Vorwort
Die Trails of Cold Steel-Serie ist durchgespielt, doch bevor ich die letzten Artikel dazu verfasse (zuerst muss ich noch alle Notizen und Theorien in eine sinnvolle Reihenfolge bringen bzw. bereinigen) und ich meine Schuld vom letzten Jahr begleiche (Blue Dragon) dachte ich mir, inspiriert durch das Bingo und die ≤55-Aufgabe, dass ich die "neue" (*hust* ja, etwas spät) Challenge am besten mit einem erwartbaren Tiefpunkt beginne, denn hey, danach kann es ja nur noch besser werden!
Und was würde zum Challenge-Thema besser passen als Action-Geballere? Win-win, würde ich sagen.^^ (Außerdem ist es aufgrund der Länge und des Schwierigkeitsgrades der perfekte Abstauber-Kandidat. )
Magus, das ist ein mysteriöses Action-RPG welches Ende 2013 aus dem Nichts angekündigt wurde und an dem Aksys zum ersten Mal nicht nur den Vertrieb im Westen übernahm, sondern auch aktiv als Publisher auftrat und das gesamte Projekt finanzierte. Es erschien Anfang 2014 auf der Playstation 3 und noch immer gab es kaum Informationen darüber. Aber hat mich das davon abgehalten meine Sammlung zu vervollständigen indem ich es sofort bestelle? Nein, natürlich nicht! (Ich glaube ich hatte es sogar bei Aksys direkt bezogen...)
Als ich es dann endlich anspielen konnte machte sich Ernüchterung breit. Dümmliche Dialoge, eine altbackene Grafik und Shooter-Gameplay turnten mich von Anfang an so richtig ab. Ich spielte es trotzdem eine Weile und beendete nach dem Tutorial sogar die erste Welt, aber nach einer Stunde war’s mir dann zu blöd und ich verbannte es für immer aus dem Laufwerk. Für immer? Nein, nur bis Kael seinen diabolischen Plan mit dem JRPG-Bingo in die Tat umgesetzt hatte!
Das Spiel
Der namenlose Protagonist schmort schon seit seiner frühen Kindheit vor dreißig Jahren im Gefängnis von König Lytherel an einem geheimen Ort. Kurz bevor er dem Gebieter vorgeführt werden soll, erhält er Gesellschaft von einer neuen Zellengenossin namens Kinna. Diese gibt sich als Assassine zu erkennen, die von Gefängnis zu Gefängnis zieht um ihren Gott Magus zu finden. Um in den aktuellen Hochsicherheitstrakt zu gelangen hat sie sogar den Thronfolger ermordet. Sie lässt den Protagonisten eine magische Formel zitieren und prompt manifestieren sich in diesem die Zauberkräfte eines Gottes, was ihn als Magus identifiziert.
Zusammen brechen sie aus dem Gefängnis aus, welches sich in Wirklichkeit auf einer fliegenden Insel befindet und besetzen einen nahe gelegenen Turm der Götter, der nur von Magus geöffnet werden kann. Von hier aus steigen sie in das Königreich hinab, um dort nach Antworten und Möglichkeiten, seine Macht zu stärken, zu suchen.
Da ich die Story nur schwer in Worte fassen kann überlasse ich diese Ehre lieber dem Creative Director und Autoren:
In den Dialogen werden dem Spieler meistens mehrere Antwortmöglichkeiten zur Wahl vorgegeben. Diese verändern zwar nicht deren Ausgang, dafür aber den Verlauf und Informationsgehalt. Da viele Antworten so geschrieben sind als hätte ein pubertärer Halbstarker sie verfasst, der sein ganzes Register an (unkreativen) Kraftausdrücken gezogen hat, wollte ich mir anfangs einen Spaß daraus machen und die größtmöglichen Arschlochantworten auswählen. Nachdem ich den Prolog ein zweites Mal gespielt habe um zu prüfen was sich bei anderen Antworten ändern würde musste ich allerdings feststellen, dass die Dialoge dann einfach stark verkürzt- und viele Hintergrundinformationen vorenthalten werden. So habe ich z.B. nur in "vernünftigen" Konversationen (manchmal ist es nicht so recht ersichtlich welche Antwort jetzt weniger flach ist^^') erfahren, dass Magus bereits seit 30 Jahren in Gefangenschaft steckt oder dass man sich auf einer fliegenden Insel befindet (mal davon abgesehen dass das Außengebiet im Menü als "Floating Island" bezeichnet wird ). Also habe ich mich schweren Herzens von diesem Vorhaben verabschiedet und als braver Bube gespielt.
Ach und außerdem kann man in einigen Dialogen Kinna angraben, die im Laufe der Handlung aber sowieso dem komplett ausdruckslosen Magus verfällt. Ich meine, das Skript ist wie gesagt ohnehin so pubertär geschrieben, da muss so etwas natürlich auch mit drinnen sein.
