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Baum-Darstellung

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  1. #11
    Die Nacht ist bald vorbei und der schreckliche Traum zu Ende. Vielleicht ein guter Zeitpunkt, um die grundlegende Philosophie der Geschichten von FromSoft anzusprechen. Hidetaka Miyazaki, der Produzent von den Soulsborne Spielen, hatte als Schüler gerne englische Fantasy Novels gelesen, obwohl seine Englischkenntnisse nicht extrem gut waren. Dadurch musste er an vielen Stellen spekulieren, wovon die Geschichten eigentlich handeln und Verständnislücken mit der eigenen Fantasie füllen. Dies ist der Mythos hinter der grundlegenden Idee, wie die Geschichten dieser Spiele strukturiert sind.




    Bloodborne - Yharnam Paleblood Guide

    Wir haben Mergo zum Schweigen gebracht und das Ritual von Mensis beendet. Umgeben von Gräbern alter Jäger sitzt Gehrman an einem großen Baum. Er sagt, dass er uns nun von dem Albtraum erlösen werde, die Nacht endlich ein Ende habe. Zumindest für uns. Hier spaltet sich das Spiel in seine drei Enden, die wir nacheinander besprechen.



    Stimmt man Gehrman zu, so wird er einen mit seiner Sense hinrichten. Wir erwachen in Yharnam und sehen die Sonne aufgehen – die Nacht der Jagd ist vorbei, das Hunter's Mark ist weg und wir wurden vom Traum erlöst, so wie viele Jäger vor uns, darunter auch Djura und Eileen. Für Gehrman endet die Nacht jedoch nie, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis der nächste Jäger für den Traum gefunden wurde. Die Puppe steht an unserem Grabstein und sagt noch ein letztes Mal die Worte, die sie so oft an uns gerichtet hat „Farewell, good hunter. May you find your worth in the waking world.



    Lehnt man Gehrmans Angebot ab so steht er aus seinem Rollstuhl auf, er hält uns für verrückt. Vor Beginn des Kampfes sagt er die ikonischen Worte „Tonight, Gehrman joins the hunt...“. Der Kampf gegen ihn ist recht simpel, aber er ist einer der besseren Hunter Kämpfe. Er hat mehrere Phasen und benutzt später Magie. Durch sein Teleportieren kann der Kampf recht hektisch sein. Mit unserem hohen Level ist er keine Herausforderung. Durch Gehrmans Tod wird er endlich von seinem Albtraum erlöst – anscheinend hat das bisher kein anderer Hunter vollbracht.



    Hat man keine drei Nabelschnüre gefuttert, so steigt die Moon Presence herab und bindet uns an sich. Wir nehmen nun Gehrmans Platz im Traum ein, als neues Adoptivkind der Moon Presence. Dies ist das Honoring Wishes Ending. Wir warten nun im Hunter's Dream auf den nächsten Jäger, der die Aufgaben der Moon Presence erledigen soll. Die Puppe schiebt unseren Rollstuhl und sagt „And so, the hunt begins again.



    Hat man drei Cords of the Eye in sich aufgenommen, so kann die Moon Presence einen nicht mehr an sich binden – man ist zu dicht dran selber zu einer höheren Lebensform aufzusteigen (Master Willem hat eine Nabelschnur benutzt, um die Evolution voranzubringen - siehe zum Beispiel Rom; wir haben gleich drei verwendet). Der Kampf gegen sie ist ebenfalls recht einfach und viele finden das Gespann Gehrman – Moon Presence zu schwach. Die Moon Presence sieht zumindest nicht sehr robust aus, vielleicht hat sie selber wirklich wenig Kraft und muss daher andere die Arbeit erledigen lassen. Es wäre wohl gut gewesen, hätte man einen nicht einzeln gegen die Bosse kämpfen lassen, sondern daraus einen Zweiphasen-Kampf gemacht. Nach dem Sieg erhalten wir die „Nightmare Slain“-Nachricht – also war die Moon Presence wirklich der Erschaffer des Albtraums. Wir selber werden zu einem schleimigen, infantilen Großen Alten. Dies ist das Childhood's Beginning Ending. Die Puppe begrüßt einen belustigt mit den Worten „Are you cold? … Oh, good hunter.“.



