System: PC (Steam)
Genre: J-RPG Adventure
Entwickler: insertdisc5
Releasejahr: 2023
Spielzeit: 26 Stunden
Schwierigkeit: -
Beendet: 13.01.2024
Gelegentlich gibt es Spiele wie dieses hier, bei denen ich denke, dass sie großartig sind, aber es schwerfällt, sie überhaupt anderen zu empfehlen. Seid ihr geduldig? Habt ihr Bock auf viele Gespräche mit charmanten Charakteren? Keine Probleme mit sinnlosen Kämpfen? Lust auf ein emotionales Erlebnis, was einen selber etwas vom Schmerz fühlen lässt, den die Hauptperson verspürt?
Aber vielleicht ist das Spiel auch gar nicht so schwer zu empfehlen, denn immerhin gibt es die zu 98% positiven, rund 1300 Bewertungen auf Steam. Also ist das Spiel anscheinend für so einige Leute was?! Aber wie kann das sein, wenn sich viele Spieler ja schon ins Hemd machen, wenn sie nen Bosskampf oder Sprungpassage mehrmals wiederholen müssen? Ist es kein Problem, wenn man im Spielverlauf den gleichen Stockwerken zig Besuche abstattet? Sind J-RPG Spieler einfach viel wiederholungsresistenter als andere Spielergruppen? Sind sie weiser und wissen, auf was sie sich hier einlassen (LOL!)?
So viele Fragen bereits im Opener. Vielleicht finden wir mehr heraus, wenn wir das Spiel ein wenig zerlegen?
Die Gruppe um Siffrin hat eine lange Reise hinter sich gebracht, auf der sie sich den Schrecken des Königs gestellt haben, um die fünf magischen Kugeln zu erhalten, die den Zugang zu seinem Schloss öffnen. Nun sind sie in Dormont angekommen, Heimatdorf von Mirabelle und in unmittelbarer Nähe des House of Change, in welchem sie gelernt hat. Eben dieses Gebäude hat der König verwandelt und nutzt es als seine Residenz. Sein Ziel? Das gesamte Land Vaugarde in der Zeit einzufrieren, auf dass es sich niemals verändern möge.![]()
Der Aufbruch steht am nächsten Tag bevor, was wird die Truppe in der letzten Etappe ihrer Reise erwarten? Ein gigantischer Felsbrocken auf den Kopf. Definitiv. Und das anschließende erneute Erwachen im Blumenfeld von Dormont.
Das Kernkonzept von In Stars and Time ist die Zeitschleife. Egal, ob man nun von einem Felsen erschlagen oder von einem Gegner getötet wurde, vielleichgt einfach auf einer Bananenschale ausrutscht – man wird immer wieder zurückgeschickt.![]()
Aber keine Sorge, man muss nicht zwangsläufig von Anfang an starten (aber wird es trotzdem oft tun!). Hat man eine weitere Etage im Schloss erreicht, so dient diese als Rücksetzpunkt beim Tod – oder sogar als ein Vorspulpunkt, wenn man von Anfang dahin reisen möchte. Es gibt zwei Zustände: Anfang der Etage (alle Ereignisse unausgelöst) und Ende der Etage. Hierzu sei noch gesagt, dass man nur durch Loops zu Stockwerken zurückkehren kann, weil sie von einer Barriere versiegelt werden. Auslösen kann man das durch den Tod von Siffrin.
Am besten lässt sich das wohl an nem Beispiel illustrieren:
Man ist im zweiten Stock vom Schloss, aber einem fehlt ein Schlüssel, den jemand im Dorf hat. Man stirbt via der bevorzugten Methode, geht zurück zum Anfang und holt ihn sich. Dann knutscht man den Asphalt mit Hilfe der Bananenschale und geht danach zurück in den zweiten Stock. Und tut so, als wär nix gewesen. Den Schlüssel hat man nun, auch wenn man ihn beim ersten Besuch nicht hatte.
