System: PC
Entwickler: WayForward Technologies
Releasejahr: 2016
Genre: Plattformer
Spielzeit: 11.5 (Hauptspiel 7, DLCs 4.5)
Beendet: 08.02.2019
Wissenswertes:
Half Genie Hero wurde durch einen Kickstarter, der bis Ende 2013 lief, finanziert. Dieser wurde während der Entwicklung von Pirate's Curse gestartet und erreichte fast alle Stretch Goals. Weiteres Funding wurde danach noch durch PayPal ermöglicht. Artworks von Charakteren wurden von Inti Creates beigesteuert und der OST ist von Jake Kaufman. Die "1/2" im Titel ist eine Anlehnung an Ranma 1/2, welches wohl eine Inspiration für die Shantae Reihe war.
Die Ultimate Edition erschien 2018 und beinhaltet das Hautspiel und drei DLC Pakete.
Story/ Charaktere:
Onkel Mimic arbeitet an einer neuen Erfindung, welche Scuttle Town beschützen und Shantae unter die Arme greifen soll. Es liegt nun an ihr, ihm die dafür nötigen Bauteile zu besorgen, während sie erneut Angriffe von Risky Boots abwehren muss. Und was hat es eigentlich mit der Gefahr für das Reich der Genies auf sich, vor der sie in ihren Träumen gewarnt wird?
Die Prämisse ist für so ein Spiel gut genug, leider wird recht wenig daraus gemacht. Der Plot der Reihe war nie besonders komplex, aber hier wirkt er zusätzlich noch ziellos. Als hätte man verschiedene Kurzgeschichten einfach zusammengetackert. Diese sind gewohnt durchgeknallt. So stürmt man in Mermaid Falls eine Fabrik, in der gefälschte Meerjungfrauen hergestellt werden. Oder man nimmt an einem Rennen mit fliegenden Teppichen teil, um einen Coup zu verhindern. Auch der erneute Auftritt von Squid Baron weiß zu überzeugen und zeigt erneut, wie wenig ernst sich das Spiel nimmt. Auf der Reise begegnet man wieder vielen bekannten Gesichtern. Muss zugeben, dass ich diese nach vier Teilen richtig ins Herz geschlossen habe.![]()
Es fällt jedoch schnell auf, dass die Charakterentwicklung von Pirate's Curse komplett ignoriert wird. Besonders Risky wird hart von der Amnesie der Schreiber getroffen, denn sie ist nun zurück in ihrem batshit insane Dr. Wily Mode. Das ist deswegen enttäuschend, weil die letzten beiden Teile den Eindruck gemacht haben, dass man hier eine kontinuierliche Story und nicht Villain of the Week machen wird. Am Ende sagt Rotty sogar erneut, dass sie sich auf die Suche nach der Zombie Caravan machen wird - was auch beim Vorgänger schon ihr Ziel war.
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Der Comedy Aspekt der Reihe ist hier selbstverständlich immer noch erhalten, aber ich fand ihn im Vergleich zu Pirate's Curse deutlich schwächer. Gerade die NPCs in Scuttle Town lassen nur gelegentlich einen lustigen Spruch ab. Dafür trifft man in den einzelnen Leveln wieder haufenweise verrückte Typen. Allen vorran die berüchtigte Köchin aus Risky's Revenge, die wieder einen gigantischen Monolog liefert, wenn man ihren Wunsch verneint.
Gameplay:
Das Spiel besteht aus mehreren Leveln, welche über eine Weltkarte anwählbar sind. Und der Ausdruck "Level" trifft hier durchaus zu, denn es sind diesmal isolierte Bereiche mit Anfangs- und Endpunkt, von denen man aus teleportiert wird. Selbst im Vorgänger, wo man verschiedene Inseln ansteuert, musste man immer zum Schiff zurücklaufen (oder ein Item benutzen).
Die Level sind deutlich plattformlastiger - schließlich muss man Gebiete nur noch in eine Richtung durchqueren können. Das Spiel lässt die Zeldastruktur fallen und ist eher vergleichbar mit reinen Plattformern wie Mega Man. Zumindest, wenn man in letzterem einen Arsch voll Items in jeder Stage hätte finden können. Gerade den ersten drei Leveln wird man sehr viele Besuche abstatten, weil man mit neuen Fähigkeiten immer weitere Goodies ausgräbt.
