Anime Spring Season 2020

[Sylverthas]

OK, letzter Beitrag in der Yesterday wo Utatte Extraganza

Die Show ist vorbei und den Manga habe ich auch durchgelesen. Was soll ich also sagen? Meiner Meinung nach hat Doga Kobo genau die richtigen Kürzungen gemacht, dann die letzten 30-40 Kapitel vom Manga sind ein reines meandern durch Beziehungen von Charakteren, die grundlegend ohnehin kaum Chancen haben. Was nicht heißt, dass die Charaktere nicht cool sind, die im Anime geschnitten wurden, aber ihre Arcs sind halt recht sinnlos, weil die vier Hauptcharaktere halt praktisch nie den Eindruck hergeben, dass sie sich von ihrer alten Liebe lösen können.

Nebenbei beginnt das "Finale" im Manga in den letzten vier Kapiteln und wirkt enorm gerushed, weil halt vorher so viel Zeit mit Nebenschauplätzen verschwendet wird, während es im Anime viel natürlicher vom Pacing wirkt. Also ja hier wurde nem teilweise doch recht langweiligen Manga was rausgeholt und das Pacing ordentlich gestrafft. Natürlich, jeder, der Fan von den Nebencharakteren ist, welche im Manga auch teilweise sehr viel Screentime haben, wird die Adaption weniger positiv sehen. Die vermuteten 18 Episoden hätten hier was rausholen können, aber ich denke nicht, dass die Geschichte das braucht. Fans vom Manga könnten sich trotzdem angepisst fühlen, einfach, weil viele bei so einem späten Release des Anime erwartet haben, dass es eine vollständige Adaption wird - aber ich glaube nicht, dass das den Anime wirklich besser gemacht hätte, dazu mehr in Spoilern. Ich will nicht behaupten, dass ich das Ending hier viel nachvollziehbarer fand als im Manga (was auch eher gegen den Manga mit der höheren Materialdichte spricht^^), wobei ich im letzten Post schon verargumentiert habe, wieso es so kommen könnte. Btw. ich hätte es für ein besseres Ending gehalten, wenn niemand zusammengekommen wäre. Denn das Verhalten der Charaktere durch die Show ist durchgehend negativ und sollte nicht noch "belohnt" werden. Dass Rikuo und Haru zusammenkommen finde ich hier etwas seltsam, weil zumindest von Rikuos Seite sehr wenig Zuneigung kam, auch wenn er es im Zug "verargumentiert".

Ansonsten haben wir eine recht nüchterne Liebesgeschichte von vier Personen, welche sich nicht von ihrer Vergangenheit lösen können. Alle haben gewisse Probleme, denke bei Rikuo kann man von sowas wie einer verzögerten Entwicklung sprechen (welche heutzutage nicht unüblich ist, macht es nebenbei schön wenn er sich wie ein Teenager verhält obwohl er erwachsen ist *g*), Shinako kann sich nicht entscheiden und ist unsicher, Rou ist impulsiv und hat einen Bruderkomplex und Haru ist... eine Stalkerin (mit viel Energie und Zeit^^)? Obwohl Haru für die Show essentiell ist (sie bringt die nötige Energie mit, damit das hier nicht zu lahm wird), hätte ich mir bei ihr doch mehr ... Entwicklung (?) gewünscht. Im Manga hat sie mehr Screentime und es gibt auch einen Arc, in dem sie sich etwas verändert, aber das wird dann später wieder zunichte gemacht (dazu später mehr). Btw. warum spricht Haru eigentlich niemand darauf an, dass sie eine Stalkerin ist? Man stelle sich das Szenario vor und vertauscht die Geschlechter... man, das würde Scheiße regnen
Rou wurde übrigens am meisten von der Adaption gestraft, weil bei ihm ne ganze Menge geschnitten wurde.
Für manche spricht das fehlende Überdrama wohl eher dafür, dass der Anime "langweilig" ist. Aber hey, wenn man das hier schon langweilig findet, sollte man um den Manga nen Bogen machen *g*
Nebenbei sind die Animationen größtenteils klasse und zeigen kleine Charaktergesten und -mimiken, welche in den meisten Serien komplett unter den Tisch fallen würden. Musik ist auch eher melancholisch, was zu der Grundstimmung der Show passt. Mir hat der Anime ganz gut gefallen. Größter Kritikpunkt neben dem Ending waren für mich die vielen Zufälle. Ich glaube die Charaktere leben in Tokyo, oder? Halte es bei der Bevölkerungsdichte doch für sehr unwahrscheinlich, sich so oft "zufällig" zu begegnen. Auch dass die vergangene Zeit nicht wirklich gut abgebildet wird hat mich gestört - ich vermute dass die Ereignisse sich über 1-3 Jahre erstrecken, aber sich bin ich da nicht.

