Vorwort:
Anders als bei vielen anderen Rollenspielserien aus Japan, bei denen die einzelnen Ableger komplett eigene Geschichten in jeweils eigenen Spielwelten erzählen, ist die sehr ambitionierte „Tales of Heroes“-Serie ein zusammenhängendes Konstrukt. So ähnlich wie Suikoden spielen die Ableger zwar an anderen Orten, aber die Handlungen sind miteinander verknüpft und einzelne Charaktere tauchen auch in mehreren Ablegern auf.
Bei Tales of Heroes ist der Schauplatz der Großkontinent Zemuria . Die einzelnen Ableger spielen dabei jeweils in einem bestimmten Land, wobei sie gegenseitig auch Einfluss auf andere Länder und somit andere Ableger nehmen. Ebenfalls bestehen die Ableger in der Regel aus mehreren Teilen mit Fortsetzungen. Das bedeutet auch wieder, dass die Serie ziemlich ins Detail geht und sich mehr wie ein historischer Roman anfühlt als ein Fantasy-Rollenspiel. Da hier die Schicksale von verschiedenen Charakteren in sämtlichen Einzelheiten beleuchtet werden, erinnert die Serie ein wenig an den Romandreiteiler „Jahrhundert-Saga “ von Ken Follet, die Europa von der Industrialisierung bis zum Mauerfall begleitet und die signifikanten Ereignisse des Weltgeschichte aus dem Blickwinkel verschiedener Familien und deren Angehöriger in einflussreichen Positionen beschreibt. Im Grunde funktioniert die „Tales of Heroes“-Serie genauso – mit dem kleinen Unterschied, dass alles Fiktion ist und in Zemuria natürlich auch Fantasy-Elemente wie Kobolde und Hexen eine wichtige Rolle spielen.
So begann alles mit der „Trails in the Sky “-Triologie, die sich maßgeblich auf das friedliche und traditionelle Königreich Liberl im Südosten des Kontinents konzentriert. Die Ereignisse nehmen dabei Einfluss auf die vier „Trails of Cold Steel“-Teile, welche die Sicht von wichtigen Figuren aus dem benachbarten Kaiserreich Erebonia beleuchten, einem Großreich, dass besonders viel Scheiß baut und auf dessen politischer Bühne es so richtig zur Sache geht. Der von der Republik Calvard und dem Kaiserreich gleichmaßen beanspruchte autonome Stadtstaat Crossbell , der als Pufferzone zwischen diesen beiden Nationen herhalten muss, bekommt ebenfalls zwei Spiele spendiert, die die Geschichte wiederum aus Sicht einer Gruppe von Ordnungshütern erzählen. Da ich damit rechne, dass der Entwickler Falcom schon den nächsten Ableger in der Mache hat, werden auch in Zukunft neue Teile in neue Länder einführen, die momentan bloße Feindbilder bzw. Verbündete sind wie eben die Republik.
Das 2017 in Deutschland für Vita und PS3 (und 2019 auch für PC und PS4) erschienene „Tales of Heroes – Trails of Cold Steel 2“ ist der zweite Teil des bisher umfangreichsten Ablegers der Serie und markiert einen Wendepunkt in der Geschichte des Kontinents. Der erste Teil diente als Einführung und endete mit einem Cliffhanger – hier mein Review hier mein Review . Teil 2 beleuchtet den Bürgerkrieg und schließt nahtlos an Teil 1 an. Dabei passiert wirklich viel und das erste Mal werden auch die anderen Ableger (Liberl, Crossbell) interessant, die mit den Ereignissen in direkter Verbindung stehen. Man muss diese anderen Ableger zwar nicht gespielt haben, da das Spiel die Ereignisse schon einigermaßen gut erklärt. Aber wer wirklich en detail alles genau samt Figuren und deren Hintergründe erfahren möchte, der sollte auf jeden Fall wissen, dass es diese Spiele gibt und sie spielen, bzw. zur Not Zusammenfassungen darüber lesen. In dem Review beschränke ich mich nun auf Cold Steel 2 und gebe noch einen Ausblick auf den direkten Nachfolger.
Wenn Machias wie ein Paket verschnürt ist, freut sich der Jusis.
Achtung fieser Spoiler: Es gibt jetzt ein Snowboarding-Minispiel.
Erebonia ist ein ziemliches Scheiß-Land . Ständesystem, Leibeigenschaft, Kleinstaaterei in den Provinzen und eine hinter dem Mond lebende Bevölkerung gilt es zu reformieren. Allerdings wurde der Kanzler , der eben die Reform von Erebonia mit allen Mitteln durchsetzen wollte eben erst durch ein Attentat getötet , seine Mitarbeiter gefangen genommen und das Land im Zuge resultierender politischer Unruhen gespalten. Die „Adelige Allianz “, die sich auch zu dem Attentat bekennt, versucht das Land wieder unter Kontrolle zu bekommen, sieht sich aber mit Rebellen und feindlichen Organisationen konfrontiert. Zudem entführen sie den reformfreundlichen Kaiser samt Familie.
