Xuan-Yuan Sword: The Gate of Firmament
System: Playstation 4 (Asia-EN) Version: 1.03 Challenge #: 07
Vorwort
Xuan-Yuan Sword ist eine RPG Serie der Firma Softstar/DOMO aus Taiwan die bereits seit 1990 im chinesischsprachigen Raum für den PC existiert. Sie hat es mittlerweile auf sechs Haupt- und genauso viele Nebenteile gebracht. Um einen eben solchen handelt es sich bei Xuan-Yuan Sword: The Gate of Firmament.
Das Spiel hatte ich ursprünglich nicht auf dem Schirm, doch als Anfang des Jahres eine ins Englische übersetzte Asia Disc-Fassung für die Playstation 4 erschien wurde ich darauf aufmerksam. Die Bilder hatten mich sofort neugierig gemacht und so beschloss ich schließlich, es mir etwas näher anzuschauen.
Da ich nichts über das Spiel bzw. die Serie kannte habe ich auch nicht viel erwartet und es eher als kleines Kuriosum in der Sammlung angesehen. Doch nachdem ich etwas reingezockt habe hat es mir so gut gefallen dass ich drangeblieben bin.
Das Spiel
Es sind unruhige Zeiten. Die Regierung der Shang befindet sich im Chaos, das Land wird von Dürren und Flutkatastrophen heimgesucht, Clans die die göttliche Legitimation der Shangs anzweifeln bekämpfen sich gegenseitig und Banditen fallen über Dörfer her.
Von eben einer solchen Bande wird Qingmei, die Adoptivschwester des Protagonisten Sikong Yu, entführt. Da in dem Dorf Youxiong in dem er wohnt fast nur noch Alte leben beschließt er, sie alleine aus den Fängen ihrer Häscher zu befreien. Im Lager der Banditen findet er sie schließlich zusammen mit einem mysteriösen, stummen Mädchen und flüchtet mit beiden zurück ins Dorf. Doch dauert es nicht lange bis die Banditen ihre Fährte aufgenommen und das Dorf angegriffen haben. Dort findet sich Yu bei der Verteidigung in der Unterzahl wieder, doch kurz vor seiner Niederlage greift das bis dato stumme Mädchen, welche sich als Muyue zu erkennen gibt, mit mächtiger Magie ins Geschehen ein und vertreibt die Unholde.
Es stellt sich heraus dass sie auf der Suche nach einem Weg zurück in ihre Heimat Huaxu ist. Da im Dorf niemand über jenes Land bescheid weiß erteilt der Älteste Yu den Auftrag, Muyue als Dank für die Verteidigung des Dorfes als Leibwächter auf der Suche nach ihrer Heimat zu begleiten.
Auf ihren Reisen schließen sich ihnen die etwas schusselige aber bärenstarke Ziqiao die ebenso einen Bärenhunger hat und der eloquente sowie charismatische Fengyu, hinter dem mehr zu stecken scheint als es den Anschein hat, an. Ebenfalls begleitet werden sie von dem Geisterferkel Aqi, welches eine Urne auf dem Rücken trägt die einige Gameplay Elemente ermöglicht.
Die Geschichte ist in neun Kapitel unterteilt und auch echt gut, der Fokus liegt aber definitiv auf den vier Hauptcharakteren und ihre Beziehung untereinander. So vergeht kein Dungeon ohne mindestens eine Rast um über das Geschehene zu reflektieren oder einfach nur so zu plaudern. Das Spiel nimmt sich für diese Dialogsequenzen sehr viel Zeit. Seeehr viel Zeit! Sagen wir es mal so, auf Microsoft oder Nintendo Konsolen würden die Controller derweil wohl in den Standby Betrieb wechseln. Für die nötige Dynamik in der Geschichte wird dadurch gesorgt dass immer wieder einzelne Charaktere die Gruppe für eine kurze Zeit verlassen. Nett ist, dass alle bereits gesehenen Sequenzen nochmals im Startmenü einsehbar sind. So könnte man sich theoretisch das ganze Spiel nachträglich noch einmal als Film anschauen. Das erinnert etwas an die Xenosaga.
