Phantasy Star IV: The End of Millenium
„Nach einer Serie von Katastrophen wurde das Managementsystem des Sonnensystems, 'Mother Brain', zerstört, und auch der erste Planet Parma. 1000 Jahre später erholt sich die Zivilisation von Algo, es werden wieder Fortschritte erzielt, und alte Technologien werden wiederentdeckt. In dieser mittelalterlichen Welt, auf dem zweiten Planeten des Systems, Motavia, beginnt die Geschichte. Alys Bragwin ein angesehener Hunter und ihr Lehrling Chaz Ashley erhaltenen einen Auftrag in der Akademie von Piata, nichtsahnend dass dies der Anstoß für eine große Reise wird an dessen Ende das Schicksal von ganz Algo auf dem Spiel steht“
Ein Manifest für das gekonnte Pacing älterer RPG's
Da wäre es, das erste und einzige reinrassige rundenbasierte JRPG dieser Challenge. (Shining Force zähle ich als S-RPG)
Ich tue mich hierbei immer etwas schwer weil ich dazu tendiere JRPG's viel auf mechanischer Ebene zu erörtern, wo die Mechaniken für einen nicht zu unterschätzenden Anteil an Spielern nur Mittel zum Zweck sind, um eigentlich die Geschichte zu erleben. Ich denke jedoch dass die Mechaniken wichtig sind, damit derlei konfliktreiche Geschichten ihre Wirkung entfalten können.
Seid also vorgewarnt, wenn ich hier mehr über das Kampfsystem spreche, als über die Story. Vorweg kann ich jedoch schon mal teasen dass ich über Zweiteres sehr positives zu berichten habe, nicht per se inhaltlich, aber auf die Art wie diese strukturiert ist.
Ich habe viel Gutes über Phantasy Star IV gehört, war dennoch etwas skeptisch, die Grafik empfinde ich gewöhnungsbedürftig steril, das Charakterdesign sehr typisch an Animus der 80er nachempfunden und viele ältere JRPG's leiden ein wenig unter einem sehr monotonen und versimpelten Core-Gameplay-Loop. Es stellt sich hierbei für mich immer die Frage ob die RPG-Elemente rein zum Selbstzweck dienen (was ja damals noch eine relativ neue Idee für viele war) oder ob da ein bisschen mehr hinter steckt, sprich: balancing-technisch taktische Rundenkämpfe, bedeutsame Charakterentwicklung und ein gesundes Maß an Ressourcenmanagement während der Dungeon-Erkundung.
Es besteht immer das Risiko dass das Pendel zu stark in Richtung Grind-Orgie schwingt, wo die Höhe der Statuswerte das einzige Kriterium sind um Kämpfe für sich zu entscheiden, gleichzeitig kann aber auch das Wachstum der Statuswerte verkackt worden sein und das Spiel entwickelt eine umgekehrte Schwierigkeitskurve. (wobei ich dieses Problem auch häufiger in modernen JRPG's begegne)
Diese Frage lässt sich gemeinhin erst nach etwas längerer Spielzeit beantworten und ich betone das hier noch mal gesondert, weil die ersten Spielstunden in Phantasy Star IV für mich ziemlich belanglos waren.
Das Kampfsystem ist auf dem ersten Blick so konventionell wie man es sich vorstellen kann.
Relativ schnell bekommt man eine volle Party zusammen und die ersten Gegner ziehen kaum mehr als einen Schadenspunkt den Figuren ab, wo die Lebenspunkte relativ schnell in den 3 stelligen Bereich anwachsen. Die Dungeons selbst kommen ohne große Besonderheiten auf, so sind es Labyrinthe mit Verzweigungen die zu Truhen führen oder auch nicht. Dabei gibt es nur eine halbe Hand voll Settings im gesamten Spiel. Meistens handelt es sich um Höhlen oder technologische Anlagen. Die Zufallskampfrate ist äußerst volatil, es gibt kein Offset an Schritten die man mindestens kampf-frei laufen kann. Theoretisch kann nach jedem Schritt ein Kampf erscheinen oder aber auch erst nach jedem hundertsten. Es gab Momente wo ich große Bildschirme komplett kampflos überqueren konnte, aber auch das totale Gegenteil. Ich kann nicht genau sagen ob es je nach Ortschaft Unterschiede gibt, tendenziell führt es aber dazu wohl dass man mehr als genug kämpft, auch ohne es auf Grinding auszulegen.
