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  1. #18

    Triangle Strategy (Switch)


    Das hier hatte ich überhaupt nicht auf dem Schirm. Irgendwann hatte ich hier im MMX mal was dazu gesehen und wegen des Octopath sehr ähnlichen Stils erstmals halb interessiert nicht mehr daran gedacht. Letztens ist es mir dann doch wieder über den Weg gelaufen und zwar in Form einer merkwürdigen Rezension bei Amazon (gut, zugegeben sagen spezielle Leute dort dazu „Rezession“, möglicherweise ein Fall von … Geschmackssache? Ehem). Darin wurde bemängelt, das Spiel wäre viel zu verlabert und die Entwickler würden sich erdreisten, den Spielern viele Dialoge und eine ausschweifende Handlung vorzusetzen. Sehr merkwürdige Kritik, aber es scheint ja heutzutage wieder „cool“ zu sein, Lesefaulheit und eine kurze Aufmerksamkeitsspanne zur Schau zu stellen. Wenn man komplexere Handlungen nicht mag, sollte man lieber zu Call of Duty oder so etwas greifen … und das ist jetzt ausnahmsweise nicht mal verurteilend gemeint, weil es eben auch Spaß macht. Gut, bis auf die letzten Vollkatastrophen mit fast 100 GB Zwangspatch…
    Jedenfalls: Gekauft! Beste unfreiwillige Werbung überhaupt.

    Ich dachte mir, dass das hier vielleicht ein gutes Spiel ist, um die Wartezeit auf Rune Factory 5 zu überbrücken, dass es mein Interesse an RF erstmal komplett killen würde, habe ich dagegen nicht gedacht. Triangle Strategy ist einerseits ein total spaßiges und gut durchdachtes Taktik-RPG, andererseits erzählt es auch eine komplexe und vor allem erwachsenengerechte Geschichte.

    Aber sehen wir uns das mal der Reihe nach an:
    Wenn man hier wegen des Aussehens an Octopath Traveller denkt, bekommt man den falschen Eindruck, was die Handlung angeht. Octopath besteht ja, was die „Handlung“ angeht, aus mehreren, mehr oder weniger belanglosen und lose zusammenhängenden Geschichten und hat keine übergreifende Handlung in dem Sinne. Triangle Strategy dagegen erzählt eine spannende Geschichte mit gut charakterisierten Charakteren. Es ist eine Geschichte, die sich um eine große politische Auseinandersetzung dreht, inklusive Intrigen, etwas Drama und zwischendurch auch Mord und Totschlag. Vor allem am Anfang nimmt das Spiel sich etwas mehr Zeit, all das ausführlicher einzuführen, es ist allerdings nie so, dass sich TS wie ein interaktiver Film o.ä. anfühlt, sondern eher vergleichbar mit der Eingangssequenz in FFIX (vom Umfang und der Qualität her). Es gibt viele Charaktere mit Persönlichkeit und, obwohl die Handlung nicht primär von den Charakteren getragen wird, sondern diese im Sinne der Handlung agieren, durchdachten, wenn auch nicht immer nachvollziehbaren, Motivationen. Einige davon sind mir im Laufe des Spiels richtig ans Herz gewachsen, andere sind … na ja, Hirnis, aber auch die braucht eine gute Geschichte ja. Bsi auf eine Szene in einer optionalen Sequenz sind auch die weiblichen Charaktere gut und nicht übermäßig klischeehaft, was in japanischen Spielen ja leider nicht selbstverständlich ist. Ich hätte mir allerdings zumindest noch einen in irgendwie wichtigerer Position gewünscht, denn sehr viele der großen Entscheidungen gehen wieder von Männern aus. Na, ja. Und Benedict ist der große Kopf hinter allem und wahrscheinlich Liebling der meisten Spieler … wie auch nicht, Intelligenz ist halt attraktiv.
    Diese Handlung hat außerdem vor allem in der ersten Hälfte einige Wendungen, mit denen man nicht immer rechnet. Besonders ist hier noch, dass man an wichtigen Stellen selbst entscheiden muss, welche Richtung die Geschichte nimmt, indem man sich (meistens) für eine von drei verschiedenen Vorgehensweisen entscheidet. Anfangs dachte ich, die Handlung würde dadurch stark beeinflusst, aber das geht so, denn sie kehrt doch immer wieder dorthin zurück, wo sie hin soll. Ein weiterer Durchgang lohnt sich aber trotzdem, weil sich zumindest mehrere Teile stärker verändern; wenn man das beste Ende erspielt, wird das Spiel außerdem etwas länger als mit einem der „normalen“.
    Wer meine Texte liest, wird wissen, dass ich sehr viel Wert auf gute Geschichten lege und, was das angeht, mich durch Ost-RPGs nicht immer gut bedient fühle. Triangle Strategy ist eine der tollen Ausnahmen, die man zwischendurch findet, denn Handlung und Charaktere wissen bis zum Ende super zu unterhalten. Vor allem fühlt mich sich hier als erwachsener Spieler ernstgenommen, was auch nicht immer der Fall ist. Eine Rezension, die ich hierzu noch gelesen hatte, bezeichnete das hier als „GOT style story“, was ich einerseits etwas abgedroschen fand, weil das Lied von Eis und Feuer heutzutage für vieles herhalten muss, andererseits ist der Vergleich gar nicht zu abwegig, wenn man sich all die politischen Verwicklungen, Intrigen usw. angeht. Das Lied hat nur den Vorteil, das auf einigen tausend Seiten ausbreiten zu können.
    Um nochmal auf die Charaktere zurückzukommen: Eine Sache trägt noch sehr dazu bei, dass sie gut rüberkommen – die englische Synchronisation ist richtig super. Qualitativ gibt es höchstens Ausreißer nach oben, wie Gustadolph, Benedict und die Erzählerin, aber auch alle anderen sind richtig klasse. Und das sage ich, die ich Dialoge meistens wegdrücke, sobald ich sie gelesen habe.

