Charaktere und Ending
Ein großer Punkt (vermutlich wichtiger als die Story) der Tales Reihe sind die Charaktere. Obwohl man die meisten Mitstreiter sehr einfach auf ihre Archetypen reduzieren kann, finde ich, dass die Reihe oft gute Arbeit leistet darin, ihnen einiges an Leben einzuhauchen – durch eine Kombination aus kleinen Details, die man über den Storyverlauf lernt und ihren Interaktionen miteinander in den Skits.
In Arise hat man viel Wert darauf gelegt, dass die Interaktionen zwischen den Charakteren gut aussehen. Die Mimik und Gestik ist deutlich ausgereifter als in früheren Teilen und es ist das erste Mal, dass die Charaktere nicht zu einem Teil Abstraktionen sind. Selbst im letzten Titel, Berseria, waren viele Aktionen noch sehr simpel gehalten, so dass man sie nicht unbedingt so interpretieren sollte, wie sie dargestellt wurden, sondern eher als Vereinfachungen. Kämpfe in Cutscenes sind in Arise sehr ansehnlich und actionreich – fast, als wäre die Reihe nun dort angekommen, wo FFXIII vor 12 Jahren war. Tatsächlich fühlen sich manche Anime Cutscenes hier sogar etwas fehl am Platz an, weil man die Finesse sogar in der ingame Engine hätte darstellen können. Insgesamt muss man sich weniger vorstellen und bekommt direkter gezeigt, was die Charaktere tun – was auch für die Skits gilt. Für mich geht gerade bei den Skits zwar ein Teil des Charmes flöten. Aber in den Cutscenes lässt wird offensichtlich, dass beispielsweise die subtilen Augenbewegungen und Gestiken, die Alphen, nachdem er sich an seine Vergangenheit erinnert hat, macht, wesentlich dazu beitragen sich in den Charakter reinversetzen zu können. Das kann man alles natürlich auch in Textform lösen (wie z.B. Abyss mit Luke), aber hier ist doch eine andere Dimension dabei.
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Arise hat den Ruf eines "ernsteren" und "erwachseneren" Spiels mit Charakteren, die weniger "Anime tropey" sind als andere Teile der Reihe. Der Eindruck kommt vermutlich 1. durch die Inszenierung, 2. weil es keinen hyperaktiven (kindlichen) Charakter gibt und 3. das Spiel deutlich weniger Humor hat.
Erstmal: Die Charaktere hier lassen sich ebenfalls super mit einem TV Tropes Entry und ihrem speziellen Quirk zusammenfassen. Zusätzlich leiden sie darunter, dass sie wenig haben, worüber sie sprechen können - was sie letztendlich wenig facettenreich erscheinen lässt. Das ist ein Problem der Plotkonstruktion, die alle Gebiete strikt voneinander trennt. Daher kennen sie die Welt bis auf ihren kleinen Ausschnitt kaum oder erzählen wenig davon (Shionne und Dohalim über Lenegis / Rena) und können daher im wesentlichen nur reagieren. Das sorgt auch dafür, dass sich viele Skits einfach mit dem zuletzt Geschehen beschäftigen und nur wiederholen, was man gerade gesehen hat.
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Weil die Gebiete so schnell vorüber sind, muss für den weiteren Spielverlauf jeder Charakter als der thematische Schwerpunkt herhalten, um einen daran zu erinnern. Obwohl so einiges an Charakterentwicklung theoretisch stattfindet, bekommt man oft nicht den Eindruck, dass die Charaktere wirklich weitergekommen sind.
Das ist ein Writing Problem, denn ich fand es schon sehr nervig, wenn beispielsweise Dohalim spät im Spiel immer noch regelmäßig darüber heult, den Staatsstreich in Menancia nicht kommen gesehen zu haben. Eine weitere Sache, die auffällt: Charaktere entschuldigen sich permanent, weil sie jemand anderem milde auf die Füße getreten haben. Es kommt einem vor, als würden die Entwickler hier um ein schwieriges politisches Thema rumtanzen (Sklaven und Sklavenhalter), aber nie zu einem Punkt kommen.
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Über Law und Kisara ist fast alles bekannt, sobald man ihr Gebiet verlässt, daher können sie nur immer wieder zu ihren alten Problemen zurückkehren (übrigens wäre das das perfekte Argument für eine größere Gruppe als 6 Charaktere, aber eh, das ist nur ne Nebensache *g*). Shionne spricht aus Prinzip wenig und bereichert die Gruppe eigentlich nur, wenn sie Alphen die Meinung geigt. Sonst steht sie häufig passiv-aggressiv im Hintergrund oder wird entführt^^°. Alphen ist langweilig. Eigentlich sind Dohalim und Rin die einzigen, die für Dynamik in der Gruppe sorgen und auch Wissen über ihren kleinen Teller hinaus haben, und ich denke auch, dass sie die interessantesten Charaktere sind. Das Hauptkonzept der Truppe von Arise ist, dass sie sich am Anfang größtenteils nicht ausstehen können (was, im Prinzip, Abyss und Berseria auch gemacht haben). Besonders misstrauen alle Shionne, aber auch wenn Dohalim dazustößt bekommt er gerade von Rin keine Liebe. Dieses Spannungsfeld hat mir gefallen. Später raufen sie sich zusammen und dann gibt es auch mehr unterhaltsame Gespräche.