Außerdem steht ihnen eine neue Waffengattung zur Verfügung , die „Panzer Soldats “, auf Deutsch Mecha, die nicht nur den Vorteil von Effizienz und Stärke haben, sondern auch den Gegner durch ihr humanoides Auftreten einschüchtern. Und zudem haben sie den „Azurblauen Erwecker“ auf ihrer Seite: einen jungen Mann, der den legendären und jahrhundertealten Mecha-Koloss Ordine kontrolliert, der so mächtig ist, dass dieser keine Schlacht verliert. Die „Panzer Soldats“ sind quasi Nachbauten im Stile des riesigen „Azurblauen Ritters “ Ordine – natürlich nicht ganz so mächtig. Dennoch hat das hochtechnologisierte Militär Erebonias der Adeligen Allianz nichts entgegen zu setzen und kontrolliert daher nur noch kleine Teile des Reiches.
Unsere Helden von Klasse 7 geraten am Ende des ersten Teils direkt in die Wirren des Konflikts und stellen sich den Adeligen Allianz in den Weg. Da auch hier Ordine persönlich auftaucht, muss Rean Schwarzer seinen im ersten Teil erweckten legendären Mecha, den „Aschgrauen Ritter Valimar “ zu Hilfe rufen, wird aber aufgrund fehlender Erfahrung von Ordine besiegt. Zur Notrettung gibt die sprechende Katze Celine 😍, die eigentlich eine Hexe ist, Valimar den Befehl, Rean und sie in die 500 Kilometer entfernte Eisengard Gebirgskette zu teleportieren. Gegen den Willen von Rean.
Dieser schläft vor Erschöpfung mehrere Wochen und als er wieder aufwacht, muss er sich mit Celine in seine naheliegende Heimatstadt Ymir kämpfen, wo sein Ziehvater, der lokale Baron ihn schon erwartet.
Von Ymir aus, plant Rean, seine Klassenkameraden der Reihe nach aufzuspüren und zu retten. In drei sehr spannenden Kapiteln findet er schließlich einiges über die Hintergründe heraus und er schafft es, seine geliebten Mitschüler allesamt wieder zu vereinen. Schützenhilfe bekommt er von der Hilfsorganisation „Bracer-Gilde“ und den „Purpurschwingen“, der Rebellenorganisation des Halbbruders des Kronprinzen, Olivert, und Lauras Vater, des Vicomte von Arseid (der mit dieser berühmten Schwertschule), die den Helden von Klasse 7 auch ein Luftschiff zur Verfügung stellen, mit dem sich die Gruppe mehr oder weniger frei über Erebonia bewegt.
Durch weitere politische Verwicklungen und ihr Ziel , ihre Militärakademie des Herrschaft der Adeligen Allianz zu entreißen , sammelt die Gruppe immer weitere ehemalige Mitschüler auf, die dann in dem Luftschiff beispielweise Geschäfte oder Trainingsräume betreiben.
Es kommt zu weiteren Großereignissen, bei denen die Gruppe oft eine tragende Rolle spielt. Offiziell stellen sie sich als neutral dar, aber sie unterstützen hauptsächlich das bürgerlich geführte Militär des Landes und zwingen die Adelige Allianz in die Knie, in dem sie auch Teile von Erebonia zurück erobern. Zudem wird Rean immer sicherer im Umgang mit Valimar, da er weiß, dass er im Finale wieder Ordine gegenübertreten muss.
Was zeichnet die Spiele des „Tales of Heroes“-Reihe aus? Genau! Handlung, Charaktere und Dialoge. Das sind die wichtigsten Pfeiler, auf denen das Gerüst des Spieles ruht. Man bekommt unfassbar ausgearbeitete Charaktere – wie in einem Ken Follet-Roman ! Es werden nach und nach Details über deren Leben dargelegt und meistens spielen die Hauptfiguren immer an vorderster Front mit. Andere Spieleserien wie Final Fantasy beschränken sich oft auf die Sicht von wenigen Charakteren, Cold Steel eröffnet hier eine riesige Anzahl an individuellen Schicksalen und selbst Nebenfiguren spielen eine wichtige Rolle in der Geschichte. Zudem wird man als Spieler auch alle Figuren, über die gesprochen wird, kennenlernen. Das Spiel nimmt sich ausreichend Zeit dafür, in die über 100 mit der Handlung verknüpften Charaktere einzuführen . Die einzelnen Beziehungen der Figuren untereinander ist extrem komplex – um nicht zu sagen, kompliziert.
