Spiel 2: Wild Arms 2nd Ignition Gestartet: 22.04.2018 Beendet: 07.05.2018
Warum gerade dieses Spiel?
Ich habe mir das Spiel in den 90er Jahren gekauft, später auch noch die PS3-Fassung. Leider brach ich meine Durchspielversuche mehrfach ab; der letzte ernstzunehmende Versuch zu meiner ersten JRPG-Challenge endete mit einer Save File corruption. Dank LittleChocobos Bericht zu dem Spiel habe ich mich spontan dazu entschieden, es noch einmal zu versuchen.
Worum gehts?
Die Welt besteht aus 3 großen Mächten: Sylvaland, Meria und Guildgrad. Vor 1000 Jahren legte ein Dämon namens Lord Blazer Filgaia in Schutt und Asche. Die Menschheit schien dem Untergang geweiht, bis eines Tages ein junges Mädchen auftauchte. Das Mädchen namens Anastasia, das von der Wächterklinge Airgetlam ausgewählt wurde, lieferte sich über 7 Tage einen erbitterten Kampf mit dem Dämon, konnte ihn jedoch schließlich besiegen - verlor dabei allerdings ihr Leben. Seitdem wird sie als "Sword Magess" verehrt, und die Heilige Klinge wird, in einem Stein steckend, als Reliquie in einer Kirche aufbewahrt.
Der Hauptprotagonist ist Ashley Wincester, ein Soldat aus Meria, der für seinen mutigen Einsatz zum Ritter geadelt werden sollte. Während der Zeremonie ist es Brauch, dass man versucht, Airgetlam aus einem Stein zu ziehen, was ihm natürlich nicht gelingt. Die Feierlichkeiten nach der Ernennung nehmen aber ein wüstes Ende, als plötzlich alle Beteiligten in Monster verwandelt werden. Auch Ashley fällt dem zum Opfer, kann sich jedoch in Monsterform zu Airgetlam schleppen und es berühren. Zu diesem Zeitpunkt hört er eine Stimme in seinem Kopf, die ihm Macht verspricht, und er verwandelt sich in seine menschliche Gestalt zurück.
Er wird von einem jungen adeligen Namens Irving für dessen Privat-Corps namens ARMS (Awkward Rush & Mission Savers) rekrutiert. Ihm schließen sich die junge Wappenzauberin Lilka, und der Kriegsverbrecher Brad an. ARMS' Aufgabe ist es, den Verfall von Filgaia zu untersuchen. Kurze Zeit später kontaktiert eine Terrororganisation namens Odessa die Welt, indem sie eine Botschaft auf jede einzelne reflektierende Oberfläche projiziert. Odessa will den Verfall von Filgaia ebenfalls aufhalten, verlangt von der Menschheit jedoch absoluten Gehorsam. Nun hat ARMS ein weiteres Ziel: Odessa zu finden und aufzuhalten!
Gameplay & Story
Wild Arms 2 ist ein klassisches RPG mit Weltkarte. Man erhält zu (fast) jedem Zeitpunkt seine Anweisungen von Irving und wird von dort zum nächsten Dorf und/oder Dungeon geschickt. Dabei tauchen diese Locations nicht automatisch auf der Weltkarte auf: Vielmehr muss man einen Hinweis gelesen haben, wo sich diese Location befindet. Das geschieht im Laufe der Story oftmals automatisch; für die vielen optionalen Locations muss man jedoch einen entsprechenden NPC finden, der euch mitteilt, wo sich diese Location befindet. Anschließend muss man die Location auch noch mit einer Art Radar-Funktion auf der Weltkarte suchen, indem man sich mit dem Charakter möglichst direkt daneben stellt und die Quadrat-Taste drückt, was gelegentlich in Pixeljagden ausartet.
Auch, wenn die Party bis zu 6 Leute umfasst (wovon nur 3 gleichzeitig im Kampf aktiv sind), in Dungeons und Städten ist immer nur ein Charakter sichtbar, wobei man frei zwischen dem sichtbaren Charakter wechseln kann. Einige NPCs haben sogar etwas anderes zu sagen, je nachdem, wer der Partyleader ist.
