Kid Chameleon
Ein neues hyper-realistisches VR Spiel ist in der Spielhalle erhältlich! Vielleicht ein bisschen zu realistisch... der Bösewicht des Spiels hat sich kurzerhand verselbständigt und entführt Kinder in die virtuelle Welt. Nur noch einer kann sie retten.
Das ist die Story von jemanden der zu taff ist, um jemals geschlagen zu werden.
Mein erster Gedanke als ich das Intro gesehen habe: „OH YEAH!“ Ich glaube es gibt kein Spiel zu der Zeit was die Pseudocoolness der 90er besser einfängt.
Wahnsinnig:
- edgy,
- dunkel
- und dreckig
Mit Neonlichtern und synthesizer-lastigen Soundtrack das ist Kid Chameleon!
radical dude!
Ohne das Intro könnte man sich jedoch alles Mögliche zusammen reimen, denn das eigentliche Spiel hat dann nicht mehr viel mit der Hintergrundhandlung zu tun. Es ist eine Entschuldigung dafür, warum der coole Junge mit dem weißen Tank-Top und der Sonnenbrille durch wild durcheinander gewürfelte Welten reist, mit einer Levelstruktur, die frappierend an das klassische Super Mario Bros. erinnert.
So war ich doch zunächst etwas enttäuscht einen scheinbar so konventionellen Titel zu spielen, von denen es mehr als genug zu der Zeit gab. Im Allgemeinen fühle ich mich bei der Optik und Soundkulisse eher an ein Amiga Spiel erinnert, sowas wie Ruff 'n' Tumble z.B oder Jazz Jackrabbit was stark von Plattformern auf dem Amiga inspiriert wurde.
Was sich jedoch gar nicht so mario-mäßig anfühlt ist die Steuerung und "oh Junge!", ich habe wirklich eine ganze Weile gebraucht, bis ich mich daran gewöhnt habe. Der Junge selbst steuert sich unglaublich schwammig, Sprünge nach vorne kommen mit einem Bremsweg daher und die Luftkontrolle ist hyper-sensibel, präzise Sprünge sind in dem Spiel ein echter Graus, maximiert wird das nur noch wenn die Bodenbeschaffenheit rutschig ist, dann gibt es nach einem Sprung so gut wie kein Halten mehr.
Genau so wie in Mario sind die Level gepflastert mit Blöcken, die nicht so richtig in die Umgebung passen wollen und verschiedenste Goodies enthalten, darunter auch Power-Ups.
Die Power Ups werden in Form von Helmen dargestellt mit denen der Junge in verschiedenste Rollen schlüpft, ja gar verwandelt! Daher wohl der Name „Kid Chameleon“ Im Gegensatz zu üblichen Plattformern wo es nur eine geringe Anzahl verschiedener Power-Ups gibt, beinhaltet Kid Chameleon ganze 9 unterschiedliche Helme.
Alle 9 Helme mit ihren Original Artworks
Helme sind daher essentiell, da der Junge - bis auf einen (ziemlich smoothen) Salto zum hinaufziehen auf Blöcken - keinerlei Vorteile besitzt. Man beißt bereits nach 2 Treffern ins Gras, Helme im allgemeinen verleihen dem Charakter jedoch immer mindestens 3 Leben und heilen dabei auch noch. Sollte man die Leben mit einem Helm verlieren, ist das noch nicht das Aus, sondern man kann wieder in der normalen Form versuchen einen weiteren Helm zu finden, diese sind in den meisten Leveln zuhauf verteilt.
Diese Helme haben häufig nur eine spezielle Funktion, manchmal aber auch mehrere, so gibt es z.B eine Art „Ritter Rost“ Helm. Das ist der einzige Helm im Spiel der den Charakter 6 statt 3 Leben verpasst, sozusagen das „Tank-Power-up“ gleichzeitig, ist es der einzige Helm der einem erlaubt vertikal an Wänden hoch zu klettern, obendrein lassen sich mit dem Helm auch noch Blöcke jeglicher Art zertrümmern. (was jedoch auch schnell zum Nachteil werden kann, wenn man denn gedenkt auf den Blöcken stehen zu wollen.)