Das trifft auch auf die Geschichte zu. Die Geschichte in Cold Steel 2 ist sehr stark , obwohl sie nur Teil eines viel größeren Zusammenhangs ist . Dennoch schließt Cold Steel 2 einen wichtigen Teil ab und funktioniert auch isoliert sehr gut – auch wenn die Handlungsmotivation der Geheimgesellschaft Ouroboros nicht im Entferntesten geklärt werden darf. Auch wenn man sich die Zusammenfassungen der Liberl- und Crossbell-Spiele gibt, um den politischen Gewaltakt auf dem Kontinent Zemuria besser folgen zu können, bleiben die Motive der Geheimgesellschaft im Dunkeln. Die Ereignisse erscheinen fast schon sinnlos. Es geht hier anscheinend um einen Sub-Plan, den Ouroboros durchziehen möchte und der den Bürgerkrieg in Erebonia und das komplette Chaos erfordert. Man muss sich im Moment daher begnügen, dass sich die globalen Ereignisse in Cold Steel 2 als Teil eines größeren Ganzen verstehen. Das Zunichtemachen dieses Teil-Plans kann sich aber wohl auf zukünftige Ableger erstrecken und die Geschichte neu schreiben. Daher widmet sich die eigentliche Geschichte diesem und setzt daran an, genau dieses Puzzleteil zu zerstören, um noch viel Schlimmeres zu verhindern.
Andere Spiele wie die Final Fantasy-Ableger erzählen wesentlich simplere Hintergrundgeschichten. Dort wird viel direkter Einfluss auf die globalen Ereignisse genommen, sodass Cold Steel in gewisser Weise überladen wirkt. Dennoch macht es gerade bei Cold Steel den Reiz aus, in dem sehr spannenden und komplexen Umfeld immer am Drücker und vorne dabei zu sein. Daher ist die Geschichte auf jeden Fall eine Stärke, auf die man sich zwar schon arg einlassen muss, aber die es einem mit einer ungeheuren Komplexität dankt, die definitiv sehr interessant zu sein scheint. Daher eine große Stärke.
Die dazugehörige Handlung in Cold Steel 2 beginnt auch richtig, richtig stark . Nach dem etwas verstörenden Ende aus Cold Steel 1, setzt die Erzählung hier nahtlos an und weckt am Anfang unglaubliches Interesse. Man möchte so viel herausfinden, die Klasse wieder zusammensuchen und es erscheint am Anfang alles wie ein Kampf gegen Windmühlen. Was seinen besonderen Reiz hat. Die erste Hälfte des Spiels nimmt sich daher ausgiebig Zeit, dass Rean von seiner Heimatstadt Ymir aus mit der Hilfe seines Mechs Valimar seine Klassenkameraden wieder zusammenfindet. Schließlich hat er ihnen ja auch in gewisser Weise sein Überleben zu verdanken.
Es ist sehr spannend, in der ersten Hälfte quer durch Ost-Erebonia zu reisen und Schritt für Schritt seine geliebten Kameraden wieder zu versammeln . Hilfe bekommt Rean auch von Celine, der kleinen sprechenden Katze, Toval, einem Bracer und natürlich Sharon, dem Hausmädchen der Reinfords. So erfährt man auch Schritt für Schritt immer mehr über die Hintergründe des Bürgerkrieges und wie es sich auf die einzelnen Regionen auswirkt.
Nach einem äußerst spannenden Intermezzo auf der Pentagruel, dem Schiff der Adeligen Allianz in der Mitte des Spiels, öffnet sich das Spielprinzip etwas und Klasse 7 ist mit ihrem Luftschiff Courageous eine dritte „neutrale“ Partei im Kampf um die Vorherrschaft in Erebonia. Mit der Zeit stellt sich jedoch heraus, dass sie dennoch eigentlich immer der bürgerlichen Armee helfen. Außerdem kann man in dieser Phase immer mehr ehemalige Thors-Studenten anwerben, die dann Suikoden-mäßig in die Mannschaft der Courageous aufgenommen werden und an Bord neue Geschäfte oder Trainingseinheiten bieten.
Nachdem die erste Hälfte des Spiels ja unglaublich spannend verlief – aber eben auch saulinear , hatte ich mich gefreut, dass man nun sogar richtige Bewegungsfreiheit erlangt hat und die einzelnen Abschnitte in Ost-Erebonia direkt und jederzeit anfliegen durfte. Leider konnte die Handlung dann nicht mehr überzeugen und das Spiel hatte dann erst einmal Durchhänger. Hat sich im ersten Teil alles stimmig und spannungssteigernd zusammengefügt, schaltet das Spiel erst einmal zehn Gänge zurück und konfrontiert die Helden eher mit an den Haaren herbeigezogenen Ereignissen, um die Spielzeit zu strecken . Es werden halbherzig erzählte Episoden , die die Handlung keinesfalls vorantreiben und total sinnlose Nebenquesten eingestreut.