Der Charakterwechsel ist auch in Dungeons zu Bedeutung, denn Wild Arms 2 ist, wie jeder Teil der Reihe, extrem Puzzle-lastig. Jeder Charakter findet im Laufe des Spiels 3 "Tools": Wurfmesser und Schalter zu betätigen, Enterhaken, um sich über Abgründe zu ziehen. Eisstäbe, um Plattformen einzufrieden, die Bandbreite an Puzzles ist breit und macht ziemlich viel Spaß - sofern man mit FAQ spielt, andernfalls wird man von Random Encountern geplagt, die jedoch (mit Ausnahme von Feind-Hinterhalten) größtenteils optional sind. Die Anzahl der Puzzles mit Mondlogik hält sich zum Glück in Grenzen.
Das Kampfsystem ist eine verbesserte Version des Vorgängers, wobei die Charaktere diesmal normale Proportionen haben. Viele der Serien-Staples werden hier erstmals eingeführt. Statt Magiefunkte gibt es "Force Points", oder FP. Diese steigen, wenn ein Charakter angreift oder angegriffen wird. Je mehr Force Points man hat, desto mehr Sonderaktionen werden im Laufe des Kampfs freigeschaltet. Die meisten dieser Spezialangriffe verbrauchen die FP dabei nicht; Ausnahme sind lediglich die Force-Aktionen, die im Laufe des Spiels gelernt werden, und 25,50 (für alle Charaktere identisch),75, bzw. 100 FP kosten.
Jedes Partymitglied hat ein eigenes Charaktersystem. Ashley hat Arms: Bayonett-Cartridges, die Munition brauchen. Munition kann in Städten für eine geringe Gebühr wieder aufgefüllt werden; außerhalb von Städten muss man jedoch ein extrem seltenes Item verwenden, das auch nur die Munition für eine Arm wiederherstellen kann.
Seine Force-Abilities sind "Accelerator" (Gibt ihm immer die 1. Aktion einer Kampfrunde; in WA2 eher von untergeordneter Bedeutung) und Full Clip (Angriff, der alle Munition einer Cartridge abfeuert). Zudem kann er sich fast ab Spielbeginn in Knightblazer verwandeln; in dieser Form lernt er im Laufe des Spiels noch einmal bis zu 4 Angriffe.
Brad hat Heavy Arms, die allesamt wesentlich mächtiger (allerdings auch weniger genau) als die von Ashley sind. Zum Glück lernt er "Lock On" (Setzt Trefferwahrscheinlichkeit auf 100%). Im Laufe des Spiels lernt er auch noch "Arms x2" (2 Angriffe mit einem Arm; nutzlos, da hier die geringe Trefferwahrscheinlichkeit ins Spiel kommt), sowie Boost (Verdreifacht den Schaden einer Arm; 100% Trefferwahrscheinlichkeit).
Beide Charaktere finden im Laufe des Spiels bis zu 8 Arms, die jeweils bis zu 9x geupgradet werden können. Dabei kann man entweder Angriffskraft, Trefferwahrscheinlichkeit oder Munitionskapazität upgraden. Upgrades sind immer permanent. Leider spielen Arms ab der 2. Spielhälfte eine untergeordnete Rolle; Brad verursacht irgendwann mit seinen normalen Angriffen im Schnitt wesentlich mehr Schaden pro Runde, und Ashley kommt später leichter in seine Knightblazer-Form.