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Eine Eigenschaft die Phantasy Star in dieser noch jungen Zeit für sich pachten konnte, ist die Verschmelzung der klassischen Mittelalter-Fantasy mit einem Sci-Fi Setting. Ein Großteil der Feinde denen man begegnet besteht aus Robotern, Maschinen oder Aliens. Das gilt nicht nur für den Kader des Feindes, sondern auch für die eigene Party. Ingesamt 10 Gruppenmitglieder schließen sich im Laufe des Spiels an von denen jeweils 5 an einem Kampf teilnehmen können. Wirklich Gedanken um die Konstellation brauch man sich nicht zu machen, denn das übernimmt schon das Spiel für einen. Regelmäßig wechselt sich der Kader aus Storygründen und erst ganz am Ende kristallisiert sich heraus welche 4 Figuren nun letztlich die Haupttruppe ausmachen, während das 5. Mitglied just vor dem Finalkampf noch mal selbst bestimmt werden kann.
Die Unterscheidung zwischen organischen und anorganischen Lebensformen spielt durchaus eine Rolle. Je nachdem ob man einen Roboter oder Alien bekämpft wirken bestimmte Attacken effektiver. Robotergegner lassen sich z.B mit einem gesonderten „Jam“ Statuseffekt gleich komplett ausschalten. Um das zu bewerkstelligen gibt es gleich 2 Arten von „Magie“ nämlich „TECH“ und „SKILL“. Ersteres soll wohl die klassische Magie darstellen und kostet dementsprechend eine Ressource die an Mana angelehnt ist. Zweiteres behandelt irgendwelche technologischen Angriffe, aufgrund der Präsentation kann ich nur mutmaßen, aber der Unterschied ist dass Skills eine limitierte Anzahl an Nutzungen erlauben, die dann erst nach dem Besuch in einem Gasthaus erfrischt werden, mit höheren Level können Charaktere diese Skills öfters nutzen. (Videospiellogik)
Grundsätzlich kann jedoch unter beiden Arten von Spezialaktionen alles mögliche dabei sein. Manche Charaktere haben von einen mehr, als vom Anderen.
Hierbei seien besonders die Androiden erwähnenswert. Im Laufe des Spiels bekommt man 2 Androiden Charaktere in seine Gruppe, die überhaupt keine Möglichkeiten haben Techs zu verwenden. Ebenso können Sie sich nicht durch gewöhnliche Heilzauber oder Items regenerieren.
Als Ausgleich kommen sie jedoch auch mit viel mehr Lebenspunkten daher und können nicht dauerhaft kampfunfähig werden. Wie bei den Roboterfeinden sind auch Androiden anfällig gegenüber der „Jam“Statusveränderung.
Da beide Androiden einen limitierten Selbstheilungs-Skill besitzen, waren sie für mich immer die stärksten Charaktere der Gruppe, die nicht sonderlich stark auf Unterstützung angewiesen sind.
Generell unterscheiden sich die Partymitglieder stark in ihrer Ausprägung und das obwohl die Art von Angriffen die man ausführen kann schon stark begrenzt ist. Meistens führt man entweder Single-Target-, Multi-Target Angriffe aus, heilt oder nutzt eine Statusveränderung. Wobei die Statusveränderungen (bis auf Sofortkills) in gewohnter JRPG-Manier komplett nutzlos sind. Für die hohe Frequenz an normalen Gegnern lohnen sie sich nicht und Bosse sind komplett immun dagegen.
Dadurch dass es keine Beschreibungen für die sehr nichtssagenden Namen der Zauber gibt, muss man die Effekte erraten oder schlägt diese in der Spielanleitung nach, bzw unseren modernen, alles-wissenden Äquivalent dazu, ein Wiki.
Wobei man die Anleitung zu dem Spiel schon sehr loben muss, da sämtliche Elemente in umfassender Weise dokumentiert wurden und wenn nicht durch Zufall, wird man wohl dort zum ersten Mal von „Kombinationsangriffen“ erfahren. Wenn 2 oder mehr Charaktere in der richtigen Reihenfolge bestimmte Angriffe ausführen würden, schließen sie sich stattdessen zusammen um einen neuen starken Angriff zu entfesseln. Ich bin auf 4 der 15 verschiedenen Kombinationsangriffe aus Zufall gestoßen. z.B. würde aus den TECH's FOI (Feuerzauber Single Target) und ZAN (Windzauber Multi-Target) ein „FIRESTORM“ Zauber werden.