Das ärgert vor allem, dass man einen echt gut erzählten Spannungsbogen einfach unterbricht und teilweise irgendwelche Vorwände einbaut, mit denen sich die Helden herumplagen müssen, die aber nicht zum Ziel führen. Hier wollte die Entwickler wohl einereits die Spielzeit strecken, andererseits das Rekruitierungssystem für die Akademieschüler unterbringen. So hat man zwischen Akt 2-1 bis 2-3 mit Durchhängern zu kämpfen, bei denen sich die eigentliche Handlung nicht einen Millimeter bewegt. Erst danach wird es wieder so richtig spannend. Zudem gibt es hanebüchene Nebenquesten, welche die Logik der Haupthandlung torpedieren, zum Beispiel, dass der Phantomdieb B von Ouroboros sich an Bord der Courageous geschlichen hat, um einen Klassenkameraden zu entführen und sich gleichzeitig als dieser zu maskieren. Dann geht es darum, diesen falschen Klassenkameraden zu überführen. Das ist unlogisch und schmälert in gewisserweise die Glaubwürdigkeit der ansonsten so sorgfältig ausgearbeiteten Geschichte . Aber das ist einfach wirklich nur blöd. Und solche Dinge ohne knkrete Handlungsmotivation passieren ständig und bringen einen komplett durcheinander.
Die Dialoge in solchen Szenen sind dann auch einfach nur noch peinlich. In den meisten Fällen sind diese ja ziemlich gut geschrieben und machen auch Spaß, da alle Figuren definitiv ihre Persönlichkeit gut präsentieren. In den Nebenaufgaben werden die Dialoge doch teilweise blödsinnig und dann fällt es auch auf, dass viele Gespräche viel zu lange dauern.
Am schlimmsten finde ich die Dragonball-Z-Attitüde, die hier einfach nicht reinpasst: Vor einem Kampf (über Leben und Tod) wird erst einmal eine Viertelstunde Small Talk geführt . Von lächerlich kindischen Drohgebärden über gegenseitiges Verständnis bis hin zu Übereinkünften wird diskutiert und diskutiert und diskutiert, bevor mal der Kampf beginnt. Manchmal fragt man sich, warum die Helden überhaupt kämpfen. Oder warum, wenn man aus dem Hinterhalt angegriffen wird, vorher noch ein Dialog geführt wird. Ein Jaeger-Corps, das einfach angreift, aber dann wohl erst einmal versucht, die Heldengruppe tot zu quatschen? Das ist doch unsinnig! Wenn es schon ein Hinterhalt (englisch „ambush“*) ist, wieso labert ihr dann den Helden noch einen Leberkäse an die Backe?
Ich bleibe dabei: Cold Steel 2 beginnt deutlich stärker und interessanter als der erste Teil und hat unter dem Strich eine richtig starke Handlung. Diese wird aber von teilweise extremen Durchhängern und unlogischen Dialogen begleitet. Wieso macht Ihr dann das Spiel nicht um 30% kürzer, Falcom? Und lasst einfach den unlogischen Teil raus? Das nagt an der Glaubwürdigkeit und hat mir im zweiten Akt sechs Monate Pause beschert - aufgrund fehlender Motivation weiterzuspielen.
*Jemand der nicht so gut Englisch kann wird „Ambush“ wohl als „Debatte“ interpretieren. Denn ein Überraschungsangriff ist kein ellenlanger Dialog, den man führt, um am Ende dann zu einer Meinung zu kommen, einvernehmlich gegeneinander zu kämpfen!
Die Suche und Wiederkehr der Klasse 7 ist sehr emotional.
Schützenhilfe bekommt Rean u.a. von dem schlitzohrigen Bracer Oval.
Wie bereits beim ersten Teil ist auch Cold Steel 2 äußerst linear. Nur in der zweiten Spielhälfte bewegt man sich vollkommen frei mit dem Luftschiff über die Weltkarte und kann bereits besuchte Gebiete bereisen, dort Nebenaufgaben und neue Charaktere finden. Das wirkt etwas merkwürdig, da in der Spielhandlung die Ereignisse der Akte 2-1 bis 2-4 auf wenige Tage angelegt ist, man aber Aufgaben hat, die gefühlt ein halbes Jahr dauern. Schön ist allerdings, dass man sich bereits in der ersten Hälfte vom starren Ablauf des Vorgängers mit dem Schule-„Freier Tag“ – Exkursions-Rhythmus verabschiedet hat und die Reisen nun handlungsmotiviert sind.