Lilka verwendet die aus WA1 bekannte Wappenmagie. Im Spielverlauf findet man Wappen, die man im Magieshop kostenlos mit einem von 16 Zaubern versehen kann. Später findet man noch Level-2-Magie, die ebenfalls aus 16 Zaubern besteht. Im Magieshop kann man die gebundenen Zauber jederzeit wechseln, man ist in der Zahl jedoch darin beschränkt, wie viele Wappen man gefunden hat - bis auf 3 Stück sind alle davon optional. Neu in WA2 sind die beiden Spezialwappen: Eines erhöht die Angriffskraft des gebundenen Zaubers um 50%, das andere reduziert die FP-Kosten des Zaubers um 50%. Neu sind auch die bis zu 3 Crest Caps, die man finden kann. Bindet man Zauber, werden sie zu Items, die diesen Zauber ausführen (durch jeden Charakter verwendbar); einmal eingesetzt verwandelt sich das Item jedoch wieder in ein leeres Crest Cap zurück, das erneut befüllt werden muss.
Lilkas Force Ability ist Mystic, was es erlaubt, ein Item auf alle Charaktere einzusetzen; jeder Charakter bekommt dabei die volle Wirkung des Items zu spüren. Zudem können sogar bestimmte Ausrüstungsgegenstände mit Mystic aktiviert werden. Der Life-Orb ist z.B. ein Item, das ausgerüstet die HP nach einem Kampf regeneriert. Nützlicher ist er jedoch unausgerüstet, da Lilka hiermit dank Mystic einen Heilzauber auf die ganze Gruppe sprechen kann. Ausrüstungsgegenstände werden nicht verbraucht, wenn man Mystic mit ihnen einsetzt. Später im Spiel lernt sie noch Extend (Zauberkraft wird zu 150%, Single-Target-Spells werden zu Group-Spells, und Group-Spells wirken nun auf alle Gegner/Charaktere) sowie Dual Cast. Das erlaubt ihr 2 beliebige Zauber in Folge zu wirken. 8 bestimmte Kombinationen erschaffen dabei sogar neue Zauber, wodurch Lilka ein Repertoire von 40 Spells zur Verfügung steht.
Tims Charaktersystem ist leider obskur; das Spiel sagt euch nicht richtig, wie ihr ihn trainiert. Im Laufe des Spielverlaufs findet man sogenannte Medien. Das ist Equipment, welches die Seele eines Wächters von Filgaia gebunden hat. Die meisten Gruppenmitglieder können mit 50FP so einen Summon durchführen. Zudem hat jedes Medium eine Spezialfähigkeit wie "Diebstahl" oder "Defencer". Tim zieht hieraus jedoch noch weitere Funktionen: Jedes Wächtermedium hat bis zu 2 Zauber, die Tim von ihm lernen kann. Dazu muss er eine bestimmte Anzahl von Gegner besiegen, während er das Medium ausgerüstet hat. Das bedeutet, dass man immer, wenn man ein neues Medium bekommt, sich am besten nach Meria warpt und dort mit Tim Level-1-Gegner kloppen muss, wenn man den Zauber haben will. Die FP-Ability "Divide" erlaubt es ihm, die Stats von nicht-Bossen zu halbieren. Kämpft man gegen einen einzelnen Gegner wird der Level des Gegners halbiert. Bestimmte Gegner werden auch in andere Gegner verwandelt, was der eigentliche Einsatzzweck dieser Fähigkeit ist, da man nur so sein Monsteralbum komplett füllen kann. Außerdem gibt es 3 bestimmte Medien, die nicht durch andere Charaktere beschworen werden können. Selbst Tim kann diese nur mit seiner 100FP-Force-Ability "Hi-Combo" beschwören.
Kanon stößt erst spät im Spiel zu euch. Zu diesem Zeitpunkt verbessert sie euer Radar, so dass es auf der Weltkarte versteckte Gegenstände anzeigt. Auch Orte, die man auffinden kann, werden nun markiert. Sie verfügt über Bionic Arms, die jedoch anders funktionieren als Brads und Ashleys System. Sie beginnt mit 3 Fähigkeiten. Wenn man bestimmte Fähigkeiten einsetzt, so gibt es eine Chance, dass eine neue Fähigkeit freigeschaltet wird. Da dies zufällig geschieht kann es ziemlich lange dauern, es sei denn, ihr macht es wie ich und beamt euch zurück nach Meria, wo ihr Monster auf Level 1 schnetzelt, bis ihr alle Fähigkeiten habt. Kanon kann keine Wächter beschwören. Ihre Force-Abilities heißen "Gatling" Lv1 bis Lv4; damit setzt sie eine Bionic-Arm-Fähigkeit mehrfach hintereinander ein.
