Zitat Zitat von La Cipolla Beitrag anzeigen
Die brüderliche Beziehung und vor allem Daniels Erziehung finde ich tatsächlich sehr gut umgesetzt und auch ziemlich passend zu allen möglichen Themen des Spiels! Deshalb bin ich auch nicht groß drauf eingegangen außer in #1 oben.

Ich hatte hier das Ending, in dem Sean in Mexiko landet und Daniel zuhause. Ich fand die Endings aber alle okay, die gehen halt klar, solang man sie nicht im Gesamtbild der Themen betrachtet. Sie stellen für mich halt nur keinen so wahnsinnig klaren i-Punkt auf dem gesamten Spiel dar wie in LiS1. Ich habe das Gefühl, über die LiS2-Endings könnte man sich deutlich weniger streiten, und das ist schade. Die Endings in LiS1 unterstreichen eben noch mal, dass man sich beim Erwachsenwerden zwischen diesen zwei Extremen, zwischen unrealistischen Träumen und trister Realität einfinden muss. Mehr dazu unten.
Ich stimme Dir zu, dass man über die LiS2 Endings schlechter streiten kann, aber das würde ich hier sogar als Positivaspekt sehen, weil die Enden aus meiner Sicht mehr widerspiegeln, was man im Spiel getan hat. LiS1 hatte - so gut es auch zur Interpretation passt - einfach sehr radikale Enden. Und, wie schon mehrfach erwähnt, sehe ich das "fuck Arcadia Bay" Ending sogar eher als das falsche Ende an, so dass es effektiv nur eines hat. Teil 2 hat, abhängig davon, wie man Daniel behandelt und "erzieht", vier recht logische Enden.

Vielleicht kommt da auch einer der Punkte her, weswegen LiS2 etwas verwirrt wirkt. Sie wollten einen Scheinwerfer auf Missstände werfen, durchaus recht klar die eigenen Ansichten darstellen, aber am Ende den Spielenden immer noch ein wenig einräumen, eigene Entscheidungen in der Handlung zu treffen. Ich denke, das ist bei so hochpolitischen Themen wie LiS2 sie hat viel schwerer als mit dem Teeniedrama, was LiS1 hatte. Hab das glaube ich im anderen Thread mal geschrieben: die Ansichten von Chloe teile ich praktisch gar nicht, aber ich kann sie sehr leicht als Spinnereien von einem Teenager abtun und alles findet irgendwo in dem Mikrokosmos statt, der die Schule darstellt. Das wird LiS2 nicht eingeräumt, dort geht es knallhart um die politischen Probleme. Zugegeben, das Laster haben sich die Entwickler selber auferlegt, und es ist ihnen definitiv nicht immer gelungen, es sinnvoll umzusetzen. Besonders Kapitel 4 über die Kirche fand ich schon sehr haarsträubend, hätte fast von nem Japaner geschrieben worden sein können

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1. Es ist mir deutlich zu zynisch. Wir als Gesellschaft, aber auch gerade marginalisierte Gruppen haben so viel erreicht in den letzten Jahrhunderten, da will ich doch niemandem sagen, dass er mal bitte klarkommen oder verschwinden soll. Und vor allem keinen PoCs.
Mir kommts gerade so vor, als hätte ich devil's advocat gespielt *g*
Die Frage ist halt: wenn die Gesellschaft Dich ausgestoßen hat, was ist dann der Weg, den Du gehst? Probierst Du alternative Lebensweisen aus, oder probiert Du Dich trotzdem noch irgendwie wieder zu reintegrieren? Und was machst Du, wenn Du noch eine Familie hast, die es zu beschützen gilt? Tatsächlich wird ja hier viel von dem, was Sean und Daniel machen, von der Gesellschaft gelenkt, über die sie wenig Kontrolle haben. Ich denke der Ansatz, dass man eben in so einer Situation nicht fundamental die Gesellschaft verändern kann, ist schon nicht falsch, auch wenn er zynisch ist. Meiner Aussage vorhin hat natürlich sämliche Qualifikation gefehlt und daher ist sie sehr fatalistisch.

