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Thema: KOTT - All talk, no games - Part II

Hybrid-Darstellung

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  1. #1
    Zitat Zitat von Master Beitrag anzeigen
    Ernst zu nehmen sind viele Presseinstanzen schon seit Jahren nicht mehr. Testberichte ob jetzt als Vorschau oder Vollversion oder auch nur simple Nachrichten. Objektivität ist total flöten gegangen.
    Wenn ich an die Videospielmagazine von früher denke, dann ging es darum wer am schnellsten die heißesten Infos liefern kann ohne Clickbait Müll, dem Weglassen von Informationen oder gezielter Meinungsmache.
    Ich erinnere mich, dass gerade Testberichte am meisten Kritik einsteckten, wenn die Autoren zu stark ihre Subjektivität in die Materie einbrachten. Und selbst in der Schule brachte man uns das Journalismus 101 bei: In die Berichterstattung kommt nicht die eigene Meinung rein. [...] Ich möchte in erster Linie objektiv informiert werden und nicht in einer Echokammer verweilen.
    Ich stelle die Frage, inwiefern sich Journalismus verändert hat, hintenan, aber HIER muss ich erstmal die Deutschlehrerehre verteidigen!

    "Journalismus" sagt nichts über die Objektivität eines Texts aus, und bei den journalistischen Texttypen gibt es ganz massive Unterschiede in den entsprechenden Anforderungen. Die Glosse und der Kommentar bspw. sollen betont eine Meinung ausdrücken. Relevant für uns sind aber allem voran der Bericht und die Rezension (bzw. das Review) – während ein Bericht möglichst objektiv bei den Fakten bleiben sollte, ist das bei Rezensionen absolut nicht gegeben! Im Gegensatz möchte man hier die Qualitäten eines Mediums besprechen. Das KANN man zwar intersubjektiv anlegen (und inwiefern das sinnvoll ist, wird seit LANGEM diskutiert), aber von Objektivität ist das alles weit entfernt, weil es am Ende des Tages nun mal um persönliche Eindrücke und eine persönliche Meinung geht, wenn auch basierend auf Tatsachen. Beansprucht ein Reviewer mehr als das für sich selbst, arbeitet er journalistisch unehrlich!
    Wichtige Anmerkung: Es geht nicht um so ein halb-philosophisches "Es gibt gar kein objektiv!!", sondern schon um spezifische Unterschiede.

    Berichtstexte gibt es zwar für Videospiele, meistens in der Form von "News" (die auch genau so funktionieren), aber wenn jemand auf Polygon oder Youtube oder hier im Forum ein Spiel reviewt, reden wir 100% über Rezensionen. Es gib übrigens auch relevante Hybrid-Texttypen, bspw. die Reportagen, für die Leute wie Jason Schreier bekannt sind: Die bleiben zwar sehr nah an den Fakten, setzen aber alles in einen personalisierten, subjektivierten Kontext, weil sie wissen, dass "möglichst objektiv" für die Ziele des Texttyps überhaupt nicht hilfreich wäre.



    Und hier wird dann die Mediengeschichte spannend! Ich behaupte mal ganz dreist: Videospielreviews kommen ursprünglich gar nicht aus Literatur oder Journalismus, sondern aus der Tech-Szene der 80. Das ist auch der Grund, weshalb frühe Videospielreviews seitenweise über Grafikdetails und Soundqualität geschrieben und kleinteilige Wertungen für die Steuerung verteilt haben – die wollten Videospiele halt genau so bewerten wie Computermäuse?! Ich kann mich bspw. lebhaft erinnern, dass besonders Zeitungen wie die Computerbild Spiele massiv versucht haben, ihre Rezensionen zu objektivieren. Was damals schon albern war und heute noch alberner wäre, weil technische Geräte nun mal tendenziell einen klaren Zweck haben, während man Spiele (als Medien!) für ganz unterschiedliche Zwecke, Reize und Vorlieben spielt.
    Und ich denke, diese weirde Mentalität von Videospieljournalismus ist bei vielen als "Gold-Standard" hängengeblieben.