Zu guter Letzt gibt es noch Marivel, die jedoch optional ist. Marivel kann Fähigkeiten von Gegnern lernen, wofür man sich jedoch am besten einen FAQ raussucht. Einige dieser Zauber sind schlichtweg Broken (StatusLok, z.B.). Auch sie kann keine Wächter beschwören. Stattdessen erlauben es ihr ihre 4 Force-Abilities verschiedene Golems zu beschwören. Alles in allem relativ unspektakulär, zumal man für ihre beiden letzten Force-Abilities auch noch einen der Bonus-Bosse besiegen muss.
Des Weiteren gibt es noch einige Gast-Charaktere im Kampf, die ich jedoch nicht spoilern möchte. Im Kampf kann man übrigens jederzeit und fast ohne Einschränkung die Charaktere und ihre Ausrüstung wechseln (außer für Ashleys Lordblazer-Form). Abgerundet wird das Kampfsystem durch das Personal-Skill-System. Pro Level erhält man einen Skillpunkt. Diesen kann man in eine Reihe von Fähigkeiten investieren. "HP Up" (Bonus-HP beim Aufleveln) ist dabei wohl die wichtigste, aber auch "Up P Defend" und "Restore HP" (Stellt HP wieder her, wenn die FP die 25, 50, 75 oder 100er Grenzen erreichen) sind sehr gut. Da alle Upgrades permanent sind gibt es hier leider die nicht unrealistische Chance, sich das Spiel zu versauen.
WA2 fordert vom Spieler gerade zu, dass er den optionalen Kram macht. Wer dies nicht macht wird sich irgendwann so schwer mit dem Kämpfen tun, dass das Spiel kaum mehr Spaß macht. Wer hingegen die Dungeons nach allen Gegenständen abgrast und alle Fähigkeiten lernt ist irgendwann so overpowert, dass ihm nur noch die Bonus-Bosse ernsthaft etwas entgegenzusetzen haben. Allerdings greift das Spiel sehr häufig zu einem sehr unfairen Mittel: Viele Dungeons können nach dem Betreten nicht mehr verlassen werden. Da es keine Möglichkeit gibt, sich außerhalb des Kampfs kostenlos zu heilen ist die Chance, festzustecken, sehr real. Ärgerlich dabei ist vor allem, dass es oft die Protagonisten selbst sind, die den Dungeon nicht verlassen wollen, "da sie jetzt schon hier sind". Es ist nicht so, als ob sie eingesperrt wären oder so. Da man nur an Save Points speichern kann (und die meisten davon in der Mitte der Dungeons sind) ist das extrem unbefriedigend.
Meine erste Begegnung mit den Auswirkungen dieser Mechanik war Tims erster Dungeon. Hier muss man Tim sogar solo steuern und einen Boss mit ihm besiegen. Wer sich vorher nicht die Mühe gemacht hat, nachzusehen, wie sein Charaktersystem funktioniert, und ihn trainiert hat, schaut hier in die Röhre. Das war übrigens trotz FAQ der erste Moment für mich, meinen Spielstand neuzuladen.