Nun zu dem, was aus dem Manga geskipped wurde, für Leute, die das interessiert:

Da 30-40 auf eine Episode kondensiert wurden, ist da natürlich ne ganze Menge was fehlt. Drei/vier größere Arcs wurden komplett gestrichen: die erste betrifft Amamiya, welcher im Anime nur kurz gezeigt wird. Er war einer der Leute denen Haru Milch geliefert hat (der schwarzhaarige schlanke mit der Brille). Im Manga ist er in Haru verliebt, er lädt sie auf Dates ein, etc. Und ihr gefällt das auch, obwohl sie ihm auch relativ klarmacht, dass sie weiterhin in Rikuo verliebt ist. Was ihn prinzipiell nahezu sinnlos macht aus einer Storyperspektive und als "Rivalen". In gewisser Weise ists natürlich trotzdem nett, dass Haru zumindest noch andere Leute hat, weil ihr im Anime durchaus Screentime gestrichen wurde.

Das geht über in einen längeren Arc, indem Haru versucht ihre Gefühl "runterzuschlucken". Prinzipiell passiert das, nachdem sie sieht dass Shinako und Rikuo zusammen sind. Dort probiert sie also alles zu verdrängen, was sich über viele Kapitel zieht und den Payoff hat, dass sie es nicht kann. DANN geht sie zur Selbstfindung zu ihrer Oma (also nicht zur Mutter wie im Anime, was btw. eine clevere Lösung war um nicht mehr Charaktere einführen zu müssen), trifft dort erneut Minato. Letzterer war auf einer Europareise und hat dort eine ganz interessante Backstory zu erzählen. Will das jetzt hier noch mal einwerfen: alle Nebencharaktere, also auch Amamiya, sind gut ausgearbeitet mit interessanten Backgrounds und Konflikten. Sie sind halt nur für den Hauptplot am Ende nicht sonderlich relevant und daher "gutes Material" um sie zu schneiden.
Bei ihrer Oma nimmt sie auch kurzfristig noch einen Nebenjob an (das war tatsächlich sehr sinnfrei, ich vermute dass man hier nicht mehr wirklich wusste, wie man den Plot noch hinziehen kann), aber am Ende stellt sie weiterhin fest, dass sie in Rikuo verliebt ist. Das macht IMO die "beiden" Arcs von ihr recht sinnlos. Man könnte glauben, sie würde sich in dem Arc weiterentwickeln, wo sie versucht mit Rikuo und Shinako klarzukommen, aber 1. weil sie von Rikuo nicht loskommt und 2. die beiden am Ende zusammenkommen wird das IMO ziemlich zunichte gemacht.

So, kurzer Sprung zu Rikuo und Shinako: der Anime hat eigentlich alles gezeigt, was in ~30 Kapiteln mit denen passiert. Es war fast schon grausam diesen Stillstand zu sehen "oh, danke, dass Du mir wieder Essen gemacht hast" - gibt bestimmt 10-20 Szenen, die im wesentlichen daraus bestehen. Klar, das zeigt natürlich, dass bei den beiden wirklich nix geht, aber der Anime hat das sehr ökonomisch umgesetzt, wie ich finde. Nebenbei fand ich auch die "Trennungsszene" im Manga etwas befremdlicher, weil ich das Gefühl hatte, Rikuo wirft ihr jetzt vor, dass sie "immer nur blockiert" (ok, das tut sie auch, aber es war ja beidseitig). Übrigens alles recht plötzlich gegen Ende. Die Szene im Park war dann im wesentlichen so wie im Anime.

