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Thema: A Plague Tale: Innocence & Requiem

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  1. #5
    Gerade durch

    Ich bin sehr angetan, gerade, weil ich ja so eine Abneigung gegen die üblichen Shooter- bzw. Metzel-Elemente bei den meisten anderen Horror-/Survival-Spielen habe. Ich habe bspw. The Last of Us geliebt, aber musste mich zunehmend durchquälen, weil mir die erzwungenen Rambo-Passagen einfach zu sehr zuwider waren. A Plague Tale dagegen hat davon angenehm wenige Momente, und selbst dort kann man meist gut auf Stealth zurückgreifen. Dazu gefällt mir gut, dass das Spiele nur mit einer Hand voll Grundmechaniken auskommt, diese aber wieder und wieder verwendet - sowohl für den Kampf, als auch die Rätsel- und Schleichpassagen - und oft damit auch alternative Lösungswege ermöglicht. Auch (Stichwort 'cinematic') halten sich die Cutscenes recht in Grenzen, das allermeiste wird tatsächlich durch die Dialoge während des Spielens und geschicktes Timing von NPCs erreicht - während man sich an zwei Wachen an- oder vorbeischleicht, führen diese gerade ihrerseits bestimmte Handlungen aus oder führen Gespräche, die Setting und Handlung zugute kommen. Fand ich sehr schön gemacht, weil man so permanent als Spieler was zu tun hat, es dabei aber gleichzeitig auch das ganze Stealth-Feeling ungemein verstärkt.

    Insgesamt kann ich mich generell Ὀρφεύς nur anschließen, außer, dass ich die englische Synchro ganz fantastisch fand. Insbesondere Hugos Sprecher ist dabei hervorzuheben: Nicht nur haben sie für den kleinen auch wirklich ein Kind gecastet, sondern das Kind macht seine Sache auch dazu ziemlich gut.

    Apropos Hugo: Ich war voll und ganz darauf gefasst, dass ich den 5-Jährigen ganz, ganz furchtbar finden werde. Kinder in Videospielen, vor allem, wenn man sie nicht selbst spielt, sind meist entweder unerträglich überdreht, kommen mit unpassendem (und schlecht geschriebenem) Humor oder sind einfach aufgrund ihrer Schutzlosigkeit ein Klotz am Bein. Bei Hugo wird aber - finde ich - gut vermittelt, wie auch Amicia sich erst mit der Situation anfreunden muss und der kleine Kerl wuchs mir zunehmend ans Herz. Auch war es sehr interessant, wie sie es geschafft haben, durch sehr regelmäßige (aber nicht zu viele) Kommentare Hugos oder Dialoge zwischen ihm und Amicia wirklich den Eindruck zu erwecken, dass er mitbekommt, was um ihn herum geschieht und wie man spielt, was wiederum dazu führte, dass ich zu Beginn mich dabei ertappt habe, deutlich zaghafter zu spielen als sonst. Mich würde an dieser Stelle sehr interessieren, ob das ein Telltale'scher Trick ist, oder ob es sich tatsächlich auf die Story bzw. das Ende auswirkt, wie man spielt bzw. was man Hugo alles mitansehen lässt.

    Auch fand ich sehr angenehm, dass das Spiel eine sehr humane Länge hat und damit relativ frei von Filler-Passagen ist. Jedes der Kapitel hat seinen Zweck - entweder fürs Setting oder den Plot -, die Nebencharaktere werden gerade so vorgestellt, dass man sie kennenlernt und merkt, wie sie ticken, sie aber Amicia und Hugo auch nicht die Show stehlen (auch wenn ich nichts dagegen gehabt hätte, einige noch etwas mehr kennen zu lernen - Arthur etwa kam mir ein bisschen sehr kurz, der war ja quasi nur für ein halbes Kapitel mal wirklich da).

    Die Level hatten alle etwas leicht Schlauch-artiges, was ich aber in diesem Kontext völlig okay finde. Es gab dennoch immer wieder kleine Gassen oder Geheimnisse, die man auch verpassen konnte, und im Gegenzug waren diese Level wahnsinnig detailliert und liebevoll designt, sowohl optisch (boah, sahen manche Level einfach schön bzw. verstörend aus!) als auch von ihren oben genannten Möglichkeiten für das Angehen der Schleichpassagen betreffend. Was mich eher gestört hat war, dass man oft nicht erkennen konnte, wenn eine Aktion den nächsten Plot-Punkt triggert und damit das Gebiete "abschließt" - da habe ich ein paar Mal tatsächlich den letzten Speicherpunkt neu geladen, weil ich mich lieber noch umsehen wollte. Apropos Speicherpunkt: Das Spiel ist sehr großzügig mit seinen Auto-Saves. Ich finde das total super, kann mir aber vorstellen, dass das nicht für jeden was ist (*schielt zu Klunky*). Ebenso war ich sehr dankbar, dass die KI der Gegner offenbar mit gehörigen Scheuklappen kommt, wer dagegen vor allem Realismus will, wird vermutlich hier eher enttäuscht sein. Einige der Schleicheinlagen erfordern schon ein gutes Stück Suspension of Disbelief.

    Weil Ὀρφεύς noch das mit dem an-der-hand-halten erwähnt: Kann ich bestätigen, wurde aber fand ich davon mehr als wett gemacht, dass ich glaube ich noch kein Spiel gesehen habe, wo so etwas so glaubhaft visuell dargestellt wurde. In den meisten Spielen, die ich kenne, sind sich berührende Charaktermodelle immer damit verbunden, dass man mindestens ein Auge zudrücken muss, um zu vergessen, dass das... naja, zwei Modelle sind, bei denen sich die Entwickler einen abgebrochen haben, um Kollision, Clipping, Texturen, etc. unter Kontrolle zu behalten. A Plague Tale dagegen hat es imho geschafft, dass diese Berührung grafisch glaubhaft aussieht, sich auch recht glaubhaft "anfühlt" und sich dabei trotzdem angenehm steuern lässt. Ich habe so eine Ahnung, dass hier viel Perfektionismus und Try and Error am Werk war und es zahlt sich aus.

    Und meine Lieblingsstelle für die Leute, die schon durch sind:


    Also ja, ich hab das Spiel jetzt ca. zwei Jahre auf dem Radar gehabt und es hat sich voll und ganz gelohnt. Natürlich gibt es kleinere Schwächen - ein, zwei Punkte in der Handlung kamen mir etwas zu plötzlich, auch hätte ich sehr gerne ein bisschen mehr über Nicholas erfahren, aber insgesamt ist das alles eine sehr runde Sache. Das Spiel hat sowohl Story- als auch gameplaytechnisch einen klaren Fokus und macht da eine ganze Menge draus, anstatt (wie man es ja recht häufig inzwischen hat) zu viel zu wollen und sich dann zu übernehmen.

    Geändert von BDraw (19.05.2019 um 14:07 Uhr)

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