Leider gibt es zu wenig einzigartige optische Dungeonthemen. Ich kann leider noch nicht einmal sagen, dass "weniger hier mehr gewähren wäre", weil ich die Menge an Dungeons durchaus schätze. Vom Layout her kann man grob zwischen 2 Dungeon-Designs unterscheiden: Die Labyrinthe sind definitiv die schwächeren Dungeonarten, weil sie meist auf Busy-Works setzen. Hier gibt es z.B. Stellen, wo ein Raum einfach nur aus einer gerade Strecke von Enterhakenpfosten besteht, die durch Abgründe unterbrochen werden. Dadurch dauert es ewig, den Raum zu durchqueren, Challenge oder Skill ist da nicht dabei. Interessanterweise sind die Geradlinigen Dungeons die wesentlich besseren: Hier geht man in gerader Linie von Raum zu Raum, aber jeder Raum hat ein neues Puzzle oder Hindernis, das gelöst oder überwunden werden will. Dadurch hat man beim Lösen eines Puzzles einen sofortigen Erfolgsfaktor, außerdem wird dadurch das "Where the fuck do I go now?"-Syndrom extrem zurückgeschraubt. Gerade der großartige (vor-)letzte Dungeon macht von diesem System ausgiebig Gebrauch.
Die Story ist definitiv eine der Stärken des Spiels. Die meisten Charaktere sind komplex und realistisch gezeichnet. Die Ausnahme bildet dabei leider Odessa, die zwar durchaus auch viele Facetten haben, diese sich aber ausschließlich um ihren Status als Bösewichte drehen. Ich hätte z.B. gerne mehr über Antenora erfahren, zumal sich hier angeboten hätte, den Bogen zu Brads Beschichte zu spannen. Leider erfährt man aber nur, warum sie böse wurde, und nicht, wie Antenora früher war, oder welche Charakterzüge sie noch hat außer "Odessa-Terrorist", was es schwer macht, Empathie zu ihr aufzubauen.
Dramaturgisch ist die Geschichte in 2 Akte aufgeteilt, wobei Akt 1 etwas länger ist. Hier treten später ein paar Pacing-Probleme auf. Gegen Ende der ersten CD kann man 4 Dungeons in beliebiger Reihenfolge besuchen; zwar ist der Story-Payoff am Ende jedes Dungeons ziemlich gut, die Dungeons selber sind aber so langweilig, dass ich mir hier etwas Konsolidierung gewünscht hätte. Überhaupt ist merkwürdig, dass man nach ca. 30% des Spiels schon den vorletzten Equipment-Laden findet, und ab da Equipment nur noch in Dungeons findet. Erst kurz vor Schluss, nachdem man das beste Luftschiff erhalten hat, gibt es noch einen letzten Equipment-Laden in einer optionalen Stadt.
Wild Arms 2 arbeitet sich in der Story an schwierigen Themen ab. Geistige Behinderung, körperliche Behinderung und Inzest sind nur einige davon. "Power is neither good nor bad" wird wiederholt aufgegriffen und durch verschiedene Szenarien untermalt. Die Themen "Held" und "Heldentum" werden ausführlich behandelt, abgearbeitet, und bis auf die Knochen dekonstruiert. Gelegentlich hat man zwar das Gefühl, dass sich die Storywriter etwas übernommen haben, aber die Story wirkt zu jedem Teil des Spiels ehrlich und nicht konstruiert. Gerade die Liebesbeziehung zwischen Ashley und Marina wird erfrischend realistisch und erwachsen behandelt.
Leider steht sich dabei die Übersetzung etwas im Weg, die zwischen "solide, aber holprig" und inkohärent schwankt. Ganz am Anfang z.B. gibt es ein Gespräch zwischen Irving und Ashley, in dem einer der größten Plotpunkte des Spiels fast schon nebenbei gespoilert wird, und Ashley, der guten Grund dazu hätte, reagiert überhaupt nicht darauf. Der Grund dafür ist, dass der Übersetzer hier eine ominöse Anspielung allzu deutlich gemacht hat. Zum Glück kenne ich mittlerweile meine Anime-Tropen und übliche Fehlübersetzungen der 1990er, denn so konnte ich das meisten entziffern. Andernfalls wäre es mir z.B. verborgen geblieben, dass Brad in Wahrheit Billy heißt. Durch die mangelhafte Übersetzung wird auch eine Zensur äußerst kurios: Nur auf CD2 wird aus Caina in der US-Fassung plötzlich eine Frau, da es hier um seine Gefühle für Vincefelt geht.
