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Thema: 10 Fragen im März 2019 - Fastnacht-Edition!

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  1. #10
    1. Ich bin ja sehr stolz darauf, mir nach Jahren an Bergen von angetrocknetem Geschirr und Abwasch um 2 Uhr nachts endlich angewöhnt zu haben, Geschirr sofort abzuspülen. Was ist eine (ggf. hart erarbeitete) positive Angewohnheit von dir?
    Oh, ich wünschte, es wär das Geschirr! Als ich vor knapp zwei Jahren in diese Wohnung gezogen bin und mir gesagt hab "Ach, für eine Person ist ein Geschirrspüler echt zu viel Luxus, das schaffst du per Hand", wo war da meine gesunde Selbsteinschätzung, dass ich ein fauler Knilch bin?! Ich schaffe es hingegen seit ein paar Wochen, große Mailberge (was hab ich grad wieder für Mailberge!) konsequent abzuarbeiten, ohne dass dafür ein ganzer Arbeitstag draufgeht, und trotzdem nicht in telegrafenartigen Stil zu verfallen. Nächstes Ziel ist tatsächlich die Übertragung auf Geschirrberge; größtes Hindernis ist, dass ich da zwischendurch nicht zwischendurch schon abgewaschenes Gewirr kopieren und als Vorlage verwenden kann.

    2. Ihr kennt das sicher: Man lernt irgendwas in der Schule, denkt sich “Pft, brauche ich eh nie wieder” und vergisst es keine 5 Minuten nach dem Abschluss. Heute ärgert man sich, dass man es vergessen oder verlernt hat. Was ist so etwas, das du aus deiner Schulzeit gerne dauerhaft im Gedächtnis behalten hättest?
    Ich glaube so retrospektiv: tatsächlich reichlich wenig. Nicht weil ich alles behalten hätte oder das, was ich vergessen hab, furchtbar unwichtig wäre, aber ich merke zusehends, wie viel relevanter mein Bildungsweg nach der Schule war. Hängt aber auch damit zusammen, dass ich durch puren Zufall dort alles mitgenommen habe, denke ich, wo es sich durch puren Zufall für später am meisten gelohnt hat. Neben den effektiv anderthalb Jahren Biologieunterricht, die ich im Gymnasium hatte, und die mir den enormen Nachholaufwand für ein Psychologiemodul nicht haben madig machen können, frage ich mich manchmal, ob ich nicht viel mehr Mathe hätte gebrauchen können. Und ja, hätte ich, aber effektiv merke ich, wie all mein mathematisches Wissen aus Triviabeschäftigung kommt, deren einzige Grundlage ein Verständnis der Grundrechenarten aus der Grundschule ist (die Bewanderten unter euch können sich jetzt ausmalen, wie es um mein mathematisches Wissen so in etwa bestellt ist). Hängt aber auch damit zusammen, dass ich ein ziemlich sturer Lerner war und bin: Ich kann mich für voll viel begeistern, aber unter meinen eigenen Bedingungen; und dass ich ein furchtbar unaufmerksamer Schüler war und vermutlich gar nicht mitbekommen hab, was es alles zu verpassen gab. Aber ernsthaft, ob man jetzt im Sek2 Englischunterricht über die Verfilmung von Dead Poet Society anhand von "Was sollte ein guter Lehrer sein?" spricht, oder währenddessen mit der Banknachbarin altertümliche Schriftsysteme und Kunstsprachen erschließt oder mit ihr über die Bedeutung des Vulkanausbruchs am Ende von Stromboli streitet (jaja, ich war schon immer so seltsam wie heute) -- vielleicht hatte ich auch einfach ne merkwürdige Schullaufbahn.

    3. In letzter Zeit höre ich liebend gerne Podcasts: Um mich weiterzubilden, um auf andere Gedanken zu kommen oder auch einfach, wenn es mir zu still ist. Was für einen Podcast kannst du empfehlen? Falls du gar keine Podcasts hörst - wie sieht es mit einem Blog oder Youtube-Kanal aus? (Bonuspunkte, wenn du ein paar Worte dazu schreibst, warum du Format XY empfehlen kannst, ist aber optional!)
    Alles auf Youtube, weil ich auf dem Digital-Native-Stand von 2009 stecken geblieben bin: Ich bin ein riesiger Fan von den Crashcourses und von SciShow, habe aber neulich auch maiLab entdeckt, und zu Lindsay Ellis hege ich eine platonisch-innige Liebe. Für die Bonuspunkte: Die Crashcourses (angefangen habe ich mit World Literatur von John Green) geben qualitativ dasselbe her wie ein akademischer Einführungskurs in ein bestimmtes Thema (wirklich!), ohne dabei an Unterhaltungswert zu verlieren oder irgendwie zu basal zu sein. SciShow (u.a. Hank Green) liefert quasi dasselbe, meist ohne sich einem Fach zu verpflichten, außer dass es sich dezidiert als naturwissenschaftliches Format versteht. Beides halte ich für die besten und vor allem best-inszeniertesten Formate der angelsächsischen Wissenschaftskommunikation: ein Thema einfach zugänglich aufzubereiten, ohne sich diesem Trugschluss zu ergeben, es würde Leute langweilen, wenn man redlich die Studien und Theorien einordnet, die man heranzieht, oder sich kritisch zu Ideen äußert. Ähnliche Vorteile liefert maiLab, die sowohl Themen aus dem natur- als auch sozial- und humanwissenschaftlichen Bereich so abgreift, dass man das nebenher beim Kochen oder Putzen hören/schauen kann, und trotzdem differenzierte Auseinandersetzungen geliefert kriegt. Einziges, wirklich einziges Manko: sie vermutet immer, ich würde gerade Tee trinken. Ich trink doch keinen Tee, wenn ich Youtube-Video schaue. Tse.