Ein Problem ist hierbei noch, dass das Vorspulen der Zeit eine Ressource kostet, die man nur durch Besiegen von Gegnern bekommt. Das ist eine Limitierung, die ich ehrlich gesagt für ziemlich unnötig halte und im schlimmsten Fall dazu führt, dass man viel vom Schloss noch mal spielen oder Gegner grinden muss. Ist mir glücklicherweise nie passiert, aber gut gelöst ist es nicht. Vermutlich wurde das nur eingeführt, damit man nicht einfach alle Kämpfe skipped. Was definitiv machbar wäre, weil die Stats beim Level Up gar nicht so enorm steigen und nur die Skills wichtig sind.![]()
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Da das Spiel ein J-RPG mit Leveln ist, ist die nächste Frage sicherlich: Wie verhält es sich mit den Stats? Nur Siffrin behält bei Zeitsprüngen seine Stufe, die anderen werden immer wieder zurückgesetzt. Aber jeder Speicherpunkt im Schloss merkt sich die höchsten Werte, die man dort hatte. Reist man zu diesem hin, so werden sie übernommen. Mit Consumables verhält es sich ebenso. Es gibt noch Erinnerungen, von denen jeder Charakter eine anrüsten kann. Zum Beispiel kann man so einen Stufe 50 Zauber bereits mit 45 anwenden, alle Gegner laufen vor einem weg (SEHR nützlich!) oder man bekommt nen Statboost zu Kampfbeginn. Erinnerungen, Waffen und Ausrüstung bleiben unabhängig von den Zeitsprüngen erhalten und wenn man den Ort, an dem man etwas gefunden hat, ein weiteres Mal untersucht, kommen lustige Zeitparadox-Gespräche.
Unterhaltsam und charmant ist das Game auf jeden Fall geschrieben! Was es auch besser sein sollte, denn es ist ziemlich textlastig. Wenn man nicht gerade vor den Gegnern flieht wird man vermutlich die Räume untersuchen und den chaotischen Unterhaltungen lauschen. Die auch durch Blips die Tonhöhen der Sprecher oder Sprechpausen wiedergeben (das ist oldschool Charm, ey!). Man kann in den Räumen fast alles untersuchen und bekommt zumindest einen Minimaltext, manchmal ganze Gruppengespräche zu den wildesten Themen. Man wird auch regelmäßig auf ehemalige Bewohner des Hauses treffen, die Mirabelle kennt und zu ihnen etwas zu sagen hat.![]()
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Und egal, ob sie sich darüber unterhalten, warum Krabben das Schrecklichste auf der Welt sind, Odile mal wieder nen zynischen Kommentar über die seltsamen Traditionen von Vaugarde ablässt oder sie sich fragen, was eigentlich Sterne sein sollen – ich hab mit nem Grinsen vorm Bildschirm gesessen, weil die fünf einfach nur drollig sind. Es kommt ein richtiges Freundschaftsgefühl der Truppe auf. Sie referenzieren auch regelmäßig Dinge von ihren Abenteuern im Land, so dass man gegen Ende ein grobes Gefühl von der Reise hatte, die sie zu diesem Punkt gebracht hat. Und man muss auch sagen, dass nicht nur die Dialoge nur so vor Charme sprühen, jedes einzelne Element ist durchdacht geschrieben – seien es nun die cheesy Namen der Angriffe, Itembeschreibungen oder Kampftexte. Das Spiel sprüht nur so vor Atmosphäre.