    Insofern zur Frage, inwiefern sich Journalismus verändert hat: Ich würde da nicht zu viel zusammenwerfen.
    Spätestens mit Zeitschriften wie der EDGE (und ich würde argumentieren: auch davor schon, mit Maniac! & Co) ist die Art und Weise, "klassischere" Medien zu rezensieren, auch bei Videospielen angekommen. Da geht es dann mehr um Eindrücke, Kontextualisierungen und persönliche Bindungen zum Spiel, und das ist imho massiv GUT. Es hilft mir auch als Leser mehr, denn wenn ich Fakten zu einem Spiel will, gehe ich auf Wikipedia oder gucke mir Gameplay auf Youtube an.
    Andererseits gibt es viele technologisch-kapitalistische Mechanismen, die genau solchen Qualitätsjournalismus schwieriger gestalten und zunehmend abtöten. Das ist aber keine Frage der Objektivität.

    Und was mich in diesem Kontext besonders anätzt: Habt ihr euch mal damit befasst, wie Videospielreviews in den 90ern oftmals gelaufen sind ...? Da war es ÜBERHAUPT nicht selten, dass Reviewer das Spiel nicht mal hatten (teilweise, weil ein Import zu teuer war), und dann einfach anhand der Publicity-Materialien geschrieben oder sogar gebullshittet haben. Gerade die jungen Leser haben es eh nicht gecheckt und hatten auch kein schnelles Internet zum Überprüfen. Deswegen gab es in Magazinen damals auch so viel faktischen Unsinn.
    Gibt es eigentlich eine Studie, wie viele Videospielmagazine diverse "Pokemon-Cheats" einfach so abgedruckt haben? Das war der Clickbait seiner Zeit.

    Insofern werde ich nicht schönreden, was gerade mit Journalismus passiert, aber die Ursachen werden viel zu schnell mit weirdem Culture-War-Bullshit vermischt.

  2. #2

    Badass Freakin' Administrator
    stars_admin
    Zitat Zitat von La Cipolla Beitrag anzeigen
    Spätestens mit Zeitschriften wie der EDGE (und ich würde argumentieren: auch davor schon, mit Maniac! & Co) ist die Art und Weise, "klassischere" Medien zu rezensieren, auch bei Videospielen angekommen. Da geht es dann mehr um Eindrücke, Kontextualisierungen und persönliche Bindungen zum Spiel, und das ist imho massiv GUT. Es hilft mir auch als Leser mehr, denn wenn ich Fakten zu einem Spiel will, gehe ich auf Wikipedia oder gucke mir Gameplay auf Youtube an.
    Weil du hier auch die M!Games erwähnst: Da ich die Zeitschrift seit weiß der Teufel wie vielen Jahren lese, ist mir deren Entwicklung auch mehr im Kopf geblieben als andere Zeitschriften. Die Berichte und Reviews der Games finde ich textlich vollkommen in Ordnung, gerade weil es auch Meinungskästen der Redakteure gibt. Nur fällt bei manchen der Schreiberlinge auf, dass diese ihre eigene Meinung viel zu oft in die Fließtexte einbauen und anstatt in den Meinungskasten (hier gibt es auch einen "Hauptverbrecher", aber den Namen lasse ich mal hier weg). Was die EDGE und ihre Art der Rezensionen angeht - da bin ich nie mit warm geworden. Nach den Texten war ich genau so schlau über ein Spiel wie davor und konnte daraus keine brauchbaren Informationen ziehen.
    Und Online-Medien (da wurden hier ja auch schon einige dt. Webseiten genannt) sind aufgrund der Clickbait-Inhalte oder Fixierung auf Streamer / Influencer oder Bereiche die eigentlich nichts mit Videospielen zu tun haben absolut uninteressant.

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