Das rundenbasierte und taktische Kampfsystem aus dem Vorgänger ist angenehm erweitert worden – vor allem in den Details. Es gibt jede Menge neue Spezialangriffe, eine fast unendliche Anzahl an Zauber-Orbs und verschiedene Möglichkeiten, die nach und nach freispielbar sind. Zum Beispiel können kampfverbundene Gefährten jetzt je nach ihrer Zuneigung verschiedene Kombo-Angriffe ausführen sowie in den Overdrive-Modus wechseln. Dabei wird ihnen zwei Extrarunden spendiert und jeder Angriff ist automatisch kritisch. Nur muss dafür nicht nur die Chemie stimmen, sondern es muss auch Overdrive-Potenzial in vorangegangenen Kämpfen gesammelt werden. Auch kann der aschgraue Ritter-Mech Valimar von Rean einmal pro Kampf beschwört werden und ordentlich reinknallen.
Die Mech-Kämpfe sind nun fester Bestandteil des Spiels . Entgegen meiner Befürchtung sind diese eine angenehme zusätzliche Abwechslung und setzen auf verschiedene Taktiken. Auch hier ist findet sich im Laufe mehr Tiefe, da Valimar nun selbst mit Waffen und Orbs bestückt werden kann. Auch spielt in Zukunft ein Sekundant eine wichtige Rolle. Man kann einen von Reans nahestehenden Gefährten auswählen, der dann Spezialattacken und bestimmte Zauber über Valimar wirken kann und somit als Extrarunde zu Gunsten des Spielers herhält.
Somit hat Cold Steel ein sehr motivierendes Kampfsystem , das angenehm komplex ist ohne überladen zu sein. Durch die Reihenfolge im Kampf und verzögernde Angriffe gibt reihenweise taktische Möglichkeiten, auch übermächtige Gegner in die Schranken zu weisen, was auch hin und wieder erwartet wird, besonders im Finale. Die Kämpfe drehen richtig auf und verzeihen einem keine Fehler mehr. Dafür darf man aber nach einer Niederlage den Kampf wiederholen und da ich auf mittlerer Schwierigkeit gespielt habe, kann man die Gegner sogar auf leicht angeboten. Dennoch waren einige Kämpfe auch sogar auf leicht richtig schwierig. Aber man darf immer wiederholen. Da man sehr viele Möglichkeiten hat, sollte man auch einen Raum zum Experimentieren nutzen.
Auch optionale Bossgegner wie die Cryptiden, die auch gar nicht mal so schwer sind, lassen nach ihrem Tod seltene Quartze fallen. Diese sehr mächtigen Zauber haben meinen Helden schon ums ein und andere Mal den Arsch gerettet. Man hat also viele Möglichkeiten, sein Kampfarsenal zu erweitern. Überall stehen blaue Truhen herum, die keinen Schatz enthalten, sondern Prüfungen. Dadurch werden die Bande mehrerer Charaktere gestärkt, was wiederum neue Komboangriffe bedeutet. Gerade das macht das Erkunden der langwierigen, einfallslosen und unglaublich faden Dungeons deutlich spaßiger.
Man muss in Cold Steel 2 nicht spezifisch grinden. Das macht das Spiel quasi, wenn man alle Begegnungen mit den im Spielfeld sichtbaren Gegnern annimmt, da diese gute Erfahrungspunkte geben. Insgesamt sind meine Helden 95 Stufen im Spiel aufgestiegen. Das zieht natürlich das Spiel auch in die Länge, aber Abnutzungserscheinungen hat das Kampfsystem keine. Nur wird man sehr schnell ungeduldig, wenn es nach zwei Stunden Dungeon immer noch nicht weitergeht.
Denn die Dungeons sind teilweise einfach nur da, damit halt Dungeons da sind. Oft läuft man durch sehr weitläufige Areale und kämpft sich dabei bis zum Obermotz, mit dem man dann aber erst einmal 15 Minuten smalltalkt, was oft der einzige Dialog in einem Dungeon ist. Gerade die Dungeons am Ende des Spieles sind riesengroß und erfüllen nur den Zweck als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Oft kommt es mir so vor, als seien diese nur eingefügt worden, damit das Spiel länger dauert. Am Anfang ist Cold Steel 2 noch besser im Pacing. Ereignisse sind einigermaßen rasant, Dungeons sind seltener und kürzer. Doch gegen Ende muss man nicht nur fünf Schreine erkunden, sondern auch noch durch ein Schloss mit 17 (!) Etagen durch und selbst im Epilog quält einen noch ein vier Stunden langer Dungeon.