Siffrin ist das Sprachrohr des Spielers – manchmal. Tatsächlich kann man viele Sachen, die er sagt, nicht auswählen, aber man muss es trotzdem bestätigen. Was sinnlos erscheinen mag, aber einen doch minimal näher an den Charakter bringt. Er ist auch der Ruhige aus der Truppe, bekannt für sein schlechtes Gedächtnis und dumme Wortspiele. Über letztere bepisst sich Isabeau förmlich, während alle anderen nur mit dem Kopf schütteln. Diese wiederkehrenden Dynamiken sind ein großer Teil, wieso man am Ende die Truppe so sehr ins Herz schließt. Bonnie ist ganz klar das Kind, aber nicht dumm, sondern eher naiv - fühlt sich komplett wie ein Kind an, nicht wie das, was viele Autoren für Kinder halten (weswegen Kindercharaktere ja oft so nervig sind). Isabeau ist der starke Kerl der Truppe, der aber eigentlich weicher ist als alle anderen – aber trotzdem durchgreifen kann, wenn es nötig ist. Jeder Charakter hat seine eigenen Quirks, eigene Meinung, eigene Sprache. Gerade letzteres kann man von vielen J-RPG Dialogen nicht behaupten, wo es ohne Namen oder ein Portrait schwerfällt zu sagen, wer gerade spricht. Hier sind die Eigenheiten so stark herausgearbeitet, dass das nie ein Problem wäre – aber trotzdem hat In Stars And Time expressive Charakterportraits.![]()
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Man muss sich durchgelesene Dialoge nicht mehr komplett anhören sondern kann "zone out" verwenden (wo Siffrin dann so richtig geistesabwesend guckt xD). Zumindest theoretisch. Bei ein paar der Dialogen funktioniert das nicht, und das sind leider vermehrt welche direkt am Anfang. Glücklicherweise sind die nicht zu lang, aber durchaus nervig.![]()
Was dann direkt zum nächsten Punkt bringt: Man wird dieses zone out im Spielverlauf sehr, SEHR oft verwenden, denn das Spiel ist mindestens so sehr ein Adventure wie ein JRPG. Besonders im Mittelteil wird man regelmäßig zwischen Stockwerken wechseln, sich Items besorgen, Informationen holen, etc. IMO ist der Ablauf auch sehr logisch implementiert. Oft erfährt man nur, dass ein Thema in nem Buch ist (z.B. Informationen zu Sternen), aber liest es nicht. Weils einfach total irrelevant ist zu dem Zeitpunkt. Aber später, wenn Siffrin mehr Informationen hat, wird es relevant. Leider hat Siffrin ein schlechtes Gedächtnis (was ich jedes Mal als Seitenhieb auf mich selber angesehen habe), also hoffentlich hat der Spieler ein besseres (ich nicht ^_O). Witzig ist hierbei auch, dass die Entwickler tatsächlich auch Noise eingebaut haben in Form von Items, die einfach keinen Nutzen haben (vielleicht hab ich ihn auch nicht gefunden?^^) - und manchmal sogar Siffrin ein wenig foppen, wenn er probiert damit was anzufangen *g*
Die Entwickler waren sich bewusst, dass man viele Sachen wiederholt, und so gibt es immer wieder (mal leicht, mal größere) Abwandlungen in den Dialogen oder komplett neue Szenen, die auch nicht geskipped werden. Ob sich in Siffrin nun die Frage entwickelt, wieso ihn keiner berühren will, er sich regelmäßig an einer Kante stößt, sich seine Reaktionen ändern, wenn man sich durch nen engen Gang quetscht oder man in den von Bonnie gesponsorten Snackpausen andere Dinge wählt - es wurde auf viele Kleinigkeiten geachtet. Auch ist es ein Meisterwerk, wie das Spiel es schafft, das Gamen der Zeit (indem man an sinnlosen Stellen stirbt) komplett immersiv in der Spielwelt anfühlen zu lassen, weil Siffrin eben genau das tut und mit der Zeit auch roher wird, was den eigenen Tod angeht.