    Was können Kampfsystem usw.?
    Das Kampfsystem ist ein grundsolides Taktik-KS, das durch ein paar Besonderheiten auffällt. Wer so etwas wie Fire Emblem spielt, sollte es sich recht gut vorstellen können, wie der generelle Ablauf ist. Was mir hieran aber besser gefällt, ist, dass Charaktere nicht beliebige Klassen erlernen können, sondern individuelle Fähigkeiten haben. Diese Charaktere sind vom dem, was sie können, wirklich komplett unterschiedlich, was einem taktisch auch interessante Möglichkeiten eröffnet: Serenoa ist z.B. ein klassischer Schwertkämpfer, Anna kann zweimal pro Zug eine Aktion ausführen und sich vor Gegnern tarnen, Jens baut Fallen und Leitern, Giovanna hat abhängig vom Terrain unterschiedliche Angriffe … es gibt so viele verschiedene Charaktere und alle sind mal mehr, mal weniger nützlich. Ich kann mir da total viele Kombinationen vorstellen, ganz abhängig davon, worauf man als Spieler Lust hat. Manche Charaktere fangen auch so na ja an und werden hinterher richtig heftig (Archibald). Sogar die Magier spielen sich jeweils total unterschiedlich. Mir hat es jedenfalls Spaß gemacht, verschiedene Kombinationen auszuprobieren.
    Darüber hinaus hat man Komfortfunktionen, wie die Möglichkeit, das Spielgeschehen zu beschleunigen und so eine Art leichte Hilfsfunktion, bei der man gegen gesammelte Punkte Vorteile im Kampf erhalten kann (habe ich nicht genutzt, ist aber evtl. ganz nett, wenn man irgendwo Schwierigkeiten hat oder es einfach mal ausprobieren will). Für bestimmte Aktionen erhält man außerdem sog. „Kudos“, die man gegen Materialien und Medaillen eintauschen kann, die wiederum zum Klassenaufstieg genutzt werden. Die Umgebungen sind jeweils unterschiedlich und nett gemacht, so dass es nicht langweilig wird, selbst wenn ein Missionsziel mal wieder verlangt, dass man alle Gegner besiegt. Das Leveln macht auch Spaß und ist gut durchdacht. Und sollte man dann immer noch nicht genug haben, gibt es einige optionale Missionen, die auch sehr nett sind.

    Dann hat man zwischen manchen Missionen noch die Möglichkeit, z.B. eine Stadt selbst zu erkunden und mit NPCs zu sprechen, was keine große Sache ist, für mich aber dazu beigetragen hat, dass alles sehr „rund“ wirkt. Hier kann man auch teils zwischen verschiedenen Reaktionen wählen, durch die man dann Punkte sammelt, die wiederum optionale Charaktere auftauchen lassen. Optionale Charakterszenen gibt es auch noch, ich bin mir aber nicht zu 100% sicher, was man machen muss, um diese zu sehen, mal abgesehen davon, den jeweiligen Charakter zu nutzen.

    Optisch hat mir TS auch gefallen, auch wenn ich diesen Stil in Octopath Traveller nicht so passend fand. Hierzu passt er sehr gut und mir gefiel es auch, dass auf viele Details geachtet wurde. Man kann sich z.B. zu jedem wichtigen Charakter, der gerade spricht, auch ein Profil mit Bild anzeigen lassen; der Text hierzu ändert sich öfter mal, je nachdem, was gerade in der Handlung passiert ist. Zusätzlich gibt es auch noch einige Infotexte, die sich mit der Welt des Spiels beschäftigen und auch sehr lesenswert sind. Zuletzt fand ich auch die Musik gut und passend, hatte aber den Eindruck, dass die Auswahl an Stücken eher klein ist. Ich hätte die Musik normalerweise etwas lauter gestellt, wenn sie dann nicht über die Synchronisation geschallt wäre … die einzelnen Stücke sind eher von der epischen Sorte und sehr hörbar, könnten aber präsenter sein. Ausnahme: Das Stück, das im Hintergrund der Erzähltexte läuft.

    Was ist Triangle Strategy nun? Lückenfüller, Fire-Emblem-Ersatz (oder hier ein Taktik-RPG deiner Wahl einsetzen)? Nichts dergleichen. Dieses Spiel hätte deutlich mehr Werbung verdient gehabt und ich muss jedenfalls sagen: Für einen Spontankauf hat es mich echt umgehauen, hätte es mich aber wohl auch, wenn ich es mehr auf dem Schirm gehabt hätte. Es erzählt eine super Geschichte, hat nette Charaktere und ist generell ein rundes, total unterhaltsames Spielerlebnis. Wahrscheinlich habe ich mein Spiel des Jahres schon gefunden, denn besser kann es eigentlich nicht mehr werden.

    PS: Nach dem ersten Durchgang habe ich direkt noch einen zweiten Durchgang gestartet und alles, was ich schon gesehen hatte, übersprungen. Der Durchgang war trotzdem fast genauso lang und hat sich definitiv gelohnt, da genug anders war. Bei Lvl. 50 ist allerdings Schluss.

    Spielzeit: 1. Durchgang: 23,5 Std., mit 2. Durchgang: 44,5 Std.
    Insgesamt: 10/10
    Geändert von Winyett Grayanus (31.12.2022 um 13:52 Uhr)

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