Doch leider macht sich hier auch schnell eine Schwäche des Spiels kenntlich die für Viele ein KO Kriterium sein könnte: die Übersetzung ist... nennen wir es mal "suboptimal". Während die Sequenzen der Hauptgeschichte noch einigermaßen OK sind, sind gerade die Gespräche mit den NPC katastrophal. Von zahlreichen Rechtschreib-, Grammatik- und Satzzeichenfehlern, nicht übersetzten Textzeilen, NPC Textboxnamen die nicht mit denen im Textinhalt übereinstimmen bis hin zu ganzen Sätzen die vorne und hinten keinen Sinn ergeben ist wirklich alles vertreten. Man kann zwar immer noch entziffern was gemeint ist, es kann aber doch anstrengend werden. Absurd wird es bei einigen (wenigen) nichtvertonten aber selbstablaufenden Dialogsequenzen. Dort bleiben die Untertitel nämlich nur für eine Sekunde stehen und man muss ständig auf Pause drücken um mitzukommen.
Die Spielwelt ist in unterschiedliche Segmente wie Städte und Dungeons unterteilt die man, ähnlich wie bei Grandia, über eine Übersichtskarte erreichen kann. Neue Gebiete werden dabei nach und nach freigeschaltet. Es ist zwar schade dass die Oberwelt nicht frei begehbar ist, als Ersatz gibt es aber immerhin eine nette Animation in der eine SD-Version des Hauptcharakters zu dem ausgewählten Gebiet läuft.
In den zahlreichen Städten sind viele NPCs unterwegs die alle auch viel zu sagen haben. Zu dem dass sich deren Dialoge meistens zweimal pro Kapitel ändern reagieren sie auch unterschiedlich auf den gerade ausgewählten Partycharakter. So lassen sich bestimmte Nebenquests auch nur dadurch starten indem man einen NPC mit dem richtigen Charakter anspricht. Die Quests erzählen of kleine Minigeschichten und man muss viel mehr mit verschiedenen Charakteren sprechen als Items oder Monster einzusammeln. Für eine lebendige Welt ist also durchaus gesorgt.
In den Dungeons selbst geht es oft darum in verzweigten Korridoren das Ende zu finden. Zwar gibt es hin und wieder kleinere Puzzles oder sogar Schleichpassagen, diese halten sich jedoch in grenzen. Für Abwechslung sorgen eher die bereits erwähnten Dialoge, für die die Dungeon-Hatz unterbrochen wird. Witzig ist ein kleines Minispiel welches bei verschlossenen Schatztruhen startet, in welchem man unter Zeitdruck fehlende Buchstaben in englischen Wörtern ersetzen muss. Das hat etwas von Englisch Unterricht in der fünften Klasse.
Obwohl das Spiel grafisch bestenfalls mittleres Playstation 3 Niveau erreicht sind die Dungeons stilistisch trotzdem wunderschön gestaltet und es macht einfach Spaß die Kamera stets in alle Richtungen zu drehen um zu versuchen das perfekte Bild einzufangen. Die Puzzle Elemente aus Persona 5 und das Design von Xuan-Yuan Sword ergäben für mich die perfekten Dungeons.
Die Gegner laufen sichtbar in den Dungeon umher und stürmen sofort auf den Spieler zu sobald man in ihren Sichtbereich gerät. Das passiert so schnell dass eine Flucht dann nicht mehr möglich ist. Allerdings ist ihr Sichtbereich so klein dass es kein Problem ist sich an ihnen vorbeizumogeln, sofern der Korridor breit genug ist.
Man kann allerdings auf die Initiative ergreifen und eine charakterspezifische Fähigkeit einsetzen um den Kampf zu seinen Gunsten zu verschieben. So kann Sikong Yu dem Gegner mit seinem Stab eins überziehen, wodurch der Kampf mit für einige Sekunden betäubten Gegnern startet. Fengyu kann allen Gegnern bereits bei Kampfbeginn einen Teil ihrer HP abziehen und ist zudem der schnellste Läufer, Ziqiao kann zusätzliche Materialdrops forcieren und Muyue kann sich für einige Sekunden unsichtbar machen um so leichter an Gegnern vorbeizuschleichen.