    Außer bei Lindsay Ellis, die ich nicht multitaskend genießen kann, was aber vor allem damit zusammenhängt, dass man ihre lang vorbereiteten Witze um keinen Preis verpassen darf. Ansonsten liefert sie die tollsten rezensiven, medienwissenschaftlich informierten Einblicke in Populärkultur, die ich kenne. Ihre Videoessays für PBS hätte ich sowas von gerne in den deutschen Ö-R, einfach damit es unwahrscheinlicher wird, dass solche Formate rein angloamerikanisch bleiben. Ellis liefert auch wunderbare Analyseinstrumente mit, untersucht ihre Gegenstände aber mit rezensivem Anspruch, und schaut sie aus mehreren Perspektiven an. Das führt zu dem genialen Ergebnis, dass sie beispielsweise Disneys Hercules auf sein erzählerisches "Funktionieren" hin untersuchen und zu dem wertenden Schluss kommen kann, dass da was im Argen liegt -- und das mit den Unternehmensbedingungen bei Disney, den Entstehungshintergründen, dem zeitlich-medialen Kontext, der Erzählstruktur und der thematischen Organisation begründen kann. Und das, nochmal, super unterhaltsam.

    Honorable mentions: Kyle Kallgren für seine Videoessays zu Shakespeare-Adaptionen und trashigen Spartenfilmen (The Room, A Serbian Film, Taxidermia -- um nur mal einen Teaser zu geben). Seine manchmal etwas aufgesetzte Art "Intellektueller vom alten Schlag" und der Drang, am Ende zu nem moralistisch-philosophischen Statement zu kommen, können nicht darüber hinwegtäuschen, dass seine Analysen furchtbar schlau und furchtbar spannend sind. Lindybeige für vor allem die älteren Videoessays und Selbstversuche zu historischer Genauigkeit in Historienfilmen. Nie sprach man mir mehr aus der Seele, als wenn man die Bogenschießtechniken in Sandalenfilmen und diesen wirklich verstörenden Fetisch für "Überall brennen Fackeln am hellichten Tage! Alle sind furchtbar ungewaschen und keinen stört's!" in Antiken- und Mittelalterdarstellungen ridikuliert.

    4. Stell dir vor, du könntest mit 3 Menschen deiner Wahl einen Kaffee (/Tee/Kakao) trinken gehen - zu dritt, oder einzeln - welche drei Menschen wären das? Von Forenusern bis hin zu Einstein und Marie Antoinette ist alles erlaubt.
    Momentan sieht meine Liste so aus: Aristoteles; Anna Komnene; BDraw. In welcher Konstellation kann ich nicht sagen, obwohl Aristoteles allein sicherlich viel weniger spannend und Anna Komnene in größerer Runde sicherlich ähnlich überfordert wäre wie ich. Alternativ würde ich Komnene, wenn sie partout nicht mit mir reden will, gegen den ersten Menschen eintauschen, der beschlossen hat, ein Bild in seinen Gedanken mit den Fingern auf ein Material in der Wirklichkeit zu zeichnen.

    5. Discord, Telegram, Whatsapp, Kik, iMessage, LINE und (für die ganz klassischen) SMS - es gibt mittlerweile so viele Messaging-Dienste, dass es zunehmend schwierig wird, alle seine Kontakte auf einer Plattform unterzubringen. Was für Kommunikationsapplikationen finden sich bei dir so - oder gehörst du zu den gefühlten 1% der modernen Welt, die ganz auf sowas verzichten?
    Ich dachte eigentlich, ich wär konsequent und könnte sagen: FB-Messenger (mit all seinen willkommenerweise kommunikationshinderlichen Schwächen) und das war's. Mittlerweile sind von berufswegen zwei Messenger hinzugekommen, die mich neben dem üblichen Mailverkehr (s.o.) auf Trab halten, und mittlerweile hat meine FB-crowd Gruppenchats entdeckt, weshalb ich mittlerweile irgendwie in einer Situation bin, wo ich in fünf verschiedenen Chats jeweils denselben Personenkreis +1 erreiche. Das überfordert und bemissmutet mich so sehr, dass ich fast froh bin, hier zum ersten Mal von Telegram, Kik, iMessage und LINE zu hören, weil es offenbar sogar noch schlimmer sein könnte.