Die Design dieser Rollen orientiert sich teils an typischer 80er & 90er Popkultur. So gibt es eine Jason Vorhees Skimaske bei der man mit Äxten werfen kann. So ne Art Cyber Samurai mit dem man höher springen kann und mit dem Steuerung die NOCH schwammiger wird oder eine Fliegen Maske, mit der man winzig klein wird und an Wänden haften kann, so Ant-Man mäßig.
Zu den skurilleren Ideen gehören ein Skelett in einem Panzer, der mit Totenschädeln schießt und so ne Art Superheld der sich in einem Tornado verwandeln kann. Insgesamt sind das alles recht abgefahrene und auf „Edge“ getrimmte Designs.
Anders als z.B in Mario wo die Power-Ups optional und als Spielhilfen gedacht sind, sind in Kid Chameleon die Helme oftmals unumgänglich, das sorgt auch dafür dass man sich in Umgebungen softlocken kann, wenn man den notwendigen Helm verloren hat. Glücklicherweise bietet das Spiel in dem Fall eine manuelle Suizid-Funktion.
Da man leider immer nur einen Helm gleichzeitig tragen kann, kann es durchaus vorkommen dass man sich mit einem falschen Helm in eine Sackgasse manöveriert, das passiert zwar nicht allzu häufig, ist aber trotzdem ärgerlich, allgemein besitzt das Spiel jedoch sehr viel „Jank“ in puncto Leveldesign wozu ich später noch komme.
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Jeder Helm besitzt 2 bildschirmfüllende Fähigkeiten, die man nur mit den, in den Leveln eingesammelten Juwelen, nutzen kann. Die Erste durch 20- und die Zweite durch 50 Juwelen. Man könnte sich schnell vertun und glauben dass die Juwelen in den Leveln für typische Extra-Leben gedacht sind, aber tatsächlich stoppt der Zähler ab 99 und ohne einen Blick auf die Anleitung, weiß man wohl nicht so recht was damit anzufangen.
Nun ja indirekt habe ich die Juwelen dann doch für Extra-Leben genutzt, bei den meisten Effekten handelt es sich nämlich nur um irgendwelche Bildschirm-Cleaner oder Schutzschilder, alles was langfristig keinen Nutzen mit sich bringt, wenn man bedenkt dass man für 50 Juwelen schon wirklich sehr viel einsammeln muss.
Mit der Jason Vorhees Maske kann man mit dem Einsatz von 50 Juwelen ganz schlicht ein Extra- Leben dazu bekommen und das habe ich genutzt wann immer es möglich ist, denn Kid Chameleon bietet keine Speicheroptionen - noch erlaubt es nach einem Game Over das Spiel an irgendeinem Punkt fortzusetzen.
Diese Eigenschaft ist bei so einem Spiel wie Kid Chameleon problematisch, weil das Spiel mal so eben locker über 100 Level stemmt!!
Der Clue an der Sache ist jedoch, dass die Level nicht notwendigerweise in linearer Reihenfolge besucht werden, noch ist es möglich innerhalb eines Spieldurchgangs alle Level wirklich zu sehen.
Während das Spiel selbst keine Oberweltkarte besitzt, gibt es ein „unsichtbares Netzwerk“ aus Teleportern, diese Teleporter bringen ein zum einen zu Bonus-Stages einfach „Elsewhere“ genannt oder zu einem ganzen anderen Pfad aus Leveln. Teilweise bringen sie dem Spieler aber auch zurück.
Dieses ist wahnsinnig umfangreich und komplex, logisch teilt sich das Spiel in 4 Akte auf. Zwischen diesen Akten gibt es immer einen Boss zu dem man in jedem Fall landet. Von Akt zu Akt wird die Stuktur aus aufeinanderfolgenden Leveln komplexer.
Ich habe hier einfach mal exemplarisch das komplette Netzwerk aus Leveln und wie sie verbunden sind hier angehangen.
Das ist massiv!
Kid Chameleon ist trotz Abwesenheit jeglicher Speicherfunktionen ein unglaublich umfangreiches Spiel mit einer Vielzahl von Geheimnissen und wird dem Spieler sehr viel Ausdauer abverlangen.
