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Thema: Authentische Dialoge in Literatur und Film/Fernsehen

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  1. #1

    Authentische Dialoge in Literatur und Film/Fernsehen

    Hab da gerade mit einem Freund, einen Streit am laufen.

    Seine These:

    Eine auhentischer Dialog (egal, ob nun Buch, Bühne oder Film/Serie) muss Zeilen haben, die in Inhalt und Form auch wirklich aus dem Alltag entspringen könnten.

    Meine These (ist eigentlich nicht meine eigene, nur mein Standpunkt in dieser Diskussion):

    Ein authentischer Dialog in der Fiktion wird vom Autor zu Gunsten der Rezeption des Konsumenten stark in eine Sprache verfremdet, die sich weit vom Alltag entfernt, obwohl sie vordergründig immer noch so wirken kann (und meistens auch sollte).

    Auf folgende Techniken wird dabei zurückgegriffen:
    - größere Informationsdichte durch Streichung überflüssiger Inhalte und Nebensätze. in realer Sprache sind etwa 75% der gesprochenen Warte nur Ausschmückungen und Wiederholungen von bereits Gesagtem. man achte einmal darauf, wenn in einer politischen Serie wie Game of Thrones oder House of Cards wichtige Entscheidungen getroffen werden, bei denen in der Realität noch zig Bedenken und Einwände vorgetragen werden würden. das lässt sich auch auf andere Genres übertragen
    - Streichung überflüssiger Füllwörter. in der Realität benutzen wir nicht nur Füllwörter wie äh und öhm sondern auch halt, eben, wiederholen Sätze, machen äh in der Grammatik fehler, wiederholen Sätze, die grammatikalische Fehler enthalten und versuchen sie korrigiert wiederzuverwenden (see what I did here?)
    - Dialoge werden spannender gestaltet, weil sie entgegen der Realität indirekter funktionieren. Selbst auf einfache Fragen wird eher indirekt geantwortet. Ganz simples Beispiel: auf die Frage "Wie geht's dir?" wird in Deutschland sicherlich zu 95% mit "gut" oder "okay" oder "geht so" geantwortet. Ein guter Autor würde eine solche Frage vermutlich gar nicht stellen, aber wenn er keine andere Wahl hat, wird er zumindest nicht so einfach antworten, es sei denn, er möchte auf jeden Fall eine Wortkargkeit der antwortenden Person. "Das hat mich schon lange niemand mehr gefragt." wäre eine indirekte Reaktion (man kann ja nicht auf Antwort schließen), die darüber hinaus eine Menge über die reagierende Person und das Verhältnis zwischen beiden Akteuren preisgibt.
    - Dialoge enden möglichst auf dem Höhepunkt und/oder abrupt. Das ist am besten zu beobachten, wenn in Filmen/Serien ein Telefongespräch beendet wird. Während man in der Realität noch ein paar mehr oder weniger verlegene Floskeln austauscht, noch überlegt, ob man noch etwas Wichtiges vergessen hat, und ein Gespräch manchmal sogar um Minuten fortgeführt wird, obwohl man sich eigentlich verabschieden wollte, wird sich im Film sehr schnell verabschiedet und noch nicht einmal ein "Tschüss" der Gegenseite abgewartet.

    Das ist übrigens auch das, was in modernen Schreibschulen mit Erfolg gelehrt und gelernt wird.

    Ein guter Autor strafft die Sprache unter den obigen Aspekten und erschafft sich weit vom tatsächlich gesprochenem Wort entwickelt, lässt den Zuschauer/Leser jedoch glauben, dass die Sprache trozt allem wie aus dem Leben gegriffen scheint. Das liegt auch daran, dass unsere Gehirnen durch das tägliche Training im Gespräch mit anderen darauf trainiert wurde, überflüssige nebensächliche Informationen wegzufiltern. In der Fiktion würde eine solche Sprache allerdings unerträglich sein, was vermutlich auch daran liegt, dass man hier nicht als Akteuer eingreifen kann.

    Wer glaubt, er kenne eine Serie, ein Buch oder einen Film mit Dialogen, die wie trotz all dieser Techniken ein unverfremdet wirkendes Stück Dialog kennen zu meinen, darf dies hier gerne präsentieren und ich würde es gerne genauer analysieren, ob der Autor uns hier nicht einfach (mit gutem Writing) einen Streich gespielt hat. Bei Beispielen bitte einen Auszug aus dem Dialog mitliefern und nicht einfach nur den Titel/Autor nennen.

    Gibt es jenseits von experimenteller (post-)moderner Literatur irgendwelche Dialoge in Fiktion in Wort oder Bild, das WIRKLICH aus dem Leben gegriffen scheint? Ich denke nicht und schon gar nicht im Mainstream.

    Change my mind.

    Geändert von Itaju (07.04.2019 um 20:13 Uhr)

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