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Legende
Der wütende Aschesturm peitschte den Teppich, welcher als Eingang der Yurte fungierte und normalerweise Staub, Kälte und Ungeziefer draußen hielt, wild herum. Ein Argonier mühte sich sichtlich damit ab den eigentlich sehr starr gewobenen Stoff gleich hinter sich wieder so zu befestigen, dass nicht noch mehr Sand und Ascheflocken von draußen hereingetragen wurden.
"Ein grausiger Sturm... Die Guar sind versorgt." Sagte der Argonier, nachdem er den Teppich endlich wieder an Ort und Stelle gebändigt hatte und sich in den Innenraum der Yurte umdrehte. Es war auf den ersten Blick ein Zelt, wie man es von den Aschländern eigentlich traditionell gewohnt war: Das Konstruck selbst war aus großen, sehr schweren Lederplanen in dunklen Braun- und Schwarztönen, in der Mitte stacken zwei massive Holzstangen im Boden und trugen das Dach. Dazwischen prasselte ein kleines Feuer in einem Ring aus bröseligen Felsbrocken wie sie im Aschland zu Hauf herumlagen. In anderen, nicht so trockenen Regionen der Insel hätte eine simple Mulde im Boden gereicht, im Aschland war aber alles derart staubtrocken, dass auch nur kleinste Verwehungen von Glut nicht riskiert werden durften. Gegenüber des Zelteingangs stand ein niedriger Tisch auf einem sehr großen, rostbraunen Teppich aus Wolle - ein klares Zeichen für den Wohlstand der sich in diesem Besitz spiegelte. Wolle oder ähnlich feine Stoffe waren auf Vvardenfell, einer geographischen Ecke, die eigentlich für Lederhandwerk gekannt wurde, die Ausnahme und musste normalerweise importiert werden. Links und rechts lagen jeweils eine sehr dicke Schlafmatte auf einer isolierenden Ledermatte auf dem Boden. Abseits des Feuers über welchem ein massiver Messingtopf an einem Haken hing, wurde der Raum von zwei Papierlaternen beläuchtet; nicht die extravaganten, die oft bei Ashkans gesehen werden konnten, sondern schlichte Lichtspender mit ganz leichtem Blauton im Papier. Normalerweise wäre von draußen noch das sanfte Klimpern eines hölzernen Windspiels zu hören, allerdings wäre diese banale Zierde dem Sturm zum Opfer gefallen weshalb es schon vor Stunden, als das Zelt erst halb aufgebaut gewesen war, bereits schon wieder abgehängt worden war.
Der Kessel verbarg seinen Inhalt unter einem Deckel, der Geruch war jedoch unverkennbar! Kerem Aspartames Eintopf aus Fleischresten der vortägigen Schlachtung eines alten Guars aus der Karavane. Die besten Stücke waren gut verpackt und aufbewahrt um sie in drei Tagen - wenn es das Wetter denn zulassen würde - auf dem Markt in Ald'Ruhn zu verkaufen. Die weniger besonderen Schnitte und das, was da jetzt wohlwollend als Reste umschrieben, in dem Topf vor sich hinbrodelte, stellten die Rationen von der sich die Karavane in den nächsten knapp eineinhalb Wochen ernähren würde bis sie endlich Ald Velothi erreichten.
Kerem saß bereits bequem auf dem Boden an dem niedrigen Tisch. Vor sich eine kleine Schüssel aus grün gebranntem Ton. Ihm gegenüber war ebenfalls ein Gedeck hergerichtet. Die Schüssel des Argoniers hatte allerdings eine wilde Mischung aus blau und rot - ein bisschen wie der geschuppte Kopf des Argoniers, der sich jetzt die Beinschienen aus Chitin abschnallte und neben sich an den Eingang legte. Daneben lehnte er seinen Holzstab aus einem Holz von dem nur er wusste woher es gekommen war. Der Stab hatte schon einiges mit- und überlebt, es war außerordentlich stabil. Kerem glaubte insgeheim, dass sein Freund irgendwoher den Ast eines Histbaumes nach Morrowind geschmuggelt hatte. Der Argonier streifte sich die grobe Weste aus Leder und Fell ab. Dabei versuchte er so wenig Staub wie möglich im Raum zu verteilen. Erst jetzt zeigte sich die ganze Pracht des gehörnten Kopfes. Kerem gehörte unter den Dunmern schon eher zu den betagteren, auch wenn einige der uralten Tempeldiener oder auch einige Telvanni ihn noch als Jungspund bezeichnen würden - und damit auch irgendwie Recht hätten - so zählte der Dunmer mit Lebensjahren im dreistelligen Bereich schon zu Individuen die die meisten anderen Völker Tamriels an Lebensspanne bereits weit hinter sich gelassen hatte. Wie alt der Argonier aber war konnte Kerem höchstens erahnen. Oft kam es ihm so vor als wäre die tatsächliche Farbe der Schuppen in dessen Gesicht nur noch ein blasses Abbild einstiger Jugend. Die Hörner, obwohl prachtvoll einmalig gekräuselt, zeigten ebenfalls den einen und anderen Sprung und an der Spitze hatten sie längst nicht die scharfe Rundung anderer, deutlich junger Argonier. Doch die Bewegungen verrieten eine innere Gespanntheit, die dem optischen Alter deutlich widersprach. Zudem leuchteten die Farben der Schuppen am Kopf an seltenen Tagen auf als wäre der Argonier gerade erst geschlüpft - Kerem konnte sich in all den Jahren die sie beide jetzt diese Karavane durch Vvardenfell führten, nie einen Reim auf die Ursprünge dieser gelegentlichen Anflüge plötzlicher Jugend machen. Aber wie bei so vielen anderen Gelegenheiten hatten sich beide nie viel daraus gemacht sich gegenseitig nach solchen Details zu fragen. Der Argonier war ohnehin oft am Rande zur Grießgrämigkeit unterwegs und zog es vor das durchaus freundschaftliche Band zwischen ihnen beiden als selbstverständlich gegeben zu erachten - diese Auffassung allein gäbe in einem Land wie Morrowind schon genug Anlass zu spitzfindigen Fragen und Diskussionen: Ein Argonier, der das Privileg genießt nicht nur keine Sklavenfesseln zu tragen, sondern auch noch zusammen mit einem Dunmer auf gleicher Stufe eine Karavane zu betreiben und im selben Zelt wie der Elf zu schlafen. Aber auch das gehörte zu den vielen alten Hüten die sich Kerem gelegentlich aufsetzen lassen musste wenn er unterwegs auf "echte" Aschländer traf und ihm bisweilen schon abgesprochen wurde seine Yurte eine Yurte zu nennen nur weil er die tragbare Karavanenbehausung nicht nach streng traditioneller Art aufbauet. Zudem war er in den Augen einiger nichteinmal ein echter Aschländer. In solchen Augenblicken konnte Kerem lange und breit erklären dass seine Familie aus der Region zwischen Molag Mar und Vivec stammt. Ein richtiger Aschländer habe sich anders zu gebaren, und mit dieser sehr allgemein gehaltenen Ablehnung mancher seiner Landsleute war vor allem der offene Umgang mit dem Argonier gemeint.