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In dem Sinne hat die Reihe ihre Adventure Natur nicht verloren. Shantae hat mit acht Tierformen (gibt sogar mehr Verwandlungen, die sind aber etwas esoterischer - z.B. ein Baum oder ein Krug) sogar mehr als in jedem anderen Teil zur Verfügung. Das Schöne: alle sind für das Erkunden nützlich. So kann man nur mit der Maus in enge Zwischenräume. Mit der Harpyie kann man zwar hoch fliegen, aber die Fledermaus fliegt stabiler, was bei stacheligen Passagen vorteilhaft ist. Damit werden Sprungpassagen zu kleinen Rätseln, bei denen man überlegen muss, welche Tierform am besten geeignet ist. Wirklich schönes Design. Hätte aber meiner Meinung nach noch ne Ecke knackiger werden können. Am Ende jedes Levels steht ein imposanter Bosskampf, und einige bestehen sogar aus mehreren Phasen.
Um an das gute Ending zu kommen muss man wieder optionale Items sammeln. Dafür klappert man praktisch die gesamte Welt ab, so dass die 100% Completion einfach zu bekommen sind.
In der Regel geben einem die Bewohner von Scuttle Town Infos, an welchen Orten man noch weitere Sachen finden kann. Vielleicht auch der Grund, wieso sie so wenige witzige Dinge zu erzählen haben, da sie nun als Tour Guides dienen. An Backtracken sollte man sich gewöhnen, denn man verbringt vermutlich mehr Zeit damit, alte Gebiete zu durchforsten, als neues zu sehen. Das Spiel hat ohnehin nur fünf Hauptlevel und ein finales. Auf der anderen Seite ändert sich an den Leveln auch etwas, wenn man sie erneut besucht. So greifen einen in Mermaid Falls keine Meerjungfrauen mehr an oder in Tassel Town wird man von keinem Killerwurm mehr verfolgt, während man den Turm erklimmt.
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Es gibt eine Unmenge von Sachen in diesem Spiel zu kaufen. Tatsächlich so viel, dass ich bis zum Ende nicht genug Geld hatte um alles zu holen. Das ist mir lieber, als wenn das Geld komplett wertlos wird. Andererseits kann sich Shantae in eine Vase verwandeln, welche Rubine rausschleudert, aber Magie verbraucht. Stellt man sich nun ins Badehaus, kann man einfach an Geld kommen.
Aus dem zweiten Teil ist die Magieleiste zurück – und Zauber sind gewohnt mächtig. Mit dem Blitzzauber schwebt Shantae Magneto-Style in der Luft und ballert einen Strahl, der die Gegner schmelzen lässt. Der Feuerzauber kann benutzt werden, um Gegner zu grillen und so leckere Steaks aus ihnen zu machen. Es gibt auch einen Heiltanz. Gegen Ende kann man ein Item bekommen, was automatisch die MP regeneriert.
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Was gut zur Schwierigkeit des Spiels führt. Half Genie Hero hat eine der krassesten umgedrehten Schwierigkeitskurven, die ich kenne. Es ist ja nicht ungewöhnlich für Metroidvanias, dass die Spiele später einfacher werden, wenn man gut ausgestattet ist. Ich habe das Spiel auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad gespielt und am besten beschreibe ich das mal:
Im zweiten Level hat Shantae zwei Herzen, und Gegner machen teilweise ein ganzes Herz an Schaden. Man kann den Heiltanz bekommen, aber der verbraucht extrem viel Magie. Heilitems wird man hier auch noch wenige haben. Der Boss des Levels hat zwei Phasen mit verschiedenen Angriffsmustern. Ich bin sicherlich zehn Mal gestorben bis ich das Ding gepackt hatte. Im nächsten Level bin ich ein paar Mal im Turm gestorben, weil mich der Wurm gekriegt hat. Danach in Kämpfen kein einziges Mal mehr. Durch das Sammeln von Herzcontainern und Heilitems wird Shantae immens robust und kann viele Angriffe einfach tanken. Gegen Ende bin ich Gegnern kaum noch ausgewichen, weil Shantae ja durch MP Regeneration + Heilzauber praktisch unsterblich ist. Und wenns knapp wird hat man ja noch haufenweise Heilitems im Inventar. Vielleicht ist diese Power Fantasy aber auch von den Entwicklern genau so gewollt?
