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  1. #25


    Story


    Vom Volumen mal wieder mehr geworden als geplant, daher aufgeteilt. Größtenteils geht es diesmal um die Story und Kernthemen, aber noch nicht das Ende und Charaktere werden auch nicht im Detail besprochen.



    Es war eine lange (kurze) Reise, aber wir sind endlich in der Rebellenstadt Ulzebek angekommen. Man sagte mir, dass diese besonders sicher sei, da sie sich direkt unterhalb der Festung des hiesigen Lords Balseph befände, welche nur über einen Fahrstuhl erreichbar ist. Ein Fahrstuhl! Dann ist ja klar, wieso man sie bisher nicht aufspüren konnte.
    Ich war ein Jahr lang ein Sklave, erinnere mich an nichts davor. Doch dann überschlugen sich die Ereignisse. Bei den Rebellen traf ich eine Frau namens Shionne, aus der ich instinktiv ein Feuerschwert ziehen konnte. Ihr Ziel ist es, alle Lords zu stürzen. Zusammen mit dem Rebellenanführer Zephyr drängt sie dazu, dass wir uns beeilen – jede vergeudete Minute könnte ein weiteres Leben kosten.



    Die Rebellen bieten Shionne Kleidung an. "Ne! Also diese Lumpensäcke trag ich nicht! Lass mal lieber nen Tripp zu einer verfallenen Ruine machen und mir was stylishes besorgen.". "WHAT THE FUCKKKKKKK?!!!!!"

    Das letzte war meine Reaktion. Ich war mir zu dem Zeitpunkt sehr sicher, dass ToA kein gutes Writing haben wird. Und das Spiel hat das immer wieder bestätigt:

    1. Man wird zugeschmissen mit überflüssigen Dialogen, als würde man Persona 5 spielen. Dabei werden so einige relevante Plotelemente übergangen, wofür ich wenig Geduld habe, wenn das Spiel jedes andere Thema hundert Mal durchkaut.
    2. Es wirkt, als wäre der Plot darum konstruiert viele Ausreden zu finden, wenig Worldbuilding haben zu müssen.
    3. 2/3 vom Spiel sind eher Kurzgeschichten für die Charaktere und die Unterwerfung der Lords. Im letzten Drittel werden dann alle Informationen entladen, auf schlampige Art an Computerterminals und überlangen Cutscenes + Skits. Hierbei sind viele Elemente ziemlich vorhersehbar.
    4. Es ist frustrierend, wie lange die Charaktere brauchen, um auf offensichtliche Dinge zu kommen: Könnte denn die komische Maske, die Alphen nicht vom Kopf bekommt, irgendwas mit seinem Gedächtnisverlust auf sich haben? Ne, sicher nicht! Hier fühle ich mich negativ an Graces erinnert.



    Es ist seltsam, dass bei der Dialogmenge die Kultur der Rena nahezu unangetastet bleibt. Wenige Gespräche drehen sich um Lenegis oder hinterfragen, wofür die Energie des Crown Contests eigentlich benötigt wird. Dabei ist letzteres ein zentrales Storyelement: Die 5 Lords kämpfen darum, wer die meiste Astralenergie aus den Bewohnern Dahnas quetschen kann, um so die Renas Alma zu erschaffen und der neue Sovereign (Herrscher über Rena), zu werden.
    Dass man alles um Rena so (künstlich) wenig diskutiert, hat wohl damit zu tun, dass die Schreiber einen Plottwist verhüllen wollen (ist das unbewusstes Foreshadowing durch gezieltes Verschweigen? Ich bin dadurch nämlich gerade auf einige der Sachen aufmerksam geworden, über die komischerweise so wenig gesprochen wird *g*)


