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Thema: KOTT - All talk, no games - Part II

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  1. #11
    Zitat Zitat von Rusk Beitrag anzeigen
    Man hat das Thema komplett verfehlt und nun kommt halt die Retourkutsche, wie immer völlig an der Zielgruppe vorbei. Anstatt das Thema subtiler und organischer anzugehen, wie es andere Spiele richtig vormachen (z.B. BG 3), hat man hier eine aufgezwungene und penetrante Darstellung und Erzählung gewählt. Warum z.B. ignoriert BioWare die bestehende Lore, in der es bereits einen Begriff für Trans-Qunari gibt ("Aqun-athlok") gibt, der bereits im 10-Jahre alten Inquisition eingeführt worden ist? Stattdessen greift man auf die moderne Terminologie zurück, die völlig fehl am Platz ist, wo man sich Szenen wie die unter meinem Text oder die Liegestütze-Szene vermeiden hätte können. Es soll daher niemanden verwundern (besonders die Entwickler nicht),
    Wobei ich gerade zu dem Punkt sagen muss: Taash ist nicht im Qun groß geworden und spricht deswegen auch nicht primär Qunlat. Taash kann zwar Qunlat, ist aber halt mit der Sprache und Kultur in Rivain groß geworden, welche vor allem durch Menschen geprägt ist, dementsprechend ist es schon klar, dass hier "Aqun-athlok" nicht wirklich die richtige Identifikation für Taash ist, da nicht wirklich mit dem Konzept in der Kultur des Qun bekannt, Taash ist halt eben Tal-Vashoth und kann sich mit "Aqun-athlok" nicht identifizieren, darauf geht Taash ja auch ein, wenn die Mutter das erwähnt. Genau so wenig werden sich im echten Leben Leute mit "two-spirit" identifizieren, die nicht ethnisch amerikanisch aufgewachsen und trans sind. Und naja, in anderen Fantasy Settings, die es ja richtig machen, wie eben Baldur's Gate 3 und D&D als Ganzes, werden ja auch die Wörter "trans" und "non-binary" verwendet. Finde das schon eine richtig schwache Argumentation, da man dann insgesamt sagen müsste "Das Fantasy Setting, welches insgesamt ans Mittelalter angelehnt ist, ist insgesamt unrealistisch und nicht immersiv, weil die kein Mittelhochdeutsch oder Middle English reden".

    Bei den anderen Sachen kann man definitiv drüber diskutieren, wie gute Repräsentation geht. Auf den Plattformen, auf denen man das Spiel kaufen muss, um das gesamte Produkt zu bewerten gibt es immer mehr positive Rückmeldungen, ich sehe aber auch ein paar Stimmen, die mit dem Writing und der Gestaltung von Repräsentation nicht sehr glücklich sind und ich habe hier und da auch meine Problemchen mit dem Spiel, auch wenn ich insgesamt immer noch glücklich bin.

    Ich persönlich finde gerade die gezeigte Szene jetzt nicht wirklich arrogant oder belehrend, Taash wirkt viel eher emotional und einfach sehr verletzt und enttäuscht. Ich finde das für ein coming out ziemlich on point, habe ich selber so in der Familie 1:1 erlebt und ob man jetzt die trans Person zu arrogant oder harsch dabei findet, das ist die persönliche Meinung, definitiv. Ich kann nur sagen, dass ich da für Taash sehr viel Empathie habe und sehen kann, dass das eine schwierige Situation ist, in der man sich halt schnell nicht respektiert fühlen kann und dann wird man halt auch gerne mal lauter, vor allem wenn die Mutter eh schon bekannt dafür ist, dass sie die Freunde vom erwachsenen (!) Kind dazu bringen will, nicht mehr mit eben jenem Kontakt zu haben. Das ist schon sehr manipulativ und wenn man solches Verhalten mitbekommt und die Mutter-Kind Beziehung eh schon angeschlagen ist, was ja auch angesprochen wird in der Szene, dann kann ich verstehen, dass man nicht sehr diplomatisch sein will, weil es eben schon genug Fehltritte gab. Taash sagt ja sogar "Ist schon okay, wenn sie mich nicht akzeptiert. Ich verstecke mich nicht mehr und wie sie damit umgeht ist ihr Problem." Das wirkt auf mich halt nicht wirklich arrogant, eher resigniert. Bei einer arroganten, belehrenden Person hätte ich erwartet, dass sie sagt "Nein, jeder hat mich so zu akzeptieren wie ich bin! Nichts ist okay!" und das passiert hier ja nicht. Hier ist ja eher die Botschaft: "Es ist egal, ob es kack Leute gibt, die dich nicht so akzeptieren wie du bist, sei einfach du selbst." und weniger "Ich muss jetzt jeden dazu zwingen mich zu akzeptieren!". Und ich meine selbst wenn eine trans Person Letzteres sagen würde, ist es doch auch toll arrogante Personen in Videospielen zu sehen. Ich will keine klinisch reinen Charaktere, die so hoch entwickelt sind, dass es immer dieselben 5 Archetypen in Videospielen gibt. Es gibt arrogante trans Personen im echten Leben und dann in Videospielen mal bodenständigere trans Charaktere zu haben und in anderen Spielen wieder mal arrogantere, das macht für mich den Reiz von Videospielen aus, dass man eben jede Art von Charakter abbilden kann.