Das Spiel beinhaltet 3 nennenswerte FMVs, zwei Openings und ein Ending. Leider hat die Videoqualität durch das reincoding stark gelitten, und das Ending wurde aus einem mir völlig unerklärlichen Grund komplett verhunzt, da man aus der ehemalig bildschirmfüllenden FMV einen briefmarkengroßen Schnipsel gemacht und den Rest mit Text gefüllt hat. Ich habe das Ending mal von meinen japanischen DVDs gerippt, damit man mal in den vollen Genuss kommt.
Der Soundtrack
Diese Kategorie ist neu in meinen Spieleberichten. Ich möchte hier auf Besonderheiten des Soundtracks eingehen.
Leider ist der Soundtrack das schwächste an WA2. Es gibt, an der Zahl der Location gemessen, zu wenig Stücke, und die Stücke, die existieren, sind viel zu kurz. Dadurch wird der Loop-Point sehr schnell erreicht, was bedeutet, dass einem das Gedudel bald entweder nervt oder man es nicht mehr wirklich wahrnimmt. Das Problem hatte der Vorgänger aber auch schon. Auf der anderen Seite stechen durch die Kürze auch keine Stücke als wirklich schlecht hervor.
Enttäuschend sind auch die meisten Battlethemes. Das Standard-Battle-Theme ist durchaus okay, das Boss-Theme ist hingegen komplett unspektakulär. Die Musik um die letzten Bosse stehen auch alle zwischen "Meh" und "Make it stop!", mit Ausnahme des aller-allerletzten Final-Boss-Themes, das wieder extrem gut ist - allerdings ist es mit knapp 60 Sekunden immer noch viel zu kurz.
Leider wurden alle japanischen Lieder aus dem Spiel gestrichen. Das schließt 2 komplette FMVs mit Interlude-Songs mit ein. Auch diese habe ich mal von meinen japanischen DVDs gerippt.
Würde ich Schulnoten vergeben, bekäme der Soundtrack eine solide 3+.
Gedanken & Erlebnisse beim Spielen
Nach ca. der Hälfte des Spiels habe ich mir angefangen, Notizen zu einigen Momenten zu machen.
Ich habe diesmal wieder von Anfang an mit FAQ gespielt. Das hat mir bereits in Wild Arms: Alter Code F und Wild Arms 5 zum bestmöglichen Spielerlebnis verholfen. Ich erinnere mich noch mit Grausen zurück an Wild Arms 3: Hier hat das Migrant-System das Spiel für mich nach ca. 50% unspielbar gemacht, weil ich nicht genug von den zugehörigen Gegenständen gefunden hatte.
"Let's save Filgaia from nuclear weapons!" ist wohl einer der Sätze, die ich von diesem Spiel nie erwartet hätte. Und "Nuclear Dragon" ist einer der coolsten Begriffe ever.
Was ist ein Held? Ein Held ist ein soziales Konstrukt, keine Person mehr, sondern jemand, das geopfert werden muss, damit sich andere Leute besser fühlen. Die Rolle eines Helden ist es somit nicht nur, das Böse zu besiegen, sondern auch zu sterben, um den Leuten einen gewissen Frieden zu vermitteln. Dementsprechend lehnen die Charaktere des Spiels es am Ende ab, "Helden" zu sein - sie identifizieren sich als ganz normale Leute, die Filgaia retten, weil es ihnen wichtig ist. Ich habe selten ein Spiel gehabt, dass sich ein zentrales Thema aufbürdet, und dieses so Konsequenz (und gut!) abhandelt wie Wild Arms 2!
