Damals
Gameplaytechnisch sind wir leider in der Scheißigkeitszone angelangt. EFMI läuft auf der Grim Fandango-Engine, was vorgerenderte Hintergründe und 3D-animierte Figuren bedeutet. Es bedeutet auch jede Menge Jank, denn Guybrush "klinkt" sich automatisch an interessante Gegenstände an, was teilweise äußerst hakeliges Umhergewackel mit dem Gamepad-Stick (EFMI unterstützt Analogsteuerung) oder dem Ziffernblock bedeutet. Eine Maussteuerung gibt es nicht mehr.
Am unteren Bildschirmrand sehen wir alle Gegenstände, die aktuell in Reichweite sind und schalten per Knopfdruck durch sie durch. Auf weiteren Tasten liegen dann die Befehle wie "Nimm", "Benutze", "Inventar", "Sieh an", etc. Alles unnötig kompliziert, ich kann mir nie die Tasten für die Befehle merken; zudem kann man wie schon in Grim Fandango meistens die "Use"-Taste verwenden, zumindest bis zu dem Zeitpunkt, an dem man eines der anderen spezifischen Kommandos nutzen muss. Grim Fandango hatte genau EIN Rätsel, dass ich über die "Use"-Taste nicht lösen konnte, weil nur dieses eine Rätsel die andere Taste verlangt. Monkey 4 hat dieses Problem zwar öfter, aber nicht oft genug, dass man diese Problematik im Hinterstübchen behält. 
Das Spiel ist zudem auch äußerst hässlich. Die vorgerenderten Hintergründe sind zwar recht hübsch, die Figuren aber extrem limitiert in ihrer Darstellung, und anscheinend gibt es genau 2 Dorf-NPC-Charaktermodelle, die sogar in Filmsequenzen(!) wiederholt in verschiedenen Rollen auftauchen. Dazu kommt, dass Guybrush und Gegenstände, mit denen man interagieren kann, durch die Perspektive bedingt oftmals nur extrem klein abgebildet ist, wodurch das Spiel oft zur Pixelsuche verkommt.
Im Gegensatz zu CMI hatte ich bei EFMI als junger Erwachsener nicht die Geduld, mich ohne Hilfe von außen durch das Spiel zu schlagen. Ich war zwar froh, dass überhaupt noch ein Monkey Island erschienen ist, aber das Gameplay war so grottig, und die vielen Spielabstürze so frustrierend, dass ich ab einer bestimmten Stelle (Prothesenladen) dann doch zum Walkthrough gegriffen habe.
Davon abgesehen hat EFMI allerdings auch noch weitere Probleme. Die Story ist zu popkulturgesättigt; der ganze Plot nimmt außerdem Bezug auf Medienmogul Rupert Murdoch und seinen Siegesfeldzug in den USA um die Jahrtausendwende, wodurch nicht nur der Look des Spiels, sondern auch seine Story furchtbar schlecht gealtert ist. Beleidigungskampf ist diesmal ein zentrales Element der Geschichte, das Suchen und Kombinieren der Beleidigungen fällt diesmal allerdings komplett flach; alle Beleidigungsspiele, die man spielen kann, sind bereits "komplettiert" und sind zudem (bis auf eines ganz am Anfang) optional. Lediglich die "Urform der Beleidigung", Monkey Kombat, muss im Endgame absolviert werden, und letztendlich handelt es sich dabei nicht um echten Beleidigungskampf, sondern ein Stein-Schere-Papier-Spiel, für das man selbst erstmal die Regeln herausfinden muss, die in jedem Durchgang zufällig generiert werden. Dazu sollte man Stift und Papier bereithalten, denn das Spiel bietet keine Möglichkeit nachzusehen, was man als Spieler bereits weiß. Das mag für viele ein Dealbreaker sein, hat mir aber auch in diesem Durchgang wieder massiven Spaß gemacht.
Dafür fand ich das generelle Writing allerdings ziemlich gut, und ich bin ein großer Fan der Beziehung zwischen Guybrush und Elaine in diesem Spiel (auch, wenn ich heute ihre englische Synchronsprecherin aus CMI vermisse). Im Jahre 2000 war das Skript für mich definitiv ein Schritt in die richtige Richtung nach CMI, heute war ich mir allerdings nicht mehr so sicher, ob das immer noch so sein würde.
Heute
Ich begann das Spiel also mit der Tastatur zu spielen, und wechselte von der Tanksteuerung zur relativen Steuerung. Außerdem schloss ich ein PS4-Pad an. Überraschung: Das Spiel akzeptiert sogar analogen Input! Mit Maussteuerung, die auch zu 3D-Zeiten problemlos zu realisieren gewesen wäre (und heutzutage auch oft wird) wäre trotzdem ein wesentlich besseres Spiel daraus geworden.
