System: PC
Genre: Adventure VN
Entwickler: MUTAN
Releasejahr: 2025
Spielzeit: 6h
Schwierigkeit: -
Beendet: 16.12.
Auf das Spiel wurde ich nur zufällig durch ne Youtube Recommendation aufmerksam. Da ich Spiele im Stile von Her Story oder The Infectious Madness of Doctor Dekker ganz interessant finde habe ich mir das hier mal angeschaut.
Die Zeitungen überschlagen sich: Präsidentschaftskandidat Roberts wurde von einem jungen Mädchen ermordet. Oder genauer: von einer ihrer Persönlichkeiten. Denn Sofia hat eine multiple Persönlichkeitsstörung. In einem Land, in dem man sich tatsächlich noch für die Wahrheit interessiert (also definitiv nicht die USA!![]()
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), wird der Psychologe Philip auf den Fall angesetzt. Vorher sind schon viele andere an Sofia gescheitert.
Das System gibt sich dabei sogar erstaunlich human: War es tatsächlich nur eine ihrer Persönlichkeiten, kann diese gezielt medikamentös "entfernt" werden. Gelingt das nicht, dann baumelt Sofia.
Und so beginnt die siebentägige Therapiesitzung im Hochsitzerheitsknast mit dem Waifu-Quintett, die sich einen Körper teilen.
1. Warum sollte man mit Sofia quatschen wollen?
Weil es unterhaltsam ist
OK, im ernst: Ich würde das Spiel als Charakterdrama an erster und als Mystery an zweiter Stelle einordnen. Denn Sofia macht das Spiel (was einem das Cover auch irgendwie bereits zeigt) und ich fand die 5 Persönlichkeiten durchaus sympathisch. Sie werden alle von der gleichen Voice Actress gesprochen, die auch gut präsentiert warum man es als "Acting" bezeichnet. Zusätzlich hat jede Persönlichkeit ihre eigenen visuellen Eigenheiten, wie beispielsweise eine andere Frisur oder Augenfarbe (). Wie sie sich nun so schnell immer wieder umstylen kann wollen wir hier mal lieber nicht hinterfragen *g*
Natürlich ist jede Persönlichkeit tropy und quirky. Sofia selber ist Deadpan (was in gewisser Weise Sinn ergibt, immerhin haben die anderen Persönlichkeiten bestimmte Erinnerungen, die charakterbildend sein könnten, von ihr isoliert). Olivia ist eher schroff, Isabella ist der Tomboy, Florence ist die "proper lady" und Amy ist ziemlich kindlich. Die Persönlichkeiten ergeben auch Sinn, sobald man weiß, was Sofia damit verarbeitet bzw. an wen sie angelehnt sind. Die Gespräche fühlen sich dadurch auch abwechslungsreich an, selbst, wenn man effektiv nur mit einem Charakter spricht.![]()
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Im Kern geht es in der ersten Hälfte darum, die Ursache für das Entstehen der einzelnen Persönlichkeiten zu ergründen - das Trauma, vor dem sie Sofia schützen wollen. Die verschiedenen Lebensabschnitte werden dabei sehr nachvollziehbar und lebendig von ihr und ihren Persönlichkeiten beschrieben. Erst in der zweiten Hälfte rückt dann der Mord selbst in den Fokus.
Die Ereignisse aus dem ersten Part stehen dabei teilweise in Zusammenhang mit dem Mord, sind aber manchmal auch einfach Sofias Leidensgeschichte – von der sie selbst nichts weiß, dank ihrer Persönlichkeiten. Und ja, da ist durchaus fieser Kram dabei. Genau der erklärt, warum es bei jemandem wie Sofia überhaupt zu einer dissoziativen Persönlichkeitsstörung kommen konnte. Das Spiel enthüllt diese Ereignisse Stück für Stück, bis man selbst begreift, was eigentlich passiert ist.In gewisser Weise entfaltet sich hier auch für einen ein Weg, wie man das Spiel angehen möchte. Man kann entweder hart an einer Persönlichkeit bleiben und diese "abarbeiten", oder man wechselt wenn eine neue dazukommt und lässt sich von dieser mehr erzählen, damit man die bereits bekannten Ereignisse besser versteht. Bei mir hat das zum Beispiel dazu geführt, dass ich zuerst viel von Olivia erfahren habe, aber bevor ich an den Kern gekommen bin ich dann mit Isabella gesprochen und diese "geknackt" habe. Dadurch hat sich die Auflösung von Olivia dann so angefühlt, als wäre es eine Fortsetzung einer langen Geschichte gewesen.![]()
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Das Spiel hat auch mehrere kleine Elemente, die die fünf einem näherbringen sollen: Wartet man etwas, dann kommt es zu kurzen Gesprächen, bei denen Sofia einen beispielsweise darüber fragt, ob man bereits gefrühstückt habe. Dann kann man die Zelle noch ein wenig ausgestalten - jede der Persönlichkeiten hätte gerne etwas. Wobei ich nicht sicher bin, dass alle dieser Geschenke wirklich für einen Gefangenen auf der Todesbank geeignet sind. Sollte man wirklich einen Spiegel in den Raum stellen?
