Tag,

hier wird die Handlung des Spiels Fire Emblem: Blazing Sword, der siebte Teil der Fire Emblem Reihe, von mir analysiert und interpretiert.

Ich habe das hier schon mit Fire Emblem 9 Path of Radiance getan. Lest ruhig den Eröffnungspost dort für einen groben Überblick über die Reihe und meiner Verfahrensweise.

Die Handlungen der Fire Emblem Reihe werden von ihren Fans missbilligt und belächelt, sind sie doch primär zweckdienliche Vorwände für die Ausführung der strategischen Elemente der Spiele. Die vielseitig anpassbaren Einheiten werden in unterschiedlich aufgebauten Karten mit jeweiligen Siegesbedingungen gegen eine nicht minder vielfältige Anzahl an Gegnern losgelassen. Und doch sind es jene Geschichten, die uns in Welten mit eigenen Mythen, Lore, politisch agierenden Fraktionen und soziologisch und psychologisch mehr oder weniger herausfordernden und anspruchsvollen Charakteren eintauchen lassen, was die Reihe von herkömmlichen Strategie-Spielen unterscheidet, in welchen man mit gesichtslosen Kampfeinheiten Gebiete erobert.

Aufsehen erregte einst die Story Analyse von General Banzai,der die gesamte Handlung FE7 mit Screenshots und bissigen, unterhaltsamen Bemerkungen kommentierte. Es bestätigte und vergegenwärtigte die Abneigung über die augenscheinlich unsinnige Handlung.

Letztes Jahr haben Irysa und Mekkah sich der Handlung gewidmet. Inspiration war nicht nur Banzais Thread, sondern auch der markante Plinkett Verriss der Star Wars Prequels. Diese Vorgehensweise hat jede Menge Makel, da tiefergehende Interpretation und flapsige Kritik einander übergehen und es schwierig ist, auf einzelne Argumente einzugehen. Ich will es mir nicht zu leichtmachen, und nur die offensichtlichen Fehler herauspicken, um über sie herzuziehen. Nicht nur möchte ich die richtigen Argumente und Schlussfolgerungen der beiden hervorheben, in erster Linie will ich meine eigene Sichtweise und Auffassung erörtern. Meine Analyse ist nicht als Gegenentwurf gedacht, die Argumente möchte ich lediglich passend und wohl dosiert miteinbeziehen, um meine eigenen zu untermauern oder hervorzuheben.

Wie immer setze ich voraus, dass ich von Fire Emblem, Gamedesign und Erzähltechnik absolut keine Ahnung habe. Je mehr jemand glaubt, über etwas ein Experte zu sein, umso weniger weiß er über die tatsächliche Thematik Bescheid.


Vorwort

FE7 ist als Nachfolger einen GBA Spieles ebenfalls auf diesen Handheld, wie es auch sein Nachfolger FE8 geworden ist. Während FE8 ein eigenständiger Teil ist (wiewohl er viele Elemente aus FE2 zurückbringt und verarbeitet), hat man es in FE7 sich nicht so leichtgemacht.

FE7 ist ein Prequel zu FE6. Ein Prequel hat unterschiedliche Funktionen. Es kann die Geschichte bzw. Vergangenheit des Vorgängers beleuchten, um Aspekte des Vorgängers zu erklären, zu betonen oder zu erweitern. Idealerweise spielt es mit dem Kenntnisstand der Konsumenten, indem es auf die bisher bekannte Geschichte eingeht und Erwartungen erfüllt oder explizit umgeht, was potenziell für eine vorzügliche dramatische Ironie sorgt.

Hier tritt schon die erste Herausforderung ein, denn FE6 beginnt mit der Entzündung des nationenübergreifenden Krieges, der explizit nach einem Millennium an Frieden beginnt. Der Plausibilität wegen darf FE7 also schon gar keine epischen, nationenübergreifenden Schlachten haben. Dieses Problem ist nicht unüberwindbar. Schon FE2 hat fernab der zwei Kriege in FE1 und FE3 einen nebensächlichen Konflikt auf einen benachbarten Kontinent angesiedelt. Und FE5 hat einen nationalen Bürgerkrieg zwischen den zwei Kriegen der beiden Generationen thematisiert. Und tatsächlich kann FE7 einigermaßen überzeugend das politische Klima vor der Eskalation präsentieren, wo keine Fraktion zum Krieg aufruft, sondern sich auf ihn vorbereitet, aus Furcht bei kleineren Konflikten nicht oder aus Kalkül eben doch einschreitet und ihre Interessen weniger durch das eigene offizielle Militär, sondern durch Spione, Assassinen, Sekten, Söldnern und Banditen vertreten.

FE7 ist aber auch etwas Anderes und an dieser Stelle finden wir den ersten, nicht zu verteidigenden Widerspruch beim Entwurf der Handlung. FE7 ist der erste Teil, der in und teils für den Westen veröffentlicht wurde. Ein Prequel über einen Vorgänger, der von seinem Wissensstand zu mindestens profitiert, wenn ihn nicht sogar voraussetzt, der also für Kenner der Serie ideal ist, soll als Einführung für eine Zielgruppe ausgelegt sein, die den Vorgänger nicht kennen und potentiell nie kennen werden. Unzählige Referenzen und Bezüge über die Welt und ihre Politik, die Rolle der Drachen und legendären Helden mit ihren Waffen, all das fehlt den neuen Spielern und muss erneut vorgestellt werden.

