Bevor das Jahr endet, ein kleiner Abschlussbericht von mir.

2021 fiel es mir nach dem sehr guten Start im Januar sehr schwierig, überhaupt noch groß zu spielen. Das lag natürlich einerseits daran, dass ich die meiste Zeit über sehr wenig Freizeit hatte. Aber auch daran, dass ein Gefühl bei mir eingesetzt hat, das sich bereits die letzten Jahre schon stärker und stärker abgezeichnet hat.

In gewisser Weise ist das Spielen für mich zum Dilemma geworden. Die Spiele, die ich eigentlich spielen will, benötigen oft ein relativ hohes Investment an Aufmerksamkeit oder zumindest eine gewisse "Aktivierungsenergie". Ich will sie nicht "mal eben anspielen", weil ich weiß, dass sie Besseres verdient haben. Folglich greife ich eher zu Titel, die wenig Aufmerksamkeit erfordern und schnelles Dopamin bringen, aber folglich auch kaum Erinnerungswerte bieten. Die kriegt man auch nach einem langen Tag noch unter.

Aber mittlerweile hat sich auch da eine gewisse Ernüchterung bei mir breit gemacht. Ich will simpler Zerstreuung ihren Wert nicht völlig absprechen, aber dafür fressen viele dieser Titel dann doch zu viel Zeit. Im Grunde trifft das auf eine Menge RPGs zu: Man verbringt enorm viel Zeit damit, einer repetitiven Tätigkeit nachzugehen (kämpfen). Je nach Spiel gelangt man dann in eine Art Rauschzustand, wo schnelle Erfolgserlebnisse und regelmäßige Belohnungen einen motivieren, immer weiterzumachen. Das MMO-Prinzip sozusagen, heutzutage in Perfektion vorzufinden nicht nur in Gatchas, sondern auch den meisten größeren modernen Spielen. Wenn das Spiel darüber hinaus genug bietet, kann so etwas auch durchaus attraktiv sein.

Aber in den letzten Jahren, wo mich gerade in JRPGs die Charaktere und Geschichten zunehmend kalt lassen, wird der Reiz immer geringer. Das ist natürlich auch stark auf meine Erfahrung zurückzuführen: Ich habe vieles Games gespielt und kenne die Tropes. Manche nerven mich, manche langweilen mich, manche sprechen mich noch immer an. Aber dann muss auch die Präsentation stimmen. Das ist heute bei wenigen Spielen der Fall.

Ein Beispiel: Ich habe mir letztens aus einem Impuls Shin Megami Tensei V heruntergeladen. Das Gameplay war nach 2 Stunden durchaus kurzweilig, aber zugleich hat sich bei mir auch die Erkenntnis bestätigt, dass mir das Spiel darüber hinaus persönlich nicht viel gibt. Zumal es sich etwas langsamer spielt als die beiden 3DS-Teile, also auch als hirnloser Grinder etwas ungeeigneter ist. Das ist jetzt keine neue Erkenntnis, bei Ys IX hatte ich ähnliche Gefühle. Die Erkundung der Welt war durchaus motivierend, aber durch die Dialoge habe ich mich gähnend durchgeklickt oder Cutscenes gar mit den Augen rollend übersprungen. Kein Vergleich zu dem, was ich vor 10 Jahren noch beim Spielen von RPGs empfunden habe.

Die logische Konsequenz dessen ist, dass andere Hobbys mir mittlerweile einfach mehr geben. Das ist eine ziemlich traurige Erkenntnis, weil japanische Rollenspiele in meinem Leben immer einen großen Stellenwert eingenommen haben und mich gewisserweise dahin gebracht haben, wo ich nun stehe. Aber sowohl das Genre selbst als auch ich habe mich geändert. Selbst die hochgelobten Titel der letzten Jahre haben mich desillusioniert, gleichgültig oder gar frustriert zurückgelassen. Ich bin mir sicher, dass das auch bei neueren Erscheinungen wie Tales of Arise, den neuen Trails-Spielen etc. nicht groß anders wäre. Das muss ich einfach akzeptieren.