Ich frage mich aber: muss LiS2 seine Message in ein so tightes Paket packen, wie es Teil 1 (für Dich) getan hat? Wenn Du mich nämlich danach fragst, würde ich LiS1 auch nicht als so klar auffassen, weil wir ja den Serial Killer Plot nicht ausklammern wollen, der sehr tangential zu der (von Dir empfundenen) Kerngeschichte ist (gibt auch genug Leute, für die gerade dieser Plot der Kern von LiS1 ist). LiS2 ist natürlich viel weniger tight als Teil 1, alleine wegen der Überzahl an Themen, und das soll keine Verteidigung sein. Der größte Kritikpunkt bleibt bei LiS2 ja die Oberflächlichkeit der behandelten Themen.

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Es ist eben doch kein David-Cage-Niveau. ^__~
Heh, guter Seitenhieb, sind ja auch beides französische Studios die aus der Linse in die USA blicken. Vielleicht auch ein Grund, wieso LiS2 teilweise so Holzhammer ist (siehe die bösen Rechten *g*). Was Teil 1 natürlich auch war, aber Holzhammer-Erzählung an Schulen ist halt, wie oben geschrieben, ein wenig anders als eine gesamte Gesellschaft damit zu behandeln^^

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Ist dieses Ending einfach die Konsequenz aus all den Entscheidungen, die Sean getroffen hat? Dann übergehen wir den Rassismus wieder und sagen den Latinos, dass sie sich mal bitte zusammenreißen sollen.
Im Prinzip... siehe oben. Und meine Antwort wäre "ja, alle Entscheidungen aus der Grundsituation heraus und gegeben den Problemen". Man darf halt nicht vergessen, dass für das Spiel nicht nur die Rassismusthematik sehr wichtig ist, sondern auch das Verhältnis der beiden Brüder. Da stimme ich Dir durchaus zu, dass es ein wenig drüber und drunter geht und beim Ende gewinnt dann einfach die Seite, bei der das Spiel fragt, wie man Daniel erzogen und sich gegenüber ihm verhalten hat. Was ich für einen sehr gelungenen Abschluss halte. Und dass Latinos für Dinge, die sie nicht getan haben, öfter Probleme kriegen, ist doch auch abseits von Kapitel 1 der Unterton vom Spiel? Kapitel 1 dient ja als Grounding für alles weitere, meiner Meinung nach musste das nicht noch regelmäßig explizit angesprochen werden - obwohl ich bei einem Spiel, was die Rassistenkeule so oft rausholt, durchaus erkennen kann, wieso man es erwarten würde *g*
Übrigens finde ich da, dass Kapitel 4 mal wieder extrem rausfällt und ich bin immer noch nicht so ganz sicher, was zum Teufel die hier eigentlich tun wollten, außer noch mal schnell nen sinnfreien Seitenhieb gegen Religion reinballern^^
Ich denke nicht, dass der Knast eine besondere Aussage über Latinos dort machen wollte. Dass das Spiel zumindest die Tatsache anprangert, dass das System grundlegend rassistisch ist, wird glaube ich mehr als deutlich - ungeachtet von einigen Positivbeispielen.

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Eher andersrum: Dass stehlen potenziell richtig sein kann (gerade in der Rassisten-Tankstelle!), finde ich sogar gut, ich finde nur blöd, dass dich das Spiel dann dafür bestraft, weil dein Bruder plötzlich denkt, stehlen sei IMMER richtig, selbst bei dem netten Auto-Hippie. Man kann das natürlich darauf reduzieren, dass Kinder oft ein bisschen simpel sind und dumme Dinge tun, aber wenn das im Spiel die emotionale Konsequenz aus deinen Entscheidungen ist, trifft das Spiel damit natürlich auch eine Aussage, und zwar: Stehlen ist eine Handlung gegen den gesellschaftlichen Zusammenhalt, und wenn du das tust, endet dein Bruder am Ende als Gangbanger in Mexiko. Und das, obwohl du nur die Zelte von dem Holzbär-Rassisten geklaut hast, um nicht in der Nacht zu erfrieren.
Daniel tut ja durchaus dumme Sachen, und eigentlich finde ich es sogar sehr gelungen, wie sie ihn als Kind umgesetzt haben. Deine Extrapolation finde ich ein wenig extrem, denn immerhin ist das nicht die *einzige* Entscheidung, die Daniels Verhalten beeinflusst. Man muss es schon sehr stark weiter in die Richtung drücken, damit er zum Gangbanger wird *g*
Ich muss aber zugeben, dass ich das Zelt nicht gestohlen habe und daher auch nichts aus Brodys Wagen, daher kann ich nicht sagen, was für eine Reaktion Sean darauf hat.