Der Vorteil an dieser Struktur ist, dass man auch wenn man komplett neu beginnt, man die Möglichkeit hat, andere Wege zu beschreiten und damit der repetitiven Natur des Versagens etwas entgegen zu wirken. Auch sind in dem Spiel unglaublich viele Goodies wie Extra Leben und Continues versteckt, man muss nur wissen wo diese zu finden sind, das heißt mit jedem weiteren Spieldurchgang wächst die Wahrscheinlichkeit bei fortlaufenden Fortschritt mit mehr Leben davon zu kommen, nicht nur weil man das Spiel besser kennt und die Gefahren umgeht, sondern weil man häufig jedes Mal was neues in den Leveln finden kann, jedes noch so kurze Level von oben bis unten zu erkunden kann sich lohnen. Denn selbst eine hohe Anzahl an Punkten nach einem Level kann neue Leben einbringen, aber auch nur wenn man durch das reguläre Ziel und nicht einem Teleporter gegangen ist.
Dazu sei gesagt dass es viele unsichtbare Blöcke gibt, teils ohne irgendwelche Indikator. Probieren geht als über studieren...
Naja gut ich gebe zu basierend auf meinen Regeln es mir schon etwas leichter gemacht zu haben.
Nach einer überschaubaren Anzahl an Fehlversuchen habe ich mich vorsichtig dran gewagt weitere Informationen zum Spiel zu suchen (ich war nämlich bis hier hin nicht angetan und eher verwirrt von dem Spiel) und dabei bin ich prompt auf eine äußerst umfangreiche Wiki gestoßen.
Kid Chameleon besitzt selbst heute noch eine kleine aber sehr eingeschworene Fangemeinde, welche sämtliches Wissen über dieses Spiel in dieser Wiki verewigt haben: https://kidchameleon.fandom.com/wiki/Main_Page
In dieser Wiki findet man wirklich jedwede Information zum Spiel, vorbildlich geordnet stets nachvollziehbar an welcher Stelle, in welchem Block, welches Goodie versteckt ist und eben ganz wichtig man kann mittels eines Netzplans auf der Seite in jedem Artikel zu einem Level erkennen an welcher Position es steht, was sein Vorgänger war und wie viele Nachfolger es besitzt.
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Ich habe das Wiki daher hauptsächlich benutzt um meine Routen durch das Spiel zu planen, für Level die ich bereits bewältigt habe, dabei habe ich es mir erlaubt deren Artikel zu überprüfen einfach weil ich es teilweise selbst faszinierend fand zu lesen was dort alles steht.
Ich bin ganz ehrlich, ich glaube ohne das Wiki in der Form, wäre ich alleine vermutlich nicht durchs Spiel gekommen. Besonders ab Akt 3 zieht der Schwierigkeitsgrad massiv an und kostet alles an Leben und da ist man schon mal gut und gerne 2-3 Stunden im Spiel drinnen. Obendrein bietet Akt 3 mitunter die gefährlichsten Routen, in eine davon landet man fast automatisch, hat man nicht vor diese bewusst zu umgehen. In der anderen wartet mal so eben das schwierigste Level im Spiel was Tonnen von Leben kostet. Der Neugier halber habe ich es mir nicht nehmen lassen auch diese Level zu spielen, aber eben erst bei einem wiederholten Spieldurchgang, als ich mit dem Spiel schon durch war.
Akt 4 wiederum ist ein teuflisches Labyrinth in dem sämtliche Ausgänge in den Levels nur noch aus Teleportern und selten aus normalen Ausgängen bestehen und falls doch, führen diese nur im Kreis oder zu Anti-Bonus Leveln die nur dazu da sind deine kostbaren Leben zu mopsen. Ohne zu wissen wie die Level verbunden sind, kann man sich schnell verloren fühlen.
Die einzelnen Level an sich können von der Länge sehr unterschiedlich ausfallen, dass es so viele sind, liegt sicherlich auch daran dass diese recht „modular“ wirken, das heißt es gibt eine gewisse Anzahl an Versatzstücken mit denen die Level gebaut wurden, aus einem recht überschaubaren Editor eben.