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Wie erwähnt sind die Kämpfe zu Beginn sehr trivial obgleich sich hier und da einige interessante Gegner-Verhaltensweisen finden lassen, die zumindest aufzeigen, dass sich die Entwickler schon etwas Gedanken um das Encounterdesign gemacht haben. So kann man Riesenwürmer finden, die sich in kleinere Würmer aufspalten, der erste Boss ist ein Enemy-Spawner und nimmt selbst nicht am Kampfgeschehen Teil. Ein bestimmter Boss hat einen Schild der nur mit Hilfe eines besonderen Artefakts durchdrungen werden kann. Eine Roboter-Gegnerart ist ein Reflektor und dient nur als Bestandteil einer Streuung eines Lasers den ein anderer Gegner ausführt. (zerstöre ich erst die Reflektoren mit weniger HP und verhindere die Streuung oder konzentriere ich mich auf den Lasergegner?)
Und so kommt es doch nach den ersten paar Stunden dazu dass das Encounterdesign ordentlich zulangt, was unter anderem auch daran liegt dass Ausrüstung ein sehr wichtiger Bestandteil für die Statuswerte in dem Spiel sind. Ein gut ausgerüstetes Partymitglied ist wohl besser als ein schlecht ausgerüstetes, selbst wenn dieses 3-5 Level niedriger ist. Die Preise in dem Spiel sind hoch genug angesetzt, dass man sich eigentlich nie auf Anhieb leisten kann, die komplette Riege auszustatten. So bekommt Gold für weite Teile des Spiels eine genau so wichtige Bedeutung zugeschrieben wie EXP. Leider erübrigt sich das etwas gegen Ende, wo die Dungeons länger und frequenter werden und man praktisch jede Stadt und deren Läden bereist hat. So gibt es dann leider keine Möglichkeiten für Ausgaben mehr und man trägt den Geldbestand wie einen stetig wachsenden Highscore um sich her.
Mit den deutlich härter austeilenden Gegnern steigt natürlich auch der Bedarf an Ressourcen und so kommt es tatsächlich dazu dass man sich das Maß an Heilzaubern gut einteilen muss, die Frequenz an Zufallskämpfe kann nerven ja, sie sind aber auch gefährlich so dass man trotz den simpel ablaufenden Kampfgeschehen konzentriert bleibt, weil man darauf erpicht ist, halbwegs sicher zum Boss zu kommen. Das ist vielleicht die spannendste als auch frustrierendste Komponente. Zwar hat nicht jeder Dungeon am Ende einen Bosskampf, aber ebenso gibt es keine Speichermöglichkeiten innerhalb von Dungeons. Das Spiel erlaubt es einem nämlich zu jeder Zeit zu speichern, eben nur nicht in Dungeons. Wer also eine längere Dungeon-Exkursion hinter sich hat und am Ende am Boss scheitert, hat wohl all die Zeit bis dahin umsonst investiert, denn beim Game Over wird man prompt zum Titelbildschirm verfrachtet. Daher war mein Ansatz häufig, einen Dungeon vollständig zu erkunden, jeden Kampf mitzunehmen und kurz bevor ich glaube, dass es zum Bosskampf kommt mich raus zu teleportieren, (es gibt Schnellreise und Fluchtzauber) aufzupeppeln, speichern und dann noch mal den ganzen Weg abzulaufen, aber dabei versuche möglichst häufig zu flüchten. Die Fluchtoption ist stark an dem Agilitätswert der Gruppe gekoppelt, wenn die Gruppe schnell genug ist kann man so gut wie immer entkommen. Im gegenteiligen Fall wiederum ist man quasi genötigt Kämpfe auszutragen. Das ist wieder so eine Eigenschaft die Dungeons entweder sehr gefährlich macht oder aber sämtliche Gefahr relativiert.