Kerem winkte seinem schuppigen Begleiter: "Komm, setz dich Tarotaro."
Der Argonier kam der Aufforderung nach und setzte sich Kerem gegenüber. Der Dunmer blickte ihn unter einer markanten Stirnpartie heraus mit den mattroten Augen an. Das Gesicht des Dunkelelfen war schmal und die Haut hatte stellenweise durchaus Ähnlichkeit mit blau gefärbtem Leder. Genau wie der Oberkörper des Argoniers, war auch Kerem in ein einfaches rotes Hemd gekleidet - unter der schützenden Kutte wie sie Tarotaro nach dem Eintreten abgelegt hatte. Kerems Hände waren aus der Sicht des Argoniers unglaublich drahtig, Eine Eigenheit die bei Elfen und Menschen durchaus oft zu beobachten ist, welche das Schuppentier aber niemals begreifen können würde. Seine Hände waren von feinen Schuppen bedeckt - im Notfall gepanzert wie die Stahlfaust eines Ritters, im Alltag schützend, aber filigran wie die Hände einer jungen Schneiderin. Von dem strammen aber sonst eher gewöhnlichen Gesichtszug Kerems einmal abgesehen, waren die weit auslaufenden Elfenohren des Fuhrmanns ähnlich wie die Hornzier Tarotaros eine echte Auffälligkeit. Dolchlang, leicht gebogen nach hinten, liefen die Ohren spitz zu, wie die Schwerter die sie beide vor vielen Jahren mal für einen Rothwardonen quer durch die Westspalte transportiert hatten. Dazu noch der sagenhafte Irokesenschnitt der leuchtend roten Haare. Nach vorn ausladend wie der Helmbusch eines Ordinators, nach hinten stark abfallend am Hinterkopf rasiert.
Kerem saß auf seinen Füßen, Tarotaro im Schneidersitz. "Möchtest du?" Kerem deutete auf den Topf.
"Sicher, danke!"
"Ich würde ja sagen wir könnten einen Krug Greef aufmachen, aber ich trau diesen zwei Söldnern nicht ganz über den Weg... sie sind mir ehrlich zu sehr... Nord." sagte Kerem als er ihnen beiden aus dem Topf schöpfte. War der Duft des Eintopfs zuvor höchstens unterschwellig, so breitete sich jetzt der Geruch von zartem Fleisch und verschiedenem Wurzelgemüe in Brühe im Zelt aus.
"Was hast du gegen die beiden?"
"Wo liegen sie denn jetzt?"
"Sie haben sich ihr kleines Rundzelt direkt neben uns aufgebaut. Ich hätte sie auch noch zu uns gebeten, Gastfreundschaft und so, aber der Sturm ist wirklich gräßlich und es reicht wenn einer hier noch Staub und Asche hereinträgt. Zumal wir heute schon weit hinter unserem Zeitplan herhinken wegen des Wetters."
Das war Tarotaro. Im Regelfall war der Argonier nicht zwingend gesprächig, eher auf Fakten und das Wesentliche konzentriert, gepaart mit kurzem, aber präzisem Austausch. Wenn es aber darum ging den Zeitplan und ihre Position als Karavane auf selbigem zu kommentieren, hatte der Argonier plötzlich eine sehr lockere Zunge - kam dann noch eine unplanmäßige Verzögerung hinzu, was in etwa bei jedem zweiten Auftrag der Fall war, hatte der Argonier aus heiterem Himmel Gesrpächsbedarf wie sonst nie. Kerem hatte in den letzten 25 Jahren gelernt auf derlei grobe Kommentare nicht zu sehr einzugehen. meistens mündete das darin, dass sie sich beide zwei Tage nicht mehr anschauen würden und dieser Mangel an Absprache würde unweigerlich zu noch mehr Unplanmäßigkeiten führen.
"Ich werde jedenfalls froh sein, wenn wir die zwei Söldner in Ald'Ruhn wieder los sind."
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