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Thema: Der Schwierigkeitsgrad in Spielen und der Umgang von Gamern/Produzenten damit

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  1. #1
    Zitat Zitat von Ligiiihh Beitrag anzeigen
    Aber ich finde es umgekehrt nicht verkehrt, wenn es ein Spiel doch tut, und die Bemühungen, das als design-technische Fehlentscheidung darzustellen, empfinde ich zuweilen als krampfhaft (um nicht zu sagen 'elitär').
    Das stimmt zwar, aber ich glaube heute ist es so, dass es bei vielen Spielen einfach "Standard" geworden ist, dass Spielende außerhalb des Games ihre Erfahrung anpassen können (etwas allgemeiner formuliert als einfach nur "Schwierigkeitsregler"). Beispielsweise würde bei einem Spider Man Spiel für die PS4 sicherlich niemand im Entwicklerteam einen Gedanken daran verschwenden dies nicht zu tun. Dafür ist das Spiel auch viel zu massenmarktdesigned. Ich sehe das Weglassen von so einer Anpassungsfähigkeit daher als die bewusste Entscheidung, während der Einbau davon mittlerweile wohl eher die unterbewusste, "weils halt die meisten so machen / es der Standard ist" ist. Wenn die Entwickler sich bewusst dafür entscheiden, weil sie der Meinung ist, dass ihr Spiel auf verschiedenen Schwierigkeitsgraden die Erfahrung rüberbringen kann, die sie möchten, dann finde ich das auch gut.

    Mir gehts hier btw. nicht unbedingt um hardcore Gamer (obwohl das so klingt), sondern eher um eine klare Linie beim Spielerlebnis. Ein Kirbygame kann z.B. so einfach sein wie es möchte, das passt einerseits zur Präsentation und auch in gewisser Weise zu den Charakteren / Story, die halt einfach fluffig sind. Wenn einem ein Spiel aber erzählt, dass die Gegner, gegen die man gerade angeht, eine gigantische Bedrohung sind, man diese dann aber einfach onehitted und sie einen kaum verletzen können, dann bricht das für mich massiv das Erlebnis. Den Nachteil von Schwierigkeitsgraden hier sehe ich gerade darin, das man am Anfang bei der Entscheidung nicht weiß, welcher wirklich ideal für einen ist. Während des Spiels anpassbare haben aber den Nebeneffekt, dass es weniger immersiv und gamiger ist, dass man die Spielwelt nach seinem eigenen Gutdünken komplett verändern kann - selbst wenn man dies nicht nutzt (!). Im Prinzip ist das Wissen um diese Möglichkeit hier also schon schädlich. Etwas abstrakter könnte ich auch sagen, dass alleine der Hintergedanke, dass man sich vielleicht am Anfang für den falschen Schwierigkeitsgrad entschieden hat, der Erfahrung abträglich ist, aber das überspannt den Bogen vielleicht etwas (obwohl es durchaus ein Gedanke ist, den ich bei vielen Spielen hatte, wenn sie mir sehr einfach oder schwer vorkamen).

    Ich finde es immer cleverer, wenn die Entwickler tatsächlich ingame Elemente benutzen, um Dinge zu vereinfachen. Beispielsweise gibt es im ersten DMC den Kampf gegen die Spinne, den man sich einfach machen kann, indem man sie das Glasdach durchbrechen lässt. Das ist unglaublich cool und ich bekämpfe sie fast immer so, weil mir das einfach gefällt, auch wenn der Kampf dadurch natürlich einfacher ist.

    Ich glaube der angesprochene Punkt von Kunst vs. Unterhaltung oder von Immersion vs. Spielspaß sind hier wichtig. Ich denke beispielsweise nicht, dass ein Spiel immer Spaß machen muss um exzellent zu sein. Tatsächlich würde ich sogar so weit gehen und sagen, dass die wirklich exzellenten Spiele einen während des Spielens viele Emotionen erfahren lassen - und damit meine ich jetzt nicht nur in Cutscenes, wo cineastische Techniken benutzt werden um das zu erreichen. Übrigens ein Grund, wieso ich die Uncharted Games rückblickend als viel schlechter einstufe als ich es bei Release getan habe, wo ich geflashter davon war wie gut sie präsentiert waren. Aber die austauschbaren, stumpfen Ballerorgien beissen sich halt wirklich stark mit der Geschichte, die die Spiele zeigen wollen. Fast, als hätten die Entwickler keine ganz klare Vision von dem Spiel gehabt und eher bestimmte Elemente verwendet, weil sie "populär" waren.