Damit ist es aber nicht belassen. Als Einführung für den Westen werden völlig neue Elemente im Spiel für die neue, andere Zielgruppe errichtet, insbesondere die Fokussierung der Charaktere durch die Selbsteinfügung des Spielers bei gleichzeitiger Vernachlässigung einer ausführlicheren ausgefeilten Handlung. Damit beißt sich das Spiel thematisch und vom Ton her mit seinem Vorgänger.

Da ich bekannter Weise mein Fazit vorwegnehme und auf jedes Pathos kacke, wisst ihr jetzt schon, was euch am Ziel erwartet. Alles Weitere ist nichts weiteres als die Reise dahin.


Vorspann

Menschen und Drachen lebten in Frieden. Die Menschen begangen einen Krieg, die Drachen zogen sich zurück, doch ein neuer Krieg steht bevor. Drachen waren von tragender Rolle und werden es wieder sein.

Ja, was für eine Rolle haben Drachen eigentlich? Allgemein? In der FE Reihe? In FE7?

Drachen haben literarisch breitgefächerte Rollen und Zwecke. Zum einen stehen sie für die von Menschen nicht zu kontrollierenden Naturkatastrophen. Ihr Stampfen gleicht dem Erbeben, ihr Flügelschlag einen Hurrikan, ihr Atem einen Vulkanausbruch. Der japanische Drache der Neuzeit ist Godzilla, Opfer und Konsequenz des Atombombenabwurfs, mal ein unverstandenes Tier, mal das gnadenlose Monster. Die Menschen glauben in ihrer Überheblichkeit, sie zu stoppen, kontrollieren und für sich nutzen zu können, was dann früher oder später in ihren Untergang führt und sie bestenfalls mit Demut und Einsicht zurücklässt. Lyon hat mehr als sein eigenes Leben geopfert, um den unmittelbaren Untergang seines Reiches durch die Erdbeben zu stoppen. Oft ist weniger die Plage das Thema, sondern, wie die Betroffenen darauf reagieren und zu ihren Zwecken nutzen. Der jüngste Drache in unserer Welt ist von unsichtbarer Gestalt, der weltweit unsere Politik, Wirtschaft und Wissenschaft lähmt und der in seiner Unaufhaltsamkeit sich um jegliche Reden unserer Eliten so wenig schert wie der Feuerdrache unseren Helden.

Auf persönlicher Ebene ist der Drache das größte und letzte Hindernis zum eigenen Glück und Frieden. In einen schwer erreichbaren, weit entfernten Ort hortet ein mächtiges Wesen seinen Schatz. Nicht, um den Schatz zur Selbsterfüllung zu nutzen, es ist ein stures, starres, uneinsichtiges Gebaren, Der Held meistert alle Prüfungen des Lebens und überlistet, besiegt oder überzeugt den Drachen und wird mit dem Schatz belohnt. Es ist die Urform der Komödie, die essentielle Aufgabe, die einst jeder Mann zu bewältigen hatte: Er, der unerfahrene Anfänger im Leben und Beruf, muss seine Angebetete aus den Klauen ihres Vaters, den mächtigen gut vernetzten Patriarchen, befreien. Das mag selten tatsächlich im Tod enden, viel öfters wird der Vater aber zur Einsicht bewegt, dass seine Tochter mittlerweile seines Schutzes nicht mehr bedarf und als Frau und Mutter ihren Weg im Leben gehen kann, mit einem Mann, der sich bewiesen hat. Auch heute wird die bissige Schwiegermutter als alter Drache betitelt. Und das letzte Hindernis für Eliwood im Kampf um Ninians Wohl wird kein anderer als ihr Vater sein, der ein gegensätzliches Verhältnis und Verständnis über das Wesen und zu der Macht seiner Tochter hat als Eliwood.

Zuletzt werden Drachen als Götter oder Boten der Götter symbolisiert. Für Menschen von unvorstellbarer, unfassbarer Macht, streben wir nach ihren Fähigkeiten. Dies geschieht entweder durch eigene Charakterstärken, Einsicht zu eigenen Schwächen und Grenzen, Respekt und Demut vor, sowie Kooperation und Harmonie mit den Drachen. Dabei wird das eigene Leben gewürdigt und notfalls gegeben. Oder die Macht der Drachen wird durch Rücksichtslosigkeit, Gier, Maßlosigkeit und Überheblichkeit zum eigenen Zwecke eingeheimst, durch Opfer und Verlust der eigenen Identität.

Beide Seiten, Athos und Nergal, haben der unterschiedlichen Vorgehensweisen zu Trotz aber die menschliche Neugier und unseren Urtrieb gemein, die Welt und damit sich selbst zu entdecken und zu verstehen.