Zunächst einmal: Sorry, dass ich mich so random einklinke und den Großteil der bisher vorangegangenen Diskussion ignoriere, um auf eine bestimmte Äußerung einzugehen, die schon länger her ist. Im Übrigen handelt es sich bei diesem Post um eine Diskurskritik und ich beziehe mich hier nicht speziell auf einzelne Personen und ihren spezifischen Äußerungen. Jedenfalls …Erst einmal tut es argumentativ nichts zur Sache, ob die Person homosexuell ist oder nicht. Ein heterosexueller Mensch würde ja auch nicht argumentieren, dass ihn eine Liebesgeschichte zwischen Mann und Frau aufgrund seiner Orientierung besonders zugesagt hat. Weiterhin verstehe ich nicht, warum Männer im Alter von 14–49 Jahren und 19-jährige Studentinnen mit auffälligen Styling sich gegenseitig ausschließen würden – als ob beide „Gruppen” so spezifisch gegenteilige Vorlieben hätten und es da keine gemeinsamen Schnittmengen gäbe, wo beide beispielsweise The Legend of Zelda, Life is Strange oder Tekken als gute Spiele empfinden würden.Zitat von einer Person, die Rusk zitiert hat
Was mich an diesem Diskurs massiv stört, sind die – meiner Ansicht nach – völlig falsch angesetzten Kritikpunkte, die die eigentliche Problematik gar nicht erfassen. LGBT-Themen werden als „platt” und „belehrend” erfasst, sobald sie keine Subtilität und/oder Tiefe vorweisen, was ja eigentlich kein Kritikpunkt sein kann. Ich würde behaupten, dass das pi mal Daumen auf 90 % aller dargestellten Romanzen in Medien zutrifft, in denen vor allem Klischees und dramatisierte Tragik als Stilmittel vorherrschen. Ich habe deshalb oft das Gefühl, das mit starken weiblichen Figuren, die nicht nach Schönheitskonventionen designt wurden, oder LGBT-Thematiken viel härter in Gericht gegangen wird als mit Muskelprotzen und heterosexuellen Beziehungen, weil ihre bloße Existenz als derartige Anomalie wahrgenommen wird, dass gleich irgendeine politische Agenda dahinter dazugedichtet wird. Ihre Inklusion wird erst als gerechtfertigt angesehen, wenn sie nicht im Zentrum eines Charakters stehen oder einen persönlichen, emotionalen Nerv treffen.
Ich kann vollkommen verstehen, dass es kein gutes Writing ist, wenn sich Gesamtheit einer Figur um ihre sexuelle Orientierung dreht, sprich: Glück, Pech, Motivation oder Agenda hängen alle von der Tatsache ab, dass sie bspw. schwul ist. Ich lese aber selten, dass die Darstellung LGBT-Themen nicht als differenziert genug betrachtet und aus diesem Grund kritisiert wird, sondern immer nur, dass ein Medium einen mit LGBT-Themen wieder aufdrängt und deshalb woke ist. Wenn ein Mann aber seine Herzensdame auf ein Dinner bei Kerzenlicht einlädt, sie in ein Bett voller entdornter Rosen wirft und ihr dann später noch ein Paar Eheringe besorgt, auf denen Namen, Hochzeitsdatum und am besten noch ein Unendlichkeitszeichen eingraviert sind, wird das maximal als zu kitischig empfunden, garantiert aber nicht als Beitrag zur Standardisierung heterosexueller Anbandelungstaktiken – obwohl es genau das ist.
Dieses Problem ist allerdings nicht damit gelöst, dass man den Trait „gay” einfach einer Figur anhängt und das dann nicht darüber hinaus thematisiert wird. Denn das würde ja heißen, dass es niemanden stören würde, wenn ab sofort alle Liebesgeschichten nach heteronormativen Konventionen schreibt, aber beide Figuren lediglich das gleiche Geschlecht hätten – das würde die Kritik an der Inklusion von LGBT-Inhalten garantiert nicht abflachen lassen, eher noch im Gegenteil. Rückwirkend würde das übrigens auch nicht funktionieren: Würde ich als Gedankenexperiment Tidus und Yuna aus FFX in Tidus und Yuno umschreiben, ihre Interaktionen aber ansonsten unverändert lassen, hätte ich nicht automatisch ein Beispiel für eine überzeugende Darstellung einer homosexuellen Beziehung. Durch die sozialen Normen, unter denen wir aufgewachsen sind, werden einige Aspekte von Figuren durchaus deshalb überzeugender, gerade weil es sich bei ihnen um Männer, Frauen oder einer anderen Gattung handelt – und je nach Geschlecht des Gegenübers kann sich das durchaus auf die Dynamik auswirken. Letzten Endes kommt es einfach drauf an, wie viel Zeit sich die Handlung zur Darstellung einer Liebesbeziehung nimmt und wie stark die Aspekte beleuchtet werden – und nicht wie subtil ihre Sexualität dargestellt wird. Denn im Beispiel Tidus und Yuna ist ihre heterosexuelle Anziehung zueinander ein zentraler (und auch notwendiger) Aspekt ihrer Geschichte – und möglicherweise nimmt das nicht gleich wahr, weil ihre Beziehungsmodell einfach in der Gesellschaft kein Aufsehen erregt.
TLDR: Ja, die Darstellung von LGBT-Inhalten fällt im Mainstream mitunter platt aus. Aber das ist auch bei Standardbeziehungen zwischen Männer und Frauen recht häufig der Fall. Und ich finde, dass hier dann mit zweierlei Maß gemessen wird, weil flachen LGBT-Beziehungen direkt eine Woke-Agenda unterstellt wird, mit der Forderung, sie nur noch mit angemessener Subtilität/Tiefe einzubauen – aber das Gleiche passiert nicht bei heterosexuellen Beziehungen, die ebenfalls keinen emotionalen Wert besitzen