    Zitat Zitat von Kelven
    Ein Kompromiss ist doch eigentlich immer ein Zugeständnis - an beide Seiten.
    Ja, richtig - habe das schon bewusst so geschrieben, denn ist es eben kein Kompromiss sondern die Entwickler machen das Zugeständnis um die Zielgruppe zu erhöhen. Dass die Spielerschaft selten Zugeständnisse machen möchte, kann man öfter erleben, aber mein Lieblingsbeispiel kommt mal wieder aus WoW: in einer Erweiterung wurden die Dungeons wesentlich schwerer gemacht als sie es vorher waren, und statt das Zugeständnis an die Entwickler zu machen, dass die Spieler es ausprobieren und lernen, haben viele einfach gar keine mehr gemacht. Am Ende mussten die Entwickler dann die Dungeons nerfen, das war kein Kompromiss.

    Zitat Zitat
    Ist es denn falsch, die Spiele, die du im Sinn hast, so leicht zu machen, wenn die Mehrheit der Spieler es bevorzugt, dass sie so leicht sind?
    Nur um das einfach mal erwähnt zu haben: ich sehe Massenargumente nicht als wirklich schlagkräftig an, vor allem, wenn ich selber schon erwähne, dass die Entwickler bestimmte Entscheidungen treffen, um mehr Leute anzusprechen und damit mehr Kohle zu machen (und ich nicht glaube, dass das immer getan wird, weil sie wirklich glauben dass ihr Spiel dadurch besser wird). Nur, weil ein Spiel mehr Leuten gefällt, macht es das Spiel nicht besser. Anders formuliert: sagen wir mal, ein Produkt ist für sehr viele Leute gut, aber fast niemand liebt es. Da favorisiere ich eher ein Spiel, was viele Leute nicht mögen, aber es eine (natürlich nicht zu kleine) Gruppe an Leuten gibt, für die es das beste Spiel ever ist.
    Ich sehe das z.B. bei Bayonetta so, wo Teil 1 aus meiner Sicht besser ist als Teil 2 (bis auf Präsentation), aber Teil 2 in der Masse besser ankam. Teil 1 hat aber (soweit ich das gesehen habe) eine recht große Gruppe an diehard Fans, während Teil 2 halt einfach nur viele Spieler hatte, die es "gut" fanden. Das passt halt wieder zu den "Wegwerf-Games".

    Übrigens habe ich gegen Cheaten in Singleplayerspielen überhaupt nichts. Warum? Weil man weiß, dass man hier etwas tut, was nicht dem angedachten Design entspricht, man bewusst betrügt. Erlauben einem Designer nun in einem Menü, dass man die KI auf "dumm" stellt, dann wird diese Spielform von ihnen legitimiert. Im Prinzip das gleiche Ergebnis, aber ein fundamentaler Unterschied darin, wie die Entwickler ihr Spiel sehen.

    Was ich bei meinem letzten Beitrag im letzten Absatz geschrieben habe, und das, was n_snake jetzt schreibt, passen durchaus zusammen. Es ist in Ordnung für mich und - wenn die Entwickler das so wünschen - auch gut, wenn nicht jeder Spielende alles sehen kann. Selbst, wenn ich zu der Gruppe gehöre, die es nicht packt, weil ich am Ende des Tages kein Topgamer bin. Und das bezieht auch Story ein. Ich finde es sogar ein Unding, dass man heute als Mantra ansieht, dass "die Story für jeden erlebbar sein soll", als wäre die Story ein vom restlichen Game entkoppelter Aspekt. Dabei machen die besten Spiele es so, dass Story und Gameplay sich nicht beissen sondern harmonieren.