Die Male wo ich wirklich gezwungen war, habe ich meistens auch den Bosskampf mitgenommen und dieses Risiko hatte sich für mich immer ausgezahlt, denn so lange die Ressourcen ausreichen, erwartet einem selten wirklich eine böse Überraschung. Es reicht aus wenn man starke Heilung und starke Angriffe nutzt, denn die Schwierigkeit der meisten Bosse geht rein von der Stärke ihrer AoE Angriffe aus. Was durchaus ein Problem darstellt, da das Spiel mit Flächenheilzauber, bzw generell starken Heilzaubern geizt, sich aber mit dem Partymitglied „Raja“, einem Dezolianer, der aussieht wie ein Namekianer aus Dragon Ball, schlagartig ändert.
Der Mangel an Speicheroptionen wird wohl viele sauer aufstoßen, meiner persönlichen Spielerfahrung hat das jedoch wenig Abbruch getan, weil die meisten Dungeons nicht wirklich lang sind und ich generell mit Bossen nie wirklich Schwierigkeiten hatte. Ich glaube ich bin nur in 2 Fällen wirklich mal gestorben und eines davon war der Endboss. Gewiss sind die Umstände jedoch kritikwürdig. Ich denke eine Speicherpunkt, bei dem man nicht geheilt wird hätte gereicht, so dass man nicht anfängt alles zu ignorieren und ausschließlich vor dem Boss grindet.
Was ich als sehr fortschrittlich für die Zeit halte ist die Möglichkeit Makros zu verteilen. Man kann spezielle Marko Slots mit Aktionen für jeden Charakter hinterlegen und dann einfach abspulen, was bei einer Partygröße von 5 sehr viel Klickerei erspart. So hatte ich Makros für hohen Single-Target, Multi-Target Output und die klassische Eröffnung bei Bosskämpfen durch Buffs. Wahrscheinlich hätte ich noch mehr optimieren können, doch die 3 Aktionen haben schon eine Menge an trivialen Kloppkämpfen verkürzt.
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Außerhalb der Dungeons spielt sich das Geschehen auf der Weltkarte und in Städten ab, alles wie gehabt, wobei man im Laufe der Geschichte noch andere Planeten bereist. Die Städte sind stark gestreamlined, selten gibt es storyrelevante NPC's und man besucht eben die typischen Einrichtungen. Zu entdecken gibt es nicht wirklich was, auch spritzige Monologe der NPC's wie in Shining Force vermisse ich, dafür nimmt sich das Spiel selbst zu ernst. Eine Ausnahme stellt die Stadt Aiedo auf dem Planeten Motavia dar, dort gibt es die Hunter Gilde in der man nach und nach Nebenquests freischaltet, was neben den ein oder anderen optionalen Dungeon die einzige Nebenbeschäftigung in diesem sonst doch sehr linearen Spiel darstellt. Die Nebenaufgaben sind sehr gut in die Spielwelt mit eingebettet, klar man beschäftigt sich zu großen Teilen mit den Sorgen der Einwohner, doch die beziehen sich meist immer auf die unwirtlichen Bedingungen des Planeten. Besonders eine Nebenquest ist so stark in die Story eingebettet dass man definitiv etwas verpasst, wenn man diese nicht rechtzeitig beginnt, denn wie ich gelesen habe, sind einige Aufgaben aus nachvollziehbaren Storygründen, zeitgebunden. Als Belohnung gibt es auch saftige Geldpreise.
Die Weltkarte unterscheidet sich vom Aufbau stark davon auf welchen Planeten man sich befindet. Generell ist der Bildschirmausschnitt nicht größer als die Fläche die man zu bereisen hat, weswegen das Potenzial sich zu verfahren besteht. Verfahren? Ach jetzt habe ich ganz vergessen dass man die Vehikel nicht von Anfang an besitzt.
Im Laufe der Zeit schaltet man einen Rover frei und später noch weitere Fahrzeuge, über diesen kann man in Windeseile die Weltkarte durchqueren, dennoch ist man auch damit nicht vor Kämpfen gefeit. Der Clue an der Sache ist jedoch dass die Kämpfe mit dem Fahrzeug selbst ausgetragen werden. Nicht dass es dort sonderlich viel Varianz gibt. Denn der Rover hat nur ein sehr eingeschränktes Arsenal aus Angriffen und lässt sich auch nicht Leveln. Ebenso regenerieren sich die HP direkt nach dem Kampf. Diese Komponente wirkt sehr unterentwickelt und Gimmicky, jeder Kampf ist so gestaltet dass man ihn mit dem Fahrzeug gewinnen kann, solange man noch Skills hat. (falls ihr euch erinnert, der Nutzen ist limitiert und so ein Fahrzeug kann nur Skills wirken) Da man trotzdem EXP für die Party erhält ist das eigentlich der sicherste Weg um von A nach B zu reisen, trotzdem EXP abzustauben und die Ressourcen zu schonen.