Generell bemüht sich das Spiel die Welt mit Hintergrundgeschichten auszuschmücken, doch da die meisten Gegebenheiten nur einmal kurz erwähnt- und danach nie wieder thematisiert werden, wirkt alles zu seicht und unbedeutend. Der Mangel an Städten und NPCs verstärkt dies noch weiter.
Der Turm stellt die Basis des Vorhabens dar und mittels eines Portals können die vier Gebiete des Königreichs in beliebiger Reihenfolge betreten werden. Da wären die Minen, in denen mutierte Einhörner Edelsteine für den König abbauen, die Wüste in der Riesen das Geheimnis der Runen hüten, die Küste, welche von den Echsenmensch-Armeen feindlicher Götter angegriffen wird oder die Grabstätten, in denen sich seit kurzem die Toten erheben. Diese Dungeons sind manchmal labyrinthartig aufgebaut, manchmal aber auch einfach nur ein linearer Schlauch. Ein Marker auf der Karte zeigt dabei immer an wo es als nächstes hingeht. Gemein haben sie alle, dass sie nicht besonders groß sind und man sie in irgendwo zwischen dreißig bis sechzig Minuten beenden kann. Sie sind in Abschnitte unterteilt und hin und wieder wird der Rückweg versperrt, so dass man ein Gebiet zuerst abschließen muss, ehe man es erneut von vorne spielen kann. Man kann auch jederzeit zum Turm zurückkehren um in ein anderes Gebiet zu gehen oder im aktuellen Gebiet dort fortzufahren, wo man es unterbrochen hat. Zum Vorankommen muss man teilweise in Killräumen Gegnerwellen überstehen oder Schlüssel finden, um die verschlossenen Tore zu öffnen.
Aufgelockert wird das Dungeon Crawling durch Sequenzen oder Gespräche mit anderen Charakteren, die aber unabhängig von der Auswahl der Antworten grundsätzlich in einem Kampf resultieren. Man erhält an zwei Stellen die Möglichkeit besiegte Gegner zu verschonen (diese knien nach dem Kampf erschöpft nieder und man kann sie normal abschießen). Das hat allerdings keinerlei Auswirkungen auf den weiteren Verlauf, man verpasst nur die Erfahrung wenn man es nicht macht. Außerdem gibt es Orte, die man nur mit speziellen Fähigkeiten erreichen kann. Für höher gelegene Plattformen oder Öffnungen muss man schweben können, durch kleine Spalte kann man sich nur zwängen wenn man den Schrumpfzauber besitzt und um Abgründe zu überwinden benötigt es die Teleportationsfähigkeit. Da diese nur beim Erreichen bestimmter Level- oder dem Abschluss anderer Gebiete im Fähigkeitenbaum freigeschaltet werden, kann es sein dass man die Dungeons mehrfach wiederholen muss um an die dahinter liegenden Schätze zu gelangen.
In den Minen und der Wüste lassen sich zwei NPCs rekrutieren, die im Turm zusätzliche Fähigkeiten freischalten, weswegen diese beiden Dungeons im Idealfall zuerst angegangen werden sollten. Wurden alle Gebiete abgeschlossen öffnet sich ein zusätzlicher, finaler Dungeon. Außerdem gibt es im Playstation Store zwei kostenpflichtige Zusatz-Dungeons, die nach Abschluss der Handlung freigeschaltet werden. Bei einem Spiel welches mit knapp fünf Stunden Spielzeit (ich habe etwas länger gebraucht weil ich Abschnitte oft wiederholt habe um andere Dialogoptionen zu testen, aber ich muss es ja auch immer ganz genau wissen... ) einen ohnehin doch recht "überschaubaren" Inhalt mitbringt hinterlässt es natürlich einen fahlen Beigeschmack, wenn nur drei Wochen nach der Veröffentlichung solche Erweiterungen herausgebracht werden, auch wenn es selbst zum Budgetpreis für $30 erhältlich war (was für den gelieferten Inhalt noch immer recht teuer ist). Ich habe darauf verzichtet und mir lieber ein Video auf Youtube angeschaut. Außerdem ist die Story hier teils unlogisch, da man nach den Credits wieder VOR dem Endkampf gegen Königin Aola abgesetzt wird. Kinna bezeichnet sich in einem der Add-On-Gebiete aber bereits als Königin und führt ihre Armeen in den Kampf, obwohl man zu diesem Zeitpunkt Aola eben noch gar nicht besiegt- und Magus Kinna daher noch nicht zur neuen Königin gemacht hat.
Bild 2: An solchen leuchtenden Steinen lässt sich das verbrauchte Mana der entsprechenden Farbe wiederaufladen.