    Der Plot ist grundlegend interessant, gerade dass im Prinzip alles, was man im Spiel erfahren hat, reinster Blödsinn war und auch die Rena nur verarscht wurden. Die Enthüllungen ergeben auch Sinn und erklären so einige Elemente der Handlung (weil die Renas Alma kurz vor Vollendung ist, wird die Rebellion von Alphen und co. nicht gestoppt; tatsächlich hält man die Rena im Dunkeln, weil diese eh nur Mittel zum Zweck waren; Es gibt kaum noch Magier auf Dahna, weil diese alle entführt und zu Rena umgewandelt wurden). Dass einige der Plottwists recht offensichtlich sind, sehe ich teilweise als zweitranging. Immerhin haben sie dennoch eine starke (emotionale) Wirkung auf die Charaktere. Es lässt die Story trotzdem eher simpel erscheinen (vor allem, weil das Spiel gar kein so geschicktes Foreshadowing betreibt^^).
    Nachteil der Struktur ist natürlich, dass viel von den ersten 2/3 der Geschichte wie ein großer Prolog voller Nebengeschichten wirkt, und die richtige Story erst im letzten Akt beginnt. Das sorgt auch dafür, dass einige der Reveals nicht so hart treffen, wie sie eigentlich sollten - die Charaktere können in den paar Stunden nur so viele geschockte Gesichter machen, wenn ihre Welt immer wieder auf den Kopf gestellt wird
    Die Inszenierung der Geschichte ist gut. Es gibt einige erinngerunswürdige Momente, beispielsweise Zephyrs Hinrichtung, der Totensee, Shionnes Dornen in Vholrans Festung, Die Umwandlung von Lenegis, der Reveal, dass Rena eigentlich nur ein hohler Planet ist (das war vom Perspektivenwechsel schon cool, auch wenn ich nicht sicher bin, wie praktikabel das eigentlich ist *g*) und natürlich die Ankunft auf Rena an sich. Alles ziemlich gut umgesetzte Szenen.
    Ich war erst gar kein Fan von der Enthüllung vom Astralgeist Renas, aber auf der anderen Seite hat die Tales Reihe schon öfter die Idee benutzt, dass konzentrierte Energie ein eigenes Bewusstsein entwickelt (beispielsweise Abyss, aber man könnte die Elementargeister älterer Teile auch so sehen). So richtig gefällt es mir nicht, dass das Spiel von bodenständig zu esoterisch übergeht, aber ist bei J-RPGs ja recht normal. Das Problem ist eher, dass man über die Astralgeister praktisch nichts weiß.



    Ein paar der "Details" zur Welt und Story, die nicht ausgearbeitet wurden (und sicher für tolle Skits gesorgt hätten^^°):


    Die Beerdigung in einer Nebenaufgabe war eine der besten Szenen, wenn es ums Worldbuilding ging. Diese hat den Kontrast der beiden Kulturen, aber vor allem die Veränderung der Kultur der Dahna durch die Besatzung gezeigt. Auch Rins Erzählung von alten Mythen Dahnas, über Helden, war gut. Davon hätte das Spiel noch so viel mehr gebrauchen können.




    Das Thema der Unterdrückung spiegelt sich in den verschiedenen Gebieten vom Spiel wieder:
    • Versklavung
    • Stasi
    • Koexistenz (Dahna üben niedere Tätigkeiten aus)
    • Gehirnwäsche

    Alle Gebiete fühlen sich gerushed an. Die Truppe aus 6 Leuten kommt in ein neues Territorium, trifft nen Rebellenanführer, dem irgendwas passiert was einen traurig oder wütend machen soll (aber selten einen Effekt erzielt, weil man sie nicht kennt). Innerhalb von wenigen Tagen rocken sie die Scheiße und machen den Lord platt. Dann hauen alle Rena sofort ab, weil das ja so mit unterdrückenden Mächten passiert. Danach gehts direkt weiter auf dem Widerstands-Roadtrip. Immerhin wird es durch den schnellen Wechsel nicht langweilig, aber es fühlt sich eher wie ein Themepark der Unterdrückungsmethoden an.



    Das lässt Arise, gerade weil es so ernst sein will, ziemlich einfältig erscheinen. Frühere Teile waren eher unterhaltsame Abenteuer mit ernsten Themen, wo eine lockerere Inszenierung besser gepasst (und auch härter getroffen) hat. Beispielsweise hatte Symphonia die Unterdrückung (von und durch) Halbelfen als Thema, was es dem Spiel (trotz viel weniger Dialoge!) erlaubt hat, Rassismus abstrahiert, aber effizient, darzustellen. Arise will mit sehr oberflächlichen Methoden, aber umso mehr Gefasel, echten Rassismus behandeln, und scheitert dabei.
    Am deutlichsten wird dies darin, dass die Lords (bis auf einen) lächerlich böse Karrikaturen sind. Das klappt nicht in einem Spiel, was auf gritty und ernst macht. Da hilft auch nicht, dass man den Lords gegen Ende ein paar Zeilen Backstory zur "Vermenschlichung" gibt.



