Lufia – Wenn das ein Kultspiel ist, ist das der Beweis, dass Cuzco alt ist!
Als leidenschaftlicher Gamer habe ich letztes Jahr aus Eigeninteresse einige Spiele nachgeholt, die vor meiner Zeit waren. Das waren einerseits die Final Fantasy-Spiele aus den 90ern. Dann das massiv gefeierte Chrono Trigger und Terranigma. Da mein 25. Geburtstag erst wenige Wochen zurückliegt (Anm. von Cuzco: „Ups, hab ich vergessen! Alles Gutes nachträglich!“), wurde es langsam Zeit, die Generation der Ü20-Spiele anzupacken. Ich liebe Rollenspiele und spiele alles von Witcher bis zu Mass Effect sehr gerne. Hauptsache Story, diese Leidenschaft teile ich mit Cuzco.
Aus diesen Gründen hat er mir am Anfang des Jahres Lufia - ein Spiel, das genau so alt ist wie ich - samt einem etwas gewöhnungsbedürftigen zerfledderten Guide aus dem mainfränkischen HOLERÖ-Verlag ausgeliehen. (Diesen Insider werden in diesem uralten Forum bestimmt die meisten verstehen, weshalb ich da nicht weiter drauf eingehe.)
Komme ich gleich zum Punkt: Lufia ist veraltet. Das ist noch nicht so schlimm. Final Fantasy IV und V haben sich auch nicht so gut gehalten, aber bei Lufia wussten die Autoren wohl nicht genau, was sie eigentlich erzählen wollten. Es geht um Maxim. Ein intelligenter auserwählter Krieger, der seinen Lebensunterhalt zunächst mit der Dämonenjagd bestreitet. Doch dann bricht er einfach auf, um die Welt zu bereisen. Weil es ihm eine Frau gesagt hat. Einfach, weil es ihm eine Frau gesagt hat! „Ich spüre eine mächtige Energie! Du musst auf die Reise gehen! Lass dich einfach... treiben...“
Und genau das machen wir ¾ des gesamten Spiels. Wir ziehen von Ort zu Ort ohne wirkliche Motivation. Natürlich gibt es in jeder der etliche Dutzend absolut gleich ausschauenden Städte ein Ereignis. Doch es ist nichts, was den Helden irgendwie motivieren sollte. Aber die Entwickler haben es dennoch in ihr loses Story-Konstrukt hineingezwängt. Irgendwann offenbart sich dann im Verlauf der Rattenschwanz der Antagonisten:
Die sogenannten Höllenfürsten wollen die Erde vernichten und zerstören Final-Order-mäßig eine Klon-Stadt nach der nächsten. Die Erklärung, warum sie das tun, bleibt einem das Spiel bis nach dem Abspann schuldig. Und solange kann man die klischeehaften unpersönlichen Bösewichte auch nicht ernst nehmen.
Des Weiteren trifft man immer zufällig auf neue Helden, die dann immer kommen und gehen, wie es dem Spiel gerade einfällt. Interessant sind dabei höchstens die Fähigkeiten im Kampf, wobei es nur drei Arten von Gefährten gibt: Den Kämpfer, der nicht zaubern, aber umso härter zuschlagen kann (Guy, Dekar), den Hybriden, der einigermaßen kämpfen und einigermaßen zaubern kann (Maxim, Artea und Lexis) sowie die total schwachen Damen, die sehr gut zaubern, aber dafür weder austeilen noch einstecken können (Selan und Tia).
Die Figuren sind zudem wandelnde Klischees. Im Ansatz gibt es nette Gespräche, aber richtige persönliche Eigenheiten hat eigentlich nur Guy, der die Redewendung „eine Meise haben“ einige Male bringt und jeden für verrückt erklärt. Maxim hingegen ist einfach nur intelligent und selbstbewusst und vielleicht noch ein Familienmensch. Doch das Spiel verschwendet keine Textzeile auf Maxims Familienleben und springt sofort zur Bedrohung. Durch die sehr light-hearted Gespräche ist aber schon sehr, sehr schwer, das Leid, das die Höllenfürsten verursacht haben, für bare Münze zu nehmen.
