Ich habe gestern aus einer Laune heraus Yu-Gi-Oh! Forbidden Memories für PS1 begonnen – und spontan in einer 9-Stunden-Session bis 6 Uhr morgens gespielt und heute dann den Rest erledigt.
Vorweg: Ich habe zum ersten Mal DuckStation ausprobiert und whoa – es gibt ja doch einen PS1-Emulator, der Spaß macht! ePSXe fand ich schon vom Interface her immer grausam. Kann mir vorstellen, nun öfter mal PS1-Spiele zu zockieren.
Yu-Gi-Oh! Forbidden Memories war eines *der* Spiele meiner Kindheit und damals ein großer Grund, mir eine PS1 zuzulegen. Hatte das Spiel zuvor bei einem Freund gespielt und war richtig süchtig danach. Ich erinnere mich noch gut, wie ich mich in der Unterstufe (6. Klasse?) jeden Tag in der Schule drauf gefreut hab, nach Hause zu kommen und weiterzuspielen.
Hatte es auch damals durchgespielt – mehrfach. Obwohl das Spiel ziemlich schwer und verdammt unfair ist. Heute würde ich sagen, dass man es gut und gerne als Kusoge verbuchen kann, das nur durch Save Scumming und massives Grinden zu schaffen ist. Trotzdem macht es irgendwie auf morbide Weise Spaß.
Wissenswert: Forbidden Memories nutzt nicht die Regeln des TCG, die wir alle kennen, und erst gestern habe ich erfahren, dass das Spiel in Japan dann rauskam, als das TCG noch nicht existierte. Entsprechend basieren die Regeln grob auf denen des Manga, die ja sehr frei waren.
Entsprechend ist das Kartenspiel viel simpler als das echte TCG: Karten haben keine Effekte, man kann jedes Monster ohne Kosten spielen (aber nur eins pro Runde) und man kann Kartrn nach Belieben miteinander fusionieren. Zauber- und Fallenkarten spielen nur eine kleine Rolle.
Das Fusionieren ist extrem wichtig und wird auch von Gegnern genutzt. Man kann zwar pro Zug nur eine Karte spielen, aber dafür beliebig viele von der Hand miteinander kombinieren. Nicht alle Monster können fusioniert werden, aber wenn man mächtige Kombinationen entdeckt hat, lohnt es sich, sein Deck darauf aufzubauen.
Und das muss man, denn das Spiel ist brutal unfair. Nicht nur werden einem die Regeln nie erklärt, fast alle Gegner im Spiel haben auch ungleich bessere Karten. Der Schwierigkeitsgrad zieht so rasant an, dass man schon die ersten Kämpfe haushoch verliert, wenn man keine starken Fusionen anwendet.
Die stärksten Karten im Spiel kann man nicht einmal selbst bekommen – während die Gegner sie en masse im Deck haben – und eigentlich alle besseren Karten haben verdammt niedrige Drop Rates, sodass ewiges Grinden Pflicht ist. Denn nach einem gewonnen Spiel erhält man nur eine Karte – andere Möglichkeiten an Karten zu kommen gibt es nicht.
Es ist schon ein Struggle, überhaupt mal eine Karte mit 2000 ATK zu bekommen, während die Gegner ab der Mitte des Spiels schon teils die stärksten Karten im gesamten Spiel einsetzen. Die sind so mächtig, dass man selbst mit Fusionen nicht weit kommt.
Zur Veranschaulichung: Die stärkste Fusion, die in jedem Playthrough eigentlich Dreh- und Angelpunkt der eignenen Strategie ist, ist ein Monster mit 2800 ATK. Es gibt aber viele Gegner, die Monster mit 3000 ATK und mehr haben. Am Ende ist das sogar Standard. An solche Monster kommt man selbst einfach nicht ran.
Wie gewinnt man also überhaupt? Durch Save Scumming – beziehungsweise ist es nicht mal Save Scumming. Man versucht es einfach so oft, bis Papa RNG den Gegnern eine schlechte Starthand gibt. Die Decks aller Gegner werden immer zufällig aus einem bestimmten Pool von Karten generiert. Entsprechend hat man manchmal Glück und kann mit seinem 2800er-Monster doch zufällig mal alles plattmachen.
Ein weiterer Exploit hilft auch noch: Im Spiel bekommt man fast gar keine Zauber- und Fallenkarten. Die droppen einfach arg selten und sind dann oft so speziell, dass man sie nicht anwenden kann. Einzige Ausnahme: Das Starterdeck. Dort ist je eine Ausrüstungskarte und ein Raigeki oder Schwarzes Loch enthalten (die jeweils das Feld freiräumen).
Was macht man also? Das Spiel so oft neustarten, bis man ein gutes Starterdeck hat – denn auch das ist nach bestimmten Kriterien zufällig generiert. Und dann legt man die zweite Memory Card ein, wiederholt den Vorgang und tauscht dann die besten Karten auf den Hauptspielstand rüber. Anders geht es fast gar nicht.
Das Spiel ist wirklich über alle Maßen unfair und selbst mit diesen Exploits immer noch bockschwer. Am Ende muss man 5 Spiele in Folge gegen übermächtige Gegner gewinnen. Diesmal habe ich das durch Savestates geschafft – aber wer es auf der PS1 spielt (wie ich damals), muss es so oft versuchen, bis das Glück es gut mit einem meint.
Allerdings ist es nicht so, als ob es überhaupt gar keine Taktik gibt. Ausrüstungskarten (die man fast nie bekommt) sind der Schlüssel, um den Stärkeunterschied zum Gegner auszugleichen. Oder halt gegnerische Monster mit Raigeki / Schwarzes Loch wegbomben, bis er keine starken mehr hat.
