Warhammer 40,000: Rogue Trader (PC)



Mein drittes Owlcat-Spiel nach den beiden sehr guten Pathfinder 1 und 2. Und ich muss schon sagen, die Jungs und Mädels haben wieder voll abgeliefert. Im Vergleich zu Pathfinder 2 haben sie fast alles was ich kritisiert habe, ausgebessert. Eine der größten Schwächen bei den Pathfinder Spielen, insb. bei Teil 2 war nämlich das Balancing und das Kampfsystem. Man hatte dort die Auswahl zw. Echtzeit und Rundenmodus, was aber beiden Spielen am Ende das Genick gebrochen hat. Spielte man in Echtzeit, verlief alles automatisch. Man braucht kaum eingreifen, es war teilweise sehr hektisch bzw. musste man nur bei Bossen eingreifen, was aber aufgrund der schieren Anzahl von Buffs, Skills, Zauber, Items, Aktionen sehr überwältigend hatte sein können. Der Rundenmodus hingegen dauerte einfach zu lange, die Anzahl der Feinde blieb gleich und man kämpfte in großen Schlachten fast 1h (!), weil jeder Pups zum Zug kommen müsste. Ihr seht, das Ganze war einfach nicht Fisch und nicht Fleisch und man musste beide Modi kombinieren. Hier in Rogue Trader (RT) gibt es nur den Rundenmodus und der wurde perfekt umgesetzt, um es salopp sagen zu können. Ich kann es gar nicht anders sagen, aber bis zum Schluss haben die Kämpfe durchgehend Spaß gemacht. Das Spiel bietet zum Einen so viel Tiefe, aber ohne, dass zu überfordernd wird. Die Kämpfe sind sehr gut ausbalanciert, die vielen taktischen Möglichkeiten u. Skills erzeugen eine regelrechte Suchtspirale, sodass es extrem befriedigend ist, wenn man alles kombiniert und der eigene Plan aufgeht. Ich habe teilweise am Schluss Bossfights in der ersten Runde beenden können, weil meine Gefährten so gut aufeinander abgestimmt sind und die Aktionen aufeinander aufbauten. Das Ganze setzt natürlich voraus, dass man Rundenmodus mag und sich in die Materie hineinliest und beschäftigt. Und ja auch hier können manche Kämpfe lang dauern.

Generell hat Owlcat sehr viel entschlackt, ohne dass das Spiel an Substanz verloren hat. Es gibt kein Rasten mehr, kein Gewichtslimit mehr, kein überbordendes Loot-System, wo in jeder kleinen Kisten 10+ Items drin sind, keine unnützen Kochmaterialien, keine Copy-Paste-Maps mehr, kein ständiges Buffen usw. Hier wurde an den richtigen Schrauben gedreht, ohne, dass das Spiel an Komplexität verloren hat. RT ist immer noch ein CRPG mit viel Dialog, Kampf und Erkundung. Die Weltkarte wurde auch verkleinert, keine ewig langen Bewegungen auf der Karte, es gibt auch keine RNG-Kämpfe mehr. Owlcat-typisch nimmt man wieder die Rolle einen hohen Tieres ein, d.h. es gibt wieder eine Art "Köngreich-Verwaltung", welches aber nun gameplaytechnisch deutlich besser gelöst worden ist und nun nicht zig Stunden wegfrisst. Mein größte Kritikpunkt ist aber der Raumschiffskampf, ich hab das Gefühl Owlcat baut absichtlich solch blöden Gameplay-Minispielchen ein, aus welchen Gründen auch immer. Es passt zwar storytechnisch gut hinein, ist aber spielerisch wieder doof umgesetzt. Ich würde hier wieder empfehlen die Toybox Mod zu installieren und diese Kämpfe zu überspringen. Man hat sich aber auch einige neue Dinge einfallen lassen, z.B. gibt es keine Währung im klassischen Sinne mehr, sondern man erwirbt sich einen dauerhaften Profitfaktor der Zugriff auf Items gewählt. Dieser Wert verringert sich durch einen Kauf nicht, man kann sich das Item einfach nehmen. Anfangs war ich davon nicht angetan, aber im Laufe der Zeit, war ich regelrecht angetan von diesem Prinzip. Auch wenn ich die klassischen Händler schon etwas vermisst habe.

Die Story ist auch wieder ein Highlight des Spiels, ich hätte mir aber noch ein Stückchen mehr "Epicness" gewünscht, um der Lore von Warhammer 40k gerecht zu werden. Dürfte aber auch an der biederen Inszenierung geschuldet sein, auch wenn sich hier Owlcat ebenfalls verbessert haben. Es gibt nun öfters Kamerafahrten und Zwischensequenzen, erwartet hier aber trotzdem kein BG3 oder so. Die Gefährten fand ich auch wieder spitze geschrieben, wobei ich sogar diesmal mehr Auswahl gehabt hätte. Owlcat-untypisch gibts hier gerade mal 10, aber das ist Meckern auf hohem Niveau.

Der ganz große Star und die größte Stärke des Spiels ist, aber die Lore und das Warhammer 40k-Universum, das hier in RT steckt. Owlcat hat es hervorragend verstanden diese Welt ins Spiel einzubetten und zu präsentieren. Hier bekommt man keine klassische Sci-Fi präsentiert, die man aus zig Sci-Fi-Filmen kennt, sondern eine düstere, dreckige, brutale und hoch religiöse Welt, wo es kein klassisches Gut und Böse gibt, sondern Böse und noch böser. Wer Warhammer kennt, weiß was ich meine. Dieser erfrischende Ansatz ist herrlich für die eigene Gamerseele. Selbst für Nichtkenner, hat Owlcat ein ingame Codex eingebaut, das in die Dialoge verwebt ist, man muss also kein Vorwissen mitbringen - nur Neugier. Man muss sich aber schon darauf einlassen können, wer überhaupt nix damit anfangen kann, wird mit dem Spiel - trotz seiner spielerischen Stärken - wenig Spaß finden.Warhammer dürfte nicht für jedermann geeignet sein, das spiegelt sich oft in den Aktionen und Entscheidungen im Spiel wieder. Wer nur den gutherzigen Samariter spielen möchte, wird schnell auf seine Grenzen stoßen, auch wenn dies kein Hindernis darstellen sollte.

Mir hat es jedenfalls extrem viel Spaß gemacht, Die Gefährten, die Story, das Kampfsystem aber auch die Partyentwicklung sind auf einem sehr hohen Level. Altlasten wurde intelligent reduziert, und Neues behutsam eingefügt. Die langjährige Expertise der Russen hat sich hier wieder mal ausgezahlt. Auch die DLC-Politik finde ich diesmal richtig: Keine zig DLCs, die außerhalb der Kampagne angesiedelt sind, sondern zwei große Story-DLCs, welche in die Mainstory eingebettet sind und zwei neue Begleiter liefern. DLC 2 muss erst released werden, aber ich freu mich jetzt schon auf meinen zweiten (Häretiker)-Run. Wer ein einsteigerfreundliches CRPG sucht, oder überhaupt in die Warhammer-Welt eintauchen möchte, sollte hier unbedingt mal reinschnuppern!