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Hybrid-Darstellung

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  1. #1
    Zitat Zitat von Narcissu Beitrag anzeigen
    Die Kiseki-Spiele sind zu Beginn bewusst nicht temporeich. Das ist kein Designfehler, sondern einfach eine Entscheidung der Entwickler. Gerade im Westen scheint diese Art des Storytellings aber wohl nicht so gut anzukommen. Das sind wohl auch kulturelle Unterschiede. In Japan sind Low-Stake-Geschichten ohne dramatische Begebenheiten, wo es in erster Linie um das alltägliche Miteinander der Figuren geht, ganz normal. Ich persönlich genieße das auch sehr an den Spielen. Umso besser wirkt es dann, wenn es später tatsächlich dramatischer wird. Aber gerade Trails in the Sky, dass über vier Kapitel die „Hauptstory“ nur im Hintergrund vorantreibt und sich in erster Linie mit lokalen Dingen beschäftigt, habe ich aus diesem Grund sehr genossen. Es darf ruhig Frieden sein. Es muss nicht immer irgendein Charakter in einer Existenzkrise stecken oder Figuren links und rechts tot umkippen. Es muss nicht spannend sein.
    Ich habe nicht behauptet, dass es sich bei besagtem Aufbau um einen Design-Fehler handelt. Der Design-Fehler betrifft eher das Intro - z.B. Trails of Cold Steel, wo die Klasse 7 schon in der Garreliafestung steckt und den Einsatz der Eisenbahngeschütze zu verhindern sucht. Im Grunde wird dann alles davor als "Rückblende" wahrgenommen. Gleichzeitig ist aber der Abstecher in die Garreliafestung nicht der Höhepunkt des Spiels und auch gar nicht so signifikant für die Handlung. Klar sind die beiden Eisenbahngeschütze ein wichtiger Bestandteil der Handlung: Dienen sie doch als Abschreckung und Vernichtungswaffe zugleich, aber im großen und ganzen denkt man sich erst einmal: Was für ein Schlauch! Dass das Spiel dann mittendrin sofort fünf Gänge zurückschaltet und auch die erste Exkursion nach Celdic zwar in die Welt und Gesellschaft einführt, aber noch sehr "lokal" ist, macht es nicht besser.

    Meine Meinung ist: Dass ich das Spiel trotzdem richtig genossen habe und dass auch diese Geschichte um die Adeligen und dieser Provinztruppe sehr eindringlich und schön erzählt wurde. Von daher verstehe ich Deine Argumentation voll und ganz und kann sie auch zum Teil unterschreiben. Ich finde es immer besser, wenn ein Medium sich die Zeit nimmt, die Narration nachvollziehbar und gerne auch detailliert näher zu bringen. Das trägt nur zur Immersion und Identifikation mit Spielfiguren und der Spielwelt bei. Ein Spiel, welches das wirklich hervorragend umgesetzt hat, ist Final Fantasy IX. Hier gibt es auch so viele "ruhige" Momente - gleichzeitig ist jedoch immer die Spannung und ein entscheidender Konflikt im Nacken. Oder Kingdom Come Deliverance. Das ist unfassbar gut erzählt und beginnt mit einem entscheidenden Konflikt, dass das Dorf von Heinrich niedergebrannt wird und die Einwohner als Flüchtlinge in einer anderen Stadt als Bettler leben müssen usw.

    Dieses Konfliktpotenzial fehlt am Anfang in Cold Steel völlig. Die Garrelia-Szene versteht man noch nicht und danach heißt es die ersten zehn Stunden erst mal Sidequests abarbeiten. Allerdings ist bereits in Bareahard das Ganze deutlich besser gelöst, auch weil man die Streithanseln Jusis und Machias zusammen in einer Gruppe erleben kann. Und dann wird der persönliche Bezug zu den Orten mit den Spielfiguren hergestellt und PLÖTZLICH ist das Storytelling von Cold Steel gerettet.

    Daher: Ich finde es - so wie es ist - toll. Und wenn die ersten 10 Stunden durchgestanden sind (die mit weniger Dialog auch aus einem Tales-Of hätten stammen können), entfaltet das Storytelling wirklich sein wahres Potenzial. Leider wurde etwas am Dungeon-Design gespart und der letzte mit Trancemusik vollgepackte abstrakte Tales-Of-mäßige mit Alibirätseln und nicht mehr enden wollende Final Dungeon hat mir persönlich das Kraut ausgeschüttet - zusätzlich müssen da dann auch noch Mecha drin vorkommen. Das ist der Grund, warum ich es nur mit "gut" bewertet habe. Dennoch hat das hervorragende Storytelling und auch die - mittlerweile echt liebenswerten Charaktere - so reingehauen, dass ich dabei geblieben bin und es nun - wie ich es in Teil 2 sehe - nicht bereut habe. Ich finde es wirklich einen Genuss das zu spielen und Teil 2 entfaltet gleichzeitig Spannung als auch dass es sich die Zeit nimmt, immer noch alles sehr detailliert und nahegehend zu beleuchten. Daher wird mein Fazit für Teil 2 eine ganze Ecke besser ausfallen.