    Die offensichtlichste Interpretation der Enden ist der FromSoft-Zyklus: egal, welches Ending man bekommt, der Albtraum endet nicht. Im ersten bleibt Gehrman weiter dort, im zweiten werden wir an die Moon Presence gebunden, und im dritten sind wir selber der neue Große Alte, der über den Albtraum herrscht. Das impliziert, dass auch die Jagd nicht enden wird – und sich vielleicht in einer anderen Stadt wiederholt. Zumindest das dritte Ending, Childhood's Beginning, wird damit meiner Meinung nach nicht gut erklärt. Immerhin könnten wir ganz anders werden als die Moon Presence. Es ist aber zumindest erwähnenswert, weil sich ja im alten Loran auch eine Bestienseuche abgespielt hat. Es wird auch spekuliert, dass Queen Yharnams Baby verwendet wurde, um einen Großen Alten anzulocken - vielleicht erschien also auch über Loran der Blutmond? Dies hinterlässt die Frage, ob wir wirklich der erste sind, der die Moon Presence erlegt, oder es schon andere vor uns gab - und diese einfach zu einer neuen Moon Presence werden. Diese Interpretation fußt aber auch auf der Annahme, dass wir von der Spezies so ein Wesen werden wie sie, mit ähnlichen Absichten.

    Aber welche sind das eigentlich?



    Über die Ziele der Moon Presence gibt es höchstens Spekulationen. Sie wollte Mergo zum Schweigen bringen. Die geläufigste Interpretation ist, dass die Moon Presence feindlich gegenüber anderen Großen Alten ist, und deren Kinder umbringen will (manche bringen das auch mit der Tatsache in Verbindung, dass jeder Große Alte ein Kind verliert). Vielleicht hat man ihr damals Queen Yharnams Baby versprochen, aber der Deal ist geplatzt, weil Mergo eine Totgeburt war? Das erste Mal trifft man die Königin ja auch weinend unter dem Blutmond, den Mensis nun näherbringen will. Will die Moon Presence hier einfach Rache üben und Mensis Plan durchkreuzen, weil sie selber Mergo nicht kriegen konnte? Vielleicht kann man über die Interessen von Großen Alten, Wesen, die weit jenseits unserer Vorstellungskraft agieren, auch nur spekulieren. Wie über so vieles in Bloodborne.



    Eine ganz andere Interpretation ist, dass es sich bei der Moon Presence um den Großen Alten Kos handelt. Wir wissen ja, dass Lebewesen in Albträumen existieren können, selbst, wenn sie in der realen Welt tot sind. Hier muss man sich ein wenig weiter aus dem Fenster lehnen und ich finde nicht, dass das Spiel die Interpretation stark unterstützt. Weiter unten ist ein Link zu einer detailierteren Beschreibung der Theorie.

    Eine Vermutung ist, dass die Moon Presence selber Paleblood ist. Dafür gibt es Indizien im Spiel, beispielsweise die Nachrichten „The nameless moon presence beckoned by Laurence and his associates. Paleblood. “, „Behold! A paleblood sky!“ und auch die Erwähnung von dem „pale moon“ bei der Beschreibung der Nabelschnur, die man im alten Workshop findet. Also wird der Begriff „pale(blood)“ häufig mit dem Mond in Verbindung gebracht.