Wie man sieht, ist das Balancing für die Tonne, die Spielregeln bieten kaum Tiefe und alles im Spiel ist quasi gegen einen. Aber irgendwie macht es trotzdem Spaß.
Mal nebenbei – die Musik rockt und die Grafik ist ziemlich hübsch. Die Story ist zwar total überhastet erzählt und ergibt wenig Sinn, aber die mystische Ägypten-Atmosphäre ist total präsent und auch ziemlich einnehmend. Oh, und man kann sich in Spielen eine 3D-Ansicht von Angriffen anschauen, die für PS1-Verhältnisse sogar ganz ansehnlich ist. Dauert halt nur viel länger, weshalb man es nie wirklich oft tun wird. Aber die Entwickler haben sich echt die Mühe gemacht, für 500+ Monster einzigartige 3D-Modelle samt Angriffsanimationen zu erstellen. Da ist sicher mehr Budget reingeflossen als in den Rest des Spiels.
Dass das Spiel 2D ist, ist aber gut so, denn das Tempo ist relativ flott und es fühlt und spielt sich schön flüssig. Sonst hätte man auch keine Lust stundenlang zu grinden. Und damit kommen wir zum nächsten Reiz: Dadurch, dass mächtige Karten so selten sind, ist die Jagd nach ihnen natürlich besonders spannend. Als Kind fand ich es super süchtigmachend, alle möglichen Gegner im Freies-Duell-Modus immer wieder abzuklappern – auf der Suche nach guten Karten.
Es dauert wirklich ewig, bis man mal Erfolg hat. Ist das gutes Spieldesign? Hell no. Aber der Belohnungseffekt ist natürlich ungleich höher, wenn man für gutes Zeug wirklich arbeiten muss.
Ich beim Spielen:
Aus dem Grund habe ich auch gestern so lange gespielt: Auf dem Emulator mit 2,5x Tempo geht es natürlich viel schneller. Ich habe auch versucht, durch Savestates die Drops nach einem Sieg zu manipulieren und das war erstaunlich spannend:
Zuerst dachte ich, die Drops stehen schon zu Kampfbeginn fest und Savestates seien daher sinnlos. Aber das stimmt nicht: Zwar ist es deterministisch, welche Karte man bekommt – das heißt, die gleichen Aktionen führen zum gleichen Ergebnisse (innerhalb desselben Spiels). Aber verschiedene Faktoren beeinflussen das ganze. Ich habe mir heute einen Spaß daraus gemacht, mal wirklich verschiedene Szenarien zu notieren, die zu jeweils gleichen oder verschiedenen Ergebnissen geführt haben.
Auf diese Weise die inneren Mechaniken des Spiels zu ergründen, war schonr echt spannend. Es ist also so, dass man durch Savestates nicht einfach vorm Siegesbildschirm so oft resetten kann, bis man gute Karten bekommt. Man kann aber 1-2 Züge vor dem Sieg verschiedene Faktoren ändern und dadurch dann eine andere Karte bekommen. Damit habe ich viel herumgespielt und auch das spart bei der Kartenjagd natürlich Zeit.
Aber: Trotz all dieser Manipulationsmöglichkeiten dauert es noch immer fucking lange, die richtigen Karten zu bekommen. Nach mehreren Stunden ist es mir heute gelungen, endlich an einen Meteor B. Dragon zu kommen, die stärkste Karte im Spiel, die man auch selbst bekommen kann. (Der Torwächter und der Blauäugige Ultradrache sind noch stärker – die verwenden allerdings nur Gegner.) Das war irgendwie so, als hätte ich mir nachträglich einen Kindheitstraum erfüllt.
FUCK YES ONLY TOOK ME LIKE 18 YEARS
Oh, und es gibt übrigens einen Passwort-Modus, wo man eine 8-stellige Zahlenkombination echter Yu-Gi-Oh!-Karten eingeben kann, um diese im Spiel zu erhalten. Nur halt nicht kostenlos. Nach jedem gewonnen Spiel erhält man 1-5 Sternchips – und die Passwortkarten kosten gerne je mehrere hundert Chips aufwärts.
Und die allerbesten Karten im Spiel? Was kosten die?
Richtig, 999.999 Chips. Nur 200.000 perfekt gewonnene Spiele und schon kann man sich eine davon leisten.
Fazit: Ja, das ist definitiv ein Arschloch-Spiel und unfair as fuck. Doch irgendwie erfüllt mich gerade das mit morbider Freude und ich sehe die Suche nach Exploits als eigentliche Herausforderung des Spiels. Es ist wirklich ein furchtbares Spiel und ich liebe es.
Spielzeit: ca. 13h? (auf 2,5-facher Geschwindigkeit) Wertung: Fuck you von 10, aber leider geil
P.S.: Gerade schaue ich mir gespannt dieses Video an. Hätte ich das mal vorher entdeckt!
P.S.²: Es gab für GBA noch ein anderes Yugi-Spiel, das extremst unfair war: Reschef der Zerstörer. Mit dem Spiel verbinde ich zwar kaum etwas, aber vielleicht werde ich mich trotzdem mal daran versuchen. Ich erinnere mich außerdem noch an Das dunkle Duell (GBC), Die heiligen Karten (GBA), Dungeon Dice Monsters (GBA) und Duelist of the Roses (PS2), die ich früher gerne gespielt habe. Also von den Spielen, die ihr eigenes Ding machen – die direkten TCG-Adaptionen für GBA (World Wide Edition / World Championship Tournament) hatte ich natürlich auch ausgiebig gespielt.