    6. Wie der ein oder andere vielleicht weiß, komme ich ja aus dem schönen Rheinland. Und da war diesen Monat vor allem eins: Karneval! Wie heißt Karneval in deiner Region, und wie stehst du dazu?
    Es heißt Fasching und ich finde alles ganz furchtbar, was aus dieser Jahreszeit stammt. Ich war vor ypsen Jahren mal kurz davor in Mainz zu studieren; dass dort Karneval gefeiert wird, war einer der großen Punkte, die dagegen sprachen. Ich bemerke allerdings dazu: Hier ist ja einmal im Jahr Presse- und ein andermal im Jahr Stadtfest und irgendwann anders ist Weihnachtsmarkt. Ich halte mich zu diesen Zeiten so wenig wie möglich in der Innenstadt auf, wo sich das ganze zum Glück immer bündelt (naja, außer wenn die Faschos beschließen, daraus nen Menschenhassmarsch zu machen). Ich mag einfach Menschenaufläufe nicht, das wird's sein.

    7. Apropos Karneval, ich liebe ja Karnevalsgebäck. Das ist aber meist sehr regionsabhängig. Was gibt es so an regionalen Spezialitäten, die du nicht missen und hier mit uns teilen möchtest?
    Sächsische Spezialitäten sind ja meistens gar nicht mehr soo regional, selbst Eierschecken sind nicht ganz unser eigen, wobei die definitiv auf meiner Liste der Unverzichtbaren stehen. Ragout fin (das spricht sich: Raggufeng) ist auch nicht wirklich regional begrenzt, dafür typisch und unverzichtbar. Und manchmal wird mir erzählt, die Plinse (heißt bei mir trotzdem Eierkuchen) wär typisch Ostmitteldeutsch, und wenn ich sie anderswo esse, muss ich sagen: Ja, das was ihr anderen da anstellt, nennt sich Crêpe oder Pancake. Das Ding muss um die 2mm dick sein, fast vor Fett triefen und verbrutzelte Stellen haben, sodass der Apfelmus wie eine Verbrennungs- und Abdecksalbe sich da drüber legt.

    8. Um das regionale Thema noch ein bisschen weiter auszureizen: Kölnern sind ja gerade zu dieser Jahreszeit ihre kölschen Redewendungen heilig. Kennst du eine schöne deutsche Redensart? Das kann dein Heimatdialekt sein, aber auch einfach ein Spruch, mit dem du dich identifizierst oder der lustig klingt.
    Heimatdialekt: "Hammr (och)" = 'Haben wir (auch)' für "Geschafft!"; "Machtschma ne so breed" = 'Mach dich mal nicht so breit' für "Soll ich ein Stück rücken, dass du mehr Platz hast?"; "((Schweigen))" = '((Schweigen))' für "Das Essen schmeckt sehr gut!"
    Deutsch: "Dort boxt der Papst im Kettenhemd", sehr schön find ich auch den Gegensatz "Öl ins Feuer gießen" und "Öl auf die Wogen gießen".
    Persönlich: "ein Licht am Ende der Fahnenstange" und "[Argument] (Pause) Dann wiederum: [Gegenargument]" -- ich bin der beste Partner bei Entscheidungsfindung! Dann wiederum auch nicht.

    9. Auch dieses Mal wollen wir wieder ganz kurz politisch werden, nur ein bisschen: AKK wurde ja viel diskutiert, einmal wegen ihres Auftritts, aber auch wegen ihres Doppelnamens. Könntest du dir vorstellen, einen Doppelnamen anzunehmen oder gar, deinen Namen ganz abzulegen? (Was eine Überleitung.)
    Ich finde meinen vollen Namen eigentlich jetzt schon zu lang, obwohl mein Nachname nur fünf Buchstaben hat, und irgendwie konnte ich dieser Namenswechselangelegenheit noch nie viel abgewinnen. Ich muss aber immer wieder ehrlich eingestehen: Man gewöhnt sich sicher an alles, solange der Vorname bleibt. Viel schlimmer finde ich die Vorstellung, irgendwann mal nen Amts- oder akademischen Titel zu haben -- was echt ideal ist, wenn man promoviert --, und dann damit angesprochen zu werden. Beides könnte sich vielleicht in einer Trotzreaktion äußern, und ich bearbeite meine Mailberge in ein paar Jahren "mit freundlichen Grüßen, Prof. McGonagall).

    10. Mein Prof sagt immer, wenn etwas dreimal stattfindet, ist es eine Tradition. Begrüßen wir also unser traditionelles Assoziationsspiel! Nenne, ohne Erläuterung, das erste Wort, das dir zu jeweils zu diesen Begriffen in den Sinn kommt: Guilty Pleasure, Fachwort, Pikachu, Clown, Fastenzeit. Go!
    Sting, stabartige cytochromoxidasereiche Gegenfarbenzellsäulen, Chihiro, Pagliacci, Fastenbrechen.

    Geändert von Mordechaj (15.03.2019 um 16:37 Uhr)

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