Beim Male Gaze geht es doch gar nicht um den Akt des Starrens, sondern um das Framing, oder etwa nicht? Also ich habe den Begriff zumindest nie als die konkrete "Tat" aufgefasst, sondern die Präsentation in visuellen Medien. Und klar gibt es auch einen "Female Gaze", merkt man ja vor allem bei japanischen Anime, Manga und Videospielen mit weiblicher Zielgruppe sehr.
Und ich glaube, das Problem, was ich sowohl mit Male Gaze als auch mit Female Gaze habe, ist eben diese Zielgruppenorientiertheit. Was nicht heißt, dass man es nicht auch elegant machen kann – es gibt auch Fanservice, der sich halbwegs harmonisch einfügt –, aber das ist meiner Erfahrung nach eher die Ausnahme. Deshalb finde ich persönlich z.B. 2Bs Design in Nier auch eher peinlich, weil es eben absolut nicht in die Welt passt und wie plumper Fanservice wirkt (was Yoko Taro ja auch selbst bestätigt hat). So was hat mich auch schon mit 14 gestört.
Ich denke, für viele sind attraktive Charaktere ein wichtiges Verkaufsargument. Bei Aloy ist die Diskussion wirklich ziemlich unsinnig, da sie auch in Zero Dawn wirklich nicht nach typischen Schönheitsidealen modelliert war. Aber gerade bei bestimmten Subgenres macht die Attraktivität der Charakter sicherlich einen beträchtlichen Teil des Reizes für die Zielgruppe aus.Zitat
Lässt sich natürlich auch allgemeiner auf Spiele allgemein anwenden. Kratos’ auch merklich über sein Aussehen definierte "Coolness" hat sicher maßgeblich dazu beigetragen, dass die Leute God of War gekauft haben.
Ich finde es in dem Sinne positiv, dass heutzutage Charaktere, die eben nicht eine bestimmte Art von Schönheit oder Coolness verkörpern, ein wenig marktfähiger geworden sind. (Aber immer noch deutlich zu wenig.) Denn so oft man mit künstlerischer Freiheit argumentiert, um etwa freizügige Designs zu rechtfertigen (ist ja auch vollkommen gerechtfertigt), sollte man nicht außer Acht lassen, dass eben die künstlerische Freiheit für bodenständige, unidealisierte Designs in dem Sinne immer schon eingeschränkt war, dass sie sich schlecht verkaufen lassen. So gesehen definieren nicht nur die gesellschaftlichen Moralvorstellungen die künstlerische Freiheit in einem kommerziellen Produkt, sondern eben auch die Wirtschaftlichkeit (aka Massentauglichkeit), was arguably deutlich schwerer wiegt.