Das hat den Vorteil für den den Spieler, dass die Regeln schnell begriffen sind und das man von vorne rein ausschließen kann was möglich ist und was nicht. Das klingt jetzt nach einem unwesentlichen Punkt, aber bei vielen Spielen die ich bislang gespielt, wie einem Ecco the Dolphin hat man häufig unnötig Leben gelassen, einfach weil man die kryptische Entwickler-Intention lesen musste, das wird einem bei Kid Chameleon nicht passieren. Allerdings liebt das Spiel den Spieler zu trollen, so können identisch aussehende Metalblöcke sich plötzlich anfangen zu bewegen. Das sind dann Sachen die einem beim ersten Mal wohl definitiv das Leben kosten. Aber auch im weiteren ist die Gefahr zerquetscht zu werden eine der Größten, weil die Todessequenz sehr schnell eingeleitet wird, dazu gibt es im gesamten Spiel nur 3 Autoscroller Passagen, diese haben es jedoch in sich und befinden sich an kritischen Punkten. Bei meinem erfolgreichen Durchgang habe ich 2 davon durch meine Levelroute umgangen und war verdammt froh drum.
Die Level selbst bedienen sich immer eines bestimmten Grafikthemas, so gibt es das klassische Wald-Thema, Schluchten, die Hölle, irgendwelche Himmelsfestungen, Strände und noch einiges mehr. Die Level sind dabei in keiner ersichtlichen Struktur geordnet und die sehr blocklastigen Levelelemente degradieren sie eher zum Ambiente; obwohl schon zu erkennen ist, dass bei Schlucht „Biomen“ oder diesen Himmelsfestungen, die Navigation häufig in die Vertikale geht. Auch gibt es Wettereinflüsse und so beinhalten Schnee-Themen häufiger Schneehagel dessen bloße Berührung schon Schaden frisst, das waren mitunter für mich die frustrierendsten Passagen. Aber abseits dessen sind die Settings austauschbar und sorgen in erster Linie für optische Abwechslung.
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Am Leveldesign hätte ich wohl noch zu mäkeln, dass es doch häufig Stellen gibt die etwas „willkürlich“ wirken, es befinden sich Blöcke „all over the place“ und so manch markante Stelle beherbergt einfach gar nichts oder manchmal findet man die selben Power-ups mehrmals am Stück, an Punkten, wo man noch gar keinen Schaden hätte nehmen können und wo man mitunter ohnehin nicht mehr backtracken kann. So muss man auch für manches Leben teilweise echt “kämpfen“ und gelegentlich befinden sie sich in irgendeinem zufälligen Block mitten auf dem Weg. Das Leveldesign wirkt damit häufiger mal intentionslos und dadurch auch leider etwas „billig“ obwohl es gar nicht so sein muss, es gibt genügend Level an denen ein bestimmtes Konzept zu erkennen ist, neben all dem überdrüssigen „Jank“ der eigentlich nicht hätte sein müssen.
das überträgt sich auch auf eine Vielzahl von Gegnern deren Aggressionspotential sich im fortschreitenden Spielverlauf immer weiter maximiert. Hat man es zu Beginn noch mit süßen Drachen zu tun denen man 2x auf den Kopf springt, entgegnen den Spieler ab Akt 3 so ne Art „AT-ST's“, die man nicht ohne einen vernünftigen Helm zerstören kann. Auch Aliens dürfen bei so einem 90er Spiel nicht fehlen und gerade diese sind richtig eklig, so muss man sie 3x treffen während sie wild auf den Spieler zusteuern und meistens bleibt nicht bei einem von denen. Ein Level hat mich besonders zur Weißglut getrieben: „Cliffs of Illusion“ das ist eines der wenigen Level, die man von Anfang bis Ende komplett mit einem speziellen Helm spielen muss. Der Helm den man in den Level nutzen muss ist offensiv komplett nutzlos. Man braucht ihn um unsichtbare Blöcke erscheinen zu lassen. (erst dann haben sie leider auch erst Kollision) jetzt kommen in diesem ewig langen Level im Verlauf so viele Aliens und AT-ST's gespawned, in super engen Passagen wo man ihnen nichts entgegen setzen kann. Dabei 3 Treffer zu vermeiden wird zu einer Geduldsprobe und Geduld kann man sich nicht leisten, denn tatsächlich besitzt jedes Level auch ein Zeitlimit. Dieses Zeitlimit ist häufig viel zu knapp gesetzt. Man ist auf speziellen Uhren Pick-ups angewiesen, die man in der Regel auch findet ohne super versteckte Blöcke ausfindig machen zu können... naja hier leider nicht und verlassen kann man sich darauf auch nicht. (das ist nicht das einzige Level wo mit Zeitnot gespielt wird, das begegnet einem doch häufig, als einem lieb ist.)
