Vorab: Das Argument "Früher hat sich niemand darüber aufgeregt" ist für mich ein typisches Totschlagargument und lässt den stetigen Wandel der Gesellschaft völlig außer Acht. Das mit dem Aufschrei wird niemals enden. Wer glaubt, dass das neu sei, sollte sich vielleicht nochmal vergegenwärtigen, was sich die Leute darüber aufgeregt haben, als Frauen plötzlich ein Wahlrecht hatten oder man nicht mehr Mohrenkopf sagen durfte. Den Prozess, dass Gedanken und Meinungen, die man für selbstverständlich und unproblematisch hielt, mit dem Fortschreiten der Gesellschaft plötzlich hinterfragt werden, hat es schon immer gegeben und er wird auch niemals schwinden.
Ich habe, ähnlich wie poetBLUE, kein Problem damit, dass in vielen Medien gewisse Merkmale der Charaktere übersexualisiert dargestellt und dann an ein bestimmtes Publikum gecatert werden. Ich muss mich nicht persönlich davon beleidigt fühlen, dass andere Menschen Freude an sowas finden, und es gibt bei mir auch durchaus Fälle, wo ich das gut umgesetzt finde. Der Soziologe und Kulturanthropologe in mir ist aber auch der festen Überzeugung, dass eben sehr viele Formate auf dieser Welt existieren, die sexistische Rollenbilder reproduzieren oder gar bekräftigen, und da bilden Videospiele keine Ausnahme. Ich verurteile aber deshalb jetzt keine einzelnen Spiele dafür, keinen Beitrag zur Auflösung sozialer Stigmata zu leisten. Für mich sind Videospiele immer noch Kunstprodukte, und als solche sollen sie das machen, was sie wollen. Andersherum finde ich es aber fragwürdig, wenn Kritik darauf folgt, dass sich ein Spiel eben doch mit soziokulturellen Themen auseinandersetzt und eine klare Position einnimmt (was in manchen Fällen zugegebenermaßen durchaus plakativ wirken kann). Wenn man Ausdrucksfreiheit in Form von sexualisierten Figurendarstellungen in Videospielen fordert, kann man keine Kritik an gesellschaftlichen oder politischen Statements innerhalb dieser rechtfertigen.
In diesem spezifischen Fall mit Aloy finde ich doch etwas borniert, sich derart über molligere Gesichtszüge aufzuregen, Vergleiche zu älteren Versionen von ihr oder anderen weiblichen Videospielcharakteren zu ziehen und sich dann noch zu wundern, dass einem Bodyshaming unterstellt wird. Wenn sie dem persönlichen Schönheitsideal nicht entspricht, dann kann man das einfach akzeptieren und weitermachen. Das Recht auf freie Meinung beinhaltet nicht das Recht, von Kritik an dieser befreit zu sein.
Ich wollte nur an dieser Stelle nochmal einwerfen, dass das eine völlig gängige Praxis bei Motion Capture-Produktionen ist und lediglich nicht an die große Glocke gehängt wird, im Gegensatz zu der vergleichsweise überschaubaren Anzahl an Medien, in denen die Schauspieler sehr detailgetreu nachgebildet werden und dies dann groß beworben wird.Zitat von Master
Ich finde es an dieser Stelle etwas unfair, das zu schreiben, nachdem sie in ihrem Post mehrmals betont hat, dass sie niemandem etwas unterstellen möchte und sich sehr darum bemüht hat, einen nicht auf Konfrontation ausgelegten Kommentar zu formulieren. Gerade von moderativer Seite sieht das nicht gut aus, zumindest nicht aufzuzeigen, welche Stellen in dem jeweiligen Post ungünstig formuliert waren. Wie Cipo (mMn überzeugend) demonstriert hat, kann es gerade bei solchen heiklen Themen immer sein, dass man etwas missversteht oder missverstanden wurde, und von dieser Möglichkeit sollte man immer ausgehen, um den Frieden in der Diskussion zu wahren.Zitat von Lux