Leider hilft bei der Orienterierung nicht, dass viel vom Schloss ähnlich aussieht. Aber auf der anderen Seite ist es auch nicht zu groß. Es ist also machbar, komplett ohne Guide alles zu finden, selbst mit meinem Siebgedächtnis! Zur Seite steht einem auch der nette NPC Loop, den man nach Hinweisen fragen kann. Dieser gibt einem aber nie direkt die Antwort, sondern stößt eher in eine Richtung. Manchmal habe ich mir gedacht, dass man mit der Struktur vom Schloss noch etwas mehr hätte machen können – mehr alternative Routen, die in Sackgassen enden, die aber im späteren Verlauf dann doch wichtig werden. Es gibt davon zwar ein paar, aber für mein Gefühl, gerade weil es eben so klein ist, nicht genug. Vielleicht wollte man die Nerven nicht überstrapazieren, wenn man sich nicht nur zum zehnten Mal in einem Stockwerk befindet, sondern nun noch den richtigen Weg wählen muss?![]()
Und ja, da kommen wir dann zu einem Punkt vom Einstieg: Dieses Spiel wird die Nerven von Spielern, die nicht geduldig sind, zum Zerreissen bringen. Genau, wie Siffrins Nervenkostüm im Laufe der Handlung sich immer weiter auflöst. Je mehr man looped, je öfter er die immer gleichen Gespräche hören muss, je mehr er versucht, doch noch irgendwas zu ändern um zu einem anderen Ausgang zu kommen – umso niedergeschmetterter ist er, wenn sich der Verlauf mal wieder nicht fundamental geändert hat. Aber hey, nicht anmerken lassen, weitergrinsen, dem Skript folgen! Gleichzeitig probiert man als Spieler auch einiges aus, und hier wird man gegebenenfalls eine ähnliche Reaktion haben wie er oder sich manchmal denken "will das Spiel jetzt wirklich, dass ich... ne, oder?". Das Spiel ist effektiv darin, einen selber in die Perspektive der Hauptfigur zu bringen. So effizient habe ich das noch in keinem Videospiel mit Zeitschleife erlebt – ich würde es vergleichen mit dem, was Re:Zero im Animebereich geschafft hat. "Ich bin wieder am Ende angekommen, ich habe doch dieses Mal sicher alle relevanten Informationen und die Superpower XY, JETZT wird es doch klappen!". Hinzu kommt, dass es irgendwo unberechenbar ist. Bei manchen Loops hatte ich ein Hochgefühl, dass man es nun "geknackt hat" um dann zu scheitern und beim letzten Loop hab ich gar nicht geglaubt, dass es das Ende sein könnte – das ist schon ne Meisterleistung der Immersion.![]()
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Gleichzeitig ist Siffrins mentaler Abstieg einfach klasse inszeniert. Er kann sich nicht mehr erinnern, was in den einzelnen Loops passiert und ich bin mir sehr sicher, dass sogar der Loopcounter irgendwann einfach mal um 4 Punkte gestiegen ist – was verdeutlicht, dass es alles irgendwo verschwimmt. Es werden Charaktere entmenschlicht und teilweise wird es wirklich düster, was er denkt und tut.![]()
Man merkt auch, wie er sich im Laufe der Handlung an immer weitere Strohhalme klammert. "Wenn ich den Gegner besiege und mir dabei die Augen verbinde... das muss es sein!". "Vielleicht muss man das Schloss auf eine bestimmte Art erklimmen?". Und ja, das Spiel bringt einen mehr als einmal dazu, das Schloss komplett von Anfang an zu durchschreiten – wobei es ziemlich fix geht, wenn man weiß, wo man lang muss. Es passiert auch selten, dass man nicht irgendeine neue Szene oder Dialog bekommt. Und ich kann nicht leugnen, dass sich einige der Ereignisse absolut belohnend und sehr intensiv angefühlt haben, nach den Wiederholungen.