Eine weitere Episode aus der Reihe "Choosing beggar complains about FAQs": Das Spiel hat einen Kompass, den sich der FAQ-Autor zu Nutze macht. In 99% aller Fälle ist ihm das auch gelungen - nur an einer Stelle im Spiel bin ich auf Grund einer West-Ost-Verwechslung seinerseits mitten in einen Bonus Boss Vincefelts Geist reingerannt. Dumm nur, dass mir genau dann aufgefallen ist, dass ich vergessen hatte, das Spiel nach dem letzten Dungeon zu speichern. Zum Glück gab es eine Methode, den Boss zu one-shotten, indem man Tims "TurnUndead" verwendet, dass ich ihm zu diesem Zeitpunkt bereits beigebracht hatte...
Apropos Bonus-Bosse, die hatten mir dank ausgiebigstem Grinding nur wenig entgegenzusetzen. Bei Ragu O' Ragula gab es einen kleinen Schluckauf, weil ich den FAQ nicht richtig gelesen hatte, aber auch hier war kein Neustart nötig. Angolmois war zwar heftig, aber Lilka hatte gerade genug HP, um dessen stärksten Angriff knapp zu überleben, wodurch ich auch diesen Kampf streamlinen konnte. Schade fand ich hingegen, dass es keine Endgame-exklusiven optionalen Dungeons gab. Erst ab Wild Arms 3 gab es nennenswerten Endgame-content.
Liebesbeziehungen spielen in dem Spiel eine nicht unwichtige Rolle. Eine bekannte Diskussion zu Wild Arms 2 dreht sich dabei um das Thema "Ist Brad schwul?". Ich wusste von der Diskussion, und konnte mir während des Spielens endlich mal selber eine Meinung bilden. Ich hab das mal in ein ein Spoiler-Tag gepackt, weil diese Art von in-game-Diskussion schon extrem nerdig ist, und ich nicht jedem mein insane rambling zumuten möchte.
Wo wir grade von Liebe reden: Kanons einzig wahre Liebe sind Edgyness und Laternenmaste, auf denen sie dramatisch stehen kann.
Emulation lief gut - ich hatte allerdings erneut Probleme mit meinem Save File, das mir nach ca. 30% des Spiels hops ging. Da ich diesmal sowohl Save States als auch die In-Game-Funktion verwendete konnte ich diesen Versuch trotzdem retten.
Features, die ich schmerzhaft vermisst habe: Flucht aus einem Dungeon (oft muss man den Dungeon nach einem Boss sogar noch manuell verlassen) und Warping zu Dungeons. Die sind leider nicht mal auf der in-game-Weltkarte gekennzeichnet...
Das Ending des Spiels muss ich extrem positiv erwähnen. Das dauert bestimmt ne gute halbe Stunde, inklusive ausführlichem Dénouement (Ich liebe es, wenn eine Geschichte ein ausführliches Dénouement hat. Gebt mir mehr davon, goddamnit!) und "X Jahre später - where are they now?"-Epilog.
Wie durchgespielt?
"Ich kann nicht glauben, dass es nicht 100% sind": Main Story, alle Bonus-Bosse und Extra-Kram. Mit hat am Ende noch 1 Crest Graph gefehlt, und ich hätte auch eine Liste derselbigen zur Verfügung, da hätte ich aber nochmal alle Dungeons abklappern müssen, worauf ich null Bock hatte.
Ich hab vor dem letzten Boss gespeichert, ihn platt gemacht, und anschließend das Ex-File gespeichert. Das ist ein besonderer Speicherstand, der es erlaubt, alle Movies im Spiel noch einmal anzusehen, und einen Blick ins Monsteralbum zu werfen. Das Monster-Album habe ich nicht zu 100% vervollständigt, aber ich habe alle Monster platt gemacht, die der FAQ als permanent verpassbar gekennzeichnet hat.
Anschließend hab ich die Bonus-Bosse platt gemacht, diese (und einige andere Monster) tauchen also auch nicht in meinem Ex-File auf.
Laut Retroarch habe ich 33 Stunden an diesem Spiel gesessen, wobei ich die Vorspulfunktion abused habe - der in-Game-counter war am Ende bei 99:99:99 . Davon ziehe ich 1 Stunde idle-Zeit ab, macht 32 Stunden