Das Kampfsystem selbst ist eine Art umgekehrtes ATB System. Nachdem eine Aktion ausgeführt wurde muss man eine Weile warten bis man die nächste starten kann. Diese Pause ist aber immer konstant, unabhängig von der gewählten Aktion oder den eigenen Statuswerten. Die Aktionen aller Kampfteilnehmer finden dabei parallel statt, weswegen die Partycharaktere von der - leider nicht justierbaren - KI gesteuert werden. Man kann jederzeit zu einem anderen Charakter wechseln um diesen manuell zu kontrollieren, bis auf einige hochlevelige Bonusbosse ist das aber eigentlich nicht nötig.
Pro Charakter gibt es allerdings nur zwei physische Angriffsaktionen auf den Tasten X und O. Diese können zwar miteinander kombiniert und dadurch verschiedene Combos ausgeführt werden, deren Anzahl ist aber sehr limitiert und unterscheiden sich praktisch nicht zwischen den Partycharakteren. Alle lösen z.B. mit der Kombination X -> X -> X einen starken Angriff gegen ein Ziel und mit X -> X -> O einen mittleren Angriff gegen alle Ziele aus. Ansonsten können noch diverse Zauber gewirkt werden. Bis zu vier davon werden auf die Facebuttons des Controllers gelegt und über Shift-Funktionen ausgeführt (wie z.B. bei Final Fantasy 14). Alle Aktionen werden durch dedizierte Tasten ausgeführt, ein Auswahlmenü wie in anderen rundenbasierten RPGs gibt es nicht. Außerdem kann man sich weder frei auf dem Kampffeld bewegen, noch kann man ausweichen oder sich verteidigen. Das System ist zu einhundert Prozent auf die Offensive ausgelegt. Die Kampfteilnehmer bewegen sich zwar auf dem Feld, das ist aber nur zur Schau.
Die KI ist leider nicht sonderlich gut und macht oft lange Pausen obwohl der Cooldown nach einer Aktion eigentlich schon lange abgeklungen sein sollte. Fairerweise gilt das aber auch für die Gegner. Brisanter ist da schon eher, dass die KI Charaktere Zugriff auf das Inventar haben und auch munter HP und SP Heilgegenstände verwenden. Gerade wenn man ihnen Magie ausrüstet bevorzugen sie diese vor physischen Angriffen und plötzlich steht man ohne SP Items da. Das ist vor allem in den ersten beiden Kapiteln problematisch, wenn das Geld noch knapp ist und man es lieber in neue Ausrüstung steckt. Dies hat dazu geführt dass ich Skillpunkte zu Beginn eher in passive Fähigkeiten als in Magien investiert habe. In den darauf folgenden Kapiteln hat man allerdings immer genügend Geldreserven übrig um sich dutzendfach mit Heilitems einzudecken.
Zwei Features die das Kampfsystem mit sich bringt sind Aqi, das Geisterferkel und das Formationssystem.
Aqi kann losgeschickt werden um Gegner in seiner Urne einzufangen. Diese können dann für allerhand Dinge verwendet werden. Z.B. kann man mit ihnen bestimmte Talismane verstärken oder sie zu neuen, stärkeren Monstern fusionieren.
Man kann sie allerdings auch in eines der vier Formationsfelder einsetzen. Diese Felder, die sich im Kampf beliebig umherschalten lassen, geben den Charakteren passive Bonus auf deren Statuswerte. So erhöht das rote Feld z.B. den physischen Angriff, während das Gelbe die physische Verteidigung verstärkt. Pro Feld gibt es vier Positions-Slots in denen die einzelnen Charaktere platziert werden können und die weitere, unterschiedliche Bonus auf die Statuswerte geben.
Zudem lässt sich, wie bereits erwähnt, pro Formationsfeld ein Monster einsetzen welches, neben passiven Verbesserungen der Statuswerte, ebenfalls aktiv beschworen werden kann um so einen Angriff gegen einen Gegner zu starten.
In einigen, seltenen Fällen kommt es vor dass ein Monster die Party in ein Gespräch verwickelt. Wählt man hier die richtigen Antwortmöglichkeiten aus kann der Kampf umgangen werden und man erhält zur Belohnung seltene Gegenstände. Meistens sind das Items die die Statuswerte dauerhaft verbessern.