Das Schlimme ist auch , dass die Dungeons leer sind . Die Rätsel sind quasi nicht vorhanden. Lediglich in dem Crossbell-Dungeon gab es tatsächlich mal einige klügere Schalterrätsel, die Plattformen zwischen zwei Ebenen hin- und hergetauscht haben und sofort kam so etwas auf wie Spielspaß. Der Dungeon war zwar nicht der Aller-Originellste, aber dieser machte in Verbindung mit dem Minikapitel und besonderen Charakteren schon Spaß und was ok. Ansonsten unterscheiden sich die Dungeons nicht von den Landstraßen, welche die einzelnen Gebiete verbinden. Dort sind die Aufgaben eben so trivial . Finde ein bestimmtes Monster und erledige es!
In Verbindung mit den doch nicht so seltenen Durchhängern in der zweiten Spielhälfte und einem Missionssystem ähnlich den Feld-Exkursionen des Vorgängers ist das Spiel gameplaytechnisch nicht wirklich besser geworden als Teil 1. Teil 1 hat nicht so lange Strecken gehabt, die einen eher wie eine Beschäftigungstherapie vorkommen. Dafür bietet dieser Teil größere Freiheiten und die erste Spielhälfte kommt ohne Durchhänger und mit konstantem Spannungsbogen aus. Insgesamt fehlt aber auch hier der Zug. Das Kampfsystem macht zwar Spaß und fordert deutlich mehr Taktik und gewährt deutlich mehr Möglichkeiten als im ersten Teil, aber stellenweise ist das Gameplay doch schon ganz schön abgehängt. Seien es die monotonen Dungeons oder die an den Haaren herbeigezogenen Nebenquests. Was ich sehr schade finde! Man hätte dieses über 80 (!) Stunden lange Spiel auch straffen können.
Hmmm??? Wildlebende Affen im verschneiten und sehr weit nördlichen Ymir? Verstehe das wer will!
W... t... f...???
Kommen wir nun zu dem Punkt, wieso ich mir auch die anderen Spiele (Crossbell-Zweiteiler, Liberl-Triologie) gerne angeschaut hätte. Die Spielwelt ist so unfassbar detailliert und das ganze Zemuria-Epos mit einem noch unbekannten Masterplan der Geheimgesellschaft Ouroboros ist schon einfach richtig gut geworden. Es fühlt sich an, als wäre Zemuria ein weiterer Kontinent auf der Erde und die Ereignisse sind wie historische Romane dazu. Hier gibt sich Falcom keine Blöße und erschafft Städte, die fast alle etwas Besonders bieten sowie eine genau aufgebaute politische Bühne und pittoresk arrangierte Handlungsfäden . Das machen sie fast meisterhaft, zumindest kann man die ganzen Plotstränge, die sorgfältig miteinander verwoben werden sehr genießen. Es ergibt trotz einiger fehlender Zusammenhänge ein sehr rundes und logisches Bild und nicht wie beispielsweise bei der Final Fantasy 8 Waisenhaus-Affäre ein zusammengespaxtes Hintergrundkonstrukt.
Liebevoll sind die politischen Zusammenhänge, Parteien und staatliche Organe arrangiert . So gibt es die Eisenbahnmiliz mit Claire Rieveldt, die kaiserlichen Truppen in neun (!) Divisionen mit Elliots Papa sowie General Zach und Ausbilder... äh Major Neidhart. Es gibt die Provinzkommandaturen – erkennbar an ihren Pickelhäubchen, die der Adeligen Allianz unterstellt sind. Es gibt die Purpurschwingen mit ihrem Luftschiff als scheinbar „neutrale“ dritte Partei. Es gibt die Bracergilde. Dann gibt es die Geheimdienstabordnung, die mysteriösen Eisengeblüte und und und... Alles fein säuberlich ausgearbeitet und in der Auflösung zusammengeführt.
Außerdem ergeben die stärker integrierten Mechas mittlerweile Sinn. Die Erklärung eines Militärs, dass große humanoide Kampfmaschinen ihrem Gegenüber im Gegensatz zu Panzer und Co. mehr Respekt einflößen und somit auch in der psychologischen Kriegsführung ein großer Vorteil seien, erklärt den Zweck und die Existenz der „Panzer Soldats“ nachvollziehbar. Daher kann ich mich damit arrangieren. Eigentlich gar keine so verbogene Idee und nur in Erebonia zu finden – daher könnte sich der Einsatz der Panzer-Soldats auch von der kaiserlichen Armee noch als nützlich erweisen. Ich bin selbst überrascht, dass diese Mecha-Sache mich nicht mehr stört, obwohl sie im ersten Teil mit der Brechstange eingeführt wurde.
Schade nur, dass – auch wenn es nun Bewegungsfreiheit gibt – die Schauplätze immer noch sehr eingeschränkt sind. Es gibt nicht mehr Städte als im Vorgänger und meist sind es auch die gleichen. So kommt zwar Ymir dazu, dafür fällt Heimdallr weg... Der komplette Westteil des Kaiserreichs spielt ebenso keine Rolle wie die Sonderverwaltungszone Jurai und das Königreich Nortia. Ereignisse diese Städte betreffend werden also meist unter der Hand von den Purpurschwingen unternommen und dann in einem Meeting über Bildschirm der Klasse 7 berichtet...