Und die Helden: Gefühlt alles Nervensägen. Ich meine, überzeichnete und exzentrische Charaktere können auch richtig reinhauen. Final Fantasy 6 macht in meinen Augen da sehr viel richtig. Der sehr ungewöhnliche Cast redet zwar auch weniger als in modernen Rollenspielen. Das macht die Gruppe glaubwürdig. Auch Kefka ist entgegen der Höllenfürsten ein fantastischer Anatgonist, obwohl sich die Motivation für sein Handeln auch nicht so leicht erklären lässt. Final Fantasy VI ist in etwa gleich alt wie Lufia, schafft aber deutlich mehr Atmosphäre und erzählt eine – auch für heutige Maßstäbe – hervorragende Geschichte und beweist auch, dass das 16-Bit-Zeitalter auch tolle Charaktere bieten kann. Sabin, Shadow, Cyan, Setzer... Selbst der dämliche Edgar und die heroische Celes. Jeder hat so seine Momente...
Lufia ist hingegen ein generisches altes Spiel ohne echte Handlungsmotivation und mit eher schwachen Figuren. Wenn Cuzco beim Pen- und Paper so meistert, würde ich ihm das Abenteuer links und rechts um die Ohren hauen. Mein Char würde einfach nicht mit auf die Reise gehen. So einfach ist das!
Jetzt klingt natürlich alles nach einem Verriss. Doch, so einfach ist es dann auch nicht. Klar: Lufias Story und Charaktere sind schwächer als bei Final Fantasy VI oder auch IV und der Handlungsfaden ist wirr und nicht nachvollziehbar, aber das Spiel ist komischerweise trotzdem irgendwo interessant genug, dass ich es ganz durchspielen konnte. Das liegt an folgenden Stärken:
- Die Dungeons sind in die Story integriert. Zwar ist die Motivation der Helden nicht gegeben, einen Dungeon unbedingt aufzusuchen, aber die Ereignisse der jeweiligen Region wirken sich direkt auf den Dungeon aus. Und in den Dungeons passiert Handlung.
- Es gibt keinen unnötigen strapazierenden „Fluff“ (Cuzco nennt es so). In Xenoblade Chronicles muss man immer irgendein Teil reparieren und Teile beschaffen oder ein Monster besiegen, um einen Weg freizulegen. Irgendwann hat man dann keinen Bock mehr: Es gibt dort zu viele Alibi-Aufgaben, die den Spielfluss stören und die Spielzeit strecken. Das hat Lufia nicht. Man ist immer näher am eigentlichen Geschehen.
- Handlung ist größtenteils nicht vorhersehbar: Was eine Schwäche ist, ist auch gleichzeitig eine Stärke.
- Keine Zufallskämpfe! (außer auf der World Map)
- Das Rätsel-Design der Labyrinthe ist großartig. Obwohl man manchmal etwas länger braucht, ist das quasi ein Alleinstellungsmerkmal, was Spaß macht. Außerdem sind die Rätsel wirklich einfallsreich. Man muss teilweise sogar die Gegner in die Rätsel miteinbeziehen.
Neutral finde ich:
- Das Kampfsystem: Es ist etwas träge und sehr einfach aufgebaut, verlangt dem Spieler aber auch einiges an Strategie ab.
- Die Grafik: Es ist kein Vergleich zu Chrono Trigger oder auch Final Fantasy VI. Zwar sieht das Gebotene durchweg hübsch aus, aber es gibt nur eine sehr eingeschränkte Anzahl an Gebietsoptik. Nicht nur jedes Dorf sieht gleich aus, sondern auch jedes Level, von denen es gerade mal fünf Typen gibt.
- Die Spielzeit: Nicht zu lang, nicht zu kurz. Hat mich 29 Stunden meiner wertvollen Lebenszeit gekostet.
- Die deutsche Lokalisierung: Könnte schlimmer sein! Es gibt zwar ein wenig Loriot-Zitate, aber Cuzco ist ja auch der größte Loriot-Fan, den ich kenne, also: „Hollerö
dö dudel dö, äh... Du dödel di! ‚Dö dudel dö’ ist Futur Zwei bei Sonnenaufgang!“
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