Ich habe es dann letztlich irgendwie geschafft aber nicht ohne 10-20 Leben büßen zu lassen. Ab da war klar, in meinem nächsten Durchgang werde ich eine Alternativroute nehmen um dieses Level zu vermeiden und genau das macht das Spiel wirklich sehr gut, für fast jedes beschissene Dreckslevel, gibt es irgendein anderes beschissenes Dreckslevel was man stattdessen spielen kann.
Einen Weg des geringsten Widerstands konnte ich dennoch ausfindig machen und schnell wird man bemerken dass es trotz einem totalen Game Over massig an Leben zu finden gibt, man stockt sehr viel auf, wodurch das Spiel einem genug Raum für Fehler bietet, nur der letztendliche Verlust beim Versagen ist eben wirklich heftig. Bei einem Spiel was ich so auf die 4 Stunden Spielzeit einschätzen würde.
Da hätte ich mir bei dem Spiel tatsächlich ein Passwort-System oder derartiges gewünscht, man hätte es ja trotzdem schwer lassen können und zwar wie folgt:
da jeder Akt durch einen Boss verbunden ist, wäre es besser nach dem besiegten Boss ein Passwort erscheinen zu lassen. Bei Eingabe kann man dann von diesen Akt starten (und jeder Akt geht schon so ne Stunde) der Nachteil wäre dann, dass man nur die minimale Anzahl an Leben und Continues hat, also wie als würde man ein neues Spiel starten. Das würde dafür sorgen dass die Spieler die sich von Anfang an durchkämpfen durch die angesammelten Leben trotzdem einen Vorteil hätten, ein Akt bietet ohnehin so um die 20 Level dass das Spiel immer noch eine bockschwere Herausforderung darstellen würde. So ist das Spiel aber leider frustrierend lang.
Ich meine mit dem Emulator könnte ich das Spiel problemlos jederzeit beenden, den Luxus hatte man am Mega Drive nicht, das komplette Spiel am Stück spielen zu müssen ist einfach extrem zeitaufwändig, man müsste einen Nachmittag verplanen oder die Konsole an lassen und in dem Sinne würde ich Kid Chameleon dort schon als „antiquiert“ bezeichnen. Es will einfach mehr, als es das System zulässt. Mit einer Savestate-Funktion wiederum (die ich ausschließlich für Suspension saves nutze, siehe die Regel) war es jedoch äußerst kurzweilig für eine Session mal nen Akt zu spielen und dann am nächsten Tag weiter zu schauen. Von Boss zu Boss zu spielen stellt da für mich die ideale Länge dar.
Apropos Bosse, davon gibt es genau genommen immer nur eine Art. Nämlich solche fliegenden Dhalsim-Köpfe mit grünen Glubschaugen, beim ersten Mal sind es noch 3 auf einem Speer aufgespießt, beim 2. und 3. mal fliegen diese in den Leveln frei herum. Die Bosse sind an sich nicht sonderlich schwer, wo sie doch feste Routen fliegen auf die man sich einstellen kann, aber die schwammige Sprungsteuerung kombiniert mit einer großen Gegner-Grafik, aber kleinen Hitbox, sorgt dann eben doch für frustrierendes Trefferfeedback. Da man im Spiel nicht über die Bildschirmdecke hinaus springen kann, habe ich versucht die Gegner immer dann zu treffen, wenn sie sehr nah an der Decke vorbei fliegen, dadurch kommt es zu sehr vielen aufeinanderfolgenden Treffern und wenn der Winkel gerade genug ist, kann man damit die Bosse schon in wenigen Sekunden erledigen.
Da ist man dann auch gerade beim letzten Boss „Plethora“ froh drum, denn gerade dieser sieht noch einmal richtig verstörend aus.