    Paleblood hat auch viel mit dem Spielercharakter zu tun. Denn es wird am Anfang klargemacht, dass wir nach Yharnam gekommen sind, um Paleblood zu suchen – der Blood Minister antwortet auf unsere Nachfrage. Vermutlich war auch die Nachricht „Seek paleblood to transcend the hunt.“ von uns selber, für den Fall, dass wir die Erinnerungen nach der Transfusion verlieren (was wir tun). Wieso wir gerade nach Paleblood suchen, ist nicht klar. Das Opening zeigt zumindest, dass die kleinen Messenger auf uns reagieren, und die Puppe sagt „Ah, you've found yourself a hunter“. Vielleicht gehören wir zu den speziellen Jägern, die man an den Hunter's Dream binden kann. Bringt uns unsere Suche nach Paleblood also letztendlich zu der Konfrontation mit der Moon Presence und dem Aufstieg zu einem Großen Alten?



    Hat man das Yharnam Sunrise Ending erhalten und startet ein New Game Plus, so kann man die Puppe an einem Grabstein auffinden. Sie sagt „This grave stands in memory of a hunter I once knew. Though enchanted by the dream he (she) remained strong, and eventually saw the light of dawn. … I pray that you've found meaning, and comfort, in the waking world.“.



    Dies könnte bedeuten, dass sich die Ereignisse in Yharnam für uns immer wiederholen – wir werden von Gehrman befreit, aber lassen uns dennoch wieder Yharnam Blood reinpumpen und kehren zum Hunter's Dream zurück. Vielleicht kommt daher auch die Notiz über Paleblood – wir wollen uns selber erinnern, dass wir es finden müssen, um hier rauszukommen? Quasi Memento-mäßig, durch die Transfusion verlieren wir ja unsere Erinnerungen. Passt auch gut ins FromSoft-Portfolio, denn neben Zyklen sind Zeitschleifen ein beliebtes Element ihrer Stories. Schließlich beendet man die Schleife, indem man auf die Moon Presence (Paleblood) trifft – und entweder ihr neues Spielzeug wird, oder sie umbringt. Übrigens ignoriere ich hier das NG+, was man erhält, wenn man eins der anderen beiden Enden bekommt, weil dort keine Kontinuität suggeriert wird.



    Mein persönlicher Favorit für die Erklärung des Begriffes Paleblood und der Enden ist wie folgt. Es gibt noch jemanden, der wie Gehrman und der Hunter durch die Moon Presence an den Hunter's Dream gebunden zu sein scheint. Vielleicht hat man bemerkt, dass alle drei Enden mit der Puppe abschließen. Sie ist auch die erste "Person" nach dem Blood Minister, die zu Beginn des Spiels Worte an uns richtet. Wie die Puppe während des Abteneuers mit uns spricht zeigt, dass sie sich sehr um uns sorgt. Sie nutzt die Blood Echoes, um uns immer stärker zu machen ("I will be here for you, to embolden your sickly spirit."). Im Childhood's Beginning Ending hält sie uns wie ein Baby in ihren Armen. Große Alte verlieren ihre Kinder und suchen nach einem Ersatz.

    Greift man sie an, so sieht man übrigens, dass sie als einzige Kreatur im Spiel weißes Blut hat.






    Damit sind wir am Ende der Berichte zu Bloodborne. Als ich damit angefangen hatte, hatte ich nicht erwartet, dass es mehr als einen Monat dauern würde - oder ich das überhaupt durchhalte^^
    Das Schreiben hat Spaß gemacht und ich hoffe, dass der ein oder andere auch was rausgekriegt und vielleicht etwas mehr (oder weniger?^^) Verständnis für die Geschichte von Bloodborne hat.

    Bloodborne kam 2015 raus und noch immer werden Theorien aufgestellt. Ein Teil der Faszination ist sicherlich, dass viel Raum für Spekulationen da ist - noch mehr als in anderen FromSoft Spielen. Aber man dennoch viel Substanz hat, die man nutzen kann. Und wenn man sich mit verschiedensten Theorien beschäftigt, hat man wirklich das Gefühl, kurz davor zu sein, die Wahrheit zu erkennen, aber sie bleibt manchmal ungreifbar. Manche Interpretationen klingen so, als wären sie von Verrückten geschrieben worden, für die diese seltsamen Sachen wirklich Sinn ergeben – das Gefühl hatte auch ich stellenweise beim Schreiben. In dem Sinne kommt das Spiel wohl auch an den kosmischen Horror näher ran, als es selbst direkte Umsetzungen von Lovecrafts Werken schaffen. Die unglaubliche Ästhetik von Bloodborne und die aufgebaute Atmosphäre unterstreichen das alles nur noch. Selbst, wenn man nichts von der Story mitkriegt, wird man diese nicht ignorieren können.