Im Gegensatz dazu steht dann wieder ein Gauntlet an Sprungpassagen im letzten Level. Dieser ist einfacher als bei Pirate's Curse, kann einen aber durchaus aus der Bahn werfen, wenn man damit wenig Erfahrung hat. Und wie bei Pirate's Curse gibt es auch nichts, was diesen leichter machen könnte – man hat nur theoretisch unendlich viele Versuche.
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Die späteren Level sind deutlich linearer als die ersten und bieten weniger Collectibles. Es kommt mir wieder so vor, als wäre WayForward Zeit oder Geld ausgegangen und sie mussten daher die meisten Items in die Anfangsgebiete quetschen, die etwas offener gestaltet waren. Das Spiel hat keine Minispiele, aber ein paar Teilgebiete, die für Abwechslung sorgen. Beispielsweise gibt es eine Rutsche, bei der man Gefahren ausweichen muss – vergleichbar mit Lohrenfahrten aus Donky Kong Country.
Präsentation:
Half Genie Hero hat offensichtlich eine neue, hochauflösende Engine bekommen. Die Charaktermodelle können sich wirklich sehen lassen und bewegen sich sehr flüssig. Obwohl mir Shantae ein wenig hyperaktiv vorkommt in ihrer idle Animation. Generell wurde das Design der Vorgänger gut eingefangen. Das Spiel ist farbenfroh, wunderschön und detailiert. Teil des Gags sind die sehr ausdruckstarken und comichaften Animationen. Und meine Fresse, sehen Shantaes Tierformen alle süß aus!
Die Gegnervielfalt ist groß. Und fast alle sind weiblich. Fans von Monstergirls werden hier absolut fündig. Fische, Schlangen, Skorpione, Spinnen, Schleime, Geister, Fledermäuse... was auch immer das Herz begehrt (mal ganz ab davon, dass sich auch Shantae in Animal Girls verwandeln kann). Man merkt, dass sich für die Designs durchaus ins Zeug gelegt wurde und so sind sogar die Gegner äußerst charmant (und freizügig). Ich weiß zwar nicht, ob das so gemeint ist, aber dass das Spiel selbst beim Gegnerdesign eine dermaßen hohe Menge an Fanservice hat sehe ich als Teil des Humors an.
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Die Hintergründe sind sehr dynamisch, zum Beispiel das Fließband in Mermaid Falls oder die einstürzenden Türme im Flammenmeer von Scuttle Town (was mal wieder brennt). Dabei ist immer klar, was Vorder- und Hintergrund ist, was bei manchen Plattformern mit vielen Details im Bild ja zum Problem werden kann.
Der OST ist großartig und meiner Meinung nach der beste der Reihe. Die Stücke sind beatlastiger, was sich irgendwie für eine Serie, bei der die Spezialfähigkeit der Hauptfigur das Tanzen ist, anbietet. Das Main Theme Dance Through the Danger hatte ich ja weiter oben bereits gepostet. Andere gute Stücke sind unter anderem High Above Tassel Town, Hypno Baron's Castle oder Barrel-O-Mermaids. Wieder ist die Musik voller Energie und hat bei mir zumindest dafür gesorgt, dass ich das viele Backtracking nur halb so übel fand.
DLC:
Es gibt drei DLC Pakete, aber bei allen spielt man die fünf Level des Hautspiels erneut. In jedem Paket hat man andere Fähigkeiten zur Verfügung, das Design der Gebiete ändert sich etwas und es gibt ein paar neue Gegner. Was die DLCs auch noch gemein haben: die Dialoge wurden für jeden umgeschrieben. Ob es das Wert ist, das größtenteils gleiche Spiel noch mal zu spielen? Im Gegensatz zu den DLCs von Shovel Knight kann ich das nicht ganz klar bejahen.
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In A Pirate Queens Quest spielt man Risky Boots. Diese will eine neue Maschine entwickeln und sucht die Teile davon. In gewisser Weise unterstreichen die Dialoge hier noch mal, dass Risky einfach nur böse ist. Man bekommt nach jedem Boss eine neue Fähigkeit, z.B. Den aus Pirate's Curse bekannten Kanonen-Doppelsprung. Risky's Fähigkeiten können auch geupgradet werden und dieser Modus ist am nähesten an Shantaes Reise dran. Und er war durchaus spaßig, denn Risky's Bewegungsmöglichkeiten sind hier so toll wie die aus Pirate's Curse. Damit fliegt man im wahrsten Sinne des Wortes durch die Welten und der DLC war recht kurzweilig.