Was das Kampfsystem betrifft so präsentiert sich das Spiel als waschechter Third-Person-Shooter. Es stehen drei verschiedenfarbige Magien zur Auswahl, die alle über einen primären und sekundären Feuermodus verfügen. Bei der grünen Magie werden primär, wie bei einem Maschinengewehr, unzählige Projektile verschossen, während der sekundäre Modus einen Laserstrahl abschießt, der allerdings eine ziemlich hohe Verzögerung vor- und nach dem Schuss hat, weswegen ich ihn nicht sonderlich praktikabel fand. Bei der blauen Magie verschießt man Salven an größeren Energiebällen die mehr Schaden verursachen und die rote Magie ist praktisch das Pendant zu einer Schrotflinte. Einige primäre- und sekundäre Modi lassen sich sogar kombinieren. So kann man bei der blauen Magie z.B. im sekundären Modus Energiegranaten abfeuern, die nach einer gewissen Zeit eine kleine Detonation auslösen. Schießt man die herumliegenden Granaten aber mit dem primären Modus ab, so entsteht eine bildschirmfüllende Explosion, ähnlich der ASMD Shock Rifle aus der Unreal-Serie.
Zusätzlich dazu gesellen sich für jede Magiefarbe Fähigkeitsbäume, über die neue aktive- oder passive Magien erlernt werden können und für die man nach jedem Levelaufstieg einen zusätzlichen Fähigkeitspunkt erhält. Drei der aktiven Magien können gleichzeitig auf die Tasten des Controllers gelegt werden (man kann jederzeit das Spiel anhalten und ins Menü gehen um andere zuzuweisen) und bei deren Einsatz wird das Mana der jeweiligen Farbe verbraucht, welches an herumliegenden Steinen mit der entsprechenden Farbe wiederaufgeladen werden kann. Trotz der großen Auswahl, man kann z.B. Gegner verlangsamen, ihnen Lebensenergie entziehen, einen Klon erzeugen der Gegner ablenkt etc., habe ich im Spiel nur die grüne Flammenwand benötigt, die auf einer breiten Fläche wirkt und den Gegnern die sich darin befinden dauerhaft Schaden zufügt. Wobei ich die Möglichkeit die eigene Magiestärke temporär zu erhöhen und vor allem den Sprintzauber auch recht gerne eingesetzt habe.
Es gibt noch eine Druckwelle die man einsetzen kann wenn man in einem Gegnerpulk feststeckt und die etwas von der eigenen Lebensenergie abzieht, aber diese habe ich nie benötigt.
Dadurch dass man ohnehin alles aus der Entfernung wegballert ist der Schwierigkeitsgrad, selbst auf der höchsten Stufe, lächerlich niedrig. Im Grunde läuft es immer nach demselben Muster ab; man lässt seine Begleiterin die Aufmerksamkeit der Gegner auf sich ziehen (sie kann ohnehin nicht sterben), danach zirkelt man um den Gegnerklumpen herum und heizt mit allem was das Arsenal hergibt hinein, bis nichts mehr steht.
Die Gegner haben auch nur zwei KI-Routinen; die Nahkämpfer stürmen selbstmörderisch auf die Spielfigur oder die Begleiterin zu und springen etwas zur Seite, wenn man sie beschießt und die Fernkämpfer bleiben fast angewurzelt stehen und laufen höchstens mal einen Schritt zur Seite, wenn man zurückschießt. Bosse agieren auf dieselbe Weise, nur dass sie immer wieder Gegnerwellen heraufbeschwören und solange unverwundbar sind, bis jeder einzelne Begleiter erledigt wurde. (Naja, einmal habe ich einen Boss den ich wiederholt habe auch so besiegt, nachdem ich gut fünf Minuten auf ihn geballert habe. Die normalen Gegner musste ich danach aber trotzdem noch besiegen damit der Kampf als gewonnen gewertet wurde. Es könnte sein dass das ein Bug war oder vielleicht haben die Entwickler die "Unverwundbarkeit" dadurch realisiert, dass sie die Variable für die Lebensenergie des Bosses einfach auf den Maximalwert gesetzt haben und es daher nur extrem lange dauert bis sich die Energie leert. )
Bild 1: Während Kinna die Gegner tankt kann man sie gefahrlos abballern.
Bild 2: Mit der Flammenwand lassen sich ganze Gegnerhorden rösten.