    Die ersten beiden Themen (Versklavung und Stasi) werden recht straight behandelt. Das Spiel probiert, Kontraste zwischen den beiden Unterdrückungsformen aufzuzeigen und hat zumindest einen Charakter, der zum Überleben auf Seiten des Stasi-Regimes ist.
    Die Koexistenz ist dann genau an der richtigen Stelle plaziert, nachdem zwei Diktaturen über den Haufen geworfen wurden und die Frage aufkommt, ob man das Regime hier überhaupt stürzen sollte – immerhin geht es den Menschen ja gut? Da der hiesige Lord in seiner siebenjährigen Amtszeit das Leben der Dahna so sehr verbessert hat, ist um ihn ein Personenkult entstanden – was ebenfalls problematisch ist. Das war auch der für mich interessanteste Teil vom Spiel, weil es hier den Anschein macht, als würde man kontemporäre Themen ansprechen und etwas nuancierter an die Sache rangehen. Zudem sind Kisara und Dohalim nicht nur die best(aussehendsten ) Charaktere, sondern haben auch aus ihrer Situation bedingt eine interessantere Perspektive als der Rest der Gruppe.



    Danach wechselt das Spiel in eine seltsame "beide Seiten sind nicht pur gut / böse"-Sichtweise, welche sich bis zum Ende durchzieht. Diese wird aus meiner Sicht vom Spiel nicht genug getragen, denn die meisten Rena, die man sieht, sind Arschlöcher und da machen die paar Ausnahmen für mich keinen Unterschied. Es hilft auch nicht, dass die letzten beiden Lords die schlimmsten sind und gar keinen Funken Menschlichkeit versprühen.
    Aber *natürlich* unterstützt man es, dass die Gruppe für ein friedliches Zusammenleben ist, und nicht den Kreislauf des Hasses fortführen will, da müssen die Schreiber gar keine größeren Argumente liefern. Der Kreislauf des Hasses, im übrigen, ein starker, persönlicher (!) Arc von Velvet in Berseria, und Arise kann diesem nicht mal ansatzweise das Wasser reichen mit Alphen, Law und Rin (besonders die letzten beiden haben eine legendär schlechte Szene in Gebiet 4 ). Natürlich sehe ich ein, dass die Alternative, alle Rena abzuschlachten, sicher für ein Tales Spiel nicht sehr gut wäre. Hier hätte man sich aber mehr Mühe geben sollen, beide Seiten nachvollziehbar zu machen.

    Das soll wohl ein Twist gegen Ende dann tun (viele Stunden, nachdem das Spiel schon die Sichtweise vertreten hat). Denn eine interessante Parallele will ich noch aufgreifen
    Ich weiß nicht, was für eine Aussage das Spiel hier eigentlich machen will. Der Twist soll wohl eine Art ironische Fügung sein? Aber er nimmt den Handelnden gleichzeitig eine Menge der "Agency" über ihre Aktionen. Im Vergleich zu Zestiria und Berseria, die sehr klare Nachrichten aussenden, finde ich die von Arise diffus. Dabei hilft nicht, dass das Spiel gegen Ende ziemlich esoterisch wird, was es weiter verwässert. Vielleicht wäre das hier mal ein Spiel, wo man am Ende keine "wir müssen die Welt retten"-Story hätte erzählen sollen?


    Fazit: Die Story von ToA hat ein paar gute Ideen und finde ich grundlegend interessant. Sie ist aber schwach geschrieben, mit vielen sich wiederholenden Dialogen und einigen Elementen, die nicht durchdacht scheinen. Zum Schreibstil von Tales passt meiner Meinung nach eine lockere Geschichte mit ernsten Themen besser als eine ernste Geschichte, die man ab und zu mit Humor anreichert. Themen der Unterdrückung und Befreiung werden in den ersten drei Gebieten mehr oder weniger gut präsentiert, danach geht es ziemlich bergab. Einige der Storypunkte im Spiel wurden auch in anderen Teilen der Reihe besser behandelt. Immerhin wird sie bis zum letzten Akt nicht langweilig, weil immer was passiert und die Inszenierung die meiste Zeit über gut ist. Leider wird das Pacing gerade im letzten Drittel schlecht und das Spiel ballert einem einen harten Exposition Dump rein.

    Dass gerade von vielen Magazinen die Geschichte als so großartig hingestellt wird, kann ich mir nur damit erklären, dass diese für J-RPGs (oder Anime Games allgemein) eine extrem niedrige Erwartungshaltung haben. Da aber selbst die Tales Reihe es schon besser gemacht hat als Arise, sehe ich hierfür keinen Grund.

    Dann bis demnächst im letzten Teil, wo die Charaktere mehr in den Vordergrund rücken!
    Geändert von Sylverthas (15.01.2022 um 21:37 Uhr)

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