Das Skillsystem ist recht einfach gehalten. Es ist in physische, magische und passive Fähigkeiten unterteilt.
Die physischen Fähigkeiten werden automatisch beim erreichen bestimmter Charakterlevel freigeschaltet. In magische und passive Fähigkeiten kann man hingegen seine Skillpunkte, die man bei Level-Ups erhält, investieren. Der Clou daran ist, dass diese nicht verbraucht werden sondern jederzeit von einem Skill abgezogen und in einen anderen reinvestiert werden können.
Anstatt Ausrüstung einfach im Laden zu kaufen lassen sich bessere Versionen über das Crafting-System auch selbst herstellen. Dazu benötigt man lediglich ein Rezept - welches billiger ist als wenn man das entsprechende Ausrüstungsteil normal kaufen würde - und die erforderlichen Materialien. Diese erhält man nach gewonnenen Kämpfen. Was und wie viel mal bekommt hängt aber vom Zufall ab, weswegen es ratsam ist, die Kämpfe stets mit Ziqiao zu starten, deren Fähigkeit für garantierte Drops sorgt. Die Rezepte gibt es in den Ausprägungen physisch und magisch, was jeweils einen Bonus der entsprechenden Statuswerte auf das herzustellende Ausrüstungsteil bedeutet.
Eine weitere Achillesferse des Spiels ist die Technik. Nach der Introsequenz habe ich mich erst einmal gewundert warum alle Charaktere nur aus blau-weiß schattierten Polygonen bestehen. Erst als ich die Konsole auf Englisch umgestellt habe wurden die Texturen korrekt geladen. Bei den Trophy Informationen oder Patch Notes muss die Konsole sogar explizit auf en_US stehen damit diese korrekt angezeigt werden. Dass man nach dem starten des Spiels einem einminütigen, schwarzen Ladescreen zusehen muss, noch bevor das erste Herstellerlogo angezeigt wird, ist ebenfalls befremdlich.
Weiterhin leidet das Spiel unter einer sehr inkonsistenten Framerate bei der es immer wieder zu Rucklern oder Slowdowns kommt und extremen Popups von Schatten sowie Vegetation, die sich erst spät vor dem Spieler aufbauen. Auch sind die Animationen nicht sonderlich toll. Charaktere "drehen" ihre Körper oder Köpfe abgehackt zum entsprechenden Gesprächspartner, es gibt dafür keine Animation. Von NPCs die in der Luft schweben oder der Möglichkeit, an manchen Stellen in der Geometrie stecken zu bleiben will ich jetzt gar nicht erst anfangen...
Trotz der durchwachsenen Technik kann man den Entwicklern nicht vorwerfen dass ihnen das Spiel egal wäre. Denn etwa zur Mitte des Spiels hin kann man ein tolles Bonusgebiet freischalten. Bei diesem handelt es sich um ein Museum in dem die Entwickler, durch SD-Avatare dargestellt, herumblödeln, in dem die Geschichte der Spielserie in Form von Statuen und Bildergallerien dargestellt wird und in dem es einige nicht ganz ernst gemeinte Nebenquests zu absolvieren gilt. Es war wirklich interessant durch die Hallen zu schlendern und sich die Artworks der Serienvorgänger genauer anzuschauen.
Ebenfalls positiv möchte ich hier noch die Musik erwähnen, seien es nun die chinesischen Popsongs oder die orientalisch geprägten Stadt- und Dungeon- Themes die dem Spiel ihr eigenes Flair vermitteln.
Fazit
Xuan-Yuan Sword hat handwerklich viele Fehler. Wären diese nicht vorhanden, wäre das Kampfsystem tiefgehender und die Übersetzung nicht so holprig, so wäre durchaus eine top Wertung drin gewesen, denn gerade inhaltlich überzeugt es auf ganzer Linie.
Wer also kein Gameplay Fanatiker ist und für den Story und Charaktere wichtiger sind, wer überlange Zwischensequenzen herbeisehnt und wer bei der Übersetzung mindestens zwei Augen zudrücken kann, für wen die Technik nebensächlich ist und der mit Fehlern gut umgehen kann, der könnte dem Spiel durchaus eine Chance geben.
Wertung: 3/5
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