    Ich finde nicht alles am Spiel toll. Es ist immer noch ein sicheres Produkt für FromSoft gewesen, welches einfach sehr viel von Souls erbt. Gerade die RPG-Aspekte des Spiels sind schlecht ausgefleischt und es ist gut, dass Sekiro einige davon losgeworden ist. Zusätzlich hat Bloodborne zwar einige großartig aussehende Bosse, aber gerade die großen Bestien kämpfen zu ähnlich (man kann ja die meiste Zeit sowieso kaum sehen, was die tun *g*) und die Schwierigkeitskurve ist irgendwie seltsam. Wenn man Father Gascoigne am Anfang schafft, sollte eigentlich wenig im Spiel zu viele Schwierigkeiten machen (Chalice Dungeons mal ausgenommen).

    Dass ich das Spiel aber großartig finde, muss ich wohl nicht mehr erwähnen – wieso sollte ich sonst so viel dazu schreiben? Das würde ja nur ein Bekloppter tun ^_O

    Vielen Dank fürs Lesen!







    So, zum Abschluss noch eine kleine Sammlung von Sachen, die ich teilweise verwendet habe. Vielleicht zum Weiterlesen interessant:

    VaatiVidya erwähne ich nur aus Prinzip. Jeder, der sich irgendwie für die Lore von FromSoft Spielen interessiert, kennt den Namen. Als Einstieg immer gut, vor allem, weil er Videos macht und man nicht so viel lesen muss

    Als größte Quelle muss man natürlich das Bloodborne Subreddit und Bloodborne Wiki angeben. Dort findet man sehr viele Informationen und interessante Theorien zu dem Spiel. Auf der Wiki gibts auch Leute, die Bloodborne unbedingt mit den Souls Spielen in Verbindung bringen wollen. Ob das sinnvoll ist? Ich halte die Spiele lieber getrennt.

    Redgraves The Paleblood Hunt ist ein 107-seitiges Werk (ja, wenn man schon dachte, ich würde viel schreiben ), welches sehr viele der gängigen Theorien zusammenfasst, ergänzt und eine eigene Geschichte daraus dreht. Gut geschrieben. Er geht auch relativ stark auf die Vermin ein, welche ich gar nicht erwähnt habe (auch aus Platzgründen). Sind aber auch Überinterpretationen drin, bei so einem langen Text wohl unvermeidbar.

    Falls man Interesse an der Theorie hat, dass die Moon Presence in Wahrheit Kos ist, so hat zephid7 ein 42-seitiges Dokument dazu erstellt. Interessant, weil viele verschiedene Betrachtungswinkel verwendet werden. Für mich größtenteils zu spekulativ und es werden viele Dinge herangezogen, die sich nicht im Spiel wiederfinden. Nebenbei ist für ihn die Puppe nur eine von der Moon Presence kontrollierte Entität, was meiner favorisierten Interpretation mal total widerspricht

    Shadowfangs99 hat sich hingesetzt und versucht, eine Timeline des Spiels zu erstellen. Zur Übersicht, wie die meisten Ereignisse zusammenhängen, sehr nützlich. Enthält aber auch ein paar Sachen, an die ich nicht glaube.

    Schließlich, was mir damals die Details und Geschichte der FromSoft Games nähergebracht hat, war der Bloodborne Playthrough von EpicNameBro. Er beleuchtet dort viele kleinere Details, aber erzählt nicht wirklich die große Geschichte.
    Geändert von Sylverthas (30.05.2019 um 13:16 Uhr)

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