Secret of Evermore - Fetchquests und Omnitopia
Gothica ist von Robo-Camellia befreit. Leider hat Syl weder einen Weg zurück nach Podunk gefunden, noch ist Doktor Ruffleberg auffindbar. Tinker Tinderbox (dt.: Gallenstein) vermutet, dass sich dieser auf der großen Raumstation aufhalte, die über den Kontinenten Evermores schwebt. Um eine Rakete zu entwickeln brauchen wir daher ein paar Teile, welche sich wundersamerweise in Prehistoria und Antiqua befinden. Um diese zu finden bekommen wir eine Flugmaschine von ihm und das ist der Zeitpunkt, in dem sich SoE öffnet... theoretisch. Endlich ist es Zeit, mal wieder die guten alten Bekannten zu sehen... zumindest ganz kurz. Ja, prinzipiell ist man an diesem Zeitpunkt schon so gut wie durchs Spiel durch, würde die restliche Spielzeit auf 2-3 Stunden schätzen. Immerhin ist die Flugmusik sehr schön - wobei ich nicht komplett weiß, wieso so eine ominöse Musik hier nötig ist^^
SoE hat auf mich immer einen sehr kurzen Eindruck gemacht und laut HowLongToBeat ist es etwa sieben Stunden kürzer als SoM. Dieses Fetchquest vor dem Finale macht definitiv den Eindruck, als wäre hier mal mehr geplant gewesen. Technisch ist es eine gute Idee, einen noch mal in die alten Gebiete zurückzuschicken, weil man die Charaktere sonst nicht mehr wirklich wiedersieht. Aber effektiv passiert hier fast nichts. Man fliegt mit dem "mechanischen Vogel" von Gallenstein nach Prehistoria und erfährt, dass Alter Bär (oder so) mal wieder in dem Dinosaurierfriedhof ist. Man geht den gleichen Weg zurück wie am Anfang, die Gegner sind sogar identisch, und wird dann am Ende mit einer neuen Version von Thraxx konfrontiert, welche sogar simpler als der erste Kampf ist. Lustigerweise hab ich ihn mit dem Säureregen vergiftet, was eine sehr schlechte Idee war – immer, wenn er Schaden bekommt, macht er einen Schrei, der einen zurückstoßt – auch bei Zaubern, die Schaden über Zeit machen *g*
Danach geht man zum Vulkan, sucht wieder die richtige Dampfplatte und landet überraschwenderweise vor einem Gefäß, in dem das Bauteil ist (wieso?^^). Nun fliegt man nach Antiqua, erfährt in Nobilia, dass Tiny (dt.: Erwin...) wohl Stunk macht und begibt sich zur Pyramide. Am Fuße derer macht man einen Mini Dungeon, der wenig anspruchsvoll ist, besiegt Tiny indem man die richtige Teleporterreihenfolge findet und macht sich wieder auf den Rückweg. Und das wars schon, mehr gibt es nicht im alten Evermore zu sehen. Hier wurde die Gelegenheit verpasst, einem die alten Gebiete noch mal ans Herz wachsen zu lassen, stattdessen sind es eher sehr kurze, irgendwie auch unpassende und sich leer anfühlende Fetchquests.
Hat man alles erledigt baut Gallenstein seine Rakete (hot damn, was der im Mittelalter drauf hat!) und es geht ab in die kürzeste Welt im Spiel, Omnitopia (dt.: Assitopia
). Insgesamt gefällt mir diese Welt auch von allen am wenigsten. Aber erstmal zum Positiven: man hat einen fetten Toasterhund, und eigentlich ists ab jetzt total egal, welche Waffe der Junge angerüstet hat, denn ich spiele eh nur noch mit dem Hund. Weil das Waffenlevel vom Hund über die Zeitepochen gleich bleibt kann man seinen Angriff auch direkt maximal aufladen und ballert im Prinzip alles weg. Die Musik klingt sehr elektronisch, was natürlich zur Welt passt. Die Welt ist im Prinzip in zwei Ebenen aufgeteilt: auf der oberen sind die Verbindungsstege der verschiedenen Nutzungsräume, welche sich auf der unteren befinden. Der Fortschritt ist jetzt sehr gleichartig: man öffnet auf der oberen Ebene mit Dggy die Schleusen, indem man die Selbstschussanlagen darauf zerstört, und muss nebenbei aufpassen, dass Syl nicht wie ein Volltrottel (^_O) von irgendwelchen Gegnern gemeuchelt wird – denn wenn der Junge stirbt ist Game Over.