ABER trotzdem ist es nicht so, als ob Videospiele als Hobby mich gar nicht mehr reizen würden. Es gibt durchaus zahlreiche ältere RPGs, von denen ich mir durchaus noch verspreche, dass sie mir sehr gefallen werden. Darüber hinaus sind es vor allem Indie-Spiele und andere Genres, die mir sicherlich auch noch einiges bieten können. Das Problem ist nur, dass ich mich darauf erst mal einlassen muss. Das ist gar nicht so leicht, wenn man über Jahre hinweg immer viel Motivation aus den Wachstumsmechaniken in RPGs geschöpft hat.

Ich muss also erst mal wieder *lernen*, Videospiele zu genießen. Oft sprechen mich Spiele ja sogar durchaus sehr an und ich beschieße, sie mir zu kaufen. Doch bevor ich richtig drin bin, flaut der Reiz oft schon ab. Das trifft vor allem auf Titel zu, bei denen ich weiß, dass sie länger als 5 Stunden sind. Beispiel Eastward: Für sehr attraktiv empfunden, direkt gekauft, 15 Minuten angespielt, nie wieder gestartet. Was ich gesehen hat, hat mir durchaus gefallen. Aber die intrinsische Motivation weiterzuspielen war nicht hoch. Vielleicht wäre sie höher gewesen, wenn ich 2 oder 5 Stunden investiert hätte. Aber das habe ich nicht.

Und intrinsische Motivation ist ein gutes Stichwort. Denn wenn ich ehrlich bin, ist das Spielen bei mir häufig in erster Linie extrinsisch motiviert. Ich will ein Spiel spielen, um es zu kennen oder sagen zu können, ich hätte es gespielt. Selbst viele Spiele, die mich ansprechen und mit denen ich positive Erinnerungen verbinde, hätte ich ohne diese extrinsische Motivation womöglich nie zu Ende gespielt. Meistens sehne ich das Ende herbei, um "frei" zu sein und etwas Neues anfangen zu können und da gibt es nur sehr wenige Ausnahmen. Ja, selbst bei Spielen, die ich wirklich gerne mag. Auch das ist keine neue Erkenntnis und war zumindest in Grundzügen schon in meiner Jugend häufig so.

Gerade aber jetzt, wo mein Alltag eben nicht mehr aus 80% Freizeit besteht, merke ich, dass das kein erstrebenswerter Zustand ist. Gleichwohl will ich mich aber auch nicht damit zufriedengeben, nur noch die Dinge zu spielen, die "schnellen Spaß" bringen oder danach schnell wieder vergessen sind. Natürlich gibt es auch Spiele, die beides verbinden – also schnellen Spaß und Erlebniswerte bieten. Aber die sind für mich eher selten.

Welche Konsequenz ziehe ich daraus? Im Grunde genommen keine sonderlich groß andere als zu Beginn des Jahres, als ich mit dieser Challenge begonnen habe. Ich weiß, dass ich eine gewisse Energie für die Spiele investieren muss, die mir dann am Ende auch etwas zurückgeben. Darauf möchte ich mich von nun an stärker konzentrieren, auch wenn das heißt, dass ich insgesamt weniger spiele. (Na ja, viel weniger als aktuell geht eh nicht ^^’) Das schließt dann vermutlich auch die meisten neuen JRPG-Veröffentlichungen aus, wenn denen ich aber eh schon seit Jahren nur vereinzelt welche spiele. Meine Erlebnisse dieses Jahr mit Bravely Default 2 und Shin Megami Tensei V haben mir gezeigt, dass ich auch weiterhin bessere damit fahre, diese Spiele links liegen zu lassen.

Ich möchte mir fürs nächste Jahr also quantitativ gar nichts vornehmen. Vielleicht im Gegenteil sogar: Ich möchte so weit wie möglich weg vom quantitativen Denken und mich stattdessen darauf zu konzentrieren, wieder Gefallen am Hobby zu finden. Und zwar, indem ich den Titeln die Aufmerksamkeit schenke, von denen ich weiß, dass sie mich mehr als nur oberflächlich reizen.

Das werden Indie-Titel und ältere Spiele sein, die mich narrativ, ästhetisch oder von der Stimmung ansprechen. Es werden vielleicht auch experimentelle Spiele sein, die mir, auch wenn sie nicht komplett zünden, mir zumindest etwas Neues bieten. Und das werden vielleicht auch die Spiele meiner Kindheit und Jugend sein, die ich – vom Zwang befreit, eine Checklist abarbeiten zu müssen – vielleicht einfach mal wieder ungezwungen einlegen kann.

Meine Devise für 2022: Wieder Freude am Hobby finden.