    Zitat Zitat
    Das ist, zumindest habe ich das Gefühl, etwas, das die meisten Spieler im Westen anders sehen. Das langsame Tempo der Spiele wird ja in der Regel als negativ aufgefasst und kontrastierend zu den Stärken des Spiels genannt im Sinne von „es lohnt sich trotzdem“. Nein, es lohnt sich gerade auch deshalb, denke ich mir da immer. Ich habe das als gewisse „Wohlfühl-Sphäre“ sehr gerne. In Anme und Manga, ja, auch in Literatur ist sowas gang und gebe. Gibt im Japanischen eine eigene Bezeichnung dafür: 癒し系 (iyashi-kei) – „beruhigende“, „entspannende“ oder „heilende“ Werke, deren Geschichten weitestgehend auf Konflikte verzichten, die hingabevoll die Schönheit der Welt in Szene setzen und die kleinen Dinge im Alltag zelebrieren. (Oft kommen auch starke Elemente von mono no aware dazu, aber das ist ein anderes Thema.) Das trifft natürlich auf die Trails-Spiele in diesem Ausmaß nicht zu (dafür gibt’s die Boku-no-Natsuyasumi-Spiele, mehr dazu hier und hier), aber der Schwerpunkt liegt definitiv bewusst nicht auf einer temporeichen Erzählweise, sondern einer langsamen, detaillierten, organischen Einführung in die Spielwelt und Charaktere.
    Naja, wie schon gesagt, ich bin auch für mehr Ruhe in den Erzählungen. Am besten ist es, wenn sich ein Spiel immer die Ruhe nimmt die es braucht, damit sich die Geschichte entfaltet. So geschehen u.a. auch in vielen West-Spielen wie Uncharted 4 oder auch Red Dead Redemption 2. Hier gibt es ebenfalls sehr viele - auch oft - beiläufige Dialoge, die aber hervorragend zum Spielgefühl beitragen.

    Dann gibt es hingegen Spiele, denen fehlt diese ruhige Erzählweise komplett. Am schlimmsten war wohl Final Fantasy XIII, aber auch XV und XII rusht durch und so richtig erzählte Momente sind sehr selten.

    Wie schon gesagt: Cool wäre es das richtige Maß zu finden. Und da darf es gerne - um auch wieder auf Deine Argumentation zurückzukommen - gerne etwas mehr sein. Reine Schulalltags-Simulatoren oder Visual Novels die nur auf World Building basieren wären mir jedoch - genau wie den meisten westlichen Spielern - wohl aber zu wenig.

    Aber wie schon gesagt Cold Steel mausert sich zu einem der besterzähltesten Rollenspiele. Es ist toll, so wie es ist - zumindest von der Story. Man hätte aber das uninspirierte Garrelia-Intro weglassen können.

  2. #2
    Zitat Zitat von Cuzco Beitrag anzeigen
    Daher: Ich finde es - so wie es ist - toll. Und wenn die ersten 10 Stunden durchgestanden sind (die mit weniger Dialog auch aus einem Tales-Of hätten stammen können), entfaltet das Storytelling wirklich sein wahres Potenzial.
    Ich glaube das meint Narcissu mit " Das langsame Tempo der Spiele wird ja in der Regel als negativ aufgefasst und kontrastierend zu den Stärken des Spiels genannt im Sinne von „es lohnt sich trotzdem“. Nein, es lohnt sich gerade auch deshalb, denke ich mir da immer."

    Ganz flach: ich will nicht gelangweilt (in einer Fantasy Welt) sein. So wie ich keine reinen Slice of Life Serien gucke, ist auch Iyashikei überhaupt nichts für mich. Dabei würde ich mich schon zu den Leuten zählen, die nicht nonstop-Action brauchen, denn sonst würde man mit den meisten RPGs und VN ja keinen Blumentopf gewinnen. Vielleicht falle ich aber doch mehr in das Klischee des "Gaijin, der die Japano-Art nicht versteht", als ich zugeben möchte *g*
    Ähnlich wie bei zu monotonem Gameplay verliert man bei flachem Spannungsbogen schnell meine Aufmerksamkeit und ich "skimme" Dialoge im besten Fall nur noch. Auf der anderen Seite gibt es dann die Menschen, die Medien einfach zum Abschalten benutzen. So sind Spiele wie Truck Simulator ja auch dafür bekannt, dass sie unheimlich entspannend sein sollen und vielleicht (auf ner abstrakten Ebene *g*) mit Iyashikei vergleichbar.

    Aber ich sehe nicht ein, wieso Quests / Dungeons langweilig sein müssen. Ich stelle es mir nicht unter meiner Abendunterhaltung vor, mich durch eine Höhle zu kämpfen, um dort ein Heilkraut zu finden, wie letztens in TitS der Fall. Was hier Teil des Main Plots ist. Sowas ist *höchstens* Sidequest Qualität, und selbst da haben Spiele wie Witcher 3 gezeigt, wie man aus sowas ne richtig gute Kurzgeschichte macht.
    Geändert von Sylverthas (12.03.2019 um 13:35 Uhr)

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