Aufgrund der beliebigen Reihenfolge in der man Gebiete angehen kann befinden sich sämtliche Gegner immer auf dem Level des Spielers und skalieren mit. Dadurch erhöhen sich nicht nur die Erfahrungspunkte die sie abwerfen sondern sogar die Gegenstände die sie hinterlassen. Im Grunde könnte man im Tutorial-Gebiet das maximale Level und die beste Ausrüstung erspielen, wenn man nur lange genug vor- und zurückläuft. Pro Level-Aufstieg erhält man zwei Punkte die man in die Attribute Magiestärke, Verteidigung, Lebensenergie oder die drei Magiefarben stecken kann. Ich habe ausnahmslos alle Punkte in die Magiestärke investiert, da ich keinen Grund sah etwas anderes aufzuleveln. Wie gesagt, man nimmt in dem Spiel kaum Schaden. Auch die verschiedenen Ausrüstungsteile erhöhen die Attribute. Sie haben sogar bis zu vier Slots, in die man Edelsteine einsetzen kann die, Obacht, die Attribute noch weiter erhöhen! Und als würde man nicht ohnehin schon wie ein Gott durch die Gegnerhorden pflügen (naja, man IST ein Gott, also storybedingt hat alles seine Richtigkeit ) kann man nicht benötigte Ausrüstung in Gegenstände umwandeln, nach deren Konsum sich die Attribute noch weiter steigern lassen.
Optisch macht das Spiel nicht sonderlich viel her. Es sieht vielerorts mehr nach einem verspäteten Playstation 2-Titel aus, die Orte sind karg und eckig, die Texturen teilweise auf Nintendo 64-Niveau und Lichteffekte gibt es auch keine. Die Animationen sind hölzern und abgehackt, obwohl in den Credits von Motion Capturing die Rede ist. Lediglich die ein bis zwei Dutzend Gegner die gleichzeitig dargestellt werden können stechen etwas hervor, wobei die Framerate, wenn es zu viele werden und man mit Zaubereffekten um sich schmeißt, trotzdem enorm einbricht. Der Protagonist wirkt so als wäre er ein Standardmodell welches mit der Unreal Engine ausgeliefert wurde.
Der Ton der Videofilme, also dem Introfilm und den Credits, ist deutlich lauter abgemischt als der Rest des Spiels. Selbst wenn man im Spiel die Regler auf die volle Laufstärke dreht wird man am Ende also noch einmal von heftigem Getöse überrascht.
Einige kleinere Bugs haben sich bei mir im Spielverlauf eingeschlichen. An manchen Stellen konnte ich die Zauber nicht wechseln, nach einem Bosskampf hing sich das Spiel während des Ladebildschirms auf und ich musste es neu starten, manchmal werden die Attributswerte im Menü falsch angezeigt und obwohl sich Kinna immer wieder in die Nähe des Spielers teleportiert, wenn man sich zu weit von ihr entfernt, gab es Stellen an denen sie bis zum Erreichen des nächsten Story-Abschnitts komplett verschwunden war.
Bild 1: Die grünen Kästchen bei der Ausrüstung stellen Slots für Edelsteine dar.
Fazit
Magus ist ein Spiel mit einem äußerst unbeholfenen Skript. Das kann man gut finden, ganz nach dem Motto "so schlecht dass es schon wieder gut ist", aber ich konnte für mich persönlich aus den plump geschriebenen Dialogen nicht einmal das ziehen. Das Gameplay gaukelt mit seinem ausladenden Fähigkeitenbaum und Ausrüstungsmanagement eine Tiefe vor, die es aufgrund des praktisch nicht vorhandenen Schwierigkeitsgrades nicht einmal annähernd einlösen kann.
Es ist nicht so dass es unspielbar wäre, z.B. aufgrund einer ungenügenden Steuerung oder unschaffbaren Plattformer-Passagen. Man kann es schon ganz gechillt wegzocken oder anders ausgedrückt; "es funktioniert". Aber empfehlen kann ich es auch nicht ernsthaft, dazu bietet es einfach... nichts. Außer wenn man unbedingt sein Hirn abschalten will, aber dann würde ich lieber zu einer Mütze Schlaf raten. (Schlaf ist toll!)
Wenn ich etwas Positives dazu sagen kann dann, dass es zumindest nicht das schlechteste Spiel ist welches ich jemals gespielt habe.^^'
Wertung: ☆☆☆☆☆ (0/5) "Langweilig bis schlecht"
Immerhin hatten alle Spaß bei der Sache.^^
Bingo-Treffer
A5
Vor 5+ Jahren angefangenes, nie beendetes JRPG (► 2014)
B3
JRPG mit ≤ 55 bei Metacritic (► 32)
B4
JRPG auf der höchsten Schwierigkeit (► Hard)
C2
JRPG mit mehreren Enden
► 1. Königin Aola töten und Kinna zur neuen Königin machen
► 2. Kinna töten und Königin Aola unterwerfen
C3
Joker
C4
2 Action-RPGs (► 1/2)
D4
JRPG zu 100% (► Platinum-Trophäe, extra nur fürs Bingo, sonst hätte ich mir das erspart )