    Vielleicht kannst du mir ja genau sagen, was daran genau arrogant ist, dann kann ich das besser nachvollziehen. Die Liegestütze Szene ist merkwürdig und awkward, finde ich persönlich. Wenn mich jemand missgendern würde oder es bei einem Freund/einer Freundin passieren würde, würde ich wohl einfach sagen "Entschuldige dich einfach, das reicht." und das generelle Writing ist gerade am Anfang des Spiels sehr klischeebesetzt. Es liest sich halt wie ein Young Adult Fantasy Roman, ähnlich zu beispielsweise Shadow & Bone. Ich mag allerdings auch Shadow & Bone, bin also wohl auch selbst für den Anfang wahrscheinlich die Zielgruppe. Später, wenn sich der Konflikt aber immer mehr zuspitzt, wird das Writing aber auch immer besser und nimmt epischere Ausmaße an wie in früheren Teilen.

    Abschließend kann ich nur sagen: Ich habe das Gefühl viele Leute haben vergessen, dass man ein Spiel insgesamt mögen und zeitgleich kritisieren kann für einige Sachen. Ich mag Stellar Blade sehr gerne, das Aussehen des Hauptcharakters ist trotzdem extrem hochwertig kuriert und auch wenn das Grundmodell auf einem echten weiblichen Model basiert, sind die Brüste und der Hintern deutlich größer als die des Models, die Taille wurde künstlich verkleinert. Ebenso kritisiere ich bei Dragon Age, dass ich mir wünschte, dass die anderen Partymitglieder Schaden nehmen könnten und das Writing von Anfang an etwas packender wäre und dass ich gerne mit mehr NPCs und auch mehr mit den Partymitgliedern reden würde, über das was gerade passiert. Ich liebe Lies of P, aber bin trotzdem super genervt davon, dass gefühlt jedes zweite Spiel welches raus kommt ein Soulslike ist, vor allem wenn die allermeisten das nicht so gut und präzise hin kriegen wie eben Dark Souls. Ich bin ein großer Fan vom Resident Evil 4 Remake, bin es aber auch Leid, dass heutzutage alles entweder ein Remake, Reboot oder Teil eines großen Franchises sein muss, ich hätte gerne mal wieder Spiele, die auch für sich allein stehen können. Ich finde es sehr schade, dass ganz viele Leute (nicht auf irgendwen hier bezogen) der Meinung sind, weil ihnen eine (!) Komponente nicht gefällt, dass sie das Spiel komplett meiden wollen, obwohl man so viel differenzierter sein kann. Warum will man direkt sowas review bomben und failen sehen? Das gab es bei The Last of Us 2 ja auch schon. Wäre es nicht viel schöner, wenn das Studio die Kritik konstruktiv bekommt und im nächsten Spiel anwenden kann, statt dass versucht wird das Studio geschlossen zu sehen.

    Man muss in beide Richtungen vorsichtig sein Kritik zu äußern. Wenn ich sage, dass Eve in Stellar Blade ein sehr kuriertes Aussehen basierend auf dem koreanischen Schönheitsideal hat, welches sehr unrealistisch ist und gesellschaftlich auch nicht so schöne Folgen hat, wird geschrien "Hast du also ein Problem mit sexy Frauen in Videospielen?!" - "Ne, habe ich nicht, ich spiele in vielen Spielen mit Charakter Editor sogar selbst oft konventionell attraktive Charaktere." - "Aha, also willst du das alle Frauen, in Videospielen total unrealistisch und nach Klischees aussehen!"

    Wenn ich bei Dragon Age sage, was mir nicht gefällt, werde ich gefragt, ob es mich stört, dass es nicht-binäre Charaktere gibt: "Nö, stört mich nicht." - "Aha, also bist du auch so ein 'wokie'?" (wurde mir btw unironisch im echten Leben von einer flüchtig bekannten Person gesagt als ich erwähnte, was für Spiele ich mag). Oder dass ich mich ja zwingen muss das Spiel zu mögen, weil ansonsten ja "meine Agenda misslingt" und das wäre ja heuchlerisch. Ich glaube alle "Gamer" müssen einfach wieder mehr lernen Spiele differenzierter zu sehen und genießen zu können, statt ein Spiel basierend auf einer oder auch fünf Facetten abzuschreiben, wenn das nur 20% vom Spiel sind.

    Geändert von poetBLUE (06.11.2024 um 21:50 Uhr)

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