Meine Erinnerung bezüglich der Qualität des Skripts hat sich als richtig herausgestellt. Die Dialoge sind immer noch sehr witzig geschrieben, besser als in CMI. Die Dialogbäume wirken zwar kürzer, sind aber von deutlich höherer Qualität. Die Synchronsprecherin für Elaine ist zwar eine andere, die macht ihre Sache aber trotzdem gut. Über Guybrushs und LeChucks englische Stimmen muss ich ja nichts mehr sagen.
Ozzie Mandril ist allerdings kein guter Bösewicht, und die Tatsache, dass LeChuck diesmal die zweite Geige spielt ist fast schon eine eine kriminelle Verschwendung eines tollen Bösewichts. Mit Elaine, die diesmal tatsächlich den größten Teil des Spiels über nicht gefangen, apathisch oder vergoldet ist, verhält es sich ähnlich. Selbst Charaktere wie Murray und Stan wurden zu Chameos degradiert, mit denen man teilweise noch nicht mal interagieren muss, da ein bestimmtes Rätsel - und nur dieses! - einen alternativen Lösungsweg hat. Auch der Soundtrack ist diesmal deutlich schwächer, und der war in den letzten beiden Spielen großartig, und in Secret zumindest immer noch sehr gut.
Apropos Rätsel: Ho Boy! Hatte schon seinen Grund, warum ich damals wie heute instinktiv zum Walkthrough gegriffen habe.
An einer Stelle z.B. muss ich einen Dieb namens Pegnose Pete ausfindig machen. Der hat, wie der Name schon sagt, eine Nasenprothese, weswegen wir uns im Prothesenladen nach ihm erkundigen. Seine Prothese finden wir in der Bank, in die er eingebrochen ist, die aber für uns verschlossen bleibt. Wie kommen wir also in die Bank? Indem wir eine Hautprothese über einen offenen Kanalschacht spannen und als Trampolin benutzen. So weit so Adventure-Humor. Wie aber bekommen wir die Hautprothese? Nun, wir können den Ladenbesitzer um eine kostenlose Probe seiner Arbeit bitten. Dazu erzählt er uns eine Mad Libs-Geschichte, in der wir drei Namen erfinden müssen. Es ist eh schon merkwürdig, dass man immer einen anderen Gegenstand bekommt, je nachdem, welche Namen wir wählen. Das kann man aber noch mit dem Eigensinn des Charakters erklären (ist aber immer noch nicht besonders gut für ein Adventure-Game). Was allerdings nicht erklärt wird ist, wie man die Namen findet, die man für die Hautprothese benötigt.
Problem 1: Sie sind auf dem Kanaldeckel eingraviert! Man findet die Lösung für das Rätsel also dort, wo man den Gegenstand, den man dadurch bekommt, benötigt. Das kann man zwar in ein Designdokument schreiben, ergibt aber in der Spielwelt absolut keinen Sinn!
Aber weiter im Text: Der Ladenbesitzer ist Blind, hat aber dafür einen guten Geruchssinn - normalerweise. Seine Nase ist verstopft, also kann er nur "verstärkte" Gerüche riechen. Damit wir an Pegnose Petes Kundendaten kommen (der gute hat nämlich einene falschen Namen verwendet) müssen wir also der Nase des Ladenbesitzers auf die Sprünge helfen.
Die Lösung dieses Rätsels: Wir sammeln unterschiedliche Gegenstände auf, die mit unserem Dieb zu tun haben und schmeißen sie - zusammen mit etwas Wasser - in eine leere Parfümflasche.
Problem 2: Manche dieser Gegenstände ergeben Sinn, wie z.B. das Wasser des Sumpfes, in dem unser Dieb wohnen soll. Andere können wir gar nicht wissen: Wir müssen z.B. Holzspäne vom Spazierstock Ozzie Mandrills (Oberbösewicht) sammeln, sowie eine Blume von Mandrills Haus. Wir erfahren aber erst am Ende dieser Quest, dass Mandrill und Pete unter einer Decke stecken! Außerdem frage ich mich echt, wie man darauf kommen soll, ausgerechnet die fucking Blume aus Mandrills Garten in den Flakon zu stecken.