In Friends till the End spielt man mit Sky, Bolo und Rotty. Diese wühlen sich durch Shantaes Erinnerungen. Jeder von den dreien hat spezielle Fähigkeiten und sie müssen zusammen arbeiten, um die Hindernisse zu überwinden. So kann Sky Vögel als Plattformen rufen, Bolo hat einen Greifarm und Rotty kann ihren Kopf schmeissen und sich so teleportieren. Damit wird das Spiel eher zu einem Puzzle Platformer. Das Geld, was man sammelt, dient zum Leveln der Charaktere, welche dann stärker werden. Sie verlieren aber auch bei gegnerischen Treffern Rubine und man kann Level verlieren. Der letzte Abschnitt ist neu und besteht aus einer härteren Sprungprüfung, bei der man die Fähigkeiten gut einsetzen muss. Die Dialoge der drei waren echt witzig geschrieben und erkennen – im Gegensatz zum Hauptspiel - sogar eine Kontinuität zum Vorgänger an.
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Zum dritten DLC Paket kann ich nicht viel sagen. Da gibts einfach vier verschiedene Kostüme für Shantae, mit denen man dann die Level noch mal durchspielen kann. Jedes hat eigene Fähigkeiten. Da ich die Level mit Backtracking und den beiden DLCs mindestens sechs Mal durchgespielt habe musste ich mir das nicht mehr geben.
Fazit:
Ich bekomme von diesem Game ähnliche Vibes wie von Risky's Revenge. Es ist mit fünf Hauptleveln relativ kurz und wird durch exzessives Backtracking gestreckt. Die hohen Production Values der Reihe bleiben weiterhin erhalten und so bekommt man audiovisuell ne Menge geboten. Die neue Engine sieht wunderbar aus und der OST ist ziemlich beatlastig und hat viel Energie. Besonders Fans von Monstergirls werden hier auf ihre Kosten kommen. Die Spielwelt ist weniger zusammenhängend sondern eher levelbasiert, was mich nicht sonderlich gestört hat. Pirate's Curse hatte ja auch bereits viele einzelne Inseln. Die Dungeons vermisse ich aber schon, welche natürlich nicht mehr hier reingepasst haben - aber dafür ist jedes einzelne Level nun plattformlastiger. Dennoch würde ich eine Rückkehr zu einer Zelda-mäßigen Formel im nächsten Teil begrüßen. Dass das Spiel über so viele Tierformen verfügt, welche alle für die Erkundung relevant sind, hat mir sehr gefallen. Der Humor hat hier nicht ganz so gesessen wie bei Pirate's Curse, aber war noch in Ordnung. Dass man Risky wieder zum generischen Bösewicht gemacht hat gefällt mir nicht. Die Schwierigkeitskurve ist ziemlich abgefuckt. So ist der Anfang auf schwer ziemlich haarig, aber das Spiel verliert relativ schnell den Biss und ist gegen Ende recht einfach.
Die DLCs fand ich nicht sonderlich lohnenswert, auch wenn sie den alten Leveln einen neuen Spin geben. Mit jeweils zwei Stunden sind diese aber auch nicht sonderlich zeitaufwändig. Theoretisch könnte man sagen, dass das Spiel den meisten Content der Reihe hat – aber dieser ist halt auf fünf verschiedene Level verteilt. Wenn man also Spaß daran hat, diese um die zehn Mal zu durchforsten bietet einem das Game eine ganze Menge. Durch den verhältnismäßig niedrigen Schwierigkeitsgrad (normal) und geringe Storybindung an die Vorgänger könnte ich es mir auch als einen guten Einstiegsteil vorstellen.
Will am Ende noch mal ansprechen, dass ich es dubios finde, dass sie hierfür einen Kickstarter gemacht haben, während sich der Vorgänger noch in Entwicklung befand (und danach auch noch Zusatzzahlungen über PayPal). Vielleicht waren die Kosten der neuen Engine dann doch zu hoch und man brauchte da etwas finanzielle Hilfe? Andererseits ist WayForward nun auch kein unbekanntes Indie Studio.