2. Wie spricht man mit Sofia?
Das Spiel ist ähnlich zu den vorher genannten Titeln. Man unterhält sich mit Sofia (oder ihren Persönlichkeiten) und kitzelt Informationen raus. Das macht man, indem man Schlüsselwörter eingibt. Im Gegensatz zu Doctor Dekker und Her Story fand ich es aber hier deutlich angenehmer, sich durchzuwühlen.Man muss kein Videomaterial durchsichten, sondern alles wird schriftlich festgehalten - und das an mehreren Stellen. Einerseits hat man einen Flowchart, der Diskussionsthemen und Antworten aufbereitet. Beim Hovern über Themen, die man wissen könnte, gibt es einen kleinen Hinweis. Das ist auch nützlich, wenn man alle Dialoge haben will, weil manche Themen recht isoliert sind. Nicht, dass ich das getan hätte - bei mir sind die so zwischen 80-90%.![]()
Dann gibt es die Kartei, wo relevante Informationen noch mal zusammengefasst werden. Dadurch konnte ich meinen Weg oftmals gut finden. Als letztes Hilfsmittel sind noch die konkreten Leitfragen, denen man nachgeht, aufgelistet. Diese zu beantworten bringt einen der Lösung des Falls näher.![]()
Wenn man gar nicht weiterkommt, kann man sich hier auch Hints geben lassen (welche einem aber nie die Lösung direkt geben, sondern eher hinstuppsen).
An ein paar Stellen muss man auch out of the box denken, aber nichts, was zu schwierig wäre. Ich denke da beispielsweise an Florences erstes Problem *g*
3. Wie gut versteht einen Sofia?
Insgesamt war ich sehr überrascht, wie gut es hier funktioniert. Bei Doctor Dekker bin ich oft verzweifelt, weil ich einfach die Schlüsselwörter nicht gefunden habe. Her Story ging ganz ok, war aber stellenweise schon viel rumfummeln. Wie vorher erwähnt - sicherlich auch, weil man hier einfach nur Text hat und alles Gesagte auch in Textform aufbereitet wird. Im Gegensatz zu Her Story kann man hier auch nicht einfach durchraten - wenn ein Schlüsselwort noch nicht in Dialogen vorkam, dann ist es auch nicht zugänglich. Das erlaubt auch, dass relativ simple Worte später noch nutzbar sind, z.B. "Table".
Besonders beeindruckend ist aber, wie gut es funktioniert, wenn man bedenkt, dass das Spiel aus dem Japanischen übersetzt wurde. Da hätte ich mit deutlich mehr Stolpersteinen gerechnet und an so manches Synonym wurde sogar gedacht. Im obigen Bild z.B. hab ich "Shed" eingegeben, obwohl nach den Ergebnissen zu urteilen "Shack" gesucht war. Aber ich will hier auch nicht unter den Tisch fallen lassen, dass es ein paar Stellen gab, an denen ich gehangen habe, weil dem Spiel mein Input nicht genau genug war. Und wo es sicherlich auch an der Übersetzung gemangelt hat, war das schöne Wort für "Kind". Es war die typische Adventure-Situation: Ich wusste, was man hören wollte, ich wusste, welcher der Persönlichkeiten ich es sagen musste, aber… es funktioniert nicht?! "kid", "child", "offspring", "daughter"… alles hat nicht geklappt.![]()
Zugegeben, das Lösungswort wird vom Spiel sogar erwähnt, und es klingt da schon sehr unnatürlich, so dass man es sich merken könnte. "lovechild" ist es, was gesucht war - worauf ich dann auch irgendwann kam.Aber das waren nur wenige Stellen, wo ich wirkliche Schwierigkeiten mit dem Input hatte (klar, das sind dann meist die, die so richtig im Gedächtnis hängen bleiben). Dazu gesellt sich dann noch eine Stelle, wo ich tatsächlich nicht wusste, bei welcher Persönlichkeit ich was erfragen sollte um weiterzukommen. Damit der Puls nicht nur bei einem selber höhergeht passiert dies auch bei Sofia und co., wenn man ihr die richtigen Fragen stellt. Das soll einem zeigen, dass man auf dem korrekten Weg ist, hat hier aber leider auch nicht geholfen. Da die Stelle aber gegen Ende war kann ich es irgendwo noch als einen Difficulty Spike ansehen *g*![]()
Insgesamt fand ich schon, dass es gut funktioniert hat - zumindest besser, als bei Her Story oder gerade Doctor Dekker, was auch immer das für ein Maßstab ist
4. Mit Sofia palavert man nicht umsonst
Nun könnte man auf die Idee kommen, einfach jeder Persönlichkeit von Sofia die gleichen Fragen zu stellen und zu schauen, wo man weiterkommt. Theoretisch eine Idee, praktisch will die Staatsgewalt nicht ewig für die fünf Mädels im Körper einer einzigen blechen und so hat man 7 Tage Zeit. Jede Frage verbraucht dabei etwas Zeit, man kann keine Fragen doppelt stellen und Sofias Persönlichkeit zu wechseln kostet keine Zeit.
Bevor Leute direkt abschalten: Das Zeitlimit ist nicht so hart, wie es sich anhört. Tatsächlich bekommt man pro Persönlichkeit zwei Schlüsselwörter im Spielverlauf, die man bei einem NG+ nutzen kann: Eines, was den Flowchart wiederherstellt (das bekommt man sehr früh) und ein weiteres, was alle bereits gelösten Fragen der Persönlichkeit abcheckt. Das heißt, man muss innerhalb der Tage es prinzipiell nur schaffen, an diese zu kommen und man kann seinen Fortschritt wiederherstellen.
Bis man diese speziellen Schlüsselwörter hat sorgt es aber durchaus dafür, dass man sich gut überlegt, welche Fragen man stellen sollte, damit man keine Zeit verschwendet. Daher erfüllt das System meiner Meinung nach seinen Zweck und wurde auf ne Art eingebaut, wie sie nicht nach hinten hinaus eher lästig werden könnte. Denn die Alternative in diesem System wäre, dass man sich durch sämtliche Fragen noch mal durchwühlen muss - was definitiv kein geiles Erlebnis wäre.
5. Wie gut behandelt das Spiel seine Themen?
Bei dissoziativer Persönlichkeitsstörung ist das eine schwere Frage, wie praktisch immer, wenn man über mentale Störungen spricht, die in der Popkultur beliebt sind. Ich würde sagen, dass es als Vehikel genutzt wurde um die Geschichte zu erzählen, die erzählt werden wollte. Es eignet sich auch wunderbar für das Spielkonzept mit den Schlüsselworten, weil es diese Trigger sind, die die Persönlichkeitswechsel auslösen.
Was nicht heißt, dass es komplett an den Haaren herbeigezogen ist. Ich habe mich dazu im Anschluss auch noch ein wenig über dissoziative Persönlichkeitsstörungen belesen, beispielsweise hier. Bin aber (offensichtlich) kein Experte.![]()
Dass Traumata ein Auslöser für die Dissoziation sein können ist wenig umstritten. Genau, wie dass es Triggerwörter (bzw. eher Assoziationen an das Trauma) gibt. Amnesie ist ein typisches Symptom und die Persönlichkeiten können tatsächlich wild verschieden sein. Es gibt die Therapieversuche der Vereinigung der Persönlichkeiten oder der Koexistenz.
Gerade letzteres finde ich auch superspannend, weil ich im Spiel schon das Gefühl hatte, dass auf sowas hingezielt wurde. Die verschiedenen Persönlichkeiten haben bereits probiert, Sofia zu schützen. Habe auch das "Koexistenz"-Ending bekommen, was mir aus diesem Standpunkt her passend erschien.
Auf jeden Fall spannender Stoff um da ein wenig nachzulesen und ich mags immer total, wenn mich Stories dazu bringen, mal ein wenig nachzuforschen.
6. Sofia hat nicht nur Dissoziation, sondern auch narrative Dissonanz
Wo ich etwas mehr Bedenken habe ist der Grundplot um den Mord an dem Präsidentschaftskandidaten. Erstmal bin ich nicht sicher, wieso es so high Stakes sein musste, weil das meiner Meinung nach mehr Fragen aufwirft als nötig. Sollte man nicht direkt politische Motive erwarten und die Befragung in die Richtung lenken?Sabotage durchs Ausland? Man stelle sich nur mal vor, jemand hätte beispielsweise Trump oder Harris vor der Wahl umgebracht. Ich glaube die, die den Mörder verhören, hätten da schon ne ziemliche Menge an Stress und Druck.
Nicht nur, dass Sofia auffällig schonend behandelt wird, sondern man ihr sogar die Chance lässt, dass nur eine ihrer Persönlichkeiten draufgeht. Zusätzlich bekommt sie ja auch noch Geschenke und man liest ihr anscheinend die Wünsche von den Lippen ab. Das untergräbt das Szenario meiner Meinung nach durchaus und riecht n bisschen danach, dass man hier den Waifu-Faktor noch mal hervorheben wollte.
Als minderndes Argument kann man hier anbringen, dass Sofia bereits von anderen verhört wurde, die eventuell genau in diese Richtung gefragt haben und nicht weiterkamen. Man könnte auch argumentieren, dass man hier so hoch gepokert hat, um einen Kontrast mit einer letzendlich sehr persönlichen Story zu erzeugen. Das erklärt die Situation teilweise, reicht für mich aber nicht aus, um die grundsätzliche Diskrepanz aufzulösen. Vor allem ist es bei dem Ending, was ich bekommen habe die Frage, wie sich Sofia eigentlich noch in der Öffentlichkeit blicken lassen kann? Es ist ja *bewiesen*, dass eine ihrer Persönlichkeiten das Attentat verübt hat. Als würde da keine Lynchjustiz geschehen.Auch ist von der Struktur des Spiels so, dass man am Anfang halt nur Sofias Hintergründe erfährt, der Mord rückt in die zweite Hälfte. Das lässt ihn noch mal irrelevanter erscheinen. Auch wenn der Kritikpunkt eher von mir persönlich ist, aber dafür, dass man es so weit aufschiebt, fehlt dann auch ein richtiger Schock-Moment. Die Story hat total Sinn ergeben, wie sie präsentiert wurde, aber war dann halt auch eher ein "Ja, ok, ergibt Sinn." von mir. Ich denke, das ist in dem Sinne verschmerzbar, weil der Kern vom Spiel nun mal Sofia ist, und bei der kurzen Spielzeit man nicht unbedingt noch mehr hat rausholen können. Aber vielleicht wäre das gerade der Grund gewesen, das Szenario etwas runterzufahren, damit hier keine überhöhten Erwartungen aufkommen?
Den Spieltitel wiederum fand ich gegen Ende ganz gut gewählt. Sollte man eine falsche Persönlichkeit hinrichten, bekommt man als Ending Screen (beispielsweise) "Isabella in Exchange for Lies". Das impliziert, dass die Persönlichkeiten sich selber opfern, um Sofia zu beschützen. Die Persönlichkeiten laden alle von Sofias Traumata auf sich, sie tun alles, Sofia zu schützen. Im Tausch für ihre Lügen geben sie ihr Leben um Sofias zu erhalten. Denn Sofia ist die wahre Mörderin.
Es ist - losgelöst von dem Präsidentschaftskandidaten - letztendlich eine tragische Geschichte und die moralische Wertung der Ereignisse hängt vom eigenen Blickwinkel ab.
Fazit:
Ich würde sagen, das größte Problem sind die high Stakes eines Mordes an einem Präsidialkandidaten in Kombination mit der siebentägigen Therapiesitzung einer Waifu mit gespaltener Persönlichkeit. Das passt für mich einfach nicht richtig zusammen. Wenn man das schlucken kann, ist Sofia ein gutes, von einem einzigen Charakter getriebenes Adventure mit einer durchaus tragischen Geschichte. Man muss nicht nur rausfinden, wer der Mörder ist, sondern auch, was überhaupt bei Sofia die Dissoziation hervorgerufen hat und schließlich entscheiden, was mit ihr passieren soll.
Das Gameplay hat insgesamt gut funktioniert. Obwohl es aus dem Japanischen übersetzt wurde kam es nur selten vor, dass ich das richtige Schlüsselwort nicht gefunden habe. Das Spiel unterstützt einen auch mit einem Flowchart für jede Persönlichkeit sowie einem Archiv, wo man noch mal das wichtigste nachlesen kann. Daher ist es für mich das Spiel dieser Art, was ich am besten spielbar fand (kenne sonst nur Doctor Dekker und Her Story).
Das Spiel würde ich durchaus empfehlen wenn man mit dem Konzept was anfangen kann - man sollte aber auch nicht mit den höchsten Erwartungen rangehen. Es ist in erster Linie ein Charakterdrama und dann ein Murder Mystery und definitiv kein Polit-Thriller, auch wenn der Klappentext genau das Gegenteil suggerieren könnte.

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), wird der Psychologe Philip auf den Fall angesetzt. Vorher sind schon viele andere an Sofia gescheitert.
). Wie sie sich nun so schnell immer wieder umstylen kann wollen wir hier mal lieber nicht hinterfragen *g*









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