Was ich beim 2. Planeten ganz interessant fand, war dass dieser zu Beginn mit Eisschichten überdeckt ist um diese zu brechen, benötigt man ein neues Fahrzeug was durch das Eis brechen kann. Ab dem Zeitpunkt entwickelt sich die Weltkarte selbst zu einem Labyrinth wo die Städte sehr weit getrennt isoliert innerhalb einer Eisödnis aufzufinden sind. Da kam bei mir ein bisschen Entdeckerdrang auf.
Im Grunde spielt sich also Phantasy Star IV wie ein gewöhnliches, halbwegs kompetentes JRPG mit Scif-Fi Setting, jedoch ohne viel Abwechslung und den Bequemlichkeiten die man von modernen JRPG's gewohnt ist. Einseirseits kann es positiv sein wenn man weiß woran man liegt, doch auf lange Sicht wird so was ermüdend, umso erfreulicher ist es, dass Phantasy Star IV ein ziemlich kurzes JRPG ist. Das meine ich jetzt nicht im negativen Sinne nach dem Motto „gut dass es schnell vorbei ist“ im Gegenteil. Dieses Spiel weiß genau wie lang es zu sein hat. Während ich nämlich zu Beginn sehr unmotiviert war, versteht es die sehr pragmatische Geschichte bestens den Spieler bei der Stange zu halten.
Gerade bei Spielstart habe ich mich etwas verloren gefühlt, weil die Geschichte sehr plötzlich beginnt wo die Protagonistin Alys Bragwin mit ihrem Lehrling Chaz Ashley Untersuchen an einer Akademie anstellen. Die Figuren kennen sich untereinander schon längere Zeit und das Verhältnis zwischen den beiden wird nur durch wenige Dialogzeilen rüber gebracht.
Bis dahin hatte ich kein Gefühl für die Spielwelt und die Motivation der Figuren, zudem schließen sich sehr schnell weitere Figuren an. Dieser abrupte Einstieg gibt gut den Takt vor wie sich die weiteren Ereignisse im Spiel ergeben. Im Prinzip läuft es darauf hinaus dass ein böser Magier namens „Zio“ eine Spur der Verwüstung über ganz Moltavia hinter sich zieht, mit dabei eine fanatische Anhängerschaft die ihn als Gott verehrt.
Was die Sache so interessant macht ist dass die Prämisse nur eines von mehreren Momentaufnahmen innerhalb der Geschichte ist. So ist Zio nur ein Akt während man nach und nach versucht den Drahtzieher hinter dem Verfall des Sonnenssystem zu finden. Hierbei spielt die sogenannte „Dark Force“ eine Rolle, ein abstraktes Wesen was sich in vielerlei Formen manifestiert und der Gruppe regelmäßig auflauert; sogar als getarntes Partymitglied. Der stetige Charakterwechsel sorgt für eine große Gruppendynamik führt jedoch wohl auch dazu, dass die zwischenmenschliche Komponente, also die Chemie unter den Figuren etwas auf der Strecke bleibt. Gerade die Androiden sind regelrecht Plotdevices. Chaz emanzipiert sich von Alys Sidekick (die erstaunlicherweise sehr viel Ähnlichkeit zu der Heldin des ersten Teils „Alis“ hat) zu der eigentlichen Hauptfigur und entwickelt eine romantische Beziehung zu „Rika“ dem Catgirl der Gruppe, einem synthetisch geborenen Wesen aus einem Super Computer, zum Zeitpunkt als sie die Gruppe beitritt ist sie 1 Jahr alt, aber bereits hyperintelligent und zumindest körperlich erwachsen, von daher wollen wir es mal mit der „Pädophilie“ nicht so eng sehen. ¯\_(ツ)_/¯
Gerade Rika zeichnet sich dadurch aus dass sie die Außenwelt nur durch Datenbanken kennt und so wird sie in dem ein oder anderen Dialog als naiv und unbeholfen dargestellt. Dann gibt es noch „Rune“ einen scheinbar alten Freund von Alys den ebenfalls ein großes Enigma umgibt, er ist ein sehr weiser aber auch schroffer Magier, der ständig mit Chaz aneinander gerät, welcher sich quasi mit ihm um ihre Gunst streitet.