Das Problem ist auch, dass die Beschränkung auf sechs Gebiete in 80 Stunden Spielzeit schon etwas schwach wirkt. Hätte man das Spiel nicht so künstlich in die Länge gezogen in der zweiten Hälfte, so wäre das auch gar nicht aufgefallen.
Auch der gute Herr Makarov inklusive seiner Nikotinsucht ist wieder zur Stelle.
Celine ist absolut sensationell. Ich liebe Katzen!
Hier fasse ich mich zur Abwechslung mal kurz, da es im Grunde genau wie im ersten Teil ist. Zwar sind einige Städte richtig schön gestaltet, aber der biedere Grafikstil ist nicht unbedingt verlockend.
Sobald sekundäre Effektfilter auf dem Spiel liegen – was bei Zaubern und Spezialangriffen die Regel ist – so fängt das Spiel an, ganz übel zu ruckeln. Hier hätte man vielleicht die Effekte etwas drosseln sollen.
Schön ist, dass es eine vollkommen frei bewegliche Kamera gibt – im Feld als auch in den Kämpfen und man daher von allen Seiten aus die Wirkungsbereiche von Zaubern feststellen kann.
Die Sprachausgabe ist in diesem Teil noch homöopathischer als beim Vorgänger , zudem wirkt der Sound stärker komprimiert, sodass man teilweise /f/ und /s/ nicht mehr versteht. Das ist sehr schade, aber schlimmer ist, dass kaum mehr Dialoge vertont werden. Oft wirkt der Einsatz auch willkürlich, sodass mitten im Gespräch ein paar Sprecher einsetzen und andere wiederum die Klappe halten. Vor allem weil die Dialoge teilweise fünfzehn Minuten lang sind, hätte ich mir zumindest die wichtigen Stellen konsequenter vertont gewünscht. Was auch sehr komisch ist: Manchmal sind belanglose Nebenquest-Dialoge vertont, aber dann im Finale spricht an wichtigen Stellen keiner. Auf mich wirkt diese Arbeitsweise schlampig. Als hätte man sich gedacht: Lass uns mal einsprechen – so viel wie wir schaffen und dann einfach alles irgendwie einbauen. Die wenigen vorhandenen Sprecherleistungen sind aber toll.
Hier gibt es tatsächlich Fortschritte zum ersten Teil . Das Spiel strotzt nämlich vor neuen Musikstücken und diese sind in der Regel nicht mehr so plätschernd und langweilig wie im ersten Teil. Gerade die hinzugekommenen neuen ruhigen Themen warten mit wirklich hübschen Melodien auf . Einige Stücke wie „Reunion“ sind auch echt bewegend, trotz einer vielleicht nicht 100% passenden Instrumentierung . Zudem ist der Sound des Spiels jetzt eine ganze Ecke epischer .
Es fehlen auch die Techno-Einwürfe des Vorgängers und die krassen J/KPop-Nummern. Anstelle dessen hat man im Finale zwar einen furchtbare Dungeon, der aber von einer tollen epischen Musik begleitet ist – traditionell singt eine Frauenstimme zu einem ganz atmosphärischen Instrumentensatz eine gefällige und sehr passende Melodie.
Für die Produktion kamen an vielen Stellen echte Musiker zum Einsatz – zumindest im Base-Instrumentarium. Orchesterstreicher sind allerdings nach wie vor aus der Sample-Bibliothek. Durch die kluge Kombination aus beiden Produktionstechniken sowie eine umsichtige Instrumentierung schufen die Komponisten aber eine wirkliche Bank unter den JRPG-Soundtracks. Definitiv ein sehr gutes Resultat und eine große Stärke dieses Spiels .
Warum wieder nur 7???
Ich hätte diesem Spiel liebend gerne eine 8 oder sogar eine 9 verpasst, da es wirklich unbestreitbare Stärken hat und ich es auch irgendwie liebe. Aber unter dem Strich ist es einfach kein sehr gutes oder hervorragendes Spiel . Dafür ist es einfach zu... unbalanciert... zu schwach gepacet und auch zu voll.
Alleine dass es trotz einer etwaigen Handlungsfreiheit im zweiten Teil jetzt immer noch einen Haufen verpassbare Ereignisse sowie nur in einem beschränkten Zeitraum rekrutierbare Charaktere gibt, gaukelt einem die neue Freiheit auch nur vor. Dafür bezahlt man diese mit ellenlangen Durchhängern und an den Haaren herbeigezogenen Nebenquests.