An dieser Stelle muss ich aber auch sagen: Diese Struktur ist nicht für jeden was. Genauso, wie ich davon begeistert bin, was das Spiel hier tut, gibt es sicher genug Leute, die es als reine Zeitschinderei oder langweilig ansehen und sich davon nicht packen lassen. Man könnte jetzt sagen, dass die Entwickler ein paar der Wiederholungen hätten streichen sollen. Aber ich befürchte, dass das Spiel in den Hochmomenten dann auch nicht so stark gewirkt hätte. Ich kann dennoch nicht leugnen, dass ich im Mittelteil, wo die Loops am stärksten benutzt werden müssen um voranzukommen, auch manchmal etwas Frust verspürt habe - vor allem, wenn ich vergessen habe, ein wichtiges Item zu holen und dann wieder zurückloopen musste.![]()
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Übrigens kommt er zu keinem Zeitpunkt des Spiels auf die Idee, seinen Kameraden von der Zeitreisefähigkeit zu erzählen. Ein wichtiges Thema des Spiels ist Vertrauen. Obwohl die Charaktere so lange miteinander gereist sind merkt man, dass Siffrin verschlossen ist und die anderen bis auf seine Wortspiele kaum was über ihn wissen. Er glaubt auch nicht dran, dass sie ihm überhaupt helfen könnten, würden sie mehr wissen.![]()
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Auch die hiesige Religion, der Glaube an den Change God, wird im Spiel besser durchleuchtet als ichs erst erwartet hätte – Änderung zum Selbstzweck ist ebenfalls problematisch, genauso wie Stagnation. Generell diskutiert das Spiel bzw. die Gruppe viele der aufgeworfenen Ideen durch mit verschiedenen Sichtweisen.
Im späteren Verlauf der Handlung findet man immer neue Details zu den Charakteren raus. Der Clou ist, dass die Sachen so geschrieben sind, dass man selber auf einige Enthüllungen kommen könnte, aber es spätestens in den Charakterstories Klick macht.
Zugehörigkeit ist ein starkes Motif in der Kernstory und auch ein Teil der Charaktergeschichten. Die Truppe, mit der man nun monatelang gereist ist, mit der man unzählige Male dem Tod ins Antliz geblickt hat – sind das Freunde? Kameraden? Familie? Gehört man dazu und wird man später noch Kontakt halten? Auch ein paar sentimentale Items, wie z.B. eine Kinderzeichnung der eigenen Truppe, tragen zu dem Gemeinschaftsgefühl bei. Zugehörigkeit zu Ländern, zu Religionen, zu Menschengruppen, zu Geschlechtern.
Das Spiel ist auch unmissverständlich queer. Man kann schon drauf kommen, weil in Vaugarde der Change God verehrt wird. Dass Menschen ihre Körper mit Magie verändern ist alltäglich – was Siffrin und Odile, die aus anderen Ländern stammen, auch kommentieren. Homosexuelle Beziehungen sind hier auch komplett normal. Was die Hauptgruppe betrifft, so fand ich, dass das Spiel nicht zu sehr in your face damit ist und sie nie darauf reduziert. Fand ich äußerst gut geschrieben. Und ja, es gibt dann doch noch die Szene, wo Bonnie fragt, wieso sich in einem Theaterstück zwei Männer geküsst haben oder ein Pronomen-Gespräch, die sind dann schon direkter![]()
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Tatsächlich hatte ich sogar was viel Stumpferes erwartet: Dass der König einfach nur ein ultrakonservativer Typ ist, der diese ganze Change Religion widerwärtig findet und daher alles in der Zeit einfriert. Wäre vielleicht ein zu starker Brandbrief gewesen und vielleicht gut, dass ich sowas nicht schreiben
Wobei ich auch nicht komplett danebenlag, es ist aber wesentlich nuancierter. Ich würde nicht sagen, dass der König komplett nachvollziehbar ist, gerade was das Extreme in seinen Aktionen angeht. Aber er wird im Laufe der Handlung durchaus ausgebaut mit seiner Motivation.