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Dohalim ist sehr intelligent und weltfremd. Er hat welche der lustigsten Szenen, weil ihm in seinem Palast quasi alles von den Dienern abgenommen wurde und er kaum alleine aufs Klo kann. Seine Beziehung zu Kisara ist gut aufgebaut – von Herr und Beschützerin zu einem potenziellen Paar (hot damn, bei den beiden funkts). Seinen Arc fand ich gut, und dass er am Ende die Rolle des Anführer von Lenegis übernimmt. Er gibt einem auch die besten Einblicke und im Mittelteil haben mir die Spekulationen von ihm sehr gefallen. Leider stellt ihm der Plot und der Aufbau des Spiels ein Bein. Gerade im späteren Teil führen seine Spekulationen nur zu mehr Wiederholungen. Auch erzählt er (aus plot convenience) wenig über Lenegis, was eine verpasste Gelegenheit ist.
Rinwell ist der Wildfang mit einem (leichten *g*) Touch Rassismus. Sie fand ich auch unterhaltsam, vor allem, weil sie Law regelmäßig bashed, welcher fast immer gute Reaktionen hat. Die beiden sind selbstverständlich auf Crashkurs und ihre Interaktionen sind schon süß. In der ersten Spielhälfte ist sie sehr antagonistisch eingestellt, weil sie die Rena absolut hasst. Ich fand es durchaus nachvollziehbar, immerhin musste sie ansehen, wie ihre Eltern von Almadreia sinnlos umgebracht wurden - und gibt sich selber die Schuld daran. Auch ihr Ausraster bei der Beerdigungs-Nebenaufgabe ist gar nicht so weit hergeholt, immerhin musste sie vermutlich ihre Eltern (und den Rest des Clans) mit eigenen Händen beerdigen. Ihr hasserfülltes Gesicht bei Almadreia findet sich vielleicht noch an einer Stelle im Post wieder, weil es mir so gefallen hat *g*![]()
Später kommen ein paar Asspulls was ihre Fähigkeiten angeht, damit der Plot überhaupt funktioniert, die mir weniger gefallen haben. Aber das beste an Rin? Sie hat Hootle! Und Hootle ist eindeutig best boy!
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Kisara ist die Mutter der Gruppe. Sie hat auch nen harten Bruderkomplex. Und hat von diesem das Überleben in der Wildnis gelernt. Das erste Mal, als ich viel Geld ausgegeben und sie nen Nervenzusammenbruch gekriegt hat, musste ich echt lachen. Storybedingt kennt sie nicht viel von der Welt, daher drehen sich ihre Gespräche fast nur um ihren Bruder, Dohalim oder Essen. Ich finde aber ihren Arc darum, sich von der Rolle als Dohalims Untergeben zu emanzipieren, ganz interessant.
Die Entwickler tun so ziemlich alles, um zu rechtfertigen, ihren Hintern ins Bild zu drücken (nicht, dass ich mich beschweren würde^^).
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Law ist der Klassenclown. Er liebt Tiere. Ist in Ordnung und irgendwie der Gegenpol zu Rins Rassismus. Dass er für Zephyrs Tod verantwortlich ist und ihm dieser in seiner Abschiedsrede eine starke Botschaft da lässt ist gut, aber hier drehen sich auch wieder fast alle seiner Charakterereignisse nur darum. Und ja, es ist klar, dass man das nicht einfach abhakt, aber trotzdem ist es nicht unbedingt etwas, was ich immer und immer wieder gesagt bekommen möchte. Was an Law aber immerhin interessant ist: Er ist der einzige Charakter, der tatsächlich Dreck am Stecken hat. Klar, Alphens Kräfte sind vor 300 Jahren durchgedreht, aber dafür konnte er nichts. Shionne greift andere Rena an, daher OK im Sinne des Plots. Dohalim war nachsichtig, das kann man natürlich negativ auslegen (wie es der Plot auch tut). Aber Law hat aktiv für die Rena gearbeitet, und andere Leute unterdrückt. Das ist durchaus eine interessante Sache innerhalb der Geschichte.