Nachdem Rou Shinako und Rikuo zusammen sieht bekommt er übrigens auch noch einen kompletten Arc. Bzw. allgemein ist er wohl der Charakter, bei dem die Screentime am meisten gekürzt wurde. Im Manga wird sein gesamtes Schulleben / Universität gezeigt, wie er eine Hingabe fürs Zeichnen hat, etc. Seine Freunde werden besser ausgebaut. Alles natürlich nur "Fluff", aber gibt ihm doch mehr Tiefe. OK, nachdem er die beiden sieht, läuft er weg und zieht bei einem Model ein, welches er an der Kunstschule getroffen hatte. Diese leben eine zeitlang zusammen, und sie ist auch in ihn verliebt. Er geht sogar mit ihr nach Europa. Aber auch hier wird nie der Eindruck erweckt, es könnte wirklich mehr laufen zwischen den beiden, und so ist das ganze für die Hauptstory auch wieder komplett sinnlos. Ende ist daher ein wenig anders, es wird aber auch nicht *zu* offen gelassen, dass Shinako und Rou sich wieder zusammenraufen. Diesen Arc finde ich bis darauf, dass das Ende ihn nahezu komplett entwertet, ganz gut, weil er Rou und Shinako stark trennt, was wohl Shinako zeigt, was sie für ihn empfindet. Obwohl der Manga das IMO nicht besser zeigt als der Anime.

Dadurch dass Haru bei ihrer Oma ist, ist das Ende auch ein wenig mehr "convoluted" als im Anime. Amamiya und Rikuo müssen sich beide die Adresse "erkämpfen", und dann beginnt ein "Wettrennen". Das ist natürlich eine "after the fact" Analyse, aber wenn Haru und Amamiya am Ende zusammengekommen wären, dann wäre diese ganze Sache nicht so hart sinnlos geworden. Naja, in jedem Fall kommt Amamiya als erstes zu Haru, aber er hat ebenfalls eine Person aus seiner Vergangenheit, die ihm wichtiger ist als sie - Haru sagt hier sogar, er hätte eine Chance gehabt, wenn er die andere Person hätte loslassen können, was ich einfach nicht glaube. Der ganze Manga hat nicht den Anschein gemacht, als hätte er eine realistische Chance. Vor allem in dem Fall nicht, wenn sie Rikuo kriegen kann.

Übrigens haben sie die Climax im Anime umgestaltet, dass Haru Rikuo küsst, was ich auch passender finde, wenn man ihren Charakter betrachtet.

Ansonsten werden noch kleinere Sachen geschnitten, auch Rikuos Job wird stärker ausgestaltet, was wirklich ein Punkt ist, der im Anime zu sehr unter den Tisch fällt. Kinoshita und auch Rikuos Ex bekommen noch nen weiteren Auftritt. Letzterer ist für Shinako sogar gar nicht irrelevant, weil diese ihr ein wenig ins Gewissen spricht. Das ist vielleicht eine der wenigen Stellen, bei der es schade ist, dass sie im Anime entfernt wurde.

Was einem übrigens entgehen kann: der Mann, der Rikuo als er aus der Bar kommt entgegenkommt, ist derjenige, den die Barbesitzerin heiratet. Der kam schon vorher mal kurz vor (war auch einer der Leute, denen Haru was geliefert hatte). Das wird im Manga deutlich ausgebaut und der endet sogar auf der Hochzeit der beiden, was... zumindest eine interessante Art ist, es enden zu lassen.

Also ja, die vielen Kapitel konnte man recht problemlos zusammenstutzen, weil die vielen Nebencharaktere geschnitten wurden, die zwar cool, aber für die Hauptgeschichte auch nahezu irrelevant sind. Und wenn ich das sage, meine ich damit auch, dass sie nicht mal emotional viel an den Hauptbeziehungen verändern, was das mindeste wäre, um ihnen Relevanz in einer zusammengeschnittenen Geschichte zu geben. Sie sind halt alle coole Nebencharaktere, aber auch nicht mehr.