So... damit wären wir wohl beim Kampfsystem? Eigentlich will ich dazu nicht viel schreiben. Wenn man das Spiel für die Kämpfe spielen will, sollte man sich lieber was anderes suchen. Dabei ist das ATB Kampfsystem, bei dem man Runden an andere Charaktere abtritt und einiges mit Zeitmagie macht an sich nicht schlecht. Es ist ein direktes Schere-Stein-Papier-System im Sinne, dass diese drei Sachen tatsächlich Elemente sind (Mirabelle ist z.B. Schere^^). Schwachstellen von Gegnern erkennt man in der Regel an ihrem Design, ansonsten kann man durchprobieren. Man wird bei vielen Kämpfen nicht einfach durchkommen, indem man nur Angriff spammed. Aber gleichzeitig sind sie auch IMO nicht zu anspruchsvoll. Weil man die XP ohnehin nicht sonderlich braucht, bin ich gerade in der zweiten Hälfte öfter geflohen als sonstwas. Ein gewisses Mindestlevel sollte man aber schon erreichen, bevor man zum König kommt, weil man dann ein paar nützliche Skills bekommt. Der König selber kann abhängig von Level und Ausrüstung und Items schon ein wenig langwieriger und anspruchsvoller sein.![]()
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Es gibt auch noch so nen Komboangriff, wenn man 5 Mal das gleiche Element benutzt... yoah^^
Komplett ohne Kämpfe würde aber auch so eine Geschichte nicht funktionieren, denn man muss sich ja am Ende das epische Duell mit dem König liefern und sie erhöhen auch die narrativen Stakes. Auch werden die Kämpfe dazu genutzt, Charaktereigenschaften (wie z.B. durch Skillnamen) noch mal hervorzuheben. Schwierig.
Spiel hat auch eine Unmenge an versteckten Sachen. In der Regel sind das Dialoge, bei denen man noch mehr zu den Charakteren erfährt und teilweise sind das schon sehr spezifische Interaktionen, die man machen muss. Wie zum Beispiel für Bonnie: Buch auf Stockwerk 3 lesen, dann Buch auf Stockwerk 2 in einem toten Ende lesen, dann zwei (!) Mal die gleiche Snackpause besuchen. Warum das so strukturiert ist ergibt auch wieder total Sinn und man kann da selber drauf kommen, aber es ist halt sehr spezifisch. Häufig bekommt man bei diesen Nebenaufgaben entweder ne Erinnerung oder ein Ausrüstungsstück. Das Schöne hier ist, dass die Nebenaufgaben sich organisch ergeben und nicht von Charakteren mit Ausrufezeichen über dem Kopf oder son Gedöhns.![]()
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Man sollte auch nicht erwarten, zu allem im Spiel Antworten zu bekommen. Ich fand das Mysterium schon stark, aber so einige Sachen sind tatsächlich eher Fluff oder haben Interpretationsspielraum (Farben, z.B.). Vielleicht hab ich die entsprechenden Dialoge nicht gefunden, die es aufklären, was auch gut sein kann. Denn es gibt viel verpassbares und - wie man an Bonnies Beispiel oben sieht - viel verschachteltes.
Optisch – ihr sehts ja hier, sehr stilisiert und in schwarz-weiß. Letzteres hat nicht unbedingt dazu beigetragen, dass ich die Räume einprägsamer fand, was vielleicht ein Nachteil für ein Spiel ist, bei dem man sich erinnern soll![]()
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Ich mag aber die sehr expressiven Charakterportraits gerne und die Gegner haben zu einem großten Teil was recht menschliches (man fragt sich, gegen *was* man hier eigentlich kämpft), aber sind gleichzeitig irgendwie cartoony fucked up? Ziemlich interessanter Stil auf jeden Fall.