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Hätte Shionne nicht von Geburt an die Dornen, wäre sie wohl einfach ein normales Mädchen. Das wird im späteren Spielverlauf immer deutlicher. Vor allem ist bei ihr viel heiße Luft: Ohne die anderen hätte sie vermutlich gar nichts gerissen (wobei ihre Unsterblichkeit zumindest auch dafür sorgt, dass niemand sie aus dem Weg bekommt^^). Sie ist nur so aggressiv, weil ihr aus Mangel an zwischenmenschlichen Beziehungen und Einsamkeit Sympathie für andere Personen fehlt. Sie verkörpert das "defrosting the ice queen"-Trope ziemlich perfekt. Sie hat auch einen ziemlich tragischen Hintergrund, wobei er mich letztendlich gar nicht so~ sehr gepackt hat. Vielleicht liegts an der Inszenierung, aber irgendwas hat hier nicht gezündet.
Später ist sie typisches Waifu Material und wenig spannend. Was wohl auch die Entwickler gesehen haben, denn sie bekommt als ihre beste Rüstung vor dem Endboss ein Hochzeitskleid![]()
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Alphen ist langweilig. Er ist ein Hauptcharakter, der so gewählt ist, dass ihn (innerhalb des Settings) wohl möglichst viele Leute mögen und sich auf ihn projizieren können (und dann ihre Waifu Shionne auftauen können *g *). Die Maske macht ihn dabei auch nicht viel interessanter. Durch seine "große Wut" (von der man nichts merkt, aber ey, ein bisschen edge hat niemanden geschadet, ne?) startet er am Anfang die "Revolution". Charakterlich bleibt er im wesentlichen unverändert (klar, was soll man an dieser generischen Perfektion auch verbessern? *g *), lediglich seine Einstellung zu Rena und Dahna ändert sich. Sein Quirk ist, dass er Waffen toll findet (woah! Hört auf, das ist ja n bisschen zu waghalsig O_O). Immerhin merkt man ihm (wie mir auch) beim Übergang zum letzten Akt eine starke Lethargie an, weil er eigentlich nicht mehr kämpfen möchte.
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Ein Punkt, den einige bei ToA sicher mögen, sind die Liebgesgeschichten, vor allem die zwischen Alphen und Shionne. Sie entwickelt sich im Verlaufe der Handlung stetig - wobei ich das Gefühl nicht loswerde, dass sich Shionne zu Alphen nur hingezogen fühlt, weil er der erste Mensch ist, der sie freiwillig angefasst hat *g*
Es gibt auch einige gute Szenen zwischen den beiden:
Ich glaube, dass viele so glücklich waren, dass hier mal wieder eine Liebesgeschichte in der Reihe vorkommt, dass das katastrophale Ende oft ignoriert wird. Aber bevor wir dazu kommen, müssen wir noch über die Witzfigur Vholran reden!
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Man, ich liebe diesen discount Sephiroth so sehr! Vor allem, wie er von der Story als der stärkste Lord eingestuft wird, aber im Gameplay der bei weitem schwächste ist. Er kann sogar von allen (!) Boost Attacks gestunned werden, während es bei den anderen nur Alphen kann
Sinnloser Rageboner, keine Motivation, miese Ploteinbindung. Das volle Paket an beschissenem Antagonisten.
Es ist nicht selten für Tales Spiele, die Kraft der Freundschaft zu beschwören. Ab und zu funktioniert das (Symphonia), aber in diesem Fall fällt es absolut ins Klo. Vholran ist auch wieder ein klares Zeichen dafür, wie schlecht ToA geschrieben ist. Aber das passt perfekt, immerhin ist das Ende der wirkliche Höhepunkt:
Boah, MEINE FRESSE. Wer hat denn den Dünnschiss geschrieben?! Das ist ja mal gar nicht verdient und so unglaublich erzwungen! Vor allem hat es eine beleidigende Einfachheit, wie sich das alles auflöst, und keinerlei Botschaft. Sorey (Zestiria) musste lernen, dass es keine einfache Lösung gibt. Während es für die Crew aus Arise wie aus heiterem Himmel die perfekte Lösung gibt. Ich könnte kotzen.
Fazit: Die Charaktere aus Arise sind insgesamt ganz gut. Vor allem profitieren sie von der Inszenierung des Spiels, inklusive den Mimiken und Gesten. Wenn sie mehr interessante Dinge zu diskutieren hätten und nicht immer nur ihre alten Probleme aufkochen würden, würde ich sie sogar höherstufen. Besonders mochte ich Dohalim, Rin und Kisara. Law ist in Ordnung und Shionne ist am Anfang interessanter als gegen Ende. Alphen ist immer langweilig. Ich sehe die Charaktere nur in dem Sinne als "erwachsener" oder "ernster" an, dass sie weniger Humor haben als in anderen Teilen. Was ich auch als einen der größten Kritikpunkte von dem Spiel ansehe. Am Anfang sind sie eher feindseelig zueinander, später freunden sie sich an. Die Nebencharaktere sind genau wie die Antagonisten größtenteils blass, wobei Zephyr hier eine Ausnahme als Mentorcharakter ist. Arise hat eine brauchbare Liebesgeschichte. Der Hauptantagonist sowie das Ending sind ziemlich schlecht.