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Wie gewohnt aus älteren Spielen entnimmt man diese Eigenschaften aus wenigen Dialogzeilen, da wird nicht sehr lange herumgestritten in minutenlangen aufwändigen Cutscenes. Mir persönlich hat das gereicht, wer jedoch auch den Soap-Anteil einer RPG-Truppe bevorzugt, wird wohl auf lange Sicht etwas unbefriedigt sein, da sich viele der Dialoge stark auf die Handlung beziehen, also quasi darum was es als nächstes zu tun gibt, Zeit um etwas Smalltalk zu führen gibt es dabei nicht. Dafür gibt es einen Menüfunktion wo die Figuren miteinander reden, was als nächstes zu tun gilt, die jedoch rein für den Spieler gedacht ist. Ab und an fällt da schon mal ein bisschen Persönlichkeit durch.
Innerhalb der Geschichte kommt es zu mehreren tragischen Ereignissen wie z.B Charaktertode. Wenn es Cutscenes gibt, werden diese in Standbildern gezeigt die in dem klassischen 80er Animestil gezeichnet sind. Das wird vor allem zum Expressionismus eingesetzt, wenn es darum geht Alys verschlagene Seite zu zeigen, Chaz weinerliches Gesicht, die bedrohliche Aura von Zio, der Streit zwischen Rune und Chaz usw.
Auch einige grotesk gezeichnete Aliens lassen sich bestaunen.
Wer heutzutage moderne RPG's gespielt hat, wird das Pacing vielleicht erfrischend finden, im Prinzip lässt einem das Spiel wohl immer im Glauben der nächste Schritt würde der Letzte sein, nur damit es dann überraschend doch noch weiter geht. Wobei sich ab und an parallele Handlungsstränge überlappen, so werden die lokalen Probleme des Planeten Dezoris erst mal nach hinten geschoben, im Glauben dass sich der Drahtzieher allen Übels auf einem Satelliten befindet, nur damit sich herausstellt dass man die Sorgen der dortigen Anwohner doch vielleicht hätte etwas mehr Gehör schenken sollen.
Sehr schön war auch die Rückkehr nach Moltavia gegen Ende des Spiels. Während man den Planeten bislang nur zu Fuß erkunden konnte, erhält man mit einem amphibischen Fahrzeug Zugang zu den Landmassen jenseits der Meere und im gleichen Schlag schalten sich mehrere Nebenquests frei (darunter auch die eine wichtige für die Story) nach den sehr turbulenten Ereignissen auf Dezolis war das ein super Weg um abzuschalten da die Aufgaben sich dort etwas leichtherziger abspielen teils mit humoristischen Twists. So bittet der Bürgermeister einer abgelegenen Inselkolonie die Gruppe um Hilfe seine verschwundenen Töchter zu suchen, diese waren zum Einkauf mit dem Floß nach Aiedo gesegelt und sind seitdem verschollen.
Während man leise Hinweise erhält dass die Mädchen definitiv in der Stadt angekommen sein müssen, muss man selbst als Spieler überlegen wo man die Mädchen vielleicht auffinden könnte. Die Lösung ist: Im Gefängnis. Anscheinend haben die verwöhnten Mädchen mehr gekauft als ihre Kreditkarte imstande war zu leisten und so wurden sie kurzerhand eingebuchtet. Das Lösegeld was man für sie bezahlen muss ist genau so hoch wie die Belohnung des Bürgermeisters. Zu der Tatsache gibt es einen lustigen Dialog bezüglich Chaz Bestürzung.
