So, endlich komme ich hier auch mal zum Antworten.
Zuerst einmal vorweg: Ich bin null drin in dem ganzen Superheldenzeugs. Ich kenne weder Superman noch Batman noch irgendwas von Marvel oder andere amerikanische Comichelden mehr als nur seeehr oberflächlich.
Genau! Die Kräfte waren zwar in entscheidenden Szenen ein Aufhänger für dramatische Entwicklungen, aber hätte Daniel beispielsweise eine Pistole gehabt und keine Telekinese, hätten viele der Szenen genauso funktionieren können.Zitat
Und ich glaube, hier unterscheiden sind unsere persönlichen Ansichten. Du legst ja ziemlich viel Wert auf die Metapher dieser Superkräfte. Finde ich auch sehr spannend, auch das, was du zu LiS1 geschrieben hast. Ich bevorzuge es eher, dass die Handlung selbst bodenständiger und glaubwürdiger bleibt.
Bei LiS1 gab es bei mir da so zwei Entwicklungsstufen:
1) Ich akzeptiere die Zeitreisefähigkeiten als dramatischen Hook bzw. Gameplay-Hook des Spiels (quasi "Magical Realism"), die einfach da sind. Bis dahin war alles cool.
2) Ich ärgere mich im späteren Verlauf darüber, dass die Kräfte dann doch relativ faul und antiklimaktisch dazu genutzt werden, die vom Spiel aufgebauten Mysterien (Wale am Strand, Stürme etc.) zu erklären. Ich sehe vor allem nach deinen Schilderungen, dass das sicher auch gelungene Metaphern sind und finde die moralischen (!) Implikationen innerhalb des Spiels auch gut umgesetzt. Aber auf der narrativen Ebene waren sie mir als seeehr bequemes Mittel, um quasi ohne Erklärung beliebig viel Melodrama zu produzieren, etwas zuwider, – ein Eindruck, der sich gegen Ende des Spiels stärker zementiert hat. Ich mochte das Zeitreise-Element also eher im Kleinen als im Großen.
Deshalb war mir LiS2 in der Hinsicht direkt sympathisch, weil man a) nicht selbst die Kräfte hat, sie b) bodenständiger sind und c) sie die Handlung nicht auf fundamentaler Ebene in eine maßgeblich andere Richtung lenken.
(Btw. falls das im vorherigen Post so rübergekommen sein sollte: Ich sehe LiS1 absolut nicht als Power Fantasy. Das war nur auf die Darstellung Superkräften im Allgemeinen bezogen und vor allem in Games^^)
Okay, ich glaube, ich kann nun ein bisschen besser greifen, was du meinst. Und ich würde dir auch zustimmen, dass solche Nuancen dem Ende noch mal einen etwas optimistischeren Ausblick gegeben hätten.Zitat
Was mich an LiS2 gerade gereizt, war aber eigentlich dieses Gefühl der Machtlosigkeit, des Verfolgtwerdens, der ständigen Unsicherheit und Einsamkeit. Was dann wiederum gerade den Momenten des kurzen Friedens, des Geborgenseins, des Zusammenfindens (mit Daniel, aber z.B. auch mit den Großeltern, der Mutter und anderen Figuren), des In-einer-Gesellschaft-Lebens wirklich, wirklich Kraft verliehen hat. Entsprechend fand ich die Enden auch in dem Sinne konsequent, dass diese Dualität immer noch deutlich spürbar war. Ein Ending der Extremen hätte mich da weniger zufriedengestellt.
Vielleicht hätte es für ein runderes Ergebnis gesorgt, wenn sie die politischen Themen nicht so dick aufgetragen, sondern eher als Flavor beigemischt hätten.