Wir besprühen den Ladenbesitzer also mit diesem Parfüm, woraufhin er sich an den Kunden, der so gerochen hat, erinnert. Wir bekommen einen Namen, der immer zufällig generiert wird (z.B. "Marty J. Smith"). Das ist die Tarnidentität unseres Diebes. Nun steht aber eine neue Schwierigkeit im Raum: Der Name ist hinter einem mechanischem Dateisystem versteckt, das ursprünglich ein Affe bedient hat, und das unser Blinder natürlich nicht selber bedienen kann. Das System besteht aus drei nebeneinander angebrachten Rollen, auf jeder Rolle sind 5 Bilder aufgedruckt.
Problem 3: Es gibt keinerlei Hinweis, wie dieses Rätsel zu lösen ist. Es gibt sogar einen Red Herring, denn ich habe zuerst die ganze fucking Insel nach dem Affen abgesucht, der dem Ladenbesitzer ausgebüchst ist. Die aufgedruckten Bilder sind Hase, Baum, Kürbis, Affe und Banane. Ich kann mich gut daran erinnern, dass ich dieses Rätsel 2000 einfach ge-brute-forct habe. Die EIGENTLICHE Lösung ist: Der Hase steht für die Buchstaben A-D, der Baum für E-H, der Kürbis für I-M, der Affe für N-S, die Banane für T-Z. Im Fall von Marty J. Smith müssen wir also Kürbis, Kürbis, Affe eingeben. WTF? Wie soll man darauf kommen, von der genauen Verteilung der Buchstaben (4 für Bunny, 4 für Tree, 5 für Pumpkin, 6 für Monkey, 7 für Banana) ganz zu schweigen???
In Petes Akte stehen außerdem die Anweisungen, wie man durch den Sumpf zu seinem Haus kommt.
Problem 4-Infinity: Wie soll ein blinder Ladenbesitzer den Sumpf navigieren? Zudem man, um den Sumpf zu navigieren, DRINGEND eine analoge Uhr braucht, von der man die Zeit ablesen kann? Außerdem hat der Ladenbesitzer keinen Lieferservice, und selbst WENN, es ist allgemein bekannt, dass Pete im Sumpf lebt, also würde doch sofort jeder, der dorthin was liefert, Lunte riechen, falscher Name hin oder her. Pete würde also den Teufel tun, irgendjemandem die Richtungsanweisungen zu seinem Haus zu geben.
Es gibt noch viele weitere Beispiele für schlechte Rätsel, darunter alles, was mit Zeit oder Geschicklichkeit zu tun hat (das Spiel hat beides), sowie weitere Rätsel mit Mondlogik und nicht zu vergessen die "Schatzsuche" am Ende vom zweiten Akt, auf dem man einen betrunkenen Papagei (lange Geschichte) auf jedem von zwei bis drei DUTZEND Bildschirmen zwei Fragen stellen muss: "Liegt der Schatz hier?" und "In welche Richtung muss ich?". Nach jeder Frage folgt eine mehrsekündige, unüberspringbare Animation. Dadurch dauert eine Stelle, die eigentlich innerhalb von SEKUNDEN lösbar sein sollte, wenn man den Lösungsweg kennt, gute zehn bis zwanzig Minuten. Hey, Moment mal: Ich erinnere mich spontan ein mindestens VIER Rätsel, die durch Padding jeglicher Art in die Länge gezogen worden sind, und das ist bei weitem kein langes Spiel! Monkey 4 hat mit Leichtigkeit die schlechtesten Rätsel aller Lucas Arts-Adventures, was nicht zuletzt daran liegt, dass man zu jeder Zeit nur abstrakte Ziele bekommt, und die konkreten Aufgaben erst gesucht werden müssen (wenn es sie denn überhaupt gibt) - im Gegensatz zu jedem anderen Monkey Island!
Die Story selbst hat leider noch eine große Schwäche: Sie nimmt viel zu viel Bezug auf die reale Welt. Monkey Island hatte und hat immer einen starken Fantasy-Touch, dem leider durch die konstante Erinnerung: "Ja, das alles spielt in der realen Welt!" etwas genommen wird. Das ist ein großväterliches Problem, denn Monkey Island spielte von Anfang an in der Karibik, aber nicht nur spielt die Tatsache, dass Ozzie aus Australien kommt, eine extrem große Rolle in EFMI, sondern auch sein australischer Akzent gibt ihm einen großen Vorteil beim Beleidigungskampf, was ebenfalls zentrales Thema des Spiel-Konfliktes ist.
Escape from Monkey Island hat als Thema "Ende einer Ära". Das passt auch ganz gut auf das Spiel selbst, denn Monkey Island wurde zum Ende des Zeitalters der Adventurespiele veröffentlicht, und ist gleichzeitig ein gutes Beispiel dafür, warum dieses Zeitalter endete. Definitiv kein Werk für Einsteiger in die Monkey Island-Reihe, oder Grafik-Adventures überhaupt! |