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Moderator Diaboli
Xenoblade Chronicles 3 (Switch)
Xenoblade ist für mich so eine Sache, ich hielt die Reihe ja immer für sehr hochgejubelt und wollte lieber was Rundenbasiertes. Teil 1 fand ich ok, die Welt gut gemacht, aber die Charaktere irgendwie doof und alles sehr langatmig. XBX habe ich abgebrochen, weil mich einiges gestört hat, bis auf die Musik. Für XB2 habe ich dann wieder mehrere Jahre mit Pause gebraucht, weil es mich nervte, dass selbst normale Gegner zu viele HP hatten (später habe ich mir sogar den „Leicht“-Patch gezogen, mit dem es deutlich besser wurde).Torna war bisher mein persönliches Highlight aus der Reihe, weil es kurz und knackig und das Ende total gut gemacht ist. Aber darin gibt es aufgezwungene, langweilige Nebenmissionen…
Jedenfalls hatte ich den dritten Teil gar nicht unbedingt auf dem Schirm. Ich wusste, dass er rauskommt, hatte auch mal was dazu gesehen, was mich nicht umgehauen hat und hatte auch nicht geplant, das Spiel in nächster Zeit zu kaufen. Vielleicht irgendwann mal, wenn ich auf nichts anderes Lust habe … und genau das passierte im Oktober, bis zu dem ich schlichtweg keinen Bock auf Spiele hatte. Xenoblade besorgt, eingeschmissen und auf seichte, mittelmäßig gute Unterhaltung gehofft.
Ähem. Was soll ich sagen … ich fand’s geil.
Am Anfang brauchte ich noch eine Weile, um reinzukommen und störte mich u.a. an den Charakterdesigns, die richtig schlimm wurden, nachdem die Truppe ihre dauerhafte Kleidung bekommen hatte. Die sieht nämlich richtig hässlich und uninspieriert aus, aber glücklicherweise konnte man sie schnell wieder wechseln (für Noah habe ich direkt wieder die Startkleidung ausgewählt und so gelassen).
Ich bin mit den Charakteren, die auf den Blick klischeehaft und auch etwas langweilig wirkten, aber schnell warm geworden und fand sie im Laufe des Spiels immer besser. Man könnte sogar sagen, dass mir die Truppe richtig ans Herz gewachsen ist. Noah ist ein toller Protagonist und nicht der typische Helden-Junge, der ständig zeigen will, wie toll er ist und eine große Klappe hat. ich fand selten einen Hauotcharakter so unoffensiv und dabei einfach total nett, sachlich, unübertrieben, macht einfach das, was er für richtig hält. Mio, an der mich erst die Katzenohren störten, ist als zweite Protagonistin auch super und hat einige tolle Szenen, die sich im Spektrum zwischen total witzig und total dramatisch-tragisch bewegen. Ich fand sie echt süß. Aber auch die anderen vier haben jeweils starke Szenen und Dialoge. Eunie z.B. entwickelt sich sehr gut und hat viele starke, manchmal amüsant schnodderige Momente, Taion wirkte erst wie so ein grummeliger Nerd und wird dann auch toll und selbst Sena und Lanz, die aus der Gruppe erst am langweiligsten wirken, tragen einiges zur Handlung bei und haben viele gelungene Szenen. Ich fand wirklich keinen der Charaktere überflüssig oder auch nur ansonstweise störend. Dazu kommt, dass die Charaktere auch eine entsprechende Mimik spendiert bekommen haben, die alles zusätzlich gut rüberbringt (die Graphik des Spiels ist sowieso sehr gelungen) und dass auch auch wieder viele verschiedene Akzente fernab vom amerikanischen Einheitsbrei gibt (das funktionierte ja auch in den Vorgängern schon gut).
Aber auch die beiden Nopons, die man dabei hat, sind witzig und die „Helden“, Zusatzcharaktere, die man rekrutieren kann, werden über Nebenmissionen gut charakterisiert. Es gibt vor allem zwischen den Hauptcharakteren viele gefühlvolle, spaßige, aber auch ernste Szenen, die total natürlich rüberkommen, was in Spielen leider nicht selbstverständlich ist. Für mich war das alles hier eine große Verbesserung gegenüber den Vorgängern, die teilweise auch gute Charaktere hatten, in denen wichtige Szenen aber auch hinter komischen Punkte-Schranken (XB2) versteckt oder manche Charaktere einfach nicht gut waren (XB1, Shulk und Rex als Protagonisten, Charaktere mit Riesenbrüsten…).