Vom Soundtrack her ist das Spiel insgesamt gut, hat aber ein paar Stücke, die mir nicht gefallen haben. Das Intro Theme ist absolute Bombe und total eingängig – wird später auch sehr effektiv noch in Variationen wiederverwendet, z.B. hier ab etwa einer Minute. Auch den Song, der beim Tod spielt, fand ich sehr atmosphärisch. An die Kampfmusik hab ich mich irgendwann gewöhnt, aber am Anfang fand ich sie nervig. Der OST ist auf jeden Fall interessant, so würde ichs mal zusammenfassen *g*
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Fazit:
In Stars And Time ist ein absolut großartiges, immersives Erlebnis. Der sich steigernde mentale Verfall von Siffrin, das Hochgefühl, wenn man es doch vielleicht geschafft haben könnte, sorgen für eine starke Bindung. So sehr habe ich in einem Spiel den Zeitloop noch nie gefühlt. Es ist in etwa das, was Re:Zero im Animeformat schafft. Größtes Manko, aus meiner Sicht, ist die Ressource die man zum Vorspulen der Zeit braucht. Das kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass man sinnlos Gegner grinden muss um sie aufzufüllen – mir ist das aber zum Glück nicht passiert.
Eine Stärke vom Spiel ist, wie organisch sich viele Elemente zusammenfügen – sei es nun das Sammeln von Informationen oder die Nebenaufgaben. Selbst Siffrins Tode werden von ihm oft kommentiert und so fühlt sich das Gamen der Zeitschleife nahezu realistisch an. Man sollte schon Bock auf Adventure Gameplay haben, wenn man sich das hier gibt. Nur als Funfact: Ich habe nur etwa 6% der Worte in diesem Bericht für die Beschreibung des Kampfsystems benutzt, obwohl es eigentlich ganz brauchbar ist *g*
Ein anderes herausragendes Merkmal ist die tolle Party-Chemie und die Tiefe und Klarheit der Charaktere. Ich saß bei vielen Dialogen grinsend da, und das Ende war dann ganz groß. Jeder hat eine eigene sprachliche Stimme und setzt sich stark von den anderen ab. Und ihr Banter zusammen ist einfach lustig. Das durchzieht jedes Element vom Spiel – seien es Angriffsnamen, Kampftexte oder Itembeschreibungen. Es ist in dem Aspekt mit Omori vergleichbar, finde In Stars And Time aber noch mal effektiver, wie es die Freundesgruppe zeichnet.
Es werden auch queere Themen behandelt und meiner Meinung nach ohne, dass das Spiel die Charaktere darauf reduziert.
Obwohl ich so viel dazu geschrieben habe, bin ich weiterhin baff, wie die Resonanz auf Steam dazu aussieht. Vielleicht ist für viele Spieler einfach die starke emotionale Bindung, die tolle Truppe und die Geschichte relevanter als das eigentlich eher unbeliebte Design der ständigen Wiederholung? Auf MC hat es in den Userscores eine 8, was ebenfalls höher ist als ich spontan erwarten würde. Das hier ist definitiv ein Spiel mit ner klaren Vision, die durchgezogen wurde. Und ja, ich müsste lügen, wenn ich gerade im Mittelteil nicht auch nen gewissen Frust verspürt hätte, aber die Gesamterfahrung sowie die ganzen positiven Eigenschaften haben definitiv darüber hinweggetäuscht. Würde mich selber aber auch als nen geduldigen Spieler betrachten, also... ja, keine Ahnung *g*
Ach ja, wenn man vorhat, In Stars And Time zu spielen, ist A Start Again: A Prologue wirklich nicht relevant. Es ist auch kein Prolog, sondern man könnte es als eine Zwischengeschichte, was so in der späteren Hälfte von In Stars And Time platziert sein könnte, ansehen. Wobei das auch nicht komplett Sinn ergibt, also ist es wohl eher sowas wie eine "what if?"-Story. Alternativ, wenn man tatsächlich erstmal schauen möchte, ob das überhaupt was für einen sein könnte, ist der Prolog durchaus geeignet. Wenn man den schon hinschmeisst, sehe ich die Chance, dass man die Geduld für das Hauptspiel aufbringen kann, als gering an^^
Ich vermute, wer die Geduld hat, meine langen Berichte zu lesen, wird auch das Spiel durchspielen können