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Einige optionale Dungeons sorgen ebenfalls für weiteren Input bezüglich World-Building und Charaktermotivation. So bekommt Chaz Charakterarc kurz vor Schluss einen Epilog spendiert der komplett optional ist. Alles in solch einer Geschwindigkeit aufgedröselt dass es ins 20 Stunden Korsett passt. Am Ende bekommt man trotzdem das Gefühl dass das Spiel viel länger ging als es eigentlich war, was ich schon immer an älteren RPG's zu schätzen wusste. Terranigma erzielt ja beispielsweise einen ähnlichen Effekt. Dadurch dass für jeden geschafften Dungeon die Ereignisse in der Geschichte voranschreiten und es wirklich schnurstracks immer zum nächsten Ziel geht schafft man in dem doch sehr formelbehafteten Rollenspiel einen Spannungsbogen zu kreieren, der vielleicht nicht die innovativste und interessante, dafür aber eine effektiv erzählte Geschichte präsentiert, die zwar recht klassisch aufgebaut ist, aber mit den Sci-Fi Allüren bis dato ein Alleinstellungsmerkmal besitzt.
...außerdem hat es ein putziges Catgirl!
Ein paar letzte Worte noch zur Musik, die klingt so krass nach Genesis-Soundchip wie es nur möglich ist, ich empfand das Sampling sehr minimalistisch stellenweise und einige der piepsenden Songs gerade in den Städten empfand ich eher als dröge. Insgesamt ist der Soundtrack nicht besonders groß und besteht aus vielen Battle Tracks in denen meinem Eindruck nach sichtlich die meiste Mühe eingeflossen ist, so haben einzelne Bosse komplett eigene Songs. Das Thema vom Kampf gegen Zio „Laughter“ fand ich am eingängigsten, wenn auch dieser sehr reduziert ist, schafft er effektiv ein Gefühl der Anspannung zu verursachen.
Meine Gesamteinschätzung zum Soundtrack wäre damit wohl ein: „naja, ist hörbar“
Spielzeit: 19:38
Schwierigkeitsgrad: Volatile Zufallskampfrate, Fluchtfunktion an Agilität gebunden, begrenzter Inventarplatz für Heilung, hoher Schaden durch Feinde nach den ersten paar Spielstunden, Austüstung ist wichtig, Teure Preise für Ausrüstung, Vehikel erlauben es Ressourcen auf der Oberwelt durch die Kämpfe zu sparen, keine Speicherpunkte vor Bosskämpfen, die meisten Bosskämpfe ohne Gimmicks, einige Instant-Kill Situationen durch Statusveränderungen, Androiden sind besonders stark, wechselnde Partymitglieder, Festlegen von Makros, relativ schwache Heilzauber zu Beginn..., ...was sich mit Raja stark ändert.
Macht insgesamt einen Schwierigkeitsgrad von: 48%
Abschließende Wertung: B
Zusammenfassend profitiert das Spiel stark vom hervorragenden Pacing, der Core-Gameplay-Loop profitiert ebenfalls davon dass Kämpfe nicht zu lange dauern und sich durch Makros noch weiter verkürzen lassen. Dafür ist es auf Dauer sehr monoton und bietet nur vereinzelt Besonderheiten. Taktische Vielfalt weicht eher einem höheren Fokus auf Ressourcenmanagement der mit der Zeit durch mehr und stärkere Heilmöglichkeiten abnimmt.
Wo das Spiel wohl heutzutage am wenigsten zu begeistern weiß ist die sterile Präsentation mit ihren immer gleich aussehenden Umgebungen, eine gewisse Trostlosigkeit schadet der Atmosphäre nicht. Doch fast sämtliche Städte und Dungeons sehen untereinander ziemlich gleich aus und bieten auch nur wenig Interaktionsmöglichkeiten. Die Musik die die in Out- und Indoor Bereichen wenig Varianz bietet tut da ihr übriges diesen Eindruck noch zu verstärken.
Trotzdem schwingt bei dem ganzen durch das Sci-Fi Setting ein gewisser Retro Charme mit bei, dem ich mich irgendwann mitten im Spiel nur schwer entziehen konnte. So ein bisschen passt das archaische auch einfach zu der stringenten Geschichte die von einem aussterbenden Universum erzählt, in dem Sinne konnte ich mich an viele Dinge mit der Zeit gewöhnen. Ich würde sagen, wer die ersten 5 Stunden von Phantasy Star IV hinter sich hat, investiert gerne auch noch die anderen 15 Stunden.