    Wie es z.B. auch bei den Souls Spielen der Fall ist: das Gameplay erfordert ein höheres Maß an Aufmersamkeit und ebenso tut dies die Story, welche man sich akribisch zusammensammeln muss. Weil man eventuell Sachen nicht mitbekommt (auch, wenn einem bestimmte Challenges zu schwer sind oder man komplette Gebiete übersieht, was die Spiele ja erlauben und auch wollen), wirkt die Welt größer als sie ist. Weil NPCs ihre eigene Agenda haben und man ganze Questreihen komplett verpassen kann wirkt die Welt lebendiger als sie es sonst wäre. Dadurch, dass man live erlebt, dass die Welt erbarmungslos ist, wird mehr daraus gemacht als es nur in der Story zu hören. Übrigens der größte Fehler von Breath of the Wild aus meiner Sicht: einem erzählen NPCs nur, wie schrecklich doch die Bedrohung durch Ganon ist, aber innerhalb der Welt erfährt man davon praktisch nichts. Tatsächlich sieht das meiste doch sogar sehr idyllisch aus, es konnten sich sogar größere Siedlungen bilden die recht harmonisch leben. So sieht keine postapokalyptische Welt aus, die einem das Spiel aber in der Story verkaufen will. Gameplay, Weltdesign und Story beissen sich hier vollkommen.

    Schließlich, und das darf man nicht unterschätzen: Story ist ein Motivator. Deswegen wollen ja viele, dass die Story für alle zugänglich ist, weil viele Spielende diese gerne erleben wollen. Daher kann sie auch als eine Belohnung verwendet werden. Einer der Gründe, wieso ich es genial fand, dass die Entwickler in Hollow Knight tatsächlich einen Storyfetzen am Ende von einem unglaublich brutalen Bossrush eingebaut haben - SO macht man ordentliche Belohnungen. Werde ich den Rush je schaffen? Ne, dafür bin ich zu kacke. Aber ich finde es unglaublich cool, dass die Belohnung da ist und ja, auch, dass sie nicht jeder erreichen können wird. Wenn ich das Spiel das nächste Mal starte, weiß ich ganz klar, dass es da noch Sachen gibt, die ich nicht erreicht habe, es wirkt auf einmal so viel größer als es ohne das rüberkommen würde.

    Also ja, ich bin sogar dafür, dass nicht jeder die (komplette) Story erleben können soll, wenn die Entwickler diese bewusst als Belohnung einbauen wollen für Leute, die es schaffen.


    edit:
    Zitat Zitat von Ligiiih
    Letztendlich will ja doch niemand verhandeln. Ich denke, für alle Spieler gibt es auf dem Markt genügend Spiele, die perfekt auf einen selbst zugeschnitten sind, also von Marginalisierung zu sprechen finde ich dann auch wiederum sehr überzogen.
    Dem stimme ich zu, aber das macht die Forderung danach, dass jedes Spiel so einstellbar sein sollte, dass es für jeden passt, ja auch so seltsam. Wenn ein Entwickler nun ein Game designen will, was eine spezielle Zielgruppe anspricht und damit explizit andere ausschließt, finde ich das vollkommen in Ordnung, egal auf welche Dimension des Games es bezogen ist. Ich glaube ja auch, dass es mit der Wegwerf-Mentalität zu tun hat: heute spielen viele Leute Games wie am Fließband, weil es ja auch eine immer größer werdende Menge gibt. Und natürlich noch tonnenweise andere Medien, die um die Zeit konkurrieren. Da ist es natürlich angenehm, ein Game einfach runterzustellen, es schnell durchzuspielen und dann wegzuschmeissen. Die Soulsspiele erwarten aber zumindest ein grundlegendes Auseinandersetzen mit ihren Mechaniken und gehen (wie ähnliche Games) gegen diesen Trend an, was ich sehr zu schätzen weiß.

    Mit dem Verhandeln hast Du vollkommen Recht, aber manchmal geht es (mir) auch nicht darum, andere zu der eigenen Meinung zu bekehren, sondern eher darzulegen, warum man etwas so sieht und hoffentlich für ein gewisses Verständnis zu sorgen. Ich kann durchaus verstehen, warum Leute ein Spiel lieber einfacher (oder auch schwerer, gibt ja auch bei den Soulsspielen die Forderung, dass diese von Anfang an einen Hardmode haben sollten) haben wollen, ohne mit der Meinung übereinzustimmen. Generell sind ja viele Internetdiskussionen sehr stark darauf ausgelegt, dass eine Partei "gewinnen" will.

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