Das sind mehrere dieser Dhalsim-Köpfe ineinander verschmolzen, insgesamt 12 Augen, nach und nach sticht man dem Boss die Augen aus, aus denen dann kleinere Dhalsim Köpfe herauswachsen, kurz vor Ende teilt er sich dann noch mal in 2 Hälften, Brrr. Fühlt sich ein bisschen so an als würde man einen Grafikfehler bekämpfen. Als Kind hätte ich davon Albträume bekommen.
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Dafür ist die Katharsis dann umso größer wenn es am Ende geschafft ist. In den Credits zum Schluss gibt es auch noch mal eine kleine Überraschung. So war an dem Spiel unter anderem niemand Geringeres als Mark Cerny beteiligt. Ihr wisst schon, den Systemarchitekten der Playstation und Schöpfer des Äonen-Epos Knack.
Spielzeit: für einen Casual Durchgang auf 4 Stunden geschätzt, es gibt auch einen sogenannten „Plethora Cheat“ mit dem man das Spiel in 3 Minuten durchspielen kann. Ich selbst habe aber sicherlich 12 Stunden und mehr in das Spiel versunken bis ich es durch hatte. Für die Kinderstube damals etwas an dem man lange knabbern konnte. Ich hatte auch nach dem Durchspielen noch mal einen Anlauf gewagt um einige der schwierigeren Level auf alternativen Routen nachzuholen. Am Ende habe ich das meiste - aber nicht alles gesehen.
Schwierigkeitsgrad: Totales Gameover, sehr lange Spielzeit für ein Spiel ohne Speicherfunktion, massig Leben und Continues in den Leveln versteckt, schwammige und sehr gewöhnungsbedürftige Steuerung, sehr viel Präzision-Plattforming nach der ersten Hälfte des Spiels, Vielzahl an teils unzerstörbaren Gegner und solche die direkt den Spieler verfolgen, 9 unterschiedliche Helme darunter auch solche, mit denen man sich das Plattforming stark erleichtern kann, Helmverlust bei zu vielen Treffern, teilweise sind Level nur durch die entsprechenden Helme zu schaffen, teils unüberschaubare Levelstrukturen, mehrere Pfade, häufig Levelalternativen bei zu schweren Leveln, super tödliche Auto-Scroller Level, simple Bosskämpfe mit überschaubaren Muster, Wettereinflüsse in manchen Leveln die dauerhaft Schaden an den Spieler verursachen, sehr großzügige Kollisionsabfrage für das zerquetscht werden. (also mit „großzügig“ meine ich richtig scheisse)
Macht insgesamt einen Schwierigkeitsgrad von: 79%
Abschließende Wertung: B+
So im Nachhinein überrascht mich mein positiver Eindruck selbst. Das Spiel hat klare Schwächen und kann ungeheuer frustrieren doch gerade der Blick in die Wiki hat mir geholfen viele kleine Dinge an dem Spiel zu schätzen zu wissen, es ist nichts was man einfach so kurz einlegen kann. Um das Spiel zum Ende hin zu meistern, muss man sich tiefer damit auseinandersetzen und die nötige Frusttoleranz aufbringen Stunden an Fortschritt zu verlieren mit dem Gelübde es beim nächsten Mal besser zu machen. Ich glaube Kid Chameleon ist da einfach mehr als die Summe seiner Teile. Ich weiß ehrlich gesagt selbst nicht ob ich es ohne die Hilfe dieser extensiven Datenbank geschafft hätte. Ich kann jedoch von mir behaupten behaupten, dass mich Kid Chameleon selbst nach dem einmaligen Durchspielen nicht losgelassen hat und ich unbedingt noch weitere Level finden und spielen wollte. Gerade beim Blick in die Wiki fällt einem auf, dass man sich in dem Spiel Mühe mit aufregend klingenden Namen gegeben hat. Wer würde denn nicht gerne wissen was sich hinter „The Hills have Eyes“ verbirgt (Spoiler: nichts Besonderes) oder „Ice God's Vengeance“ es ist eine richtig knietief-reichende Odyssey für Jungs* die „to tough to beat“ sind.