Die Handlung fand ich gerade am Anfang nicht zu 100% weltbewegend, aber im späteren Spielverlauf passieren immer mal wieder Dinge, mit denen man nicht unbedingt gerechnet hat. Wer XB3 gespielt hat, wird nicht überrascht sein, wenn ich hier das Ende von Kapitel 5 besonders hervorhebe, das dramaturgisch wirklich klasse war. Funktioniert hätte es in dieser Form aber nicht, wenn das Spiel platte Charaktere hätte, denn die tragen sehr viel davon mit. Mich konnte diese Handlung jedenfalls zunehmend mehr unterhalten.
Besonders diese gewisse Melancholie, die das Spiel vermittelt, kommt gut rüber, unterstützt von nicht immer super-epischer, aber wirklich schöner, passender Musik (auch diese Flöten-Sache hätte man nicht besser machen können). Ich fand es aber auch total ok, dass die Musik nicht immer knallt, wobei dieses eine Stück, das direkt am Anfang spielt, schon ordentlich episch daherkommt. Insgesamt ist XB3 auch deutlich ernster als die Vorgänger, was mir gut gefallen hat.
Ich mochte, was mich überrascht hat, auch die Nebenmissionen (bzw. die meisten). Die meisten davon sind keine stumpfen Sammelmissionen, sondern werden von einigen Dialogen und kleinen Nebenhandlungen begleitet, über die man z.B. mehr über die Charaktere in den verschiedenen Kolonien oder auch über die Vergangenheit der Hauptcharaktere erfährt. Gemacht habe ich die alle, weil es mich irgendwann recht schnell gepackt hat, wozu auch die sehr übersichtlichen Karten und die Schnellreisefunktion beigetragen haben.
Die Karten fand ich z.B. in XB2 echt schlecht und hatte gar keine Lust, Orte noch einmal zu besuchen. In XB3 bin ich wirklich hunderte Male zwischen den einzelnen Kolonien hin- und hergesprungen – manchmal für Missionen, manchmal auch, weil es einfach noch etwas zu entdecken gab. Die Welt lädt ziemlich schnell dazu ein, jede Ecke zu erkunden und bietet an vielen Ecken auch einiges: Die Umgebungen sehen vielfältig aus, es gibt versteckte Schätze und eben zig nett gestaltete Nebenmissionen.
Auch die Kämpfe haben mir wirklich Spaß gemacht, was in einem Xenoblade nicht selbstverständlich für mich ist. Dieser Teil ist besser ausbalanciert, die Kämpfe gehen schnell von der Hand, die Komboangriffe machen Laune und diese Ouroboros-Verwandlung wurde so umgesetzt, dass sie eher hilfreich ist, als dass sie stört (ich mag so etwas in Spielen meistens nicht). Toll ist auch, dass immer alle Charaktere mitkämpfen, man hat also eine Gruppe, die immer aus sechs, wenn man den optionalen Charakter dazunimmt, sieben Charakteren besteht. Dadurch ist in Kämpfen echt was los. Die Art, wie man Klassen nutzt und erlernt, fand ich auch gut umgesetzt und das Spiel bietet einem mit den blauen Gegnern ja auch eine Möglichkeit, dafür schnell Erfahrungspunkte zu sammeln. Zusätzlich erhaltene EXP kann man, wie schon im Vorgänger, auch wieder an Rastpunkten verteilen.
Insgesamt fand ich diese Welt sehr spannend, lebendig und vor allem motivierend. Einige Stunden habe ich einfach nur damit zugebracht, zu gucken, was ich noch nicht gesehen habe, und Nebenmissionen zu erledigen. Zwischendurch habe ich auch mal gegen stärkere Gegner gekämpft, weil es einfach Spaß gemacht hat. Selbst das Quatschen mit NPCs ist gut umgesetzt worden, denn es gibt eine tolle Übersicht zu den Charakterbeziehungen, die immer wieder aktualisiert wird.
Gemacht habe ich letztendlich irgendwie alles – meine Charaktere sind auf Lvl. 99, ich habe alle Charakterklassen erlernt, alle Missionen erledigt (auch die nach dem Ende), den stärksten Gegner besiegt … einer meiner seltenen 100%-Durchläufe und das wahrscheinlich mit der längsten Spielzeit, die ich je in einem einzelnen Durchgang angehäuft habe.
Das war es aber auch wert: Mir war zu keiner Zeit langweilig, die Dramaturgie ist erstklassig, die Charaktere sind total sympathisch, es gibt einfach sehr viel Unterschiedliches zu tun, was mal nicht wie von der Stange wirkt und gut sieht das Spiel auch noch aus.
Meine zweite große Überraschung des Jahres. Ich gebe dem hier jetzt 10 Punkte, der ersten Überraschung (Triangle Strategy) nachträglich aber auch. Keine schlechte Ausbeute für das Spielejahr 2022.
Spielzeit: 103 Std.
Insgesamt: 10/10
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