Spätestens wenn es zu Dungeons oder allgemein zu Gebieten kommt, fehlt dem Spiel ein wenig die Motivationsfähigkeit. Es kann einfach nicht sein, dass man durch komplett rätselfreie Riesen-Dungeons laufen muss, um zemurisches Erz zu bergen – das abholbereit in einer Kiste von Kobolden hunderte Jahre zuvor zurückgelassen wurde. Oder dass viele Monster-Kill-Aufträge einfach wieder nur durch leere Landstraßen laufen bedeutet. Immerhin kann man aber diese noch mit dem Pferd oder dem Motorrad erkunden. Bei den weitläufigen Dungeons geht das leider nicht.
Das Kampfsystem und vor allem das Mech-Kampfsystem wurden sinnvoll erweitert und das macht die Evolution wirklich perfekt. Und das schöne ist auch, dass beides auf den ersten Teil so schön aufbaut. HP-Werte explodieren durch den Start auf mindestens Level 40 auch schon mal, da man im Spiel richtig viele und auch motivierende Aufstiege verpasst bekommt. Also da gibt sich Cold Steel 2 keine Blöße.
Beim Pacing leider schon. Und gerade weil es so stark und spannend startet und bis zum Intermission Chapter durchgehend an Spannung aufbaut, ist der dramaturgische Durchhänger danach umso ärgerlicher und wohl einer der Hauptgründe, warum Cold Steel 2, obwohl fast uneingeschränkt empfehlenswert, nur ein gutes Spiel ist.
Was mich begeistert hat :
- Die Geschichte mit ihren tollen Handlungssträngen und einem vernünftigen vorläufigen Ende ohne Cliffhanger
- Die außerordentliche Charakterzeichnung, der Fokus auf Persönlichkeitsentwicklung und dass sich das Spiel die Zeit dafür nimmt
- Celine (unfassbar gut geschriebene Persönlichkeit und eine Katze und ich liiiiiieeeebe Katzen!!!)
Was mir sehr gut gefallen hat :
- Ungewöhnlich gute Musik, die meine Erwartungen sogar etwas übertroffen hat
- Die Welt Zemuria
- Das weiterentwickelte Kampfsystem und das abwechslungsreiche und spaßige Mech-Kampfsystem
Was mir weniger gefallen hat :
- Zu lange Spielzeit aufgrund zu großer Dungeons und zu überfüllter banaler Nebenaufgaben
- Dass es so viele verpassbare Events gibt
Was mir gar nicht gefallen hat :
- Extrem leere Dungeons ohne Rätsel
- Die Durchhänger
- Smalltalk VOR Bosskämpfen
- Hanebüchene Nebenaufgaben und unglaubwürdige Ereignisse
Handlung, Charaktere und Dialoge: ➊➋➌➍➎➏➐➇➈➉ gut : Das Spiel beginnt außerordentlich stark und wird dramaturgisch toll erzählt, gipfelt jedoch dann in einigen Durchhängern, wo die Luft raus ist. Besonderes Augenmerk auf Charakteren, auf Dialogen meistens auch.
Gameplay und Kampfsystem: ➊➋➌➍➎➏➐➇➈➉ gut : Ein tolles Kampfsystem mit vielen Facetten und einer spannenden Mech-Erweiterung trifft auf überlange fade Dungeon-Erkundung, 0815-Quest-Aufbauten und nervenstrapazierende Längen.
Spielwelt und Atmosphäre: ➊➋➌➍➎➏➐➑➈➉ sehr gut : Erebonia ist immer noch Erebonia. Die ganze Spielwelt ist mindestens genauso detailliert wie Westeros. Leider gibt es in Cold Steel 2 ein paar Schauplätze zu wenig.
Technik und Präsentation: ➊➋➌➍➎➅➆➇➈➉ durchwachsen : angestaubtes Bild, teilweise Performance-Einbußen bei Spezialeffekten und Cut-Scenes, ein leichtes Color-Grading in Richtung Sepia, das es auch nicht besser macht sowie äußerst lückenhafte Sprachausgabe
Musik: ➊➋➌➍➎➏➐➑➈➉ sehr gut : Weniger Fahrstuhlmusik, keine schrillen Nummern mehr, aber epische passende Scores und wunderschöne neue ruhige Themen
Gesamtwertung: ➊➋➌➍➎➏➐➇➈➉ Gut
Unfassbar stark beginnendes Abenteuer, das nahtlos an den Vorgänger anknüpft, auf dessen Stärken aufbaut, aber dem nach der ersten Spielehälfte die Luft ausgeht und das außerdem unter der extrem hohen Spieldauer leidet.
Jeder der mit Klasse 7 näher was zu tun gehabt hat... Alle diese Charaktere werden ziemlich genau aufgeführt. Da kommt schon was auf einen zu!