In Omnitopia gibt es auch keine wirlichen NPCs. Ein paar Maschinen, aber kaum interessante Dialoge, außer die mit Professor Ruffleberg. Interessantes Detail ist, dass die Credits weniger wert sind als alle anderen Währungen – was sinnvoll scheint, immerhin zahlen wir heute auch in der Regel mit einer höheren Anzahl an (digitalen) Münzen als es sicherlich im Mittelalter oder der Antike der Fall war. Auf jeden Fall bekommt man nun sehr rasant immer neue Ausrüstung (ich würde tippen, dass Omnitopia etwa 1-2 Stunden Spielzeit hat), weil es wieder drei Rüstungssets und drei Waffen gibt. Nicht ganz sicher, wieso das System für ein so kurzes Gebiet beibehalten wurde, aber lässt vermuten, dass hier eigentlich noch mehr geplant war. Es gibt ein kleines Schalterrätsel, bei welchem einem die Lösung aber eigentlich verraten wird und das Gewächshaus, wo man Resident Evil – Style von Killerpflanzen gefressen wird, sollte man es wagen, das Licht anzulassen.
Dann trifft man auf Professor Ruffleberg, der bestätigt, dass Carltron ein wenig durchgeknallt ist und die Welten von Evermore mit Hilfe von Roboterversionen der eigentlichen Herrscher kontrollieren möchte. Weil ganz Evermore aus Fantasiewelten der Versuchsteilnehmer besteht sind diese Roboter diesen äußerlich nachempfunden (so nebenbei: hat Professor Ruffleberg mit Omnitopia seinen Wunsch nach einer menschenleeren Welt erfüllt, oder was soll das hier?
) Um Carltron aufzuhalten brauchen wir noch eine Energiequelle, welche – was für ein Zufall – genau das Ding ist, was einem auf dem Weg in den Düsterwald unterhalb des Schachbretts aufgefallen ist. Man macht also noch einen kurzen Ausflug nach Gothica und dann geht es ab in den Endkampf mit Carltron.
Und was für ein Endkampf das ist. Der Kampf hat mehrere Phasen, ich steuere hier in der Regel den Toasterhund, weil der so viel Schaden macht. Am Anfang muss man Ventilatoren zerstören, danach kommt dann ein Gauntlet an verschiedenen Gegnern (Raptoren, der Echsenboss aus Prehistoria, Klon von Syl). Die letzte Phase ist dann gegen Carltrons Roboter, der mit seiner Raketengatling permanent feuert. Vereinfacht wird das durch mehrere Sachen. Einmal bekommt man vor dem Kampf von Ruffleberg einen Zauber, durch den Angriffe schnell auf die höchste Stufe aufgeladen werden (das macht den Toasterhund zu nem richtigen Killer). Man kann einen Schutzzauber finden, den ich aber verpasst habe. Und man hat auch einen Heilzauber, der einen komplett heilt. Im Prinzip ist der Endkampf sowas wie eine Materialschlacht, bei der man nur aufpassen muss, dass der Junge nicht zu schnell umgebracht wird (die Gegner machen auch immensen Schaden). Es ist sicherlich der schwerste Kampf im Spiel und für einen Endboss episch genug.
Und damit sind wir am Ende von SoE angekommen. Die Bewohner Großostheims müssen Evermore verlassen, weil die Welt zu explodieren droht (irgendeine Anomalie oder sowas, weil die da nicht hingehören... obwohl die Welt ja nur eine Fantasiewelt ist... whatever). Am Ende sind alle wieder in der normalen Welt, wobei die Musik weiterhin sehr ominös ist - Großostheim ist schon ein gefährlicher Ort! Und hey, was für ein Zufall, dass nun Secret of Evermore im Kino läuft... warte, sind wir im richtigen Großostheim?!
Man sieht Carltron wie beim Ending eines Horrorfilms noch verschmitzt lachen und schließlich
"The End?" my ass. Denn SoE hat niemals einen weiteren Teil bekommen. Wie anfänglich erwähnt, hat Nintendo das Spiel weder damals nach Japan gebracht noch sich heute die Mühe gemacht, es für ihre Virtual Consoles zu bringen. Die einzige realistische Möglichkeit es heutzutage zu spielen ist per Emulation. Und das ist schade. Wenn man bedenkt, dass das Spiel von einem neuen Team innerhalb von Square entwickelt wurde, und sie auch die meisten Tools selber gebaut haben, ist es für mich schon sehr beeindruckend, dass das Spiel überhaupt so gut geworden ist.
Tatsächlich war ich selber etwas überrascht, wie viel Spaß mir SoE beim erneuten Spielen wieder gemacht hat, nachdem meine Reaktion zu Secret of Mana ja eher lauwarm war. Es ist ein gutes J-RPG - vielleicht keines der besten für den SNES, aber zumindest eines der interessantesten. Man merkt leider, dass sie sich über die Story und Charaktere nur wenig Gedanken gemacht haben und gegen Ende einfach noch *etwas mehr* gefehlt hat. Dass das Spiel praktisch keine Sidequests hat ist auch sehr schade – es gibt auch keinen Grund, die alten Gebiete noch mal zu besuchen, sobald man fliegen kann (übrigens sehr ähnlich zu SD1-3, welche auch kaum optionalen Content hatten). Gegen Ende werden die Zauber auch zu mächtig und im letzten Level kann man praktisch alles mit dem Toasterhund cheesen. Es gibt auch einige Bugs, die teilweise so gravierend sind, dass man neu laden muss. Falls man in SD2+3 den Mehrspielermodus genutzt hat, dann wird der einem bei SoE sicherlich fehlen - das Team hat es ja sogar selber bereut, dass sie sich nicht zugetraut haben, ein Spiel für mehrere Spieler zu gestalten und lieber auf Nummer sicher gegangen sind.
Dafür ist die Atmosphäre erstklassig, besonders der ersten drei Gebiete. Prehistoria ist lebensfeindlich, die Musik besteht größtenteils aus Urwaldgeräuschen und Buschtrommeln. Antiqua ist eine gelungene Mischung aus Römern, Griechen und Ägyptern mit einem exzellent passenden Soundtrack, während Gothica eine dreckige Mittelalterwelt (also kein High Fantasy) widerspiegelt, inklusie einer Freakshow. Prinzipiell basiert viel im Spiel darauf, Elemente aus (älteren) Filmen in ein RPG zu verpacken. Die Sprüche vom Jungen parodieren Filmklassiker, er hat die Reaktionen eines B-Movie Action Heroes und die verschiedenen Zeitepochen und Charaktere sind auch sehr an cineastische Klischees angelehnt.
Bei der Musik muss noch mal der gelungene OST von Jeremy Soule hervorgehoben werden. Tatsächlich kam mir die Idee, SoE noch mal zu spielen, weil ich zufällig auf Youtube nach Anhören des SoM OSTs auf den Song, der im Hundelabyrinth gespielt wird, gestolpert bin. Bei mir ist es so, dass mich das Anhören mancher Soundtracks so richtig heiß auf ein Game machen kann – und bei SoE war das der Fall. Das Spezielle an diesem OST – und für J-RPGs höchst ungewöhnlich – sind die vielen Tracks, die nur aus Umgebungsgeräuschen bestehen. Tatsächlich trägt dies enorm zur Atmosphäre bei und hebt diese Gebiete hervor. Und die musikalische Untermalung ist an sich auch kein Standard bei J-RPGs. Man merkt, dass hier jemand einen Soundtrack komponiert hat, der zwar angelehnt an diese war, aber doch etwas ganz eigenes kreiiert hat. Auch die Größe des OSTs mit 72 Stücken kann sich durchaus sehen lassen.
Am Anfang hatte ich gesagt, dass ich einige Aspekte von SoE sogar besser als SD2+3 finde, und nachdem ich letzteres jetzt auch sehr weit gespielt habe, will ich das noch mal untermauern. Insbesondere hat SoE das beste Kampfsystem von den drei Teilen. Es spielt sich flüssig, Zauber nehmen keine brechend lange Zeit ein und IMO funktioniert das Hit & Run System aus SD2 hier wirklich gut. Über das Kampfsystem von SD3 werde ich mich vielleicht später noch mal einzeln auslassen (hint: ich mag es weniger als das von SD2). Obwohl die verschiedenen Zeitepochen recht klischeehaft sind, so war es zu der Zeit dennoch frisch und vor allem bei weitem interessanter als die doch eher generischen Gebiete, die man in SD2+3 erkundet (wobei SD2 zumindest noch den "Märchen-Bonus" hat). Das Spiel strotzt an vielen Stellen nur so vor Details: die verschiedenen Währungen, viele optionale Zauber, Marktminispiele, Verhalten vom Hund, das gesamte Alchemiesystem oder kleine Sachen wie die Art, wie man die Wüste durchquert. Die beiden größeren Städte, Nobilia und Ivor Tower, fühlen sich gut durchdacht und lebendig an, im Gegensatz zu vielen J-RPG Städten der SNES Zeit. Dafür hat SoE auch nur wenige Städte – gleiches gilt für die Dungeons. Jeder davon hat einen kleinen Kniff, und obwohl ich besonders die in Gothica teilweise nervig fand, sind sie dennoch besser als das meiste, was SD2+3 liefern.
Es wäre schön, wenn in dem momentanen Revival der Mana-Franchise jemand bei Nintendo auch mal einen Gedanken an dieses Spiel verschwenden würde.