel einzig und allein auf das Kugelgewitter in zig Formationen. Aber Yurukill hat viele Arten von Projektile und kennt viele Wege interessante Szenarien zu erstellen. In dem Sinne ist es mehr eine Mischung aus einem klassischen SHMUP und Bullet Hell.

Wenn man mit dem Spiel durch ist kann man übrigens alle Stages noch mal hintereinander am Stück spielen, allerdings hat man nur 5 Startleben was eine absolute Herkules Aufgabe darstellt. Das Achievment dazu hat nur 0,1% Komplettierung und ist damit vermutlich eine der am schwiergisten zu erringenden Playstation Trophies des letzten Jahrzehnts. Wer hier Platin holt, kann wirklich auf sich stolz sein. Nur zum Vergleich. Rein durchgespielt haben das Spiel bereits fast 58,9% aller Spieler, also mehr als die Hälfte. (daran merkt man mal wie lächerlich einfach "Normal" sein muss)
Das Gefälle ist also enorm und nicht nur ein Fall von "ach spielen ja einfach nicht genug Spiele", dafür halte ich das Engagement der Spieler hier für zu hoch.

Durch den Stage Score und 4 auswählbaren Figuren hat es damit für mich aber auf jeden Fall einen sehr großen Wiederspielwert, es ist irgendwie schade dass das so wenig Leute spielen, ich glaube viele eingfleischte SHMUP Fans unterschätzen völlig wie stark der Teil in dem Spiel wirklich ist, ich kann es ihnen nicht verübeln, denn VN haben generell den Ruf anspruchsloses Gameplay zu besitzen. Dennoch sehr sehr schade, denn am Ende der Credits lässt das Spiel durchaus die Möglichkeit eines Sequels offen, das wird aber bei der Resonanz voraussichtlich nie erscheinen.

Für mich definitiv eines der besten Spiele die ich dieses Jahr gespielt habe